Gestern, 10:46
(27.06.2025, 23:29)hyaene_mit_hut schrieb:(21.12.2024, 16:35)Registriert schrieb:(20.12.2024, 22:24)LaesioEnormis schrieb: Hey liebe Leute,
ich merke, wie ich immer noch ein ungesundes Verhältnis zum Examen habe.
Mein zweites Examen ist jetzt ca 6 Monate her und ich habe es erfolgreich mit einer soliden Note bestanden.
Ich bin mittlerweile im Beruf, und auch wenn es mir immer noch iwo schwer fällt, habe ich iwo Freude dran, auch wenn ich bin ab und zu überfordert fühle.
Heute habe ich mit meinem Referendar über sein bald anstehendes zweites Examen unterhalten. Und als wir inhaltlich über die Themen gesprochen haben, habe ich wieder richtig das Gefühl der Panik erlebt und ,,unsicher auf den Beinen" gefühlt. Vergleichbar mit damals als man vor dem Examen stand.
Es hat mich gewundert und war auch belastend. Ich denke dieses ganze Examen war einfach sehr sehr hart für mich und hat Spuren hinterlassen.
Geht es noch jemanden so? Hat man iwann einen gesünderen Umgang damit und habt ihr Tipps für einen gesünderen Umgang?
Ich finde es schade, weil ich eig Spaß an Jura habe. Aber ab und zu fühle mich immer noch überlastet
Das klingt wirklich nicht gesund und nimm es mir nicht übel, aber du solltest mal eine Therapie zur Aufarbeitung in Betracht ziehen. Dein Verhalten ist keinesfalls normal und zeigt, dass du das aufarbeiten solltest.
Um deine Frage zu beantworten: Nein, weder mir erging es so noch meinen Freunden. Wir haben einfach gelernt, das Examen geschrieben und fertig. Danach war das Ding für mich gegessen. Auch konnte ich nach der Klausur wunderbar schlafen und bin morgens entspannt in die nächste Klausur gestartet.
Du scheinst ein ungesundes Verhältnis entwickelt zu haben. Das tut mir sehr leid. Ich wünsche dir, dass du das aufarbeiten und verarbeiten kannst.
Bei allem Respekt, da kann und muss ich erhebliche entgegenstehende Erfahrungen gegenstellen, und zwar nicht nur meine eigenen.
Leute, die jeden Tag vor der Klausur gebrochen haben.
Leute, die morgens weinend im Auto saßen, bevor es zur Klausur ging.
Leute, die von regelmäßigen Schlafstörungen berichtet haben (und die man ihnen auch ansah, tbh).
Es ist super und freut mich riesig für dich, dass du und vielleicht auch deine Bekannten das ganze leichter gewuppt bekommen haben. Den Regelfall stellt das wahrscheinlich nicht dar. Vielleicht reden die Leute mit mir mehr darüber, weil ich hier selbst viel darüber berichtet habe. Vielleicht wenden sich deshalb maßgeblich Menschen an mich, die genau so empfunden, und weil du anderes berichtest, erzählen dir auch andere in gleicher Art. Wir beide werden wahrscheinlich ein verzerrtes Bild davon haben, was überwiegt, aber "ach, easy" ist jetzt glaube ich nicht das Motto, unter dem das Examen steht.
Belastungen wirken nach, psychisch, aber auch organisch. Bei lange anhaltender psychischer Belastung werden sogar Gene aktiv, die andernfalls inaktiv bleiben (wenn gewollt, erklär ich das weiter, will hier aber nicht ungefragt rumspamen hier). Ein gewisser Übergang an Stressreaktion ist bei vielen Menschen beobachtbar. Manchmal legt sich das wieder, manchmal schnell, manchmal braucht es Zeit, manchmal bleibt es. Jede Variante davon entspricht normalem menschlichen Verhalten und hängt von zig, wirklich ZIG äußeren und inneren Faktoren ab, auf die wir zT keinen Einfluss haben. Schon mal nach Ner wirklich fiesen Zahnbehandlung sofort Fluchtgedanken bekommen, sobald jemand das Wort "Zahnarzt" gesagt hat? Ist dasselbe Prinzip, grob runtergebrochen. Menschen haben zum Glück die Fähigkeit, zu merken, was ihnen gut tut und was so überhaupt nicht. Und es ist daher auch völlig nachvollziehbar und evolutionär richtig, dass bei besonders stressbelasteten Erinnerungen unser Stammhirn auslöst und sagt "nope, das machen wir nicht wieder. Run, buddy, run!"
