12.05.2023, 10:36
(12.05.2023, 10:21)ThCh schrieb: Bislang bin ich der Großkanzlei-Welt mit Abstand begegnet, doch langsam wächst mein wirtschaftliches Interesse und der Idealismus beginnt zu weichen... Könnte jemand bitte einmal
a) erläutern, was konkret man in besagten Positionen tagtäglich macht / womit man die ganzen Stunden verbringt
b) wie viel wirtschaftliches Verständnis für die Arbeit von Nöten ist / wie viel man in diesem Bereich dazulernen kann (oder macht man da nur Jura - ich möchte mich weg von einem Fachidioten entwickeln)
c) wie eine durchschnittliche Woche (es gibt sicherlich große Schwankungen) von den Arbeitszeiten her aussieht, dass es als "Seelenverkauf" gewertet wird...
Freue mich auf Eure Antworten
Wie hast du es geschafft, das während deiner Ausbildung komplett zu ignorieren bzw nicht da reingezogen zu werden ? Beeindruckende Leistung
(Ernst gemeint). Die meisten erliegen ja früher oder später dem GK Gehaltswahn
a) die ersten Jahre im M&A machst du DueDilligence, Anlagen für SPAs erstellen und dann den SPA (Kaufvertrag für Unternehmen)
b) du machst eher wenig Jura, eher Projektarbeit und viel Bullshitjob am Anfang. Wird (angeblich) besser wenn man mal 4-5 Jahre dabei ist
c) US Transaktionskanzleien im Durchschnitt wohl 9.30 bis 22 Uhr "nornal", Spitzen auch bis in die Morgenstunden, Wochenende auch, Urlaub schwierig, Privatleben verdient den Namen nicht
d) das ist Schmerzensgeld und nur für einen bestimmten Typ Mensch der richtige Job
Geld alleine als Motiviation zu sehen (so klingt dein Beitrag) geht nicht lange gut und wird dich komplett fertig machen
12.05.2023, 15:22
Nicht für Milbank, aber für GK -soweit möglich- im Allgemeinen:
a) wenn Transaktionsgeschäft:
wie schon beschrieben anfangs Due Diligences, wobei es da unterschiedlich "stumpfe" oder anspruchsvollere Tasks gibt, je nach dem ob und welche Assetklasse Du bedienst und welches Rechtsgebiet Du abdeckst (z.B. ist die Erfassung und Bewertung von Risiken aus Immobilienportfolios was anderes, als eine Analyse von Risiken (aus unzureichenden Rückstellungen für) Betriebliche Altersversorgung oder Rechtsstreitigkeiten...), später die Mitigation der aus der DD ermittelten Risiken durch Verträge
Was immer wieder vergessen wird: es gibt auch in GK mit demselben Grundgehalt aber ggf. weniger Bonus transaktionsferne Practice Groups:
Dort ist es sehr individuell, was unter welchen Bedingungen bearbeitet wird.
b) Das wirtschaftliche Denken erwartet vom First Year niemand. Es ist peinlich, wenn Anwalt so tut, als sei er Ingenieur. Es ist genauso peinlich, wenn Anwalt in einer Branche berät, von der er/sie/them gar nichts versteht.
Deswegen sollte man sich schon mit dem Geschäftsfeld und den Abläufen (ein Gründergeführtes Scale-Up entscheidet ggf. anders als ein Konzernverbund) vertraut machen, nur so kann man - übrigens erst mit zunehmender Erfahrung - ein echter Berater und Partner der Mandantschaft werden.
c) Früher für mich 9-21 Uhr, Wochenende eher selten und - guter Stand beim Partner - in arbeitsärmeren Phasen auch die Möglichkeit mal nachmittags frei zu nehmen oder sehr, sehr kurzfritig Urlaub zu nehmen. Deswegen bei mir kein Schmerzensgeld - toller Partner, tolles Team - aber irgendwann auch nicht mehr genug, um weiter dabei zu bleiben. Ich finde die Unternehmensseite einfach den besseren Deal. Ja, es ist deutlich weniger Gehalt, als in der Kanzlei. Aber mir reichen deutlich weniger als 180k und ich schätze im Unternehmen die Interdisziplinärität und die inhaltliche Arbeit einfach mehr.
