28.04.2023, 17:43
(28.04.2023, 13:35)Egal schrieb:(28.04.2023, 09:04)D77 schrieb: Vielen Dank für die hilfreichen Antworten und Einschätzungen. Meiner Frage lag eine eigene Recherche zugrunde, wobei ich mir in einem DAX-Konzern die Lebensläufe der Leute mit Führungsverantwortung angeschaut habe und mindestens 60% hatten vorherige GK-Erfahrung. Wobei sich hier wahrscheinlich auch die Frage nach der Kausalität stellt. In der Regel werden interne Bewerber schlechtere Noten haben als Bewerber aus Großkanzleien, weniger leistungsaffin und weniger flexibel was die Arbeitszeiten sein, etc. Außerdem könnte dies auch eine Besonderheit von DAX-Konzernen sein.
Die Frage ist wahrscheinlich darauf auszuweiten, ob man in Großkanzleien Arbeitserfahrungen sammelt, die man so nicht in Unternehmen sammeln kann. Dies gilt jedenfalls für den Bereich Litigation und Prozessführung, den Syndikusrechtsanwälte schon berufsrechtlich nicht bearbeiten dürfen (zumindest, was unmittelbare Vertretung vor Gericht angeht). Wahrscheinlich wird man in Großkanzleien, was Detailwissen und knifflige Rechtsfragen angeht, ebenfalls mehr Berührungspunkte sammeln (z.B. Fachanwaltstitel werden regelmäßig nur in Kanzleien erlangt). Im Unternehmen wird hingegen wahrscheinlich Überblicksverständnis, Nähe zum Produkt und allgemein Praxis- und Umsetzungsorientierung eine größere Rolle spielen.
Ansonsten ist es so, dass Unternehmen wohl allgemein Berufserfahrung gerne sehen und teilweise gerade Erfahrung in Unternehmen sehr positiv bewerten.
Puh, jetzt trollst du aber.
Ich wäre mit solchen Annahmen nicht nur vorsichtig wie @Ex-GK, sondern halte sie für falsch. Mach solche Äußerungen besser nicht vor potentiellen Kollegen oder Vorgesetzten, sonst bist du damit sofort raus. Du willst selbst nicht in die GK und hast bestimmte Gründe dafür. Anderen geht es genauso.
Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Note und der Wahl, ins Unternehmen zu gehen. Manche haben Top-Noten, andere nicht. Manche waren vorher in einer GK, andere nicht. Was die meisten eint: sie kamen in der Regel von extern und haben mehrere Jahre Berufserfahrung. Die Berufserfahrung ist es, was sie für die Unternehmen attraktiv macht, nicht ausschließlich der schöne Name einer GK. Ich würde sogar sagen, die Arbeit in einer GK