02.08.2021, 03:21
Eine Frage vorrangig an diejenigen, im Kartellrecht tätig sind und Einblicke in die Praxis haben:
Immer wieder kommt es zu illegalen Preisabsprachen und ähnlichem. Dabei sind dann oft wirklich sehr große Unternehmen aufgestellt, bei denen ich zum einen meinen würde, dass die rechtlich gut beraten sind. Zum anderen dürften die ein gewisses internes Monitoring haben und sie dürften darauf bedacht sein, ihre Geschäfte einigermaßen sauber zu halten. Trotzdem kommt es dann zu (wohl teilweise offensichtlich) illegitimen Preisabsprachen.
Wie kommt das? Wer innerhalb der Unternahmen ist daran beteiligt, wer weiß davon und wessen Idee war das?
Hielten die das für legal und haben keinen Rechtsrat eingeholt oder waren schlecht beraten? Hat der Vorstand bzw. die Geschäftsführung darauf gehofft, dass es schon nicht auffliegen wird? Oder sind die Chefetagen gar nicht (nachweisbar) hieran beteiligt und irgendein besonders schlaues Kerlchen im Einkauf oder Vertieb hielt es für eine gute Idee, sich mit jemandem in vergleichbarer Position bei einem anderen Unternehmen zu treffen und abzusprechen?
Das fände ich interessant und das geht mE in der öffentlichen Berichterstattung oft unter. Da heißt es dann nur "Unternehmen XY hat...", aber nicht wer genau innerhalb des Unternehmends "..." gemacht hat und was wohl dessen Plan dabei war. Für Einblicke in die Praxis vielen Dank!
Immer wieder kommt es zu illegalen Preisabsprachen und ähnlichem. Dabei sind dann oft wirklich sehr große Unternehmen aufgestellt, bei denen ich zum einen meinen würde, dass die rechtlich gut beraten sind. Zum anderen dürften die ein gewisses internes Monitoring haben und sie dürften darauf bedacht sein, ihre Geschäfte einigermaßen sauber zu halten. Trotzdem kommt es dann zu (wohl teilweise offensichtlich) illegitimen Preisabsprachen.
Wie kommt das? Wer innerhalb der Unternahmen ist daran beteiligt, wer weiß davon und wessen Idee war das?
Hielten die das für legal und haben keinen Rechtsrat eingeholt oder waren schlecht beraten? Hat der Vorstand bzw. die Geschäftsführung darauf gehofft, dass es schon nicht auffliegen wird? Oder sind die Chefetagen gar nicht (nachweisbar) hieran beteiligt und irgendein besonders schlaues Kerlchen im Einkauf oder Vertieb hielt es für eine gute Idee, sich mit jemandem in vergleichbarer Position bei einem anderen Unternehmen zu treffen und abzusprechen?
Das fände ich interessant und das geht mE in der öffentlichen Berichterstattung oft unter. Da heißt es dann nur "Unternehmen XY hat...", aber nicht wer genau innerhalb des Unternehmends "..." gemacht hat und was wohl dessen Plan dabei war. Für Einblicke in die Praxis vielen Dank!
02.08.2021, 07:24
Kann nicht sonderlich viel zusagen, nur, dass mir eine VRiinLG mal sagte, die Schwierigkeiten ihrer Kartellrechtskollegen (Spezialkammer) lägen nicht im rechtlichen, sondern fast immer nur im tatsächlichen Bereich.
02.08.2021, 08:39
Naja, die Antwort liegt doch auf der Hand:
Kartellrecht schränkt Maßnahmen ein, die an sich dem Unternehmen wirtschaftlich nutzen. Von daher gibt es - wie im Steuerrecht - ein Bedürfnis so weit wie möglich an die Grenze des Erlaubten zu gehen. Manchmal landet man halt auch ein bisschen drüber.
Oder man bewertet das Risiko erwischt zu werden schlicht als weniger gravierend als die sich bietenden Vorteile.
Kartellrecht schränkt Maßnahmen ein, die an sich dem Unternehmen wirtschaftlich nutzen. Von daher gibt es - wie im Steuerrecht - ein Bedürfnis so weit wie möglich an die Grenze des Erlaubten zu gehen. Manchmal landet man halt auch ein bisschen drüber.
