07.03.2025, 00:25
(06.03.2025, 23:53)Wallendael schrieb:(06.03.2025, 23:11)RefNdsOL schrieb:(06.03.2025, 23:00)Wallendael schrieb:(06.03.2025, 21:48)RefNdsOL schrieb:(06.03.2025, 21:38)Wallendael schrieb: Hallo zusammen,
mir ist im Rahmen des Einstellungsbescheids nach § 172 StPO nicht klar, wann ich eine Rechtsmittelbelehrung hinzufügen muss, wann ich auf den Privatklageweg hinweise und wie das in den Konstellationen von §§ 153 f. StPO und §§ 154 f. StPO verhält.
Wann erhält der Anzeigende, der Verletzte und der Beschuldigte eine Nachricht, einen Bescheid oder nichts?
Das sagt dir das Gesetz.
Einstellungsnachricht für den Beschuldigten brauchst du in den Fällen des § 170 II 2 StPO, d.h. vor allem wenn der Beschuldigte als Beschuldigter vernommen wurde oder es einen HAftbefehl gegen ihn gab (häufigsten Fälle). Seltener: Wenn er darum gebeten hat oder es ein besonderes Interesse daran gibt.
Einstellungsbescheid (EB) bekommt der Anzeigeerstatter, § 171 S. 1 StPO.
Einstellungsbescheid mit Rechtsmittelbelehrung (RMB) bekommt der Anzeigeerstatter, der zugleich Verletzter ist, § 171 S. 2 StPO.
Ausnahmsweise bekommt der Anzeigeerstatter, der zugleich Verletzter ist, nur einen EB ohne RMB, wenn es sich um ein Privatklagedelikt nach § 374 StPO handelt. Denn dann ist nach § 172 II 3 StPO das Klageerzwingsverfahren unzulässig. Deswegen bedarf es dann auch keiner RMB, die ist dann nämlich sinnfrei. Stattdessen ist dann auf den Privatklageweg zu verweisen. Genau so ist auch dann zu verfahren, d.h. EB ohne RMB an den Anzeigeerstatter, der zugleich Verletzter ist, wenn die StA das Verfahren nach den in § 172 II S. 3 genannten Vorschriften eingestellt oder von der Verfolgung der Tat abgesehen hat (das sind verschiedene der §§ 153 ff. StPO).
Auf den Privatklageweg kann im Übrigen auch dann verwiesen werden, wenn nach Auffassung der StA hinreichender Tatverdacht gegen den Besch. besteht. Dieser sich aber ausschließlich auf Privatklagedelikte iSd § 374 StPO bezieht. Dann muss entweder das öffentliche Interesse nach § 376 StPO vorliegen, damit die StA es trotzdem anklagt, die Tat eine prozessuale Tat mit einem Offizialdelikt beilden (dann ist § 376 StPO nicht notwendig) oder, wenn keiner der beiden Fälle vorliegt, ist auf den Privatklageweg zu verweisen.
Vielen Dank dafür schonmal!
Was mich zudem irritiert (bzw. ich verstehe den Kommentartext nicht), ist die Anwendung bzw. das Entgegenstehen von § 153 StPO und § 153a StPO und den Privatklagedelikten.
Könntest du das ggf. spezifizieren, was du meinst mit Entgegenstehen; meinst du, warum es dann keine RMB gibt?
Die RMB ist nur dann notwendig, wenn ein Klageerzwingungsverfahren nach §§ 172 ff. StPO zulässig ist. Wenn das nicht zulässig ist, braucht man logischerweise auch keine RMB. § 172 II 3 StPO besagt nun, dass das Klageerzwingsverfahren nicht zulässig ist, wenn
a) Privatklagedelikt -> weil dann kann der Verletzte selbst im Wege der Privatklage ein strafrechtliches Verfahren in die Wege leiten. Es besteht damit schlicht kein Raum für das Klageerzwingungsverfahren; der Verletzte hat auch ohne Klageerzwingungsverfahren eben noch die Möglichkeit das strafrechtliche Verfahren herbeizuführen (freilich nach und unter Beachtung der dafür maßgeblichen Vorschriften)
b) Einstellungen/Absehen von der Verfolgung nach §§ 153 ff., 154 StPO: In den Fällen hat die StA zwar einen hinreichenden Tatverdacht festgestellt, sodass grundsätzlich nach § 170 I StPO Anklage wegen dieser Deliktes wegen denen der hinreichende Tatverdacht gegen den Besch. besteht zu erheben ist (Legalitätsprinzip), jedoch hat die Staatsanwaltschaft sodann das Verfahren aus Opportunitätsgründen §§ 153 f., 154 StPO eingestellt. Die StA hat nämlich einen gewissen Ermessenspielraum (Opportunitätsprinzip), dass das Legalitätsprinzip einschränkt; d.h. in manchen Fällen - in denen die Voraussetzungen dieser Vorschriften vorliegen - kann die StA von der Anklage ganz (§§ 153 f. StPO) oder teilweise (§ 154 StPO) absehen.