a) wenn Transaktionsgeschäft:
wie schon beschrieben anfangs Due Diligences, wobei es da unterschiedlich "stumpfe" oder anspruchsvollere Tasks gibt, je nach dem ob und welche Assetklasse Du bedienst und welches Rechtsgebiet Du abdeckst (z.B. ist die Erfassung und Bewertung von Risiken aus Immobilienportfolios was anderes, als eine Analyse von Risiken (aus unzureichenden Rückstellungen für) Betriebliche Altersversorgung oder Rechtsstreitigkeiten...), später die Mitigation der aus der DD ermittelten Risiken durch Verträge
Was immer wieder vergessen wird: es gibt auch in GK mit demselben Grundgehalt aber ggf. weniger Bonus transaktionsferne Practice Groups:
Dort ist es sehr individuell, was unter welchen Bedingungen bearbeitet wird.
b) Das wirtschaftliche Denken erwartet vom First Year niemand. Es ist peinlich, wenn Anwalt so tut, als sei er Ingenieur. Es ist genauso peinlich, wenn Anwalt in einer Branche berät, von der er/sie/them gar nichts versteht.
Deswegen sollte man sich schon mit dem Geschäftsfeld und den Abläufen (ein Gründergeführtes Scale-Up entscheidet ggf. anders als ein Konzernverbund) vertraut machen, nur so kann man - übrigens erst mit zunehmender Erfahrung - ein echter Berater und Partner der Mandantschaft werden.
c) Früher für mich 9-21 Uhr, Wochenende eher selten und - guter Stand beim Partner - in arbeitsärmeren Phasen auch die Möglichkeit mal nachmittags frei zu nehmen oder sehr, sehr kurzfritig Urlaub zu nehmen. Deswegen bei mir kein Schmerzensgeld - toller Partner, tolles Team - aber irgendwann auch nicht mehr genug, um weiter dabei zu bleiben. Ich finde die Unternehmensseite einfach den besseren Deal. Ja, es ist deutlich weniger Gehalt, als in der Kanzlei. Aber mir reichen deutlich weniger als 180k und ich schätze im Unternehmen die Interdisziplinärität und die inhaltliche Arbeit einfach mehr.
18.05.2023, 20:50
(12.05.2023, 10:36)BavarianLawyer schrieb:(12.05.2023, 10:21)ThCh schrieb: Bislang bin ich der Großkanzlei-Welt mit Abstand begegnet, doch langsam wächst mein wirtschaftliches Interesse und der Idealismus beginnt zu weichen... Könnte jemand bitte einmal
a) erläutern, was konkret man in besagten Positionen tagtäglich macht / womit man die ganzen Stunden verbringt
b) wie viel wirtschaftliches Verständnis für die Arbeit von Nöten ist / wie viel man in diesem Bereich dazulernen kann (oder macht man da nur Jura - ich möchte mich weg von einem Fachidioten entwickeln)
c) wie eine durchschnittliche Woche (es gibt sicherlich große Schwankungen) von den Arbeitszeiten her aussieht, dass es als "Seelenverkauf" gewertet wird...
