03.09.2021, 21:27
(03.09.2021, 19:14)Gast91 schrieb:(03.09.2021, 16:26)Gast schrieb:(03.09.2021, 15:58)Hessen schrieb: Z III war heute in Hessen ein Rücktritt vom Kaufvertrag. Gegenstand waren zwei echt lustige Oldtimer. Eine Gogomobil und eine Isetta, auch als Knutschkugel bekannt. Hab mich sehr gefreut, dass die beiden einen Cameo-Auftritt in einer Klausur hatten.
Sachverhalt:
Der Käufer hat die beiden Autos auf seperaten Anzeigen auf mobile bei einem Händler gefunden (Gogomobil für ca. 9800 € und Isetta für ca. 28000€). Bei Vertragsabschluss gings schon mal um die Frage, ob die beiden Autos als Paket gekauft wurden (Kaufpreis für beide Zusammen wurde 25000 € gezahlt) oder zwei Einzelverträge in einem Vertrag verbunden waren. Das Gogomobil war okay. Die Isetta war anders ausgestattet und etwas anders lakiert als auf den Fotos, ohne aber minderwertiger zu sein. In einem Wertgutachten, dass nach Vertragsschluss aber vor Übergabe eingeholt wurde, kam dann heraus, dass die Isetta eben anders aussieht. Surprise, surprise, der Käufer wollte aber genau jene Isetta, wie sie auf den Bildern ist und keine andere. Er meint der Händler habe ihn über den Tisch gezogen und ein anderes Auto untergejubelt und tritt ohne Fristsetzung zurück und sendet die Fahrzeugpapiere gleich mit. Der Händler meint, er habe das Auto zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt vorher nochmal umgebaut und dann aber alte Fotos in der Anzeige verwendet. Er könne es jedoch jederzeit wieder umbauen - jedoch nur gegen die Übernahme der Kosten durch den Käufer, überweist aber schonmal die 25000 € "aus Kulanz" zurück. Der Käufer bestreitet die Angaben des Händlers. Es geht dann mit einigen Schreiben hin und her, bis der Händler mit einem Anwalt um die Ecke kommt, der sinngemäß sagt, es lägen zum einen zwei Verträge vor, weshalb der Rücktritt nur für die Isetta gelten könnte. Der Händler meint behauptet nämlich, dass zunächst der Vertrag für das Gogomobil über 10000 € und dann der für die Isetta über 25000 € geschlossen wurde. Zum anderen könne der Käufer, selbst wenn nur ein Vertrag vorliege wäre, nicht auch die Rückgabe des Gogomobils verlangen, weil diesem nichts fehle. Zudem würde es in diesem Fall überhaupt an der Leistung fehlen, da noch keines von beiden Autos überhaupt geliefert worden sei. Er müsse erstmal die Gelegenheit zur Leistung bekommen, bevor der andere zurücktreten könne. Außerdem habe er das ja quasi selbst verschuldet, weil er keine Proefahr gemacht hätte.
Der Mandant dropt im Mandantengespräch den Hinweis, dass er keine weitere Fristsetzung wünscht und zur Klage bereit ist.
Im Bearbeitervermerk steht: Sachdarstellung erlassen, Gutachten anzufertigen, Schriftsatz an das Gericht (in der Begründung darf aufs Gutachten verwiesen werden) oder Mandantenanschreiben bei mangelnder Erfolgsaussicht.
Nicht beahndelt werden sollen: 823 II ivm StGB, Anfechtung und Verbrauchsgüterkaufwiderruf
Lösung:
Einstieg war bei mir Erfolgsaussichten einer Leistungsklage auf 10.000 €. Zulässigkeit war unproblematisch.
Begründetheit
I. Anspruchsgrundlage ein Rückabwicklungsschuldverhältnis aus §§ 437 Nr. 2, 323, 346 BGB
II. Synallagmatischer Vertrag
Vertragsschluss
Beweisprognose über mündliche Absprache
- Würdigung der Glaubhaftigkeit der Einlassung des Gegners, es sei ein seperater mündlicher Vertrag geschlossen worden
- Würdigung der Einlassung des Mandanten
- Antrag auf Parteivernehmung oder informelle Parteianhörung (4-Augen-Rechtsprechung)
Dann Vertragsurkunde: Grundsatz der Vollständigkeit und Richtigkeit einer förmlichen Urkunde (wer sich auf abweichende Nebenabreden beruft, muss diese Beweisen)
Auslegung der Vertragsurkunde, §§ 133, 157 BGB
III. Nichtleistung trotz Fälligkeit
1. Fälligkeit nach Kaufpreiszahlung (+)
2. Nichtleistung (+)
3. Mitwirkungspflicht des Gläubigers
a) Annahmepflicht, wenn wie geschuldet angeboten
b) Prüfung eines Sachmangels 434 I 1 BGB
4. Zwischenergebnis
IV. Fristsetzung
1. Keine Frist gesetzt
2. Entbehrlichkeit?
a) §§ 326 V iVm 275 I BGB, Unmöglichkeit, weil falls dem Händler das Auto nicht mehr zur Verfügung steht. Der Mandant behauptet ja, es sei ihm ein anderes Auto geliefert worden, als auf den Bildern.
b) Hilfsweise: § 323 II Nr. 3 BGB Entbehrlichkeit wegen Unzumutbarkeit der Leistungsannahme. Vertrauenverhältnis erschüttert, weil der Händler versucht hat dem Käufer ein anderes Auto unterzujubeln.