Auch hier ist eine Klageerzwingungsverfahren unzulässig, weil sonst diese Entscheidung der StA umgangen würde. Zudem hat auch bei diesen Entscheidungen der StA das für das Hauptverfahren zuständige Gericht idR mitgewirkt, § 153 I 1; § 153a I 1. Es besteht damit auch hier kein Bedürfnis für eine richterliche Überprüfung der StA-Entscheidung, denn ein Gericht hat hier schon mitgewirkt.
Ne es geht mir hier nicht um die RMB, sondern um die Anwendbarkeit bzw. die Verfolgbarkeit von Privatklagedelikten, wenn nach §§ 153, 153a StPO eingestellt wurde. Inwieweit stehen die §§ 153 ff. StPO dem entgegen?
In § 375 Abs. 2 und 3 StPO wird deutlich, dass der ne bis in idem-Grundsatz auch im Privatklageverfahren Anwendung findet sowie sonst auch. Für 153a Abs. 1 Satz 5 StPO folgt aus dem Gesetz: "Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden." D.h., wenn nachträglich noch Tatsachen bekannt werden, die die Tat als Verbrauchen qualifizieren, dann kann eine erneute Verfolgung für das verwirklichte Verbrechen erfolgen; ansonsten ist aber die für die Verfolgung der Tat (im prozessualen Sinne!) als Vergehen Strafklageverbrauch angeordnet. Nach überwiegender Auffassung wird § 153a Abs. 1 Satz 5 StPO analog auch für Einstellungen nach § 153 Abs. 2 StPO herangezogen. Denn derjenige gegen den ohne Auflagen eingestellt wird, soll nicht besser stehen als derjenige, der etwas dafür leisten musste. Die strafklageverbrauchende Wirkung von § 153 Abs. 2 bzw. § 153a Abs. 2 StPO wird aus dem Umstand Unanfechtbarkeit § 153 Abs. 2 Satz 4 bzw. § 153a Abs 2 Satz 4 StPO und des Vertrauensschutzes zusätzlich zu Art. 103 Abs. 3 GG gezogen, s.h. dazu auch BGH, 5 StR 145/03, Seite 6 ff.; wobei dies eben durch § 153a Abs. 1 Satz 5 StPO im Umfang begrenzt wird, der analog auch bei § 153 Abs. 2 StPO Anwendung findet.
§ 153 Abs. 1 StPO führt zu keinem Strafklageverbrauch! Im Fall des § 153a Abs. 1 StPO auch erst dann, wenn die Auflagen und Weisungen erfüllt sind.
Dementsprechend kann wegen des Grundsatzes ne be in idem - Art. 103 Abs. 3 GG die gleiche prozessuale Tat dann entsprechend auch nicht mehr im Wege der Privatklage verfolgt werden, da alle Privatklagedelikte § 374 StPO Vergehen sind und dann eben nur noch die Verfolgung als Verbrechen zulässig wäre, wofür in jedem Fall die StA zuständig wäre. Theoretisch wäre damit im Fall der Einstellung nach § 153 Abs. 1 StPO die Verfolgung im Wege der Privatklage zulässig.
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Einstellungsbescheid: Wann Rechtsmittelbelehrung, Hinweis auf Privatklageweg usw.? - von Wallendael - 06.03.2025, 21:38
RE: Einstellungsbescheid: Wann Rechtsmittelbelehrung, Hinweis auf Privatklageweg usw.? - von RefNdsOL - 06.03.2025, 21:48
RE: Einstellungsbescheid: Wann Rechtsmittelbelehrung, Hinweis auf Privatklageweg usw.? - von Wallendael - 06.03.2025, 23:00
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