Oder man bewertet das Risiko erwischt zu werden schlicht als weniger gravierend als die sich bietenden Vorteile.
02.08.2021, 08:45
Häufig wissen Mitarbeiter auch nicht, dass sie mit dem Austausch bestimmter Informationen einen Kartellverstoß begehen. Echte Preisabsprachen wie im Schienenkartell sind die Ausnahme.
02.08.2021, 11:16
Ich möchte noch ergänzen, dass Kartelle meistens nur durch Whisteblowing unzufriedener Mitarbeiter oder von deren engen Kontaktpersonen auffliegen. Noch seltener durch die Aussage von Kronzeugen.
Wie viele Kartelle ca. unentdeckt bleiben, weiß ich nicht. Statistiken dazu gibt es bei den Ökonomen. Kartelle werden beinahe nie durch Ermittlungen oder Aufsichtsbehörden entdeckt. Ökonomische Arbeiten zu dem Thema haben auch über Befragungen herausgefunden, dass die meisten Menschen (Männer noch eher als Frauen) Kartelle bilden würden, wenn diese mit hoher Wahrscheinlichkeit unentdeckt bleiben. Es ist einfach ein natürlicher Egoismus, der Menschen zu Kartellbildung treibt (wie bei anderen illegalen Aktivitäten auch).
Wie viele Kartelle ca. unentdeckt bleiben, weiß ich nicht. Statistiken dazu gibt es bei den Ökonomen. Kartelle werden beinahe nie durch Ermittlungen oder Aufsichtsbehörden entdeckt. Ökonomische Arbeiten zu dem Thema haben auch über Befragungen herausgefunden, dass die meisten Menschen (Männer noch eher als Frauen) Kartelle bilden würden, wenn diese mit hoher Wahrscheinlichkeit unentdeckt bleiben. Es ist einfach ein natürlicher Egoismus, der Menschen zu Kartellbildung treibt (wie bei anderen illegalen Aktivitäten auch).
02.08.2021, 14:20
Selbst wenn sie es wissen, kann der Markt gesichert und der Konkurrent erst einmal verdrängt sein. Das ist taktisch vielleicht teuer, weil man bestraft wird, strategisch kann es für ein Unternehmen aber dennoch sinnvoll sein. Siehe Microsoft und Google. Oder wenn im Fall von Preisabsprachen kurzfristig Liquidität gesichert wird, um Investitionen zu tätigen, dann ist die Größe halt faktisch da, die Buße ist dann nur ein weiterer Kostenfaktor, der mit einberechnet wird. In den meisten Fällen glaube ich aber wie die Vorposten, dass es den Mitarbeitern einfach nicht bewusst ist. Der rechtliche Rahmen ist auch nicht das Erste, worum man sich als Unternehmer Gedanken machen muss, sondern es geht vielmehr in erster Linie um Fragen über Umsätze, Markterschließung und die Finanzierung. An zweiter Stelle steht dann die Compliance.
02.08.2021, 14:24
Die anwaltliche Arbeit dürfte sich doch zu einem großen Teil damit befassen, ob und wie man XY noch legal machen kann.
02.08.2021, 14:47
(02.08.2021, 14:24)HerrKules schrieb: Die anwaltliche Arbeit dürfte sich doch zu einem großen Teil damit befassen, ob und wie man XY noch legal machen kann.
Häufig ist man präventiv tätig. Teilweise geht es in compliance hinein.
Daneben natürlich auch, wenn das Kind in Brunnen gefallen ist und die Behörden bereits durchsuchen (wollen).
Ansonsten ist in den großen Kanzleien eigentlich 90% GK und mittlerweile auch Schadensersatz.
02.08.2021, 16:55
"Wie, man darf mit Kollegen von der Konkurrenz nicht abends mal ein Bierchen trinken gehen und aus dem Nähkästchen plaudern?? Herr Dr., das was Sie da immer so sagen ist so realitätsfremd"

02.08.2021, 18:33
Wenn alle sich ans Gesetz hielten und Angst vor den Folgen hätten, wäre auch die StA arbeitslos... Bei Kartellen wird es sein wie immer: es macht Spaß, bringt Geld und man hofft, nicht erwischt zu werden.