04.01.2024, 17:10
Auch das ist aber ein uralter Hut. Sprich mal mit Studenten anderer Fachrichtungen darüber, was sie alles im Studium lernen mussten und was sie tatsächlich im Beruf davon brauchen. Auch das gehört zur „Erdungsphase“. Der juristische Beruf, in dem ich heute Sachenrecht, morgen Strafrecht und übermorgen Baurecht prüfe und den ganzen Tag nur am juristischen Hochreck turne, muss wohl ausserhalb des LJPAs erst noch erfunden werden. Wir werden halt zu Generalisten ausgebildet und arbeiten idR als Spezialisten. Auch das hat aber auf Dauer Vorteile. Ich bin zB heilfroh, mit vielen Rechtsgebieten nie mehr etwas zu tun zu haben und mich dafür in einer Materie vertieft statt in vielen nur ein bisschen auszukennen. Wenn ich doch noch mal Sehnsucht nach dem Examenskosmos habe, mache ich halt eine AG und prüfe endlich wieder den „Jahrmarktfall“. Aber das Verlangen lässt diesbezüglich nach einiger Zeit doch nach ;-)
04.01.2024, 18:30
(04.01.2024, 09:10)Schiller schrieb:(04.01.2024, 07:51)Ingenieur schrieb: Witzig, ich bin Ingenieur und würde gerne Anwalt sein. Wollen wir die Abschlüsse tauschen?Magst du vielleicht mal schildern, was dir an deinem Job gefällt/nicht gefällt und warum du lieber Anwalt machen würdest? Für die Gegenperspektive sicher interessant.
Vorab, ich arbeite als Projektleiter im Anlagenbau. Somit keine 100%ige fachliche Position.
Im Kern sehe ich mich als Problemlöser. Dabei ist es zweitrangig, ob diese technisch, organisatorisch, kaufmännisch oder rechtlich sind.
Dazu kommt, dass ich im Beruf festgestellt habe, dass mein Interesse für die Juristerei weit über das hinausgeht, was man als Projektleiter wissen muss. Der Entschluss Anwalt zu werden, kam bei mir erst im 3./4. Semester.
Es ist somit mehr eine Entscheidung für den Anwaltsberuf und nicht gegen den Ingenieursberuf (bzw. als Projektleiter).
04.01.2024, 21:16
Als Angestellter bist du letztlich immer "Hans der Führungsetage" egal in welchem Beruf. Je höher die Ausbildung und die Verantwortung im Job, umso freier kann man arbeiten, aber komplett frei von Fremdbestimmung ist niemand von uns; mein Mann als Ingenieur ebensowenig wie ich und auch der Proberichter nicht, wie man gerade im Nachbarthread lesen kann.
Wenn du komplett selbstbestimmt arbeiten willst, rate ich dir zur Selbständigkeit. Auch da hast du allerdings mindestens zu Beginn Mandanten, die dir zwar auf die Nerven gehen, die du aber brauchst, um deine Rechnungen begleichen zu können.
Wenn du komplett selbstbestimmt arbeiten willst, rate ich dir zur Selbständigkeit. Auch da hast du allerdings mindestens zu Beginn Mandanten, die dir zwar auf die Nerven gehen, die du aber brauchst, um deine Rechnungen begleichen zu können.
05.01.2024, 01:03
(04.01.2024, 21:16)Egal schrieb: Als Angestellter bist du letztlich immer "Hans der Führungsetage" egal in welchem Beruf. Je höher die Ausbildung und die Verantwortung im Job, umso freier kann man arbeiten, aber komplett frei von Fremdbestimmung ist niemand von uns; mein Mann als Ingenieur ebensowenig wie ich und auch der Proberichter nicht, wie man gerade im Nachbarthread lesen kann.
Wenn du komplett selbstbestimmt arbeiten willst, rate ich dir zur Selbständigkeit. Auch da hast du allerdings mindestens zu Beginn Mandanten, die dir zwar auf die Nerven gehen, die du aber brauchst, um deine Rechnungen begleichen zu können.
Außer als Universitätsprofessor/Milliardär ist man immer Hans von jemandem. Ist eine Vorstandsvorsitzende kein Hans der Aktionäre? Ist ein selbstständiger Anwalt nicht Hans der Mandanten?
05.01.2024, 07:43
(05.01.2024, 01:03)Intimfeind schrieb:(04.01.2024, 21:16)Egal schrieb: Als Angestellter bist du letztlich immer "Hans der Führungsetage" egal in welchem Beruf. Je höher die Ausbildung und die Verantwortung im Job, umso freier kann man arbeiten, aber komplett frei von Fremdbestimmung ist niemand von uns; mein Mann als Ingenieur ebensowenig wie ich und auch der Proberichter nicht, wie man gerade im Nachbarthread lesen kann.
Wenn du komplett selbstbestimmt arbeiten willst, rate ich dir zur Selbständigkeit. Auch da hast du allerdings mindestens zu Beginn Mandanten, die dir zwar auf die Nerven gehen, die du aber brauchst, um deine Rechnungen begleichen zu können.
Außer als Universitätsprofessor/Milliardär ist man immer Hans von jemandem. Ist eine Vorstandsvorsitzende kein Hans der Aktionäre? Ist ein selbstständiger Anwalt nicht Hans der Mandanten?
