02.08.2021, 16:00
Diejenigen, die meinen, Deutschland verweigere sich der Digitalisierung nur wegen der Boomer etc: Dann schaut doch einmal in die USA, wo es ja die technikfeindliche Regulierung sicher nicht gibt. Ich sehe dort nicht, dass man davon ausgeht, Juristen würden irgendwann überflüssig. Ganz im Gegenteil. Schon das Prinzip „trial by jury“ steht einer maschinellen Bearbeitung fundamental entgegen. KI hilft natürlich bei der effizienten Aufbereitung des Fallmaterials und befördert dort die Qualität juristischer Argumente; aber die Debatte „in 30 Jahren sind Anwälte überflüssig“ sehe ich dort in relevanten Kreisen nicht.
02.08.2021, 17:57
(02.08.2021, 16:00)Gastnotar schrieb: Diejenigen, die meinen, Deutschland verweigere sich der Digitalisierung nur wegen der Boomer etc: Dann schaut doch einmal in die USA, wo es ja die technikfeindliche Regulierung sicher nicht gibt. Ich sehe dort nicht, dass man davon ausgeht, Juristen würden irgendwann überflüssig. Ganz im Gegenteil. Schon das Prinzip „trial by jury“ steht einer maschinellen Bearbeitung fundamental entgegen. KI hilft natürlich bei der effizienten Aufbereitung des Fallmaterials und befördert dort die Qualität juristischer Argumente; aber die Debatte „in 30 Jahren sind Anwälte überflüssig“ sehe ich dort in relevanten Kreisen nicht.
Ich glaube niemand bezweifelt, dass es immer Juristen geben wird. Es wird nunmal künftig deutlich weniger geben, denklogisch. Logik hat aber nichts mit Interessenvertretung und Opportunismus zu tun. Die Beharrungskräfte sind gewaltig, zum Glück für uns, könnte man meinen.
Aber insbesondere im anglo-amerikanischen Raum mit seinem Case Law, werden die Disruptionen im Rechtsmarkt viel tiefgreifender als hier. Das was dort gerade in der Mache ist, wird irgendwann hier rüberschwappen, aber voraussichtlich aufgrund der Komplexität unseres Rechtssystems noch lange lange brauchen.
Und ja die Digitalisierung ist in Deutschland sehr armselig. Zeigt die Empirie und diverse Rankings. Darum sollte man sich deutlich mehr Sorgen machen, als die Rationalisierung der Rechtsanwälte zu debattieren. Willst du das echt in Frage stellen?
02.08.2021, 19:16
(02.08.2021, 17:57)Gast schrieb:(02.08.2021, 16:00)Gastnotar schrieb: Diejenigen, die meinen, Deutschland verweigere sich der Digitalisierung nur wegen der Boomer etc: Dann schaut doch einmal in die USA, wo es ja die technikfeindliche Regulierung sicher nicht gibt. Ich sehe dort nicht, dass man davon ausgeht, Juristen würden irgendwann überflüssig. Ganz im Gegenteil. Schon das Prinzip „trial by jury“ steht einer maschinellen Bearbeitung fundamental entgegen. KI hilft natürlich bei der effizienten Aufbereitung des Fallmaterials und befördert dort die Qualität juristischer Argumente; aber die Debatte „in 30 Jahren sind Anwälte überflüssig“ sehe ich dort in relevanten Kreisen nicht.
Ich glaube niemand bezweifelt, dass es immer Juristen geben wird. Es wird nunmal künftig deutlich weniger geben, denklogisch. Logik hat aber nichts mit Interessenvertretung und Opportunismus zu tun. Die Beharrungskräfte sind gewaltig, zum Glück für uns, könnte man meinen.
Aber insbesondere im anglo-amerikanischen Raum mit seinem Case Law, werden die Disruptionen im Rechtsmarkt viel tiefgreifender als hier. Das was dort gerade in der Mache ist, wird irgendwann hier rüberschwappen, aber voraussichtlich aufgrund der Komplexität unseres Rechtssystems noch lange lange brauchen.
