11.10.2017, 12:57
(11.10.2017, 12:54)Gast schrieb:(11.10.2017, 08:47)NDS-StA schrieb: Gibt es denn heiße Tipps für die StA-Klausur? Letztes mal kam angeblich eine Hooligan-Schlägerei dran. Wenn dem so wäre, schreit es ja nach Egt. Delikten.
Wenn du den letzten Durchgang in Nds meinst: Nein, keine Hooligan-Schlägerei. Waren Eigentumsdelikte. Ganz grob zusammengefasst: A gibt sich als Messerschleifer aus, klingelt an Türen und landet bei Oma O. Vereinbaren, dass er Messer von ihr schleift, sie gehen in die Wohnung um das finanzielle zu regeln und als O sich umdreht und ihre Geldbörse aus einer Schublade nehmen will zieht A ihr eins mit ner Vase über den Schädel, schnappt sich Geld und Messer und macht sich vom Acker.
Im zweiten Teil geht A zu Frau F, wieder das Spiel mit der Klingelei etc. Später stellt F fest, dass Schmuck aus ihrem Schlafzimmer fehlt.
Irgendwie so war das
Du hast den 2. TK unterschlagen. Da war noch klasse Computerbetrug und sowas drin. ;)
11.10.2017, 13:28
Weiß jmd was im Juli in Nds lief ?
11.10.2017, 13:29
Haha danke:-D
12.10.2017, 12:02
12.10.2017, 14:01
Nds. Mal wieder in zeitnot... habe 4 tk:
2 x 255, 253 250 I; 146; 164 stbg. Relativ viel Beweiswürdigung
Haftbefehl,
Mistras 13, 42, 43,
Verhältnismäßig kurze Anklage.
2 x 255, 253 250 I; 146; 164 stbg. Relativ viel Beweiswürdigung
Haftbefehl,
Mistras 13, 42, 43,
Verhältnismäßig kurze Anklage.
12.10.2017, 15:04
Könntest du ne kurze Zusammenfassung geben, was in etwa in Sachverhalt vorgefallen ist?
12.10.2017, 15:24
Ja hier genau das gleiche im ergebnis auch aus Nds!! Ich hab nur gerade mega Panik:-/ hat einer von euch ein bvv oder ne unverwertbarkeit seiner Aussage des s?? Ich hab in der hektik glaub ich mega viel übersehen:-/
12.10.2017, 15:35
Hab ein BVV hinsichtlich des Gesprächs mit dem Verteidiger angenommen, ansonsten alles durchgehen lassen.
12.10.2017, 15:47
Ja das hab ich auch !!! Der Bruder ging durch... Mir ist nur gerade mit Schrecken eingefallen, dass der noch auf den Verteidiger verzichtet hat und ich dachte, dann sei meine komplette Klausur hinfällig...
12.10.2017, 17:48
Strafrecht I: Anklage (Jammer und Elend)
Wir haben den 17jährigen B und den 18jährigen G. Beide sind befreundet, gingen früher gemeinsam zur Lernbehindertenschule und begannen eine Ausbildung zum Maurer, die B zwischenzeitlich abgebrochen hat. G hat Führerschein und Auto, in dem die beiden oftmals gemeinsam unterwegs sind. G bewahrt seine ec-Karte nebst PIN in seinem Auto auf. Beim Durchsehen seiner Kontoauszüge stellt G eines Tages fest, dass von seinem Konto 2 * 400 € abgehoben wurden und erstattet Strafanzeige. Auf den Videoaufnahmen aus der Sparkassenfiliale (Hinweis in der Filiale per Schild) erkennt man, dass jeweils B das Geld abgehoben hat.
Am Tattag sind B und G nachmittags bei McDonalds, B erzählt G von der Geschichte mit den Abhebungen (ohne Personenbezug) und dass er wegen der Videoaufnahmen davon ausgeht, dass die Polizei den Täter fassen werde.
