02.08.2021, 16:40
(02.08.2021, 16:36)Gast schrieb:(02.08.2021, 16:28)Guest schrieb:(02.08.2021, 16:15)Gast3756 schrieb: Hab mich nach langem Hin und Her und viel Zeitverlust gegen ein Teilversäumnis- und Endurteil entschieden und ein normales Urteil mit 91a-Beschluss gemacht. Grund: Habe das Schreiben des B2 an das Gericht als antizipierte Erledigungserklärung ausgelegt ("Das geht mich jetzt nichts mehr an"). Das führt dazu, dass die Anträge 1 und 2 der Klägerin im Hinblick auf B2 sozusagen ins Leere gehen, weil insoweit schon die Rechtshängigkeit entfallen ist. Weil die Anträge auf Feststellung der Erledigung aber gestellt werden, muss darüber entschieden werden (eigentlich in der Zulässigkeit, habs aber in der Begründetheit erörtert...)
Antrag 1 bzgl. B1: Geht bei mir durch. Der Mietvertrag aus 2015 ist im Ergebnis wirksam gekündigt. Der Reihe nach: Das, was die Parteien 2018 gemacht haben, habe ich als Novation verstanden, d.h. der alte Mietvertrag wurde durch einen neuen ersetzt. Es war nämlich für mich nicht ersichtlich, dass die Beklagten zwei parallel laufende Verträge wollten. Es ging ihnen ja gerade darum, die untere Wohnung zu bekommen, weil da mehr Platz ist. Insoweit hab ich da auch keine vorübergehende Nutzung gesehen. Diese Vertragsumwandlung war aber formunwirksam. Hier gings hart ins Freestyling, denn es lag ja nur eine einfache Schriftformklausel vor, die eigentlich durch mündliche Vereinbarung (wie hier) konkludent aufgehoben wird. Ich habe das dargestellt, dann aber erörtert, dass hier ausnahmsweise wegen der Bedeutung der Sache (kompletter Vertragsaustausch und Interesse der Parteien) ein anderes Ergebnis geboten ist. Daher bestand der ursprüngliche Vertrag weiter fort. Der ist dann auch nicht durch außerordentliche Kündigung vernichtet worden, denn die Kündigung der Klägerin vom 14.10. bezog sich nicht auf die Wohnung oben, sondern auf die unten. Letztlich ist aber die ordentliche Kündigung aus dem Schreiben vom 15.01. wirksam, wodurch ein Anspruch aus 546 I besteht.
Antrag 2 bzgl B1: Geht auch durch. Nach meiner Auffassung folgt aus dem dargestellten Fehlschlag bzgl der Vertragsumwandlung, dass für die untere Wohnung schlicht kein Vertrag besteht. Denn die Parteien wollten die ganze Zeit nur einen Vertrag. Die Umwandlung ist gescheitert, daher bleibt es beim Alten für die Wohnung oben (der aber wirksam gekündigt wurde zum 31.07.). Es ist auch nicht konkludent durch die Gebrauchsüberlassung ein Vertrag geschlossen worden, denn das kommt nur in Betracht, wenn die Parteien nicht ohnehin schon denken, einen Vertrag geschlossen zu haben. Denn zwei parallel wollten sie nicht.
Antrag 3: Geht insgesamt nicht durch. Es gab keinen Anspruch, mit dem die Beklagten im Verzug gewesen wären, denn der Herausgabeanspruch nach der Kündigung vom 14.10. existierte nicht und der Herausgabeanspruch durch die ordentliche Kündigung wurde erst durch das Schreiben vom 15.01. begründet. Also kein Anspruch gegen B1 und B2 (unschlüssig).
Dann noch 91a-Beschluss zur Kostenbegründung integriert, wonach B2 die Kosten zu tragen hat, weil er bzgl Anträge 1 und 2 verurteilt worden wäre.
Fazit: Kranke Klausur, extrem viel Zeit verloren, weil ich mehrfach die Lösung ändern musste, viele (bewusste) Fehler drin, vieles übersehen. Mal abwarten.
Viel Erfolg für morgen!
Eine Frage, war das nicht so, dass die Kündigung erst zum 31.07.2021 wirksam wurde und zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung 12.7.2021, als maßgeblichen Zeitpunkt der Begründetheit der Klage, daher nicht garnicht einen Räumungsanspruch begründen konnte, oder habe ich mich versehen?