Und ja die Digitalisierung ist in Deutschland sehr armselig. Zeigt die Empirie und diverse Rankings. Darum sollte man sich deutlich mehr Sorgen machen, als die Rationalisierung der Rechtsanwälte zu debattieren. Willst du das echt in Frage stellen?
Abgesehen davon, dass diese Diskussion eigentlich in einen anderen Thread gehört, verstehe ich nicht, wo das Problem liegt:
Die Anwaltschaft hat es selbst in der Hand, ihre Kanzleien zu digitalisieren. Die Einführung des – zugegebenermaßen sehr schlecht umgesetzten – beA hat hier bereits einigen Anpassungszwang ausgelöst. Am Ende werden diejenigen Kanzleien am Markt bestehen, die effiziente digitale Workflows umsetzen. Das ist mit der jetzigen Technik schon weitgehend möglich, eigentlich schon seit mindestens zwanzig Jahren (OCR, www, Spracherkennung, Datenbanken eh...). Da braucht man gar nicht von Ki zu sprechen.
Auf Heise online ist ein interessanter Titel zur Ki in Bezug auf legaltech ("Missing Link: Künstliche Intelligenz - Justitias Freund und Helfer?"). Dort wird im wesentlichen vorgestellt, dass die Software nun beim Scannen mit 95-prozentiger Zuverlässigkeit Dokumente trennen und vorgefertigten Kategorien zuordnen kann und das Datum mit irgendwas um 80 % erkennt. Es geht also auch dort um Hilfstätigkeiten, die derzeit mein Sekretariat übernimmt. Sobald hier akzeptable Werte erreicht werden, (99-prozentige Erkennungsraten) wird man den Workflow in den Sekretariaten so ändern können, dass die Sekretärinnen den Scanvorgang initiieren und dann die Dokumente automatisch den einzelnen Akten zugeordnet werden. Nur noch in den Fällen, in denen die Software versagt, muss das Sekretariat dann weiter eingreifen. Davor habe ich überhaupt keine Angst, das erwarte ich vielmehr seit Jahren.
Eine Ki, die juristische Werturteile fällen kann, sehe ich am Horizont noch nicht. Ich wüsste auch nicht, weshalb ich der "Boomer-Generation"deswegen Vorhaltungen machen sollte. Sowohl die "Boomer" als auch GenX haben bisher sicherlich weit mehr zur Digitalisierung beigetragen, als die Generationen, denen das Handy/Smartphone schon im Kindergarten in die Hand gefallen ist. Einfach besser machen statt rumnölen, sollte die Devise sein.
Was ich wiederum verstehen kann ist, wenn man davon angenervt ist, als Berufsanfänger in verstaubte Strukturen zu kommen, dort nichts ändern kann und die Verschwendung anwaltlicher Arbeitskraft aufgrund schlechter Büroorganisation dann in (natürlich unbezahlten) Überstunden in einem ganz erheblichen Umfang mündet.
03.08.2021, 11:03
(31.07.2021, 00:39)Gast227 schrieb:(31.07.2021, 00:29)Gast schrieb:(31.07.2021, 00:27)Student schrieb:(31.07.2021, 00:14)Gast227 schrieb: Ich wiederhole mich, aber wer sich jetzt noch für ein Jura Studium entschieden hat, wird später ziemlich in die Röhre schauen. Auf diese Frustrationswelle bin ich dann echt sehr gespannt, nachdem man sich durch zwei Staatsexamina durchringen musste.
I.d.R. bin ich nur ein stiller Leser, aber jetzt mal rein pragmatisch gesehen, sieht die Zukunft für Anwälte (think of 2050) wirklich so düster aus?
Die Beiträge lassen in mir als Jurastudent im dritten Semster Zweifel aufkommen, ob Jura tatsächlich das Richtige war. Schließlich könnte ich mit meinem 1,2 Abi theoretisch auch Medizin studieren, allerdings ist nunmal mein Interesse für Jura weitaus größer.
Das sind Menschen, die mit ihrer jetzigen Lage unzufrieden sind und deshalb alles schlecht reden wollen. Keine Sorge.