Abends treffen sich B und G, um zu einer „wilden“ Badestelle außerhalb der Stadt zu fahren. Auf dem Rückweg von der Badestelle zum Auto wird G von einem Messer (Ausbeinmesser, Klingenlänge 17 cm) im oberen rechten Rücken getroffen. B versucht, dem G das Messer aus dem Rücken zu ziehen, hört aber damit auf, als G über starke Schmerzen klagt. Gemeinsam gehen sie zurück zum Auto. Weil G nicht fahren kann (Messer im Rücken), soll B den Notarzt rufen. Nach eigener Aussage versucht er das, aber erfolglos, weil kein Handyempfang. Daraufhin laufen beide zu einer nahegelegenen Gaststätte, als sie dort ankommen, ruft der Inhaber den Notarzt. Der nimmt G dann mit ins Krankenhaus, wo er sofort operiert wird (Kollaps des rechten oberen Lungenflügels, akute Lebensgefahr, alles nicht schön).
Noch vor Ort befragt die Polizei B informell, da sagt er, jemand habe das Messer geworfen. Er habe allerdings niemanden gesehen und auch nichts gehört. Im Anschluss wird B als Zeuge vernommen (nachts von halb eins bis halb zwei, mit Belehrung, aber ohne Eltern oder dergleichen). B behauptet, G habe ihm eine SMS geschickt und ihm vorgeschlagen, gemeinsam zum Baden zu fahren. Auf dem Rückweg vom See sei man die ganze Zeit nebeneinander her gelaufen. Außerdem behauptet B die Geschichte mit dem gescheiterten Notarztanruf und dass er den G auf dem Weg zur Gaststätte gestützt habe. Die Polizei verlangt dann das Handy des B heraus und beschlagnahmt es, als er sich weigert.
Der als Zeuge vernommene Gaststätteninhaber sagt, beide seien nicht gemeinsam, sondern hintereinander in die Gaststätte gekommen (B hätte G also nicht gestützt).
G sagt (also Zeuge im Krankenhaus vernommen, aber ohne Belehrung), er gehe davon aus, dass der B das war wegen der Geschichte mit der ec-Karte. Außerdem habe B ihn eine Whatsapp-Nachricht geschickt mit dem Vorschlag, baden zu gehen. Er habe den B dann darauf angesprochen, der habe aber gesagt, er sei es nicht gewesen. Und die Behauptung mit dem Notarztanruf habe er ihm auch nicht geglaubt, das „Gespräch“ sei viel zu schnell wieder vorbei gewesen. G hat auch niemand anderen gehört oder gesehen.
B kommt in U-Haft.
Bei der Handy-Auswertung wird festgestellt, dass es nur die WA-Nachricht von B an G gab und sonst keine Nachrichten oder Anrufe vom Handy. Auch bei der Rettungsleitstelle kam nur der Anruf des Gastwirts an. Die Polizei probiert dann aus, ob man am Auto-Abstellplatz Empfang hat – geht, auch mit dem Handy des B.
Die Rechtsmedizin probiert die Geschichte mit dem Messerwurf an einem Schweinekadaver aus: Klappt, wenn ein geübter Werfer in Nahdistanz direkt hinter dem Opfer steht, ist ihnen in der Praxis aber noch nie untergekommen. Aber geht.
Der Verteidiger des B schreibt zwecks Akteneinsicht und dann, dass die Videoaufnahmen aus der Sparkasse nicht verwertbar sind wegen unzulässiger Datenerhebung nach BDSG und Grundrechtsverletzung. Das mit dem Messer war sein Mandant auch nicht, was man ja schon an dem rechtsmedizinischen Gutachten sehe. Die Aussage des G ist nicht verwertbar, weil G nicht belehrt und an seine Wahrheitspflicht erinnert wurde. Außerdem wurde die Jugendgerichtshilfe nicht eingeschaltet und deshalb ist das alles Murks und der Mandant sofort freizulassen.
Zu entwerfen ist die Entschließung der Staatsanwaltschaft nach strafrechtlicher und strafprozessualer Begutachtung. Keine Einstellung, Landesdatenschutzrecht ist nicht zu prüfen, BDSG aber schon.