Ich meine, dass hier der Zeitpunkt des Urteils entscheidend ist. Wäre ja widersinnig, wenn ich am 02.08. einen Anspruch verneine, der am 02.08. besteht, aber am 12.07. noch nicht. Sehe auch keine Verletzung rechtlichen Gehörs, wenn man das so macht, weil am 12.07. ja alles Relevante schon gegeben und auch gleich war. Insoweit beruht ja weiterhin alles auf der mündlichen Verhandlung vom 12.07. und ich entscheide am 02.08. über die Rechtslage.
Ja verstehe, aber maßgeblicher Zeitpunkt für die Begründetheit einer Klage ist doch der Schluss der mündlichen Verhandlung, sonst könnte man ja sogar 1 oder 2 Monate vor Wirksamkeit einer Kündigung Klage erheben…
Mich hat es jedenfalls sehr verwirrt -miese Klausur!!
02.08.2021, 16:48
(02.08.2021, 16:40)Gast schrieb:(02.08.2021, 16:36)Gast schrieb:(02.08.2021, 16:28)Guest schrieb:(02.08.2021, 16:15)Gast3756 schrieb: Hab mich nach langem Hin und Her und viel Zeitverlust gegen ein Teilversäumnis- und Endurteil entschieden und ein normales Urteil mit 91a-Beschluss gemacht. Grund: Habe das Schreiben des B2 an das Gericht als antizipierte Erledigungserklärung ausgelegt ("Das geht mich jetzt nichts mehr an"). Das führt dazu, dass die Anträge 1 und 2 der Klägerin im Hinblick auf B2 sozusagen ins Leere gehen, weil insoweit schon die Rechtshängigkeit entfallen ist. Weil die Anträge auf Feststellung der Erledigung aber gestellt werden, muss darüber entschieden werden (eigentlich in der Zulässigkeit, habs aber in der Begründetheit erörtert...)
Antrag 1 bzgl. B1: Geht bei mir durch. Der Mietvertrag aus 2015 ist im Ergebnis wirksam gekündigt. Der Reihe nach: Das, was die Parteien 2018 gemacht haben, habe ich als Novation verstanden, d.h. der alte Mietvertrag wurde durch einen neuen ersetzt. Es war nämlich für mich nicht ersichtlich, dass die Beklagten zwei parallel laufende Verträge wollten. Es ging ihnen ja gerade darum, die untere Wohnung zu bekommen, weil da mehr Platz ist. Insoweit hab ich da auch keine vorübergehende Nutzung gesehen. Diese Vertragsumwandlung war aber formunwirksam. Hier gings hart ins Freestyling, denn es lag ja nur eine einfache Schriftformklausel vor, die eigentlich durch mündliche Vereinbarung (wie hier) konkludent aufgehoben wird. Ich habe das dargestellt, dann aber erörtert, dass hier ausnahmsweise wegen der Bedeutung der Sache (kompletter Vertragsaustausch und Interesse der Parteien) ein anderes Ergebnis geboten ist. Daher bestand der ursprüngliche Vertrag weiter fort. Der ist dann auch nicht durch außerordentliche Kündigung vernichtet worden, denn die Kündigung der Klägerin vom 14.10. bezog sich nicht auf die Wohnung oben, sondern auf die unten. Letztlich ist aber die ordentliche Kündigung aus dem Schreiben vom 15.01. wirksam, wodurch ein Anspruch aus 546 I besteht.
Antrag 2 bzgl B1: Geht auch durch. Nach meiner Auffassung folgt aus dem dargestellten Fehlschlag bzgl der Vertragsumwandlung, dass für die untere Wohnung schlicht kein Vertrag besteht. Denn die Parteien wollten die ganze Zeit nur einen Vertrag. Die Umwandlung ist gescheitert, daher bleibt es beim Alten für die Wohnung oben (der aber wirksam gekündigt wurde zum 31.07.). Es ist auch nicht konkludent durch die Gebrauchsüberlassung ein Vertrag geschlossen worden, denn das kommt nur in Betracht, wenn die Parteien nicht ohnehin schon denken, einen Vertrag geschlossen zu haben. Denn zwei parallel wollten sie nicht.
Antrag 3: Geht insgesamt nicht durch. Es gab keinen Anspruch, mit dem die Beklagten im Verzug gewesen wären, denn der Herausgabeanspruch nach der Kündigung vom 14.10. existierte nicht und der Herausgabeanspruch durch die ordentliche Kündigung wurde erst durch das Schreiben vom 15.01. begründet. Also kein Anspruch gegen B1 und B2 (unschlüssig).