V. Kein Auschluss nach § 323 VI Alt. 1 BGB, weil der Mandant kein überwiegendes Verschulden deswegen zukommt, weil er eine Probefahr unterlassen hat.
VI. Rechtsfolge: unbedingtr Leistungsanspruch, weil Fahrzeugpapiere schon zurückgeschickt wurden
Zweckmäßigkeit:
Klage erheben
Keine Kostenfalle nach § 93 ZPO, wegen vorgrichtlicher Weigerung.
Kostenrisiko ausgerechnet.
Von Mahnverfahren abgereten, weil andere Seite anwaltlich vertreten und vorgerichtliche Weigerung, weshalb mit Widerspruch sicher zu rechnen ist.
Praktischer Teil
Keine Schwierigkeiten
Wegen Zeitproblemen hab ich den Bearbeitervermerk zu ausgelegt, dass der erlassene Sacheverhalt sich auch auf die Klageschrift bezieht.
Ich habe es exakt wie du gelöst, aber leider ist der Einstieg über § 437 falsch (habe ich auch gemacht!), weil mangels Gefahrübergangs das KaufR gar keine Anwendung fand. Man hätte direkt mit 323 einsteigen müssen. Probleme haben wir uns dadurch aber nicht abgeschnitten. Hoffentlich wird der Fehler verziehen!
Habe ich richtig verstanden, dass nur du den Berarbeitervermerk großzügig ausgelegt hast oder war die SV-Darstellung im praktischen Teil erlassen?
Gefahrübergang konnte man meiner Meinung nach aber über die Übergabe der KfZ-Briefe herleiten. Die hat er ja soweit ich das nicht falsch verstanden habe schon vorher zugeschickt bekommen. Darüber konnte man dann sagen, dass darin bereits die Übergabe zu sehen ist. Bei Autos ist ja immer der KfZ-Brief wichtig und nicht das Auto selber!
Nein, das Recht an dem Brief folgt dem Recht an dem Fahrzeug! Gefahrübergang setzt voraus, dass man eine Sache so zur Verfügung gestellt bekommt, dass eine Prüfung möglich wäre.
04.09.2021, 00:38
Ich fands richtig unangenehm. Und na toll, mit dem Gefahrübergang ist die Klausur wohl auch sicher ins Mangelhaft gewandert. Sch****
04.09.2021, 07:23
04.09.2021, 08:21
Wenn du im Besitz des Briefes (Zulassungsbescheinigung Teil 2) bist, dann gilt auch eine Eigentumsvermutung für den Besitzer des Briefes. Wer dann im Besitz des dazugehörigen Fahrzeugs ist spielt keine Rolle. Demnach kann man darüber schon einen Gefahrübergang herleiten.
Zumal es ja nicht immer notwendig ist, dass du für einen Gefahrübergang die Sache auch prüfen kannst. Beim Versendungskauf zum Beispiel geht die Gefahr ja auch mit Aufgabe der Sache zur Post auf den Käufer über (Ausnahme Verbrauchsgüterkauf). In diesem Fall hat der Käufer auch noch keine Möglichkeit die Sache auf Mängel zu prüfen.
Zumal es ja nicht immer notwendig ist, dass du für einen Gefahrübergang die Sache auch prüfen kannst. Beim Versendungskauf zum Beispiel geht die Gefahr ja auch mit Aufgabe der Sache zur Post auf den Käufer über (Ausnahme Verbrauchsgüterkauf). In diesem Fall hat der Käufer auch noch keine Möglichkeit die Sache auf Mängel zu prüfen.
04.09.2021, 08:29
(04.09.2021, 00:38)Gast NRW schrieb: Ich fands richtig unangenehm. Und na toll, mit dem Gefahrübergang ist die Klausur wohl auch sicher ins Mangelhaft gewandert. Sch****Unsinnn! Im Ergebnis landet man auch über 437 in der Prüfung des 323! Man schneidet sich dadurch nicht ein einziges Problem ab!
Bei übriger guter Prüfung reicht es vielleicht nicht mehr für ein VB, aber durchfallen wird man für so etwas niemals!
04.09.2021, 12:32
Hat jemand von euch den 446 S. 3 BGB diskutiert?
04.09.2021, 12:43
(04.09.2021, 12:32)Gast92 schrieb: Hat jemand von euch den 446 S. 3 BGB diskutiert?
Nein, habe ich nicht. Man hätte bestimmt diskutieren können, ob der Mandant in Annahmeverzug war und somit doch ein Gefahrübergang vorlag. Aber der Annahmeverzug war eher abwegig, oder? Das ging ja alles Schlag auf Schlag.
04.09.2021, 17:42
Ich habe den Gefahrübergang bejaht, da das Auto dem Wertgutachter übergeben wurde, der ja auch im Interesse des Mandanten das Auto begutachtet hat, und daher die Prüfungsmöglichkeit auf Mängel in dem Moment für den Mandanten gegeben war...
Was meint ihr, war das noch vertretbar?
Was meint ihr, war das noch vertretbar?
04.09.2021, 22:43
Das hört sich mE gut an
04.09.2021, 22:47
(04.09.2021, 12:43)Gast schrieb:(04.09.2021, 12:32)Gast92 schrieb: Hat jemand von euch den 446 S. 3 BGB diskutiert?
Nein, habe ich nicht. Man hätte bestimmt diskutieren können, ob der Mandant in Annahmeverzug war und somit doch ein Gefahrübergang vorlag. Aber der Annahmeverzug war eher abwegig, oder? Das ging ja alles Schlag auf Schlag.
Das frage ich mich, ob das abwegig war
