18.11.2024, 22:22
War es nicht auch so kurz nach der Wende, dass in den neuen Bundesländern die Notenanforderungen (sogar noch) niedriger waren? Letzlich ist dort die Justiz auch nicht untergegangen. Im Grunde läuft es auf das Spiel von Angebot und Nachfrage hinaus. Und gemessen am zu erwartenden Stresslevel und der Bezahlung gibt es sicherlich für viele Bewerber mit besseren Noten entspanntere oder lukrativere Alternativen als die StA in Berlin.
Ich denke, dass in den nächsten Monaten eine Gegenbewegung einsetzen wird, nämlich wenn die Schwäche der Wirtschaft auf den juristischen Arbeitsmarkt durchschlägt. Dann dürfte das Interesse an den sicheren Jobs bei Vater Staat wieder anziehen, das Angebot also steigen, während gleichzeitig aufgrund der Haushaltssituation der Staat weniger einstellen wird, also die Nachfrage sinkt. In der Folge - mit etwas zeitlichem Verzug natürlich - dürften die Notenanforderungen wieder moderat ansteigen.
Ich denke, dass in den nächsten Monaten eine Gegenbewegung einsetzen wird, nämlich wenn die Schwäche der Wirtschaft auf den juristischen Arbeitsmarkt durchschlägt. Dann dürfte das Interesse an den sicheren Jobs bei Vater Staat wieder anziehen, das Angebot also steigen, während gleichzeitig aufgrund der Haushaltssituation der Staat weniger einstellen wird, also die Nachfrage sinkt. In der Folge - mit etwas zeitlichem Verzug natürlich - dürften die Notenanforderungen wieder moderat ansteigen.
20.11.2024, 14:53
(18.11.2024, 22:22)Hammu Rapi schrieb: War es nicht auch so kurz nach der Wende, dass in den neuen Bundesländern die Notenanforderungen (sogar noch) niedriger waren? Letzlich ist dort die Justiz auch nicht untergegangen. Im Grunde läuft es auf das Spiel von Angebot und Nachfrage hinaus. Und gemessen am zu erwartenden Stresslevel und der Bezahlung gibt es sicherlich für viele Bewerber mit besseren Noten entspanntere oder lukrativere Alternativen als die StA in Berlin.
Ich denke, dass in den nächsten Monaten eine Gegenbewegung einsetzen wird, nämlich wenn die Schwäche der Wirtschaft auf den juristischen Arbeitsmarkt durchschlägt. Dann dürfte das Interesse an den sicheren Jobs bei Vater Staat wieder anziehen, das Angebot also steigen, während gleichzeitig aufgrund der Haushaltssituation der Staat weniger einstellen wird, also die Nachfrage sinkt. In der Folge - mit etwas zeitlichem Verzug natürlich - dürften die Notenanforderungen wieder moderat ansteigen.
Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass die Leute, die der Staat gerne hätte (idealerweise zwei vb, aber mindestens 16 aus 2) von einem etwaigen Abschwung auf dem juristischen Arbeitsmarkt sehr betroffen sein werden. Ich persönlich jedenfalls nehme bei legalhead (wo ich mich in der Phase der Jobsuche registriert und einfach nie abgemeldet habe) keinen Rückgang der Nachfrage wahr. Und ich erfülle zumindest das zweite der o.g. Kriterien.
Der Rückgang der Nachfrage wird also - wenn es ihn denn überhaupt geben sollte - eher die Leute treffen, die notenmäßig in dem Bereich liegen, den der Staat nicht haben will. Denn jeder Arbeitgeber hat natürlich ein Interesse daran, seine Jobs mit den besten verfügbaren Leuten zu besetzen. Und egal ob Staat oder Wirtschaft: Die Noten sind das am ehesten vergleichbare Kriterium um einschätzen zu können, wer der Beste ist (wie immer mit der Einschränkung, dass das Examen die Leistungsfähigkeit eher grob und nicht auf 0,5 Punkte genau abbilden kann und will).
