10.02.2021, 14:13
(10.02.2021, 14:00)Gast schrieb: Okay, aber - ganz naiv - er hat mit Tötungsvorsatz gehandelt, am Ende war sie tot und niemand ist "dazwischengetreten" - auch sein Liegenlassen nicht.
Also ist der Erfolg zurechenbar eingetreten und die Tat ist vollendet.
Ich bekenne mich dazu, kein Strafrecht zu beherrschen. Asso klärt mich gern auf ;-)
Kann mich da an meine Vorbereitung aus'm 1. Examen erinnern:
Glaubt der Täter, dass noch weitere Handlungen erforderlich sind, um den Taterfolg (= Tod) herbeizuführen und tritt der Taterfolg dann doch ein, kann nach einer MM der Täter nur aus einem Versuchsdelikt bestraft werden, sodass ggf. ein Rücktritt möglich ist. Glaub die Ansicht argumentiert damit, dass nur ein solcher Täter aus einem Vollendungsdelikt bestraft werden kann, der auch Vollendungsvorsatz hatte.
Die HM (der wohl auch uneingeschränkt die Rspr. angehört) bestraft jedoch bei einem Erfolgseintritt den Täter immer aus einem Vollendungsdelikt, sofern der Taterfolg dem Täter objektiv zugerechnet werden kann. Bei fehlender objektiver Zurechnung kommt hingegen ne Versuchsstrafbarkeit in Betracht, bei der dann ggf. auch ein Rücktritt zu prüfen ist.
Begründung der HM: Täter trägt nach dem Willen des Gesetzgebers das Erfolgsrisiko
10.02.2021, 14:22
Ich habe bzgl. des ersten Aktes (Aktives Tun) den Tötungsvorsatz verneint. Der Tötungsvorsatz muss doch vorliegen im Zeitpunkt des Versuchsbeginns. Laut den Feststellungen lag der Tötungsvorsatz erst im Zeitpunkt vor als er auf G eingeschlagen hat und das Geschehen unumkehrbar in Gang gesetzt wurde. Der Versuvhsbeginn lag aber m.E spätestens in dem Zeitpunkt , als er G gegenübertrat. Es lag daher mE. Nur ein nachträglicher Tötungsvorsatz vor (entspr. Berliner Raser Fall).
Vielleicht liege ich auch völlig daneben...
Vielleicht liege ich auch völlig daneben...
10.02.2021, 14:33
(10.02.2021, 14:22)GastNRW321 schrieb: Ich habe bzgl. des ersten Aktes (Aktives Tun) den Tötungsvorsatz verneint. Der Tötungsvorsatz muss doch vorliegen im Zeitpunkt des Versuchsbeginns. Laut den Feststellungen lag der Tötungsvorsatz erst im Zeitpunkt vor als er auf G eingeschlagen hat und das Geschehen unumkehrbar in Gang gesetzt wurde. Der Versuvhsbeginn lag aber m.E spätestens in dem Zeitpunkt , als er G gegenübertrat. Es lag daher mE. Nur ein nachträglicher Tötungsvorsatz vor (entspr. Berliner Raser Fall).
Vielleicht liege ich auch völlig daneben...
Nachträglicher Tötungsvorsatz meint aber eher den Fall, dass der Täter nach der Tathandlung bemerkt, dass das Opfer tot ist und er sich dann denkt "joa, eigentlich nicht verkehrt". Hier hat der Beschuldigte während der Tatausführung (dem Zuschlagen) noch den Tötungsvorsatz gefasst. Ist meines Erachtens schon eine andere Konstellation
10.02.2021, 14:37
(10.02.2021, 13:30)GPA HH II schrieb: Hat irgendjemand bei der Revisionsklausur problematisiert, dass es sich bei der (letztendlichen) Tötung um ein mehraktiges Tatgeschehen handelte, sodass ggf. für jeden Akt (Würgen, Schlagen, Liegenlassen) ein Rücktritt zu prüfen gewesen wäre?
Ich bin quasi garnicht auf den Raub eingegangen, da mir dieser ganz unproblematisch erfüllt schien; auch im Hinblick auf die vorsätzlich herbeigeführte Todesfolge. Auch die Mordmerkmale erschienen mir unproblematisch vorzuliegen.
Allerdings hob die Vorlage mE darauf ab, ob zwischen den o.g. Handlungen des Täter eine natürliche Handlungseinheit vorliegt oder ob Zäsuren in betracht kommen, die eine Rücktrittsprüfung erforderlich machen (vgl. BGH NStZ-RR 2013, 273).