Dann noch 91a-Beschluss zur Kostenbegründung integriert, wonach B2 die Kosten zu tragen hat, weil er bzgl Anträge 1 und 2 verurteilt worden wäre.
Fazit: Kranke Klausur, extrem viel Zeit verloren, weil ich mehrfach die Lösung ändern musste, viele (bewusste) Fehler drin, vieles übersehen. Mal abwarten.
Viel Erfolg für morgen!
Eine Frage, war das nicht so, dass die Kündigung erst zum 31.07.2021 wirksam wurde und zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung 12.7.2021, als maßgeblichen Zeitpunkt der Begründetheit der Klage, daher nicht garnicht einen Räumungsanspruch begründen konnte, oder habe ich mich versehen?
Ich meine, dass hier der Zeitpunkt des Urteils entscheidend ist. Wäre ja widersinnig, wenn ich am 02.08. einen Anspruch verneine, der am 02.08. besteht, aber am 12.07. noch nicht. Sehe auch keine Verletzung rechtlichen Gehörs, wenn man das so macht, weil am 12.07. ja alles Relevante schon gegeben und auch gleich war. Insoweit beruht ja weiterhin alles auf der mündlichen Verhandlung vom 12.07. und ich entscheide am 02.08. über die Rechtslage.
Ja verstehe, aber maßgeblicher Zeitpunkt für die Begründetheit einer Klage ist doch der Schluss der mündlichen Verhandlung, sonst könnte man ja sogar 1 oder 2 Monate vor Wirksamkeit einer Kündigung Klage erheben…
Mich hat es jedenfalls sehr verwirrt -miese Klausur!!
Kann man ja theoretisch auch. Wenn feststeht, dass die Mieter sich weigern auszuziehen, kann man ja darauf klagen, dass zum Ablauf geräumt werden muss. Und hier ist ja die Besonderheit, dass im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung schon alles klar ist, es ist ja danach nichts mehr passiert. Wenn man ne Woche vorher geurteilt hätte, hätte man im Tenor angeben müssen, dass die Wohnung zum 01.08. rauszugeben ist. Das hat sich so erübrigt.
02.08.2021, 16:54
(02.08.2021, 16:40)Gast schrieb: Habe die Räumungsklage über 985 gelöst und bejaht, da kein Recht zum Besitz mangels Mietvertrag.
Der Mietvertrag wurde auf die Wohnung im EG geändert (konkludende Aufhebung der Schriftformklausel), daher keine vertraglichen Ansprüche auf Räumung.
Die Kündigung wurde dann bei Antrag 2 relevant bzgl Recht zum Besitz an Wohnung in EG. Den Anspruch habe ich Ergebnis verneint, da Recht zum Besitz (+), da Kündigungen unwirksam. Die erste Kündigung war unwirksam da kein Grund aus 543. Die zweite Kündigung war unwirksam wegen Widerspruch.
Die ganze Thematik zu B2 hat mich sehr durch einander gebracht.
Habe am Ende kein VU gegeben, da Klage nicht schlüssig, da keine Erledigung nach Rechtshängigkeit (Auszug war vor Rechtshängigkeit).
Daher im Ergebnis nur ein normales Urteil.
Antrag 3 habe ich bejaht aus 535, 280, 241 II.
Bei allem kein Plan.. habe meine Skizze mehrmals geändert und hatte am Ende mächtig Zeitnot.
Ha, hab ich fast genauso :D
02.08.2021, 16:59
Gedächtnisprotokoll. Eventuell sind ein paar Datumsangaben vertauscht, ich hab das nicht mehr alles so genau im Kopf gehabt und zumindest hier darf man seine Notizzettel nicht mitnehmen. Standort MV falls es lokale Abweichungen gab
Der Klägerin gehört ein Haus in Sulzbach (Saarland) mit zwei Wohnung, eine kleinere im Obergeschoss und eine größere im Erdgeschoss.
Die Klägerin wohnte selbst im EG und hat das OG an das Ehepaar Schuler (Beklagte zu 1 und Beklagter zu 2) vermietet. Im Mietvertrag wurde vereinbart: „Änderungen bedürfen der Schriftform“.
Da die Klägerin pflegebedürftig ist wurde mündlich vereinbart, dass den Beklagten 250 € von der Miete erlassen wird, wenn sie sich ein wenig für die Klägerin kümmern und Besorgungen machen.