Was jetzt kommt, ist grob unvollständig und wenig sinnvoll, aber die Chronistenpflicht gebietet auch die Auseinandersetzung mit den eigenen Unzulänglichkeiten – und da gab es viele.
Aufteilung in zwei Tatkomplexe: Geschehen am 17./21.8 und Geschehen am 24.8.
TK 1
I. Strafbarkeit wegen Computerbetrugs
1. Tatbestand
a) objektiver Tatbestand
(1) unbefugte Verwendung von Daten
Verwendung von ec-Karte und PIN des G gegen dessen Willen
Beweisbarkeit von B als Täter?
Verwertbarkeit der Videoaufzeichungen?
Verstoß gegen BDSG? fand ich sehr schwierig zu prüfen, weil ich mit dem BDSG noch nie gearbeitet habe. Ich habe mich dann für § 4 Abs. 1 iVm § 6b Abs. 1 Nr. 3 entschiedenen und die Wahrnehmung berechtigter Interessen aus der Vermeidung bzw. besseren Verfolgbarkeit von Straftaten mit Bezug zum Bankbetrieb hergeleitet (Computerbetrug, Skimming, solche Sachen halt). Erkennbarkeit nach Abs. 2 war gegeben und die Verwertung nach Abs. 3 habe ich auch bejaht. Keine entgegenstehenden schutzwürdigen Interessen des B: keine Verletzung der Privat- oder Intimsphäre, quasi-öffentlicher Raum, alles prima. Vermutlich ist das nicht mal die richtige EGL, aber ich wollte nicht noch mehr Zeit in einer Strafrechtsklausur (!) ins BDSG investieren. Danach noch die Grundrechtsabwägung mit den gleichen Argumenten, aber ich habe mich nicht getraut, sie wegzulassen. Insgesamt ein ziemlicher Zeitfresser mit dem völlig überraschenden ;) Ergebnis, dass die Videoaufnahmen ok und damit verwertbar sind.
(2) Beeinflussung des Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgangs durch Herbeiführung der Auszahlungen
(3) Vermögensschaden, weil G sein Geld wohl kaum von der Bank zurückbekommt bzw. die die Abbuchung zurückbuchen, wenn er seine PIN im Auto aufbewahrt.
b) subjektiver Tatbestand (+)
2. Rechtswidrigkeit (+)
3. Schuld (+)
II. kein Diebstahl bzgl. Karte mangels Zueignungsabsicht
III. keine Untreue bzgl. Geld mangels Vermögensbetreuungspflicht
IV. keine Unterschlagung bzgl. Geld wegen Subsidiarität
V. Konkurrenzen
Ich habe Tatmehrheit angenommen wegen des großen zeitlichen Abstands → neuer Tatentschluss.
TK 2: Geschehen am Abend
I. versuchter Totschlag
1. Vorprüfung
a) Nichteintritt des Taterfolgs: G lebt
b) Strafbarkeit des Versuchs (+)
2. Tatentschluss:
verwertbare Aussagen des B gab es nicht (der sagt ja, er war es nicht)
Die folgende Prüfung fand ich sehr blöd, denn an dieser Stelle kam das erste Mal die Frage auf, wie das Messer in den Rücken des G gelangt ist. Ich habe also geprüft, ob sich der Tatentschluss, also der Wille, die Merkmale des objektiven Tatbestandes des Totschlags zu verwirklichen, aus den beweisbaren Indizien herleiten lässt, also quasi eine doppelte Inzidentprüfung. Nunja.
Es gibt zwei potentielle Geschehensabläufe, die zum Messer im Rücken des G geführt haben können: Entweder B hat zugestochen oder der große Unbekannte hat geworfen. Für letztere Variante spricht, dass die Forensik das ja zumindest für möglich hielt. Außerdem soll es ja ein Rascheln im Gebüsch gegeben haben nach Aussage des B. Aber andererseits hat er auch gesagt, da war niemand. Also Prüfung, ob seine Zeugenaussage verwertbar war. (+), zum Zeitpunkt der Vernehmung war er noch nicht beschuldigt, auch keine bewusste „Falscheinstufung“, ich habe auch im JGG auf die Schnelle keine Vorschrift gefunden, nach der man Minderjährige nur in Anwesenheit der Eltern vernehmen darf. Gibt es aber bestimmt.