Es schien mir so, dass jedenfalls das Ablassen von der noch atmenden Geschädigten eine solche Zäsur darstellte, weil der Beschuldigte danach erst einmal "stundenlang" die Wohnung durchsuchte, obwohl er erkannte, dass die Geschädigte noch lebt. Wenn man das so sieht, enthielt das Urteil jedoch keinerlei Feststellungen zum Rücktrittshorizont des Beschuldigten, sodass unklar blieb, ob der Beschuldigte insoweit von einem unbeendeten oder beendeten Versuch ausging. Das Fehlen dieser Feststellungen allein hat bei mir die Sachrüge begründet.
Sodann habe ich noch geprüft, ob das "Liegenlassen" der nicht zwar mehr atmenden aber nach den Feststellungen wohl noch lebenden Geschädigten jedenfalls eine Strafbarkeit wegen Unterlassens (211, 13 StGB) trägt. Hier wäre dann zu problematisieren, ob der vorsätzlich handelnde Täter als Garant aus Ingerenz in Betracht kommt. Dies ist zwischen den Senaten des BGH umstritten, kann wohl aber mit guten Argumenten so gesehen werden (ist auch im Fischer kommentiert bei 13 StGB). Wenn man aber eine Strafbarkeit wegen Unterlassens annähme, hätte das Gericht die Frage klären müssen, ob gem. § 13 II StGB eine Milderung gem. § 49 I StGB in Betracht kommt. Da hier Strafbarkeit durch "Tun" angenommen wurde, dürfte auch diese Erwägung nicht angestellt worden sein.
Soweit meine Gedanken zu der Revisionsklausur. Vielleicht kann ja mal jemand schreiben, ob er ähnliche Gedanken hatte oder warum das evtl. totaler Bullshit ist.
LG und eine schöne freie Woche bis ÖR.
Habe es auch ähnlich gesehen. Für mich wäre die Prüfung sonst viel zu einfach gewesen. Denn dann würde der Mord und Raub nahezu unproblematisch durchgehen.
Habe das Geschehen in zwei separate Akte unterteilt: Das Würgen und Schlagen" und das Einstecken der Geldscheine aus der Küche und die Rückkehr in das Schlafzimmer und Entfernung der Ringe von der Hand und das Liegenlalsen. (In NRW, ist die Angeklagte zurückgelaufen ins Schlafzimmer und hat der Dame noch Ringer vom Finger genommen)
Bezüglich Entfernung der Ringe + Liegenlassen habe ich dann:
Entfernung der Ringe
I. 249, 251 (-) Gewaltwirkung wirkt nur fort; keine erneute Androhung
II. 249, 13 I (streitig, ob das geht, für mich (-)
III. 242 (Den habe ich von Anfang in Blick genommen, da durch Bearbeitervermerk nur §243,244 ausgeschlossen worden war; Wieso nicht auch § 242 habe ich mich gefragt.) P: Liegt überhaupt noch Gewahrsam vor (Feststellungen waren hier sehr komisch; Angeschuldigte hört Dame nicht mehr atmen, glaubt aber dass sie noch lebt?)
Liegenlassen:
§ 211,13: Hier habe ich bereits die Quasi- Kausalität für problematisch gehalten. Es wurden keine Feststellungen getroffen, ob der Erfolg nicht eingetreten wäre, wenn die Angeklagte etwas unternommen hat. Die liegt ja nur vor, soweit eine rechtlich geforderte Handlung nicht hinzugedacht werden kann, wenn der tatbestandsmäßige Erfolg entfiele.
§ 211, 13, 22, 23: ebenfalls keine Feststellungen, ob die Angeklagte Tatentschluss dazu hatte, dass etwaige Rettungshandlungen die Dame retten würde.
§ 222, 13: (Hier war auch für mich komisch, dass im Bearbeitervermerk, 221, 223-231 ausgenommen worden sind, aber § 222) nicht.
10.02.2021, 16:57
Habe nicht geschrieben aber allein aus euren Erzählungen:
211 (-) weil kein Vorsatz im Zeitpunkt des unm. Ansetzens. Dolus subsequens egal
211,13 (-) weil Feststellungen nichts hergeben
222 (+)
211 (-) weil kein Vorsatz im Zeitpunkt des unm. Ansetzens. Dolus subsequens egal
211,13 (-) weil Feststellungen nichts hergeben
222 (+)
10.02.2021, 17:10
(10.02.2021, 16:57)222 schrieb: Habe nicht geschrieben aber allein aus euren Erzählungen:
211 (-) weil kein Vorsatz im Zeitpunkt des unm. Ansetzens. Dolus subsequens egal
211,13 (-) weil Feststellungen nichts hergeben
222 (+)
Aus meiner Erinnerung hatte er bei Beginn der Gewalteinwirkung durch Schlagen und Würgen Tötungsvorsatz. Nur vorher - beim Auf-sie-zu-stürmen und am Bett "überwältigen" - noch nicht. Nach meiner Erinnerung also Vorsatz bei Begehung der Tat (+).