Von daher trifft ein Absinken der Nachfrage nicht die (notenmäßig) obere Hälfte der Absolventen. Genug Jobs für die wird es immer geben. Und da steht der Staat weiterhin vor dem Problem, dass er weit weniger zahlt als die freie Wirtschaft und auch was das Arbeitsumfeld angeht oft noch hintendran ist. Bei der StA (und auch manchen Gerichten) kommt dann noch das hohe Stresslevel hinzu. Wenn man also nicht gerade ein sehr genügsamer Idealist ist, der das jeweilige Amt als persönliche Erfüllung empfindet, gibt es wenig objektive Gründe für Menschen mit überdurchschnittlichen Noten zum Staat zu gehen.
20.11.2024, 21:39
Ein flächendeckendes Ansteigen der Voraussetzungen auf 2x8 oder vb erwarte ich auch nicht, sondern einen moderaten Anstieg, jedenfalls weg von 6,5 Punkten hin zu 7,75 o.ä für Staatsanwälte/Richter.
Im Übrigen siehst Du es m.E. etwas zu negativ. Es gibt im ÖD nach wie vor Bereiche, die auch für Absolventen mit überdurchschnittlichen Noten interessant sind und wo die Behörden diese auch noch verlangen können. Zum Beispiel Stellen bei der deutschen Bundesbank, beim Bundeskartellamt oder in den Bundesministerien. Hier mal ein Beispiel (mindestens 1x VB + B für eine "nur" A13/A14 gebündelt bewertete Beamtenstelle):
https://bewerbung.bundeskartellamt.de/jo...b6154c4601
Bei den Ministerien ist die Bündelung für Berufseinsteiger im Vergleich dazu häufig sogar A13-A15, also in etwa R1.
Ich kenne übrigens durchaus einige Juristen mit weit überdurchschnittlichen Noten (jeweils mind. 2x vb), die im öffentlichen Dienst (Ministerien, Oberbehörden, Finanzverwaltung) gerne arbeiten und sich bewusst für den Staat entschieden haben und dort auch zufrieden bleiben. Der Staat kann neben der Work-Life-Balance halt auch mit durchaus attraktiven Aufgaben punkten, die es sonst nirgendwo gibt.
Im Übrigen siehst Du es m.E. etwas zu negativ. Es gibt im ÖD nach wie vor Bereiche, die auch für Absolventen mit überdurchschnittlichen Noten interessant sind und wo die Behörden diese auch noch verlangen können. Zum Beispiel Stellen bei der deutschen Bundesbank, beim Bundeskartellamt oder in den Bundesministerien. Hier mal ein Beispiel (mindestens 1x VB + B für eine "nur" A13/A14 gebündelt bewertete Beamtenstelle):
https://bewerbung.bundeskartellamt.de/jo...b6154c4601
Bei den Ministerien ist die Bündelung für Berufseinsteiger im Vergleich dazu häufig sogar A13-A15, also in etwa R1.
Ich kenne übrigens durchaus einige Juristen mit weit überdurchschnittlichen Noten (jeweils mind. 2x vb), die im öffentlichen Dienst (Ministerien, Oberbehörden, Finanzverwaltung) gerne arbeiten und sich bewusst für den Staat entschieden haben und dort auch zufrieden bleiben. Der Staat kann neben der Work-Life-Balance halt auch mit durchaus attraktiven Aufgaben punkten, die es sonst nirgendwo gibt.
21.11.2024, 11:49
(20.11.2024, 14:53)KnappvorbeiNRW schrieb:(18.11.2024, 22:22)Hammu Rapi schrieb: War es nicht auch so kurz nach der Wende, dass in den neuen Bundesländern die Notenanforderungen (sogar noch) niedriger waren? Letzlich ist dort die Justiz auch nicht untergegangen. Im Grunde läuft es auf das Spiel von Angebot und Nachfrage hinaus. Und gemessen am zu erwartenden Stresslevel und der Bezahlung gibt es sicherlich für viele Bewerber mit besseren Noten entspanntere oder lukrativere Alternativen als die StA in Berlin.