Aussage des B also verwertbar, spricht gegen die Unbekannten-Hypothese. Aussage des G auch, die ist auch verwertbar, weil § 57 StPO den Zeugen schützen soll, Nichteinhaltung nicht revisibel, also egal. Aus der Aussage des G ergibt sich das Motiv (die Geschichte mit der ec-Karte) und die örtlichen Gegebenheiten: B ging ein paar Schritte hinter G und rechts von ihm und nicht, wie von B behauptet, neben ihm. Außerdem der seltsame Verlauf des Abends bis dahin: Erst die Einladung zum Baden, dann doch nicht ins Wasser wegen der Mücken (?!), der Rückweg im Dunkeln, alles irgendwie seltsam. Als hätte B versucht, den G rauszulocken, um eine günstige Gelegenheit für die Tötung zu „erwischen“.
Damit sprach für mich die überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass es eben nicht der Unbekannte war, sondern B.
Tötungsvorsatz habe ich ziemlich oberflächlich aus den objektiven Umständen abgeleitet: Stich mit einem solchen Messer (17 cm) in den oberen Rücken, und dann noch voll versenkt, zudem keine vorherige Auseinandersetzung oder ein sonstiger Anlass. Deshalb Tötungsvorsatz (+) und damit auch Tatentschluss (+)
3. unmittelbares Ansetzen (+): Messer im Rücken, eindeutiger geht es wohl kaum
4. Rechtswidrigkeit + Schuld (+)
5. Rücktritt
a) kein fehlgeschlagener Versuch, wenn man G zurückgelassen oder einfach gar nichts gemacht hätte, wäre er wohl gestorben
b) beendeten Versuch angenommen und dann argumentiert, mit dem Nichtanruf beim Notarzt trotz objektiver Möglichkeit (KTU) hat er eine Rettungsmöglichkeit unterlassen und damit wurde der Erfolgseintritt nicht durch ihn verhindert, deshalb Rücktritt (-)
II. Mord
Ich habe Verdeckungsabsicht angenommen und Heimtücke aus nicht nachvollziehbaren Gründen übersehen.
III. gefährliche Körperverletzung
Nur noch kursorisch, Messer als gefährliches Werkzeug, das Leben gefährdende Behandlung, Hinterlist hatte ich im Kopf abgelehnt, aber nicht aufgeschrieben, hätte man vermutlich auch annehmen können.
Damit blieb versuchter Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.
B-Gutachten:
I. Anklage nach JGG zum Jugendgericht (?) gemäß irgendwelcher JGG-Vorschriften
II. Aufrechterhaltung des Haftbefehls wegen dringenden Tatverdachts, Haftgrund Fluchtgefahr (arbeitslos, drohende Strafe) ist vermutlich falsch (B minderjährig, lebt bei seinen Eltern)
III. JGG
Dazu habe ich nur noch geschrieben, dass diese Vorschriften nicht für die Anklageerhebung relevant sind, sondern nur die fehlende Reife der Minderjährigen ausgleichen sollen, sodass eine Verletzung nicht relevant ist.
Das war’s, insgesamt ziemlich blöd gelaufen. Vermutlich habe ich noch viel mehr übersehen, mal schauen, was ihr so geschrieben habt. :(
Wir haben den 17jährigen B und den 18jährigen G. Beide sind befreundet, gingen früher gemeinsam zur Lernbehindertenschule und begannen eine Ausbildung zum Maurer, die B zwischenzeitlich abgebrochen hat. G hat Führerschein und Auto, in dem die beiden oftmals gemeinsam unterwegs sind. G bewahrt seine ec-Karte nebst PIN in seinem Auto auf. Beim Durchsehen seiner Kontoauszüge stellt G eines Tages fest, dass von seinem Konto 2 * 400 € abgehoben wurden und erstattet Strafanzeige. Auf den Videoaufnahmen aus der Sparkassenfiliale (Hinweis in der Filiale per Schild) erkennt man, dass jeweils B das Geld abgehoben hat.