Wenn man sich immer wieder quasi akut "wie in die Situation zurückversetzt" fühlt, kann das ein Zeichen von noch nicht geschehener Ablegung der Erfahrung im richtigen Gedächtnisteil sein. Hier kann es sinnvoll sein, genauer hinzugucken, denn es KANN behandlungsbedürftig sein. Darüber entscheidet der Leidensdruck und die Persistenz dieses Erlebens. Es ist keinesfalls völlig ungewöhnlich, auch nicht in Bezug auf ein StEx.
Ehrlich, ich freu mich für jede:n, für die:den es eine gut austuhaltende Zeit ist bzw war. Aber es gehört zur Ehrlichkeit dazu, anzumerken, dass es Menschen auch anders mit äußerlich derselben Situation geht.
Ich glaube jeder der bereits Examen geschrieben hat, kann sich an ähnliche Vorfälle erinnern. Ich erinnere mich an einen weit überdurchschnittlichen Kandidaten der sich an Tag 1 übergeben musste. Einen Kommilitonen der (während der Schreibzeit) das stärkste je von mir beobachtete Nasenbluten bekommen hat. Einen der sich nach der ersten Klausur in Embryostellung in die Ecke gesetzt hat und nicht ansprechbar war.
Sicherlich hat auch nahezu jeder mal eine schlaflose Nacht erlebt, sei es vor der ersten Klausur, vor der Mündlichen oder vor der Notenbekanntgabe. Dennoch stellen die sehr harten Erscheinungen meines Erachtens nach tendenziell die Ausnahme dar, mal einer von 200 Prüflingen, mal drei. Aber die allermeisten kommen ohne Übergeben, ohne Panikattacken und ohne Nasenbluten durch beide Examina.
Wie bereits in diversen Verwaltungsgerichtlichen Urteilen festgestellt ist der Stress ein Teil der Prüfungsleistung (ob man das nun befürwortet, steht auf einem anderem Blatt). Dies stellt für jeden eine individuelle Herausforderung dar. Vielen wäre glaube ich gut geraten, wenn sie sich bereits vor der Prüfung Hilfe suchen, lerne mit Stress umzugehen, Stress zu bewältigen und nicht erst im Nachgang versuchen das Examen aufzuarbeiten.
Nachrichten in diesem Thema
Ungesundes Verhältnis zum Examen - von LaesioEnormis - 20.12.2024, 22:24
RE: Ungesundes Verhältnis zum Examen - von advocatus diaboli - 21.12.2024, 10:22
RE: Ungesundes Verhältnis zum Examen - von LaesioEnormis - 21.12.2024, 13:06
RE: Ungesundes Verhältnis zum Examen - von advocatus diaboli - 21.12.2024, 17:33
RE: Ungesundes Verhältnis zum Examen - von Registriert - 21.12.2024, 16:35
RE: Ungesundes Verhältnis zum Examen - von hyaene_mit_hut - 27.06.2025, 23:29
RE: Ungesundes Verhältnis zum Examen - von NRW556 - Gestern, 09:23
RE: Ungesundes Verhältnis zum Examen - von JuraHassLiebe - Gestern, 10:46
RE: Ungesundes Verhältnis zum Examen - von hyaene_mit_hut - 27.06.2025, 23:12
RE: Ungesundes Verhältnis zum Examen - von hyaene_mit_hut - 27.06.2025, 23:30
RE: Ungesundes Verhältnis zum Examen - von Spencer - Gestern, 10:03
RE: Ungesundes Verhältnis zum Examen - von hyaene_mit_hut - Gestern, 16:21
RE: Ungesundes Verhältnis zum Examen - von Spencer - Vor 10 Stunden
RE: Ungesundes Verhältnis zum Examen - von hyaene_mit_hut - Vor 7 Stunden
RE: Ungesundes Verhältnis zum Examen - von anfänger - Vor 9 Stunden
RE: Ungesundes Verhältnis zum Examen - von hyaene_mit_hut - Vor 8 Stunden
RE: Ungesundes Verhältnis zum Examen - von Negatives Tatbestandsmerkmal - Vor 8 Stunden