Der Universitätsprofessor ist der Hans der Investoren von Forschungsprojekten.
Der Milliardär der Hans seiner Kinder.
05.01.2024, 10:37
Ob man der Hans von jemand ist oder nicht, ist überwiegend Einstellungssache. Das hat weniger mit dem Beruf zu tun.
06.01.2024, 10:52
(04.01.2024, 17:10)Spencer schrieb: Auch das ist aber ein uralter Hut. Sprich mal mit Studenten anderer Fachrichtungen darüber, was sie alles im Studium lernen mussten und was sie tatsächlich im Beruf davon brauchen. Auch das gehört zur „Erdungsphase“. Der juristische Beruf, in dem ich heute Sachenrecht, morgen Strafrecht und übermorgen Baurecht prüfe und den ganzen Tag nur am juristischen Hochreck turne, muss wohl ausserhalb des LJPAs erst noch erfunden werden. Wir werden halt zu Generalisten ausgebildet und arbeiten idR als Spezialisten. Auch das hat aber auf Dauer Vorteile. Ich bin zB heilfroh, mit vielen Rechtsgebieten nie mehr etwas zu tun zu haben und mich dafür in einer Materie vertieft statt in vielen nur ein bisschen auszukennen. Wenn ich doch noch mal Sehnsucht nach dem Examenskosmos habe, mache ich halt eine AG und prüfe endlich wieder den „Jahrmarktfall“. Aber das Verlangen lässt diesbezüglich nach einiger Zeit doch nach ;-)
Das ist doch klar, ich selbst habe mich bereits im Studium in dem Bereich spezialisiert wo ich nun auch größtenteils arbeite.
Vielleicht liegt es an meiner speziellen Situation, aber auch im Rahmen dessen ist die Arbeit unterfordernd und zu wenig. Ich bin einfach frustriert weil ich so viel mehr könnte, das null einbringen kann, aber auch nicht weiß, wo es besser sein könnte. Für das was ich nun mache, hätte ich nur einen Bruchteil meiner Ausbildung gebraucht und das suckt
06.01.2024, 10:56
Kann ich verstehen, einen solchen Beruf hatte ich auch schon. Dann müsstest du am ehesten zur Justiz, darauf ist unsere Ausbildung ja auch überwiegend angelegt. Ich kann es empfehlen. Aber auch da ist nicht jeden Tag Hochreck angesagt.
06.01.2024, 12:23
Mit 18/19, also noch als halbes Kind, trifft man eine der wichtigsten Entscheidungen seines Lebens. Klar ist man als Ersti/Zweiti von der Vorstellung total fasziniert, eines Tages Superstaranwalt in einer GK zu sein, die jeder kennt. Ich finde daran nichts verwerflich, man braucht Träume.
Dann studiert man, kommt gut oder weniger gut voran und schafft hoffentlich ein ordentliches erstes Examen. Wer so weit gekommen ist, hat in aller Regel keinen Mut, nochmal in eine andere Richtung zu gehen.
Wird man für alles weitere auch nur ansatzweise ordentlich vorbereitet? Nein. Man startet nach dem Ref in den Beruf und es hängt von Glück/komplett anderen Faktoren ab, ob man in seinem anspruchsvollen Job zufrieden ist. Plötzlich muss man eine Flut von Emails bewältigen, bekommt vom Mandanten 5000 Dokumente hingerotzt und muss schauen, wie man sich dort zurechtfindet.
Was ich sagen möchte: Das Gefühl, dass alles anders ist, als man es sich vorgestellt hat, ist fast unvermeidbar. Man ist zu Beginn der Ausbildung ein anderer Mensch, als zum Ende, immerhin sind das die prägendsten Jahre eines Menschen. Niemand kann sich
mit 19 wirklich vorstellen, wie es sich tatsächlich anfühlt, ein Leben als Volljurist mit allen anderen Verpflichtungen zu führen.
Das Problem lässt sich kaum lösen. Aber manche Dinge müssen wohl einfach akzeptiert werden.
Dann studiert man, kommt gut oder weniger gut voran und schafft hoffentlich ein ordentliches erstes Examen. Wer so weit gekommen ist, hat in aller Regel keinen Mut, nochmal in eine andere Richtung zu gehen.
Wird man für alles weitere auch nur ansatzweise ordentlich vorbereitet? Nein. Man startet nach dem Ref in den Beruf und es hängt von Glück/komplett anderen Faktoren ab, ob man in seinem anspruchsvollen Job zufrieden ist. Plötzlich muss man eine Flut von Emails bewältigen, bekommt vom Mandanten 5000 Dokumente hingerotzt und muss schauen, wie man sich dort zurechtfindet.
Was ich sagen möchte: Das Gefühl, dass alles anders ist, als man es sich vorgestellt hat, ist fast unvermeidbar. Man ist zu Beginn der Ausbildung ein anderer Mensch, als zum Ende, immerhin sind das die prägendsten Jahre eines Menschen. Niemand kann sich
mit 19 wirklich vorstellen, wie es sich tatsächlich anfühlt, ein Leben als Volljurist mit allen anderen Verpflichtungen zu führen.
Das Problem lässt sich kaum lösen. Aber manche Dinge müssen wohl einfach akzeptiert werden.