Am Tattag sind B und G nachmittags bei McDonalds, B erzählt G von der Geschichte mit den Abhebungen (ohne Personenbezug) und dass er wegen der Videoaufnahmen davon ausgeht, dass die Polizei den Täter fassen werde.
Abends treffen sich B und G, um zu einer „wilden“ Badestelle außerhalb der Stadt zu fahren. Auf dem Rückweg von der Badestelle zum Auto wird G von einem Messer (Ausbeinmesser, Klingenlänge 17 cm) im oberen rechten Rücken getroffen. B versucht, dem G das Messer aus dem Rücken zu ziehen, hört aber damit auf, als G über starke Schmerzen klagt. Gemeinsam gehen sie zurück zum Auto. Weil G nicht fahren kann (Messer im Rücken), soll B den Notarzt rufen. Nach eigener Aussage versucht er das, aber erfolglos, weil kein Handyempfang. Daraufhin laufen beide zu einer nahegelegenen Gaststätte, als sie dort ankommen, ruft der Inhaber den Notarzt. Der nimmt G dann mit ins Krankenhaus, wo er sofort operiert wird (Kollaps des rechten oberen Lungenflügels, akute Lebensgefahr, alles nicht schön).
Noch vor Ort befragt die Polizei B informell, da sagt er, jemand habe das Messer geworfen. Er habe allerdings niemanden gesehen und auch nichts gehört. Im Anschluss wird B als Zeuge vernommen (nachts von halb eins bis halb zwei, mit Belehrung, aber ohne Eltern oder dergleichen). B behauptet, G habe ihm eine SMS geschickt und ihm vorgeschlagen, gemeinsam zum Baden zu fahren. Auf dem Rückweg vom See sei man die ganze Zeit nebeneinander her gelaufen. Außerdem behauptet B die Geschichte mit dem gescheiterten Notarztanruf und dass er den G auf dem Weg zur Gaststätte gestützt habe. Die Polizei verlangt dann das Handy des B heraus und beschlagnahmt es, als er sich weigert.
Der als Zeuge vernommene Gaststätteninhaber sagt, beide seien nicht gemeinsam, sondern hintereinander in die Gaststätte gekommen (B hätte G also nicht gestützt).
G sagt (also Zeuge im Krankenhaus vernommen, aber ohne Belehrung), er gehe davon aus, dass der B das war wegen der Geschichte mit der ec-Karte. Außerdem habe B ihn eine Whatsapp-Nachricht geschickt mit dem Vorschlag, baden zu gehen. Er habe den B dann darauf angesprochen, der habe aber gesagt, er sei es nicht gewesen. Und die Behauptung mit dem Notarztanruf habe er ihm auch nicht geglaubt, das „Gespräch“ sei viel zu schnell wieder vorbei gewesen. G hat auch niemand anderen gehört oder gesehen.
B kommt in U-Haft.
Bei der Handy-Auswertung wird festgestellt, dass es nur die WA-Nachricht von B an G gab und sonst keine Nachrichten oder Anrufe vom Handy. Auch bei der Rettungsleitstelle kam nur der Anruf des Gastwirts an. Die Polizei probiert dann aus, ob man am Auto-Abstellplatz Empfang hat – geht, auch mit dem Handy des B.
Die Rechtsmedizin probiert die Geschichte mit dem Messerwurf an einem Schweinekadaver aus: Klappt, wenn ein geübter Werfer in Nahdistanz direkt hinter dem Opfer steht, ist ihnen in der Praxis aber noch nie untergekommen. Aber geht.
Der Verteidiger des B schreibt zwecks Akteneinsicht und dann, dass die Videoaufnahmen aus der Sparkasse nicht verwertbar sind wegen unzulässiger Datenerhebung nach BDSG und Grundrechtsverletzung. Das mit dem Messer war sein Mandant auch nicht, was man ja schon an dem rechtsmedizinischen Gutachten sehe. Die Aussage des G ist nicht verwertbar, weil G nicht belehrt und an seine Wahrheitspflicht erinnert wurde. Außerdem wurde die Jugendgerichtshilfe nicht eingeschaltet und deshalb ist das alles Murks und der Mandant sofort freizulassen.