Freue mich auf Eure Antworten
Wie hast du es geschafft, das während deiner Ausbildung komplett zu ignorieren bzw nicht da reingezogen zu werden ? Beeindruckende Leistung
(Ernst gemeint). Die meisten erliegen ja früher oder später dem GK Gehaltswahn
a) die ersten Jahre im M&A machst du DueDilligence, Anlagen für SPAs erstellen und dann den SPA (Kaufvertrag für Unternehmen)
b) du machst eher wenig Jura, eher Projektarbeit und viel Bullshitjob am Anfang. Wird (angeblich) besser wenn man mal 4-5 Jahre dabei ist
c) US Transaktionskanzleien im Durchschnitt wohl 9.30 bis 22 Uhr "nornal", Spitzen auch bis in die Morgenstunden, Wochenende auch, Urlaub schwierig, Privatleben verdient den Namen nicht
d) das ist Schmerzensgeld und nur für einen bestimmten Typ Mensch der richtige Job
Geld alleine als Motiviation zu sehen (so klingt dein Beitrag) geht nicht lange gut und wird dich komplett fertig machen
Das frage ich mich auch ein wenig, aber wie gesagt, ich war lange Zeit eher idealistisch. Danke für deine Antwort. Mir scheint es schon so, dass es schwierig ist, eine generelle Aussage treffen zu können, da die Erfahrungen doch stark variieren. Man muss es wohl mal selbst erleben und dann schauen, was das mit einem macht...
18.05.2023, 20:55
(12.05.2023, 15:22)Berichterstatterin schrieb: Nicht für Milbank, aber für GK -soweit möglich- im Allgemeinen:
a) wenn Transaktionsgeschäft:
wie schon beschrieben anfangs Due Diligences, wobei es da unterschiedlich "stumpfe" oder anspruchsvollere Tasks gibt, je nach dem ob und welche Assetklasse Du bedienst und welches Rechtsgebiet Du abdeckst (z.B. ist die Erfassung und Bewertung von Risiken aus Immobilienportfolios was anderes, als eine Analyse von Risiken (aus unzureichenden Rückstellungen für) Betriebliche Altersversorgung oder Rechtsstreitigkeiten...), später die Mitigation der aus der DD ermittelten Risiken durch Verträge
Was immer wieder vergessen wird: es gibt auch in GK mit demselben Grundgehalt aber ggf. weniger Bonus transaktionsferne Practice Groups:
Dort ist es sehr individuell, was unter welchen Bedingungen bearbeitet wird.
b) Das wirtschaftliche Denken erwartet vom First Year niemand. Es ist peinlich, wenn Anwalt so tut, als sei er Ingenieur. Es ist genauso peinlich, wenn Anwalt in einer Branche berät, von der er/sie/them gar nichts versteht.
Deswegen sollte man sich schon mit dem Geschäftsfeld und den Abläufen (ein Gründergeführtes Scale-Up entscheidet ggf. anders als ein Konzernverbund) vertraut machen, nur so kann man - übrigens erst mit zunehmender Erfahrung - ein echter Berater und Partner der Mandantschaft werden.
c) Früher für mich 9-21 Uhr, Wochenende eher selten und - guter Stand beim Partner - in arbeitsärmeren Phasen auch die Möglichkeit mal nachmittags frei zu nehmen oder sehr, sehr kurzfritig Urlaub zu nehmen. Deswegen bei mir kein Schmerzensgeld - toller Partner, tolles Team - aber irgendwann auch nicht mehr genug, um weiter dabei zu bleiben. Ich finde die Unternehmensseite einfach den besseren Deal. Ja, es ist deutlich weniger Gehalt, als in der Kanzlei. Aber mir reichen deutlich weniger als 180k und ich schätze im Unternehmen die Interdisziplinärität und die inhaltliche Arbeit einfach mehr.
Sehr wertvoller Beitrag, danke! Zeigt mal wieder, wie wichtig das konkrete Team/der Partner ist.
Kam für dich eine mittelständische Wirtschaftskanzlei nach der GK nicht infrage? Oder ist der Absprung dorthin eher schwierig und man sollte direkt dort beginnen? Habe häufig gehört, dass hier die Partnerchancen wesentlich besser sein sollen und auch aus erster Hand Beispiele, wo dies recht zügig geklappt hat und man dann bei sehr sehr hohen "Gehältern" gelandet ist.