Wie kommst du denn auf so einen Unsinn, für uns und auch mich, sieht es aktuell noch prima aus. Wer aber die Spur einer Ahnung von Volkswirtschaft hat, weiß wie sich das Ganze hier mit der Juristerei entwickeln wird. Man muss auch mal begreifen, dass wir absolut keinen Wert schaffen. Auch wenn es das Selbstwertgefühl einiger Juristen schwer verletzen mag.
An den Studenten: Jura schult deine Problemlösungskompetenz, demgemäß ein gutes und wertvolles Studium. Und letztlich kann keiner wissen, was kommen wird. Wenn dein Interesse groß ist und du scheinbar ein starkes Abi hattest, bleib am Ball. Nachdem ersten kannst du zur Not noch ein BWL Bachlor ranhängen oder komplett umschwenken, auch keine Schande. Die Problemlösungskompetenz bleibt dir zumindest noch erhalten!
Solange es Anwaltszwang und das Recht auf richterliches Gehör gibt, wird es Anwälte und zumindest Richter geben...
Darüber hinaus schaffen wir vielleicht keinen greifbaren Wert, wohl aber einen immateriellen Wert. Anwälte sind nach wie vor Organ der Rechtspflege und helfen dem Bürger seine Rechte, ob gegen den Staat oder andere Bürger, durchzusetzen. Wenn das nichts wert ist, weiß ich auch nicht. Und ich bin sicher kein Idealist, der nur den kleinen Mann vertritt, eher im Gegenteil.
Der Anwalt ist Rechtsanwender und das Medium, durch das auch der Bürger das Recht anwenden kann. Es macht dann auch kein Unterschied, ob es sich dann um einen großen Merger handelt oder nur um Schmerzensgeld. Rechtsanwälte können und dürfen Sachen, die der normale Bürger nicht kann oder darf. Damit ist ihre Tätigkeit auch etwas wert.
Ein normaler Mensch wird niemals, auch wenn Legal Tech noch so gut ist, seinen Anspruch etwa auf Schadenersatz, oder auf seinen Pflichtteil oder auf Unterhalt alleine vor Gericht durchsetzen können. Legal Tech mag einfache, massenhafte Sachverhalte (Flugreisen etc.) bewerten können und da den klassischen Anwalt womöglich sogar in die Ecke drängen, aber sobald es individuell und speziell wird, rennen die Leute wieder zum Anwalt.
Um zum Thema zurückzukommen: Die Leute sehen immer nur, dass Anwälte dicke Autos fahren und rumprahlen, wie geil sie sind. Daher kommt das Vorurteil des vermeitlichen Reichtums aller Juristen.
03.08.2021, 11:10
Legal Tech wird Anwälte noch reicher machen und sie nicht etwa aus dem Geschäft verdrängen
03.08.2021, 20:05
03.08.2021, 20:14
(03.08.2021, 20:05)Gast schrieb:(03.08.2021, 11:10)Gast schrieb: Legal Tech wird Anwälte noch reicher machen und sie nicht etwa aus dem Geschäft verdrängen
Wenn du das sagst!
Meiner bescheidenen Meinung nach wird Legal-Tech die Honorare von Anwälten eher massiv drücken.
Wieso? Wir können es doch selbst nutzen, um effizienter zu arbeiten. Und so mehr abzurechnen am Ende. Siehe USA, die billen wie blöd und nutzen alle Technik die geht.
03.08.2021, 20:26
(03.08.2021, 20:14)Gasto schrieb:(03.08.2021, 20:05)Gast schrieb:(03.08.2021, 11:10)Gast schrieb: Legal Tech wird Anwälte noch reicher machen und sie nicht etwa aus dem Geschäft verdrängen
Wenn du das sagst!
Meiner bescheidenen Meinung nach wird Legal-Tech die Honorare von Anwälten eher massiv drücken.
Wieso? Wir können es doch selbst nutzen, um effizienter zu arbeiten. Und so mehr abzurechnen am Ende. Siehe USA, die billen wie blöd und nutzen alle Technik die geht.
Wenn die Effizienz steigt, aber der Kuchen nicht größer wird, werden die Umsätze bestenfalls gleichbleiben, wegen des Konkurrenzdrucks vermutlich aber sinken. Sicherlich wird es auch hier Gewinner mit steigenden Umsätzen und idF Gewinnen, umgekehrt aber auch Verlierer mit sinkenden Umsätzen und Gewinnen geben.