Ich denke, dass in den nächsten Monaten eine Gegenbewegung einsetzen wird, nämlich wenn die Schwäche der Wirtschaft auf den juristischen Arbeitsmarkt durchschlägt. Dann dürfte das Interesse an den sicheren Jobs bei Vater Staat wieder anziehen, das Angebot also steigen, während gleichzeitig aufgrund der Haushaltssituation der Staat weniger einstellen wird, also die Nachfrage sinkt. In der Folge - mit etwas zeitlichem Verzug natürlich - dürften die Notenanforderungen wieder moderat ansteigen.
Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass die Leute, die der Staat gerne hätte (idealerweise zwei vb, aber mindestens 16 aus 2) von einem etwaigen Abschwung auf dem juristischen Arbeitsmarkt sehr betroffen sein werden. Ich persönlich jedenfalls nehme bei legalhead (wo ich mich in der Phase der Jobsuche registriert und einfach nie abgemeldet habe) keinen Rückgang der Nachfrage wahr. Und ich erfülle zumindest das zweite der o.g. Kriterien.
Der Rückgang der Nachfrage wird also - wenn es ihn denn überhaupt geben sollte - eher die Leute treffen, die notenmäßig in dem Bereich liegen, den der Staat nicht haben will. Denn jeder Arbeitgeber hat natürlich ein Interesse daran, seine Jobs mit den besten verfügbaren Leuten zu besetzen. Und egal ob Staat oder Wirtschaft: Die Noten sind das am ehesten vergleichbare Kriterium um einschätzen zu können, wer der Beste ist (wie immer mit der Einschränkung, dass das Examen die Leistungsfähigkeit eher grob und nicht auf 0,5 Punkte genau abbilden kann und will).
Von daher trifft ein Absinken der Nachfrage nicht die (notenmäßig) obere Hälfte der Absolventen. Genug Jobs für die wird es immer geben. Und da steht der Staat weiterhin vor dem Problem, dass er weit weniger zahlt als die freie Wirtschaft und auch was das Arbeitsumfeld angeht oft noch hintendran ist. Bei der StA (und auch manchen Gerichten) kommt dann noch das hohe Stresslevel hinzu. Wenn man also nicht gerade ein sehr genügsamer Idealist ist, der das jeweilige Amt als persönliche Erfüllung empfindet, gibt es wenig objektive Gründe für Menschen mit überdurchschnittlichen Noten zum Staat zu gehen.
Das ist allerdings eine Einschätzung, die allenfalls für die teureren Großstädte zutreffen dürfte. Im ländlichen Raum sowie in kleineren und mittelgroßen Städten sind Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst auch für Top-Absolventen natürlich immer noch sehr interessant, weil es dort kaum bis keine Möglichkeiten gibt, unter ähnlichen Rahmenbedingungen ähnlich zu verdienen. Ich habe zB mal einige Zeit meiner beruflichen Laufbahn an einem Fachgericht in einer Stadt mit knapp unter 100.000 Einwohnern verbracht. Da gab es im Kollegenkreis einige mit typischen Paarkonstellationen wie Richter/Richterin oder Lehrer/Richterin, die mit zwei Mal voll R1 bzw. R1/A13 zu den absoluten Spitzenverdienern gehört haben. Bei den dortigen Immobilienpreisen war auch ohne Weiteres ein nettes Einfamilienhaus drin. Weder die dort ansässige Industrie noch die örtlichen größeren Sozietäten zahlen ähnliche Gehälter, wenn man nicht Chefsyndikus oder Partner ist. Und auch in den Großstädten muss man sich als Top-Absolvent ja gut überlegen, ob ich die Jobs, die wirklich Kohle bringen, auch tatsächlich machen will. Nur weil jemand zwei VB hat, heißt das ja noch lange nicht, dass er in eine GK will und dort ein guter Anwalt werden oder dass er als Syndikus nennenswert befördert werden würde.
