22.05.2023, 10:41
Hi Mitstreiter ,
ich habe mir auch mal die (veraltete) Rechtsprechung zu Schreibzeitverlängerung für ADS durchgelesen. Nun habe ich zwei Fragen:
1. Heißt das nun mit dem E-Examen, dass Leute mit LRS keine Schreibzeitverlängerung mehr erhalten, da nun ja alles am PC erledigt werden kann? Bzw. würden die allenfalls eine andere technische Hilfe hinsichtlich der Rechtschreibung erhalten?
2. Das Urteil, welches ich gefunden habe, war ja schon relativ alt. Unter Beachtung des jetzigen Stands der Wissenschaft bezüglich der einschränkenden Wirkung von ADS wäre es nicht grundsätzlich mal die Zeit, eine Schreibzeitverlängerung neu prüfen zu lassen? Sofern LRS-ler weiterhin eine Schreibzeitverlängerung trotz E-Examen oder andere Hilfetools erhalten können, würde ich eine Ungleichbehandlung gegenüber ADS-ler nicht verstehen.
Zur Frage: Mich würde interessieren, ob ADS/ ADHS nur ein Problem im Einzelfall ist oder schon ein systematisches Problem?! Was denkt ihr??
Ich glaube, dass es ein systematisches Problem ist. Meine fehlende Offenheit mit diesem Thema ist glaub ich darüber hinaus Symptom als auch Ursache des Problems.
Ich denke, dass es viele Leute überfordert, dass AD(H)S so eine multifaktorale sowie -symptomatische Erkrankung ist, die bei jedem einzelnen Betroffenen im Kern zwar wohl relativ gleiche Probleme verursacht, die notwendigen Hilfestellungen indes doch sehr individuell sein können. Vielleicht unterscheidet sich dies dann doch von anderen "vergleichbaren" Erkrankungen. Gerade im Referendariat (bzw. in Behörden usw.) fällt es den Entscheidungsträgern dann noch schwerer, individuelle Hilfen zu ermöglichen, was ggf. noch verständlich erscheint.
Dazu tritt wohl, dass die Leute (ggfs. verständlicherweise) falsch über AD(H)S informiert sind. Gerade zu meiner Schulzeit hatte AD(H)S "Hochkonjunktur" und jeder, der hibbelig war, wurde verdächtigt, ADHS-ler zu sein. Dies hat der Erkrankung damals m. E. ein Image als Art "Mode"-Erkrankung gegeben, da jeder "schwierige" und unruhige Schüler als solcher bezeichnet und dies auch gerne als Ausrede der Eltern genutzt wurde. Da bei mir in der Schulzeit zum Beispiel das "H" gar nicht oder äußerst untergeordnet ausgeprägt war, wurde ich nicht als AD(H)S-ler "behandelt". Mir wurde vielmehr eine LRS angedichtet, der dann - was ein Wunder - unerfolgreiche Behandlungsversuche folgten. Laut meiner Ärzte sprachen in der Rückschau z. B. meine damaligen Schulzeugnisse schon eine eindeutige Sprache hinsichtlich aller weiteren Symptome, ausgenommen eben des "H". Hier fehlte es bei meinen Eltern sowie den Lehrern einfach an der nötigen Aufklärung und Information über die möglichen Ausprägungen von AD(H)S, was keinem vorzuwerfen ist. Bei vielen der beschriebenen hibbeligen Schüler stellte sich später heraus, dass diese dann gar kein ADHS hatten und diese (verständlicherweise) ggf. eher einfach Probleme mit dem für Kinder und Jugendliche weniger optimalen Frontalunterrichtskonzeptes hatten oder andere altersbedingter Faktoren ihr Verhalten förderten. Überdies wissen viele, mit den ich dann doch mal gesprochen habe, gar nicht, dass es z. B. auch nur ADS gibt. Die haben anfangs nicht verstanden, warum ich als ADS-ler nicht ständig hibbelig bin usw.
Gerade die schon angesprochene frühere Rechtsprechung zeigt doch, was wohl die allgemeine Auffassung der Nichtbetroffenen über die AD(H)S-Erkrankung ist. Die Betroffenen werden als intellektuell beeinträchtigt angesehen, die der Ansicht (uninformierter) Nichtbetroffener nach einfach nicht diszipliniert genug seien, sich zu wenig anstrengen würden oder die einfach kein Bock auf Schule/Arbeit hätten. Ich habe letztens auch noch über meine Frau gehört, dass eine Bekannte meinte, dass sie nicht daran glaube, dass es ADHS überhaupt gebe und es vielmehr nur eine Frage der Erziehung der Kinder sei etc. Ich selbst wusste ja auch anfangs gar nicht, z. B. welche physiologischen Ursachen hinter der Erkrankung stecken, die es eben notwendig machen, die Symptome ärztliche abklären und wenn möglich behandeln zu lassen.
Wie mein/e Vorredner*in schon schrieb, nutzen viele (ggf. Undiagnostizierte) ADHS als Ausrede für jedwedes Verhalten, sodass die "echten" Probleme, gerade bei uns im beruflichen Kontext, wohl einfach nicht mehr gehört werden bzw. einen konstruktiven Umgang mit der Erkrankung verhindern.
Sorry für diesen - wieder einmal - eher selbsttherapeutischen Post. Sind wahrscheinlich alles Sachen, die ich am liebsten einfach mal rausschreien würde, bevor ich alles nur wieder in mich hineinfresse.