Er irrt sich dann über die zu treibenden Aufwand.
Etwas würde natürlich gelten, wenn im Vorsatzzeitpunkt (vor Beginn des Würgens) der Tod schon herbeigeführt wurde, aber dazu gab es keine Anhaltspunkte. Oder ich erinnere mich an die Feststellungen falsch.
10.02.2021, 17:55
Der Fall klingt ziemlich nach diesem:
Ein gesamtgeschehen aber mehrere teilakte + Rücktritt und neuer totungsentschluss (liegenlassen)
BGH 3 StR 402/16 - Beschluss vom 17. November 2016 (LG Kleve)
Rücktritt vom versuchten Heimtückemord als Einzelakt innerhalb einer natürlichen Handlungseinheit (unbeendeter Versuch; freiwillige Aufgabe der Tat; Begriff der natürlichen Handlungseinheit; Bedeutung des das Gesamtgeschehen umfassenden Tatplans; keine Auswirkung auf die Rücktrittsfähigkeit).
Ein gesamtgeschehen aber mehrere teilakte + Rücktritt und neuer totungsentschluss (liegenlassen)
BGH 3 StR 402/16 - Beschluss vom 17. November 2016 (LG Kleve)
Rücktritt vom versuchten Heimtückemord als Einzelakt innerhalb einer natürlichen Handlungseinheit (unbeendeter Versuch; freiwillige Aufgabe der Tat; Begriff der natürlichen Handlungseinheit; Bedeutung des das Gesamtgeschehen umfassenden Tatplans; keine Auswirkung auf die Rücktrittsfähigkeit).
10.02.2021, 18:00
(10.02.2021, 16:57)222 schrieb: Habe nicht geschrieben aber allein aus euren Erzählungen:
211 (-) weil kein Vorsatz im Zeitpunkt des unm. Ansetzens. Dolus subsequens egal
211,13 (-) weil Feststellungen nichts hergeben
222 (+)
Dürfte sich hier nicht um einen unbeachtlichen dolus subsequens handeln, da der Tötungsvorsatz eben noch bei der Tathandlung und nicht erst anschließend gefasst wurde. Die Tathandlung wird ja nicht allein durch den ersten Schlag gebildet, sondern umfasst auch die weiteren Schläge, weil es sich um ein einheitliches Geschehen handelte
10.02.2021, 19:38
(10.02.2021, 14:22)GastNRW321 schrieb: Ich habe bzgl. des ersten Aktes (Aktives Tun) den Tötungsvorsatz verneint. Der Tötungsvorsatz muss doch vorliegen im Zeitpunkt des Versuchsbeginns. Laut den Feststellungen lag der Tötungsvorsatz erst im Zeitpunkt vor als er auf G eingeschlagen hat und das Geschehen unumkehrbar in Gang gesetzt wurde. Der Versuvhsbeginn lag aber m.E spätestens in dem Zeitpunkt , als er G gegenübertrat. Es lag daher mE. Nur ein nachträglicher Tötungsvorsatz vor (entspr. Berliner Raser Fall).
Vielleicht liege ich auch völlig daneben...
Dann gibt es ein entscheidenden Unterschied zu Hamburg: in Hamburg stand ausdrücklich, dass der Angeklagte das Opfer wirkte, um sie zu töten; erst danach kann die Schläge etc
10.02.2021, 21:14
(10.02.2021, 17:55)Gast schrieb: Der Fall klingt ziemlich nach diesem:
Ein gesamtgeschehen aber mehrere teilakte + Rücktritt und neuer totungsentschluss (liegenlassen)
BGH 3 StR 402/16 - Beschluss vom 17. November 2016 (LG Kleve)
Rücktritt vom versuchten Heimtückemord als Einzelakt innerhalb einer natürlichen Handlungseinheit (unbeendeter Versuch; freiwillige Aufgabe der Tat; Begriff der natürlichen Handlungseinheit; Bedeutung des das Gesamtgeschehen umfassenden Tatplans; keine Auswirkung auf die Rücktrittsfähigkeit).
Das Urteil passt echt ziemlich. Halt nur in anderer Konstellation.
1. Teilakt des Gesamtgeschehens.
Würgen + Schlagen, dann Rücktritt von diesem Teilakt.
2. Teilakt des Gesamtgeschehens.
Zurück ins Schlafzimmer + Liegenlassen.