21.11.2024, 15:32
(21.11.2024, 11:49)Pontifex Maximus schrieb: Das ist allerdings eine Einschätzung, die allenfalls für die teureren Großstädte zutreffen dürfte. Im ländlichen Raum sowie in kleineren und mittelgroßen Städten sind Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst auch für Top-Absolventen natürlich immer noch sehr interessant, weil es dort kaum bis keine Möglichkeiten gibt, unter ähnlichen Rahmenbedingungen ähnlich zu verdienen. Ich habe zB mal einige Zeit meiner beruflichen Laufbahn an einem Fachgericht in einer Stadt mit knapp unter 100.000 Einwohnern verbracht. Da gab es im Kollegenkreis einige mit typischen Paarkonstellationen wie Richter/Richterin oder Lehrer/Richterin, die mit zwei Mal voll R1 bzw. R1/A13 zu den absoluten Spitzenverdienern gehört haben. Bei den dortigen Immobilienpreisen war auch ohne Weiteres ein nettes Einfamilienhaus drin. Weder die dort ansässige Industrie noch die örtlichen größeren Sozietäten zahlen ähnliche Gehälter, wenn man nicht Chefsyndikus oder Partner ist. Und auch in den Großstädten muss man sich als Top-Absolvent ja gut überlegen, ob ich die Jobs, die wirklich Kohle bringen, auch tatsächlich machen will. Nur weil jemand zwei VB hat, heißt das ja noch lange nicht, dass er in eine GK will und dort ein guter Anwalt werden oder dass er als Syndikus nennenswert befördert werden würde.Ja okay, das ist sicherlich ein fairer Punkt. Wobei ich zumindest für meine mittelgroße Stadt (knapp 400k Einwohner) sagen kann, dass die Einstiegsgehälter und vor allem die Gehaltsentwicklung R1 lange abgehängt hat. Klar, der Vergleich hinkt immer ein bisschen wegen der besseren Gesundheits- und Altersversorgung im ÖD, aber zumindest was die reine Netto-Auszahlung angeht liegen da schon Welten zwischen.
Dass die Justiz oder allgemein der ÖD auch Vorteile hat, will ich gar nicht abstreiten. Gerade was die Vereinbarkeit von Familie und Beruf angeht oder die Work/Life-Balance. Mein Punkt ist eher, dass die Gehaltsschere ÖD/Privatwirtschaft immer weiter auseinandergeht und diese anderen Kriterien daher einen immer größeren Einkommensnachteil ausgleichen müssen, damit der ÖD interessant bleibt. Das mag in den eher ländlichen Regionen noch anders sein und auch anders bleiben. Das hat aber eben dann auch den (zumindest für mich und viele Bekannte) Malus, dass man dann eben auch eher ländlich lebt und arbeitet.
Und es löst auch nicht das Problem der sinkenden Nachfrage für den ÖD: Der muss halt auch in den Städten Leute finden, die bereit sind für das Gehalt zu arbeiten. Zumindest hier in der Gegend finanziert man sich in den ersten zehn Jahren mit 2x R1 kein nettes Einfamilienhaus und wir sind hier nicht gerade die teuerste Wohnlage in Deutschland.
Mir scheint außerdem (ohne da jetzt noch auf dem Laufenden zu sein), dass gerade eher ländliche Gebiete die geringeren Einstellungsvoraussetzungen haben: In Niedersachsen und Meck-Pom konnte man bereits vor einiger Zeit mit 6,5 bzw. 7 Punkten im zweiten Examen Richter werden. Das spricht sehr dafür, dass auch dort, wo R1 noch mehr als auskömmlich sein dürfte, das Verhältnis von Angebot und Nachfrage sich immer mehr zu Lasten des ÖD verschiebt. Auch wenn es dort dann eher nicht am Geld liegt.
Von daher sehe ich wirklich nicht, warum sich in da in nächste zeit eine Entwicklung hin zu höheren Einstellungsvoraussetzungen ergeben sollte.
23.11.2024, 19:27
Mal sehen, ob Brandenburg auf diese neue Entwicklung reagiert. Bisher konnte man dort ja noch gelegentlich Kandidaten gewinnen, die die etwas höheren Berliner Anforderungen nicht erfüllt haben. Jetzt liegen die Anforderungen wieder in etwa gleich. Eigentlich könnte Brandenburg nur noch mit einer deutlich besseren Besoldung punkten.