Da sich der Zustand der Klägerin verschlechterte, zog diese in ein Pflegeheim. Da die Cousine C der Klägerin gerade auch eine Wohnung suchte und ähnliche Dienste wie die Klägerin benötigte wurde mündlich folgendes vereinbart: C zieht in die Wohnung im OG. Die Beklagten ziehen in die größere Wohnung im EG. Die Beklagten kümmern sich um die C wie bisher um die Klägerin und erhalten weiterhin 250 € Rabatt auf die Miete. Die Miethöhe blieb gleich.
Zwischen C und den Beklagten kam es im Haus häufig zu Streitigkeiten. Den Beklagten wird vorgeworfen, dass sie sich nicht wie vereinbart um die C kümmern. C hält es dort nicht mehr aus und zieht aus dem Haus aus und in eine kleine Wohnung ihrer Tochter.
Die Beklagten ziehen daraufhin (ohne Rücksprache) wieder in die Wohnung im OG. Die dort noch befindlichen Möbel der C stellten sie ins EG.
Die Klägerin schickte den Beklagten eine fristlose Kündigung, weil diese sich nicht wie versprochen um C gekümmert hätten. Die Beklagten weisen die Kündigung zurück und behaupten, die Klägerin sei eine von C gesteuerte Marionette.
Die Klägerin beauftragte einen Anwalt. Dieser schickte einen Brief an die Beklagten und forderte sie dazu auf, die Wohnung im OG herauszugeben, weil über diese kein Mietvertrag bestehe. Hilfsweise kündige er die Wohnung im OG ordentlich mit der Begründung, dass die Klägerin die Wohnung für C brauche. Die Wohnung im EG sei zu groß für die pflegebedürftige C. Zudem brauche es eigentlich eh keinen besonderen Grund für die Kündigung, weil die Klägerin im selben Haus wie die Beklagten wohne. Er weise auf § 574 BGB hin. Es wurde eine Frist bis 31.01.2021 gesetzt.
Die Beklagten wiesen die Kündigung zurück.
Die Klägerin reichte am 10.02.2021 Klage ein mit den Anträgen:
1. Die Beklagten werden verurteilt, die Wohnung im OG in der X-Straße, Sulzbach zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte kein Besitzrecht an der Wohnung im EG in der X-Straße, Sulzbach haben.
3. Die Beklagten haben die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 370 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.02.2021 zu tragen.
Die Beklagte zu 1) erhält die Klageschrift am 17.02.2021.
Die Anwältin der Beklagten zeigte am 24.02.2021 die Verteidigungsbereitschaft an. In der späteren Verteidigungsbegründung erklärte die Anwältin, dass sie das Mandat bezüglich des Beklagten zu 2) niederlege, da sich die Beklagten inzwischen getrennt haben und sie die Beklagte zu 1) in einer familienrechtlichen Streitigkeit gegen den Beklagten zu 2) vertrete. Die Klägerin sei geistig nicht mehr auf der Höhe, was sich u.a. darin zeige, dass sie in einer Kündigung von einem seit 4 statt 5 Jahren bestehendem Mietverhältnis gesprochen habe. Im Übrigen bestehe das Mietverhältnis über das OG weiterhin, da die mündliche Änderung wegen des vertraglich vereinbarten Schriftformerfordernisses unwirksam sei.
Der Beklagte 2) schrieb, er habe die Klage erst mit Verspätung erhalten. Er sei am 14.02.2021 aus der ehelichen Wohnung ausgezogen und habe sich umgemeldet, seine Schlüssel der Wohnung im OG und EG habe er an die Klägerin zugeschickt. Die Klage habe ihm seine Ehefrau am 02.03.2021 weitergeleitet. Er könne nichts dafür, wenn der Postbote noch in den Briefkasten seiner alten Wohnung werfe, nur weil dort sein Nachname („Schuler“) stehe. Er habe nichts mehr mit der Klage zu tun. Die Klage sei zu verwerfen.
Der Klägeranwalt erklärte im Schriftsatz, der Schlüssel des Beklagten zu 2) sei dort am 04.03.2021 eingegangen. Er beantrage bzgl. des Beklagten zu 2) die Erledigung hinsichtlich der Klage-Anträge 1 und 2. Der Beklagte zu 2) wurde nicht auf § 91a I 2 ZPO hingewiesen.
In der mündlichen Verhandlung erschienen nach 20-minütiger Wartezeit nur die Klägerin mit Anwalt und die Beklagte zu 1) mit Anwältin. Der Beklagte zu 2) oder ein Prozessbevollmächtigter erschien nicht.