Zu entwerfen ist die Entschließung der Staatsanwaltschaft nach strafrechtlicher und strafprozessualer Begutachtung. Keine Einstellung, Landesdatenschutzrecht ist nicht zu prüfen, BDSG aber schon.
Was jetzt kommt, ist grob unvollständig und wenig sinnvoll, aber die Chronistenpflicht gebietet auch die Auseinandersetzung mit den eigenen Unzulänglichkeiten – und da gab es viele.
Aufteilung in zwei Tatkomplexe: Geschehen am 17./21.8 und Geschehen am 24.8.
TK 1
I. Strafbarkeit wegen Computerbetrugs
1. Tatbestand
a) objektiver Tatbestand
(1) unbefugte Verwendung von Daten
Verwendung von ec-Karte und PIN des G gegen dessen Willen
Beweisbarkeit von B als Täter?
Verwertbarkeit der Videoaufzeichungen?
Verstoß gegen BDSG? fand ich sehr schwierig zu prüfen, weil ich mit dem BDSG noch nie gearbeitet habe. Ich habe mich dann für § 4 Abs. 1 iVm § 6b Abs. 1 Nr. 3 entschiedenen und die Wahrnehmung berechtigter Interessen aus der Vermeidung bzw. besseren Verfolgbarkeit von Straftaten mit Bezug zum Bankbetrieb hergeleitet (Computerbetrug, Skimming, solche Sachen halt). Erkennbarkeit nach Abs. 2 war gegeben und die Verwertung nach Abs. 3 habe ich auch bejaht. Keine entgegenstehenden schutzwürdigen Interessen des B: keine Verletzung der Privat- oder Intimsphäre, quasi-öffentlicher Raum, alles prima. Vermutlich ist das nicht mal die richtige EGL, aber ich wollte nicht noch mehr Zeit in einer Strafrechtsklausur (!) ins BDSG investieren. Danach noch die Grundrechtsabwägung mit den gleichen Argumenten, aber ich habe mich nicht getraut, sie wegzulassen. Insgesamt ein ziemlicher Zeitfresser mit dem völlig überraschenden ;) Ergebnis, dass die Videoaufnahmen ok und damit verwertbar sind.
(2) Beeinflussung des Ergebnisses eines Datenverarbeitungsvorgangs durch Herbeiführung der Auszahlungen
(3) Vermögensschaden, weil G sein Geld wohl kaum von der Bank zurückbekommt bzw. die die Abbuchung zurückbuchen, wenn er seine PIN im Auto aufbewahrt.
b) subjektiver Tatbestand (+)
2. Rechtswidrigkeit (+)
3. Schuld (+)
II. kein Diebstahl bzgl. Karte mangels Zueignungsabsicht
III. keine Untreue bzgl. Geld mangels Vermögensbetreuungspflicht
IV. keine Unterschlagung bzgl. Geld wegen Subsidiarität
V. Konkurrenzen
Ich habe Tatmehrheit angenommen wegen des großen zeitlichen Abstands → neuer Tatentschluss.
TK 2: Geschehen am Abend
I. versuchter Totschlag
1. Vorprüfung
a) Nichteintritt des Taterfolgs: G lebt
b) Strafbarkeit des Versuchs (+)
2. Tatentschluss:
verwertbare Aussagen des B gab es nicht (der sagt ja, er war es nicht)
Die folgende Prüfung fand ich sehr blöd, denn an dieser Stelle kam das erste Mal die Frage auf, wie das Messer in den Rücken des G gelangt ist. Ich habe also geprüft, ob sich der Tatentschluss, also der Wille, die Merkmale des objektiven Tatbestandes des Totschlags zu verwirklichen, aus den beweisbaren Indizien herleiten lässt, also quasi eine doppelte Inzidentprüfung. Nunja.