03.08.2021, 22:58
(03.08.2021, 20:26)Gast schrieb:(03.08.2021, 20:14)Gasto schrieb:(03.08.2021, 20:05)Gast schrieb:(03.08.2021, 11:10)Gast schrieb: Legal Tech wird Anwälte noch reicher machen und sie nicht etwa aus dem Geschäft verdrängen
Wenn du das sagst!
Meiner bescheidenen Meinung nach wird Legal-Tech die Honorare von Anwälten eher massiv drücken.
Wieso? Wir können es doch selbst nutzen, um effizienter zu arbeiten. Und so mehr abzurechnen am Ende. Siehe USA, die billen wie blöd und nutzen alle Technik die geht.
Wenn die Effizienz steigt, aber der Kuchen nicht größer wird, werden die Umsätze bestenfalls gleichbleiben, wegen des Konkurrenzdrucks vermutlich aber sinken. Sicherlich wird es auch hier Gewinner mit steigenden Umsätzen und idF Gewinnen, umgekehrt aber auch Verlierer mit sinkenden Umsätzen und Gewinnen geben.
Bin im Arbeitsrecht unterwegs. Solange Verhandlungen von einem hin und her und diskutierten und Abwägen von rechtlichen, tatsächlichen und emotionalen Gesichtspunkten sind, habe ich keine Angst vor einer besonders pingelig und umfassend gefütterten Datenbank.
Wir haben im Übrigen auch die Vorgabe aus London, dass wir uns „was mit Legal Tech“ überlegen sollen. Uns fällt nichts Bahnbrechendes ein, was über ein umfassend flecibles Muster hinausgeht. …und wenn ich die Meldungen der Konkurrenz so betrachte, sind wir nicht die einzigen.
Ich kann mir nur im Bereich von Ansprüchen eine Automatisierung und SkalisrIch kann mir nur im Bereich von Ansprüche eine Automatisierung und Skalierbarkeit vorstellen, in denen es auf Tatbestandsseite ausschließlich! ein Ja oder Nein gibt. Das ist nach meinem bescheidenen Überblick nur im Bereich des Reiserechts (mehr als 3h drüber = Zahlungsanspruch) oder vllt im Bereich des Mietrechts (…) denkbar.
Proof me aber gerne wrong.
04.08.2021, 09:05
(03.08.2021, 20:26)Gast schrieb:(03.08.2021, 20:14)Gasto schrieb:(03.08.2021, 20:05)Gast schrieb:(03.08.2021, 11:10)Gast schrieb: Legal Tech wird Anwälte noch reicher machen und sie nicht etwa aus dem Geschäft verdrängen
Wenn du das sagst!
Meiner bescheidenen Meinung nach wird Legal-Tech die Honorare von Anwälten eher massiv drücken.
Wieso? Wir können es doch selbst nutzen, um effizienter zu arbeiten. Und so mehr abzurechnen am Ende. Siehe USA, die billen wie blöd und nutzen alle Technik die geht.
Wenn die Effizienz steigt, aber der Kuchen nicht größer wird, werden die Umsätze bestenfalls gleichbleiben, wegen des Konkurrenzdrucks vermutlich aber sinken. Sicherlich wird es auch hier Gewinner mit steigenden Umsätzen und idF Gewinnen, umgekehrt aber auch Verlierer mit sinkenden Umsätzen und Gewinnen geben.
Der Kuchen wird aber größer werden bzw. wir können in größer machen. Anwälte müssen an ihre Mandanten eben auch mehr Leistungen verkaufen und/oder neue Fälle finden, die früher überhaupt nicht zum Anwalt gingen.
Siehe USA. Da wird viel mehr abgerechnet auf die Sachen und viel teurer. Davon könnten wir uns eine Scheibe abschneiden. Wer natürlich auch 2050 die gleiche Arbeit wie 2021 macht, nur mit Legal tech dazu, der wird ein Problem haben.
Das gilt aber auch heute, wer noch so arbeitet wie 1990.