Die Klägerin beantragt gegen die Beklagte zu 1) die Anträge aus der Klageschrift. Gegen den Beklagten zu 2) beantragt er, dass festgestellt werde, dass sich die Klage-Anträge 1 und 2 erledigt haben. Im Hinblick auf den Klage-Antrag 3 beantrage er ein Versäumnisurteil.
Die Entscheidung des Gerichts ist zu entwerfen (Zeitpunkt 02.08.2021). Vorläufige Vollstreckbarkeit ist erlassen. Kostenbeschluss ist erlassen soweit in der Hauptsache entschieden wird.
Der Klägerin gehört ein Haus in Sulzbach (Saarland) mit zwei Wohnung, eine kleinere im Obergeschoss und eine größere im Erdgeschoss.
Die Klägerin wohnte selbst im EG und hat das OG an das Ehepaar Schuler (Beklagte zu 1 und Beklagter zu 2) vermietet. Im Mietvertrag wurde vereinbart: „Änderungen bedürfen der Schriftform“.
Da die Klägerin pflegebedürftig ist wurde mündlich vereinbart, dass den Beklagten 250 € von der Miete erlassen wird, wenn sie sich ein wenig für die Klägerin kümmern und Besorgungen machen.
Da sich der Zustand der Klägerin verschlechterte, zog diese in ein Pflegeheim. Da die Cousine C der Klägerin gerade auch eine Wohnung suchte und ähnliche Dienste wie die Klägerin benötigte wurde mündlich folgendes vereinbart: C zieht in die Wohnung im OG. Die Beklagten ziehen in die größere Wohnung im EG. Die Beklagten kümmern sich um die C wie bisher um die Klägerin und erhalten weiterhin 250 € Rabatt auf die Miete. Die Miethöhe blieb gleich.
Zwischen C und den Beklagten kam es im Haus häufig zu Streitigkeiten. Den Beklagten wird vorgeworfen, dass sie sich nicht wie vereinbart um die C kümmern. C hält es dort nicht mehr aus und zieht aus dem Haus aus und in eine kleine Wohnung ihrer Tochter.
Die Beklagten ziehen daraufhin (ohne Rücksprache) wieder in die Wohnung im OG. Die dort noch befindlichen Möbel der C stellten sie ins EG.
Die Klägerin schickte den Beklagten eine fristlose Kündigung, weil diese sich nicht wie versprochen um C gekümmert hätten. Die Beklagten weisen die Kündigung zurück und behaupten, die Klägerin sei eine von C gesteuerte Marionette.
Die Klägerin beauftragte einen Anwalt. Dieser schickte einen Brief an die Beklagten und forderte sie dazu auf, die Wohnung im OG herauszugeben, weil über diese kein Mietvertrag bestehe. Hilfsweise kündige er die Wohnung im OG ordentlich mit der Begründung, dass die Klägerin die Wohnung für C brauche. Die Wohnung im EG sei zu groß für die pflegebedürftige C. Zudem brauche es eigentlich eh keinen besonderen Grund für die Kündigung, weil die Klägerin im selben Haus wie die Beklagten wohne. Er weise auf § 574 BGB hin. Es wurde eine Frist bis 31.01.2021 gesetzt.
Die Beklagten wiesen die Kündigung zurück.
Die Klägerin reichte am 10.02.2021 Klage ein mit den Anträgen:
1. Die Beklagten werden verurteilt, die Wohnung im OG in der X-Straße, Sulzbach zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte kein Besitzrecht an der Wohnung im EG in der X-Straße, Sulzbach haben.
3. Die Beklagten haben die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 370 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 01.02.2021 zu tragen.
Die Beklagte zu 1) erhält die Klageschrift am 17.02.2021.
Die Anwältin der Beklagten zeigte am 24.02.2021 die Verteidigungsbereitschaft an. In der späteren Verteidigungsbegründung erklärte die Anwältin, dass sie das Mandat bezüglich des Beklagten zu 2) niederlege, da sich die Beklagten inzwischen getrennt haben und sie die Beklagte zu 1) in einer familienrechtlichen Streitigkeit gegen den Beklagten zu 2) vertrete. Die Klägerin sei geistig nicht mehr auf der Höhe, was sich u.a. darin zeige, dass sie in einer Kündigung von einem seit 4 statt 5 Jahren bestehendem Mietverhältnis gesprochen habe. Im Übrigen bestehe das Mietverhältnis über das OG weiterhin, da die mündliche Änderung wegen des vertraglich vereinbarten Schriftformerfordernisses unwirksam sei.