Es gibt zwei potentielle Geschehensabläufe, die zum Messer im Rücken des G geführt haben können: Entweder B hat zugestochen oder der große Unbekannte hat geworfen. Für letztere Variante spricht, dass die Forensik das ja zumindest für möglich hielt. Außerdem soll es ja ein Rascheln im Gebüsch gegeben haben nach Aussage des B. Aber andererseits hat er auch gesagt, da war niemand. Also Prüfung, ob seine Zeugenaussage verwertbar war. (+), zum Zeitpunkt der Vernehmung war er noch nicht beschuldigt, auch keine bewusste „Falscheinstufung“, ich habe auch im JGG auf die Schnelle keine Vorschrift gefunden, nach der man Minderjährige nur in Anwesenheit der Eltern vernehmen darf. Gibt es aber bestimmt.
Aussage des B also verwertbar, spricht gegen die Unbekannten-Hypothese. Aussage des G auch, die ist auch verwertbar, weil § 57 StPO den Zeugen schützen soll, Nichteinhaltung nicht revisibel, also egal. Aus der Aussage des G ergibt sich das Motiv (die Geschichte mit der ec-Karte) und die örtlichen Gegebenheiten: B ging ein paar Schritte hinter G und rechts von ihm und nicht, wie von B behauptet, neben ihm. Außerdem der seltsame Verlauf des Abends bis dahin: Erst die Einladung zum Baden, dann doch nicht ins Wasser wegen der Mücken (?!), der Rückweg im Dunkeln, alles irgendwie seltsam. Als hätte B versucht, den G rauszulocken, um eine günstige Gelegenheit für die Tötung zu „erwischen“.
Damit sprach für mich die überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass es eben nicht der Unbekannte war, sondern B.
Tötungsvorsatz habe ich ziemlich oberflächlich aus den objektiven Umständen abgeleitet: Stich mit einem solchen Messer (17 cm) in den oberen Rücken, und dann noch voll versenkt, zudem keine vorherige Auseinandersetzung oder ein sonstiger Anlass. Deshalb Tötungsvorsatz (+) und damit auch Tatentschluss (+)
3. unmittelbares Ansetzen (+): Messer im Rücken, eindeutiger geht es wohl kaum
4. Rechtswidrigkeit + Schuld (+)
5. Rücktritt
a) kein fehlgeschlagener Versuch, wenn man G zurückgelassen oder einfach gar nichts gemacht hätte, wäre er wohl gestorben
b) beendeten Versuch angenommen und dann argumentiert, mit dem Nichtanruf beim Notarzt trotz objektiver Möglichkeit (KTU) hat er eine Rettungsmöglichkeit unterlassen und damit wurde der Erfolgseintritt nicht durch ihn verhindert, deshalb Rücktritt (-)
II. Mord
Ich habe Verdeckungsabsicht angenommen und Heimtücke aus nicht nachvollziehbaren Gründen übersehen.
III. gefährliche Körperverletzung
Nur noch kursorisch, Messer als gefährliches Werkzeug, das Leben gefährdende Behandlung, Hinterlist hatte ich im Kopf abgelehnt, aber nicht aufgeschrieben, hätte man vermutlich auch annehmen können.
Damit blieb versuchter Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung.
B-Gutachten:
I. Anklage nach JGG zum Jugendgericht (?) gemäß irgendwelcher JGG-Vorschriften
II. Aufrechterhaltung des Haftbefehls wegen dringenden Tatverdachts, Haftgrund Fluchtgefahr (arbeitslos, drohende Strafe) ist vermutlich falsch (B minderjährig, lebt bei seinen Eltern)
III. JGG
Dazu habe ich nur noch geschrieben, dass diese Vorschriften nicht für die Anklageerhebung relevant sind, sondern nur die fehlende Reife der Minderjährigen ausgleichen sollen, sodass eine Verletzung nicht relevant ist.
Das war’s, insgesamt ziemlich blöd gelaufen. Vermutlich habe ich noch viel mehr übersehen, mal schauen, was ihr so geschrieben habt. :(