Beste Grüße
ich habe mir auch mal die (veraltete) Rechtsprechung zu Schreibzeitverlängerung für ADS durchgelesen. Nun habe ich zwei Fragen:
1. Heißt das nun mit dem E-Examen, dass Leute mit LRS keine Schreibzeitverlängerung mehr erhalten, da nun ja alles am PC erledigt werden kann? Bzw. würden die allenfalls eine andere technische Hilfe hinsichtlich der Rechtschreibung erhalten?
2. Das Urteil, welches ich gefunden habe, war ja schon relativ alt. Unter Beachtung des jetzigen Stands der Wissenschaft bezüglich der einschränkenden Wirkung von ADS wäre es nicht grundsätzlich mal die Zeit, eine Schreibzeitverlängerung neu prüfen zu lassen? Sofern LRS-ler weiterhin eine Schreibzeitverlängerung trotz E-Examen oder andere Hilfetools erhalten können, würde ich eine Ungleichbehandlung gegenüber ADS-ler nicht verstehen.
Zur Frage: Mich würde interessieren, ob ADS/ ADHS nur ein Problem im Einzelfall ist oder schon ein systematisches Problem?! Was denkt ihr??
Ich glaube, dass es ein systematisches Problem ist. Meine fehlende Offenheit mit diesem Thema ist glaub ich darüber hinaus Symptom als auch Ursache des Problems.
Ich denke, dass es viele Leute überfordert, dass AD(H)S so eine multifaktorale sowie -symptomatische Erkrankung ist, die bei jedem einzelnen Betroffenen im Kern zwar wohl relativ gleiche Probleme verursacht, die notwendigen Hilfestellungen indes doch sehr individuell sein können. Vielleicht unterscheidet sich dies dann doch von anderen "vergleichbaren" Erkrankungen. Gerade im Referendariat (bzw. in Behörden usw.) fällt es den Entscheidungsträgern dann noch schwerer, individuelle Hilfen zu ermöglichen, was ggf. noch verständlich erscheint.
Dazu tritt wohl, dass die Leute (ggfs. verständlicherweise) falsch über AD(H)S informiert sind. Gerade zu meiner Schulzeit hatte AD(H)S "Hochkonjunktur" und jeder, der hibbelig war, wurde verdächtigt, ADHS-ler zu sein. Dies hat der Erkrankung damals m. E. ein Image als Art "Mode"-Erkrankung gegeben, da jeder "schwierige" und unruhige Schüler als solcher bezeichnet und dies auch gerne als Ausrede der Eltern genutzt wurde. Da bei mir in der Schulzeit zum Beispiel das "H" gar nicht oder äußerst untergeordnet ausgeprägt war, wurde ich nicht als AD(H)S-ler "behandelt". Mir wurde vielmehr eine LRS angedichtet, der dann - was ein Wunder - unerfolgreiche Behandlungsversuche folgten. Laut meiner Ärzte sprachen in der Rückschau z. B. meine damaligen Schulzeugnisse schon eine eindeutige Sprache hinsichtlich aller weiteren Symptome, ausgenommen eben des "H". Hier fehlte es bei meinen Eltern sowie den Lehrern einfach an der nötigen Aufklärung und Information über die möglichen Ausprägungen von AD(H)S, was keinem vorzuwerfen ist. Bei vielen der beschriebenen hibbeligen Schüler stellte sich später heraus, dass diese dann gar kein ADHS hatten und diese (verständlicherweise) ggf. eher einfach Probleme mit dem für Kinder und Jugendliche weniger optimalen Frontalunterrichtskonzeptes hatten oder andere altersbedingter Faktoren ihr Verhalten förderten. Überdies wissen viele, mit den ich dann doch mal gesprochen habe, gar nicht, dass es z. B. auch nur ADS gibt. Die haben anfangs nicht verstanden, warum ich als ADS-ler nicht ständig hibbelig bin usw.
Gerade die schon angesprochene frühere Rechtsprechung zeigt doch, was wohl die allgemeine Auffassung der Nichtbetroffenen über die AD(H)S-Erkrankung ist. Die Betroffenen werden als intellektuell beeinträchtigt angesehen, die der Ansicht (uninformierter) Nichtbetroffener nach einfach nicht diszipliniert genug seien, sich zu wenig anstrengen würden oder die einfach kein Bock auf Schule/Arbeit hätten. Ich habe letztens auch noch über meine Frau gehört, dass eine Bekannte meinte, dass sie nicht daran glaube, dass es ADHS überhaupt gebe und es vielmehr nur eine Frage der Erziehung der Kinder sei etc. Ich selbst wusste ja auch anfangs gar nicht, z. B. welche physiologischen Ursachen hinter der Erkrankung stecken, die es eben notwendig machen, die Symptome ärztliche abklären und wenn möglich behandeln zu lassen.
Wie mein/e Vorredner*in schon schrieb, nutzen viele (ggf. Undiagnostizierte) ADHS als Ausrede für jedwedes Verhalten, sodass die "echten" Probleme, gerade bei uns im beruflichen Kontext, wohl einfach nicht mehr gehört werden bzw. einen konstruktiven Umgang mit der Erkrankung verhindern.
Sorry für diesen - wieder einmal - eher selbsttherapeutischen Post. Sind wahrscheinlich alles Sachen, die ich am liebsten einfach mal rausschreien würde, bevor ich alles nur wieder in mich hineinfresse.
Beste Grüße
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