Der Beklagte 2) schrieb, er habe die Klage erst mit Verspätung erhalten. Er sei am 14.02.2021 aus der ehelichen Wohnung ausgezogen und habe sich umgemeldet, seine Schlüssel der Wohnung im OG und EG habe er an die Klägerin zugeschickt. Die Klage habe ihm seine Ehefrau am 02.03.2021 weitergeleitet. Er könne nichts dafür, wenn der Postbote noch in den Briefkasten seiner alten Wohnung werfe, nur weil dort sein Nachname („Schuler“) stehe. Er habe nichts mehr mit der Klage zu tun. Die Klage sei zu verwerfen.
Der Klägeranwalt erklärte im Schriftsatz, der Schlüssel des Beklagten zu 2) sei dort am 04.03.2021 eingegangen. Er beantrage bzgl. des Beklagten zu 2) die Erledigung hinsichtlich der Klage-Anträge 1 und 2. Der Beklagte zu 2) wurde nicht auf § 91a I 2 ZPO hingewiesen.
In der mündlichen Verhandlung erschienen nach 20-minütiger Wartezeit nur die Klägerin mit Anwalt und die Beklagte zu 1) mit Anwältin. Der Beklagte zu 2) oder ein Prozessbevollmächtigter erschien nicht.
Die Klägerin beantragt gegen die Beklagte zu 1) die Anträge aus der Klageschrift. Gegen den Beklagten zu 2) beantragt er, dass festgestellt werde, dass sich die Klage-Anträge 1 und 2 erledigt haben. Im Hinblick auf den Klage-Antrag 3 beantrage er ein Versäumnisurteil.
Die Entscheidung des Gerichts ist zu entwerfen (Zeitpunkt 02.08.2021). Vorläufige Vollstreckbarkeit ist erlassen. Kostenbeschluss ist erlassen soweit in der Hauptsache entschieden wird.
02.08.2021, 17:00
(02.08.2021, 16:54)sl4442 schrieb:(02.08.2021, 16:40)Gast schrieb: Habe die Räumungsklage über 985 gelöst und bejaht, da kein Recht zum Besitz mangels Mietvertrag.
Der Mietvertrag wurde auf die Wohnung im EG geändert (konkludende Aufhebung der Schriftformklausel), daher keine vertraglichen Ansprüche auf Räumung.
Die Kündigung wurde dann bei Antrag 2 relevant bzgl Recht zum Besitz an Wohnung in EG. Den Anspruch habe ich Ergebnis verneint, da Recht zum Besitz (+), da Kündigungen unwirksam. Die erste Kündigung war unwirksam da kein Grund aus 543. Die zweite Kündigung war unwirksam wegen Widerspruch.
Die ganze Thematik zu B2 hat mich sehr durch einander gebracht.
Habe am Ende kein VU gegeben, da Klage nicht schlüssig, da keine Erledigung nach Rechtshängigkeit (Auszug war vor Rechtshängigkeit).
Daher im Ergebnis nur ein normales Urteil.
Antrag 3 habe ich bejaht aus 535, 280, 241 II.
Bei allem kein Plan.. habe meine Skizze mehrmals geändert und hatte am Ende mächtig Zeitnot.
Ha, hab ich fast genauso :D
Ebenfalls ganz ähnlich. Riesige Zeitprobleme. Habe wegen Antrag 3 ein Teilversäumnis- und Endurteil erlassen. Zinsanspruch fand ich auch sau schwierig richtig zu berechnen.
02.08.2021, 17:05
(02.08.2021, 16:40)Gast schrieb: Habe die Räumungsklage über 985 gelöst und bejaht, da kein Recht zum Besitz mangels Mietvertrag.
Der Mietvertrag wurde auf die Wohnung im EG geändert (konkludende Aufhebung der Schriftformklausel), daher keine vertraglichen Ansprüche auf Räumung.
Die Kündigung wurde dann bei Antrag 2 relevant bzgl Recht zum Besitz an Wohnung in EG. Den Anspruch habe ich Ergebnis verneint, da Recht zum Besitz (+), da Kündigungen unwirksam. Die erste Kündigung war unwirksam da kein Grund aus 543. Die zweite Kündigung war unwirksam wegen Widerspruch.
Die ganze Thematik zu B2 hat mich sehr durch einander gebracht.
Habe am Ende kein VU gegeben, da Klage nicht schlüssig, da keine Erledigung nach Rechtshängigkeit (Auszug war vor Rechtshängigkeit).
Daher im Ergebnis nur ein normales Urteil.
Antrag 3 habe ich bejaht aus 535, 280, 241 II.
Bei allem kein Plan.. habe meine Skizze mehrmals geändert und hatte am Ende mächtig Zeitnot.
Ja hatte das mit dem Antrag zu 2) auch erst so, aber die Rechtsfolge des Widerspruchs ist ja nicht die Unwirksamkeit der Kündigung oder und dann hat mich verwirrt, dass keine „Härte“ iSv § 574 BGB vorgetragen wurde, oder wie hast du das umschifft?
02.08.2021, 17:10
(02.08.2021, 16:15)Gast3756 schrieb: Hab mich nach langem Hin und Her und viel Zeitverlust gegen ein Teilversäumnis- und Endurteil entschieden und ein normales Urteil mit 91a-Beschluss gemacht. Grund: Habe das Schreiben des B2 an das Gericht als antizipierte Erledigungserklärung ausgelegt ("Das geht mich jetzt nichts mehr an"). Das führt dazu, dass die Anträge 1 und 2 der Klägerin im Hinblick auf B2 sozusagen ins Leere gehen, weil insoweit schon die Rechtshängigkeit entfallen ist. Weil die Anträge auf Feststellung der Erledigung aber gestellt werden, muss darüber entschieden werden (eigentlich in der Zulässigkeit, habs aber in der Begründetheit erörtert...)
Antrag 1 bzgl. B1: Geht bei mir durch. Der Mietvertrag aus 2015 ist im Ergebnis wirksam gekündigt. Der Reihe nach: Das, was die Parteien 2018 gemacht haben, habe ich als Novation verstanden, d.h. der alte Mietvertrag wurde durch einen neuen ersetzt. Es war nämlich für mich nicht ersichtlich, dass die Beklagten zwei parallel laufende Verträge wollten. Es ging ihnen ja gerade darum, die untere Wohnung zu bekommen, weil da mehr Platz ist. Insoweit hab ich da auch keine vorübergehende Nutzung gesehen. Diese Vertragsumwandlung war aber formunwirksam. Hier gings hart ins Freestyling, denn es lag ja nur eine einfache Schriftformklausel vor, die eigentlich durch mündliche Vereinbarung (wie hier) konkludent aufgehoben wird. Ich habe das dargestellt, dann aber erörtert, dass hier ausnahmsweise wegen der Bedeutung der Sache (kompletter Vertragsaustausch und Interesse der Parteien) ein anderes Ergebnis geboten ist. Daher bestand der ursprüngliche Vertrag weiter fort. Der ist dann auch nicht durch außerordentliche Kündigung vernichtet worden, denn die Kündigung der Klägerin vom 14.10. bezog sich nicht auf die Wohnung oben, sondern auf die unten. Letztlich ist aber die ordentliche Kündigung aus dem Schreiben vom 15.01. wirksam, wodurch ein Anspruch aus 546 I besteht.
Antrag 2 bzgl B1: Geht auch durch. Nach meiner Auffassung folgt aus dem dargestellten Fehlschlag bzgl der Vertragsumwandlung, dass für die untere Wohnung schlicht kein Vertrag besteht. Denn die Parteien wollten die ganze Zeit nur einen Vertrag. Die Umwandlung ist gescheitert, daher bleibt es beim Alten für die Wohnung oben (der aber wirksam gekündigt wurde zum 31.07.). Es ist auch nicht konkludent durch die Gebrauchsüberlassung ein Vertrag geschlossen worden, denn das kommt nur in Betracht, wenn die Parteien nicht ohnehin schon denken, einen Vertrag geschlossen zu haben. Denn zwei parallel wollten sie nicht.
Antrag 3: Geht insgesamt nicht durch. Es gab keinen Anspruch, mit dem die Beklagten im Verzug gewesen wären, denn der Herausgabeanspruch nach der Kündigung vom 14.10. existierte nicht und der Herausgabeanspruch durch die ordentliche Kündigung wurde erst durch das Schreiben vom 15.01. begründet. Also kein Anspruch gegen B1 und B2 (unschlüssig).
Dann noch 91a-Beschluss zur Kostenbegründung integriert, wonach B2 die Kosten zu tragen hat, weil er bzgl Anträge 1 und 2 verurteilt worden wäre.
Fazit: Kranke Klausur, extrem viel Zeit verloren, weil ich mehrfach die Lösung ändern musste, viele (bewusste) Fehler drin, vieles übersehen. Mal abwarten.
Viel Erfolg für morgen!
Das mit der antizipierten Erledigungserklärung habe ich genauso. Habe die Erklärung ausgelegt und gesagt, dass er keinerlei Interesse an der Verfolgung der Hauptsache hat.
02.08.2021, 17:24
(02.08.2021, 15:39)Gast24NRW schrieb: Hat jemand Lust, seine Lösung zu teilen?
Ich habe
1. die ordentliche Eigenbedarfskündigung bzgl. der Obergeschosswohnung durchgehen lassen (Also Antrag zu 1) gegen Beklagte zu 1) (+)), ausgelegt, dass der Mietvertrag für das Obergeschoss weiterhin bestand, insbesondere keine Änderung durch den Umzug oder konkludent wegen der Schriftformklausel,
2. die fristlose Kündigung für das Erdgeschoss auch durchgehen lassen (Antrag zu 2) gegen Beklagte zu 2) (+)), hier war ich aber sehr unsicher
3. bzgl. Beklagten zu 2) einseitige Erledigungserklärung -> keine Säumnis wegen 62 ZPO, Rechtshängigkeit ihm gegenüber erst als seine Frau ihm die Klage ausgehändigt hat, Briefkastenzustellung unwirksam, da er nicht mehr dort wohnte, erledigendes Ereignis aber erst mit Schlüsselübergabe am 04.03. da erst dann Herausgabe iSv 546 BGB und erst dann Feststellungsineresse der Klägerin bzgl der EG-Wohnung weggefallen, da er keine Zugriffsmöglichkeit mehr hat.
Im Ergebnis also allen Anträgen der Klägerin entsprochen.
Ich glaube, die Klausur war eigentlich dankbar, habe nur am Anfang viel zu lange überlegt und bin bei dem Feststellungsantrag bzgl. der EG-Wohnung sicher, dass meine Lösung falsch ist.
Wie kannst du VU ablehnen wegen § 62 ZPO aber Erledigungserklärung gegenüber einen notwendigen Streitgenossen annehmen? oder hab ich einen Denkfehler?
02.08.2021, 17:37
Ich habe zwar in einem anderen Monat geschrieben, aber Leute, das klingt ja echt Horror
02.08.2021, 17:50
(02.08.2021, 17:24)Examenstinkt schrieb:(02.08.2021, 15:39)Gast24NRW schrieb: Hat jemand Lust, seine Lösung zu teilen?
Ich habe
1. die ordentliche Eigenbedarfskündigung bzgl. der Obergeschosswohnung durchgehen lassen (Also Antrag zu 1) gegen Beklagte zu 1) (+)), ausgelegt, dass der Mietvertrag für das Obergeschoss weiterhin bestand, insbesondere keine Änderung durch den Umzug oder konkludent wegen der Schriftformklausel,
2. die fristlose Kündigung für das Erdgeschoss auch durchgehen lassen (Antrag zu 2) gegen Beklagte zu 2) (+)), hier war ich aber sehr unsicher
3. bzgl. Beklagten zu 2) einseitige Erledigungserklärung -> keine Säumnis wegen 62 ZPO, Rechtshängigkeit ihm gegenüber erst als seine Frau ihm die Klage ausgehändigt hat, Briefkastenzustellung unwirksam, da er nicht mehr dort wohnte, erledigendes Ereignis aber erst mit Schlüsselübergabe am 04.03. da erst dann Herausgabe iSv 546 BGB und erst dann Feststellungsineresse der Klägerin bzgl der EG-Wohnung weggefallen, da er keine Zugriffsmöglichkeit mehr hat.
Im Ergebnis also allen Anträgen der Klägerin entsprochen.
Ich glaube, die Klausur war eigentlich dankbar, habe nur am Anfang viel zu lange überlegt und bin bei dem Feststellungsantrag bzgl. der EG-Wohnung sicher, dass meine Lösung falsch ist.
Wie kannst du VU ablehnen wegen § 62 ZPO aber Erledigungserklärung gegenüber einen notwendigen Streitgenossen annehmen? oder hab ich einen Denkfehler?
Die Mieter sind nicht notwendige Streitgenossen, Leute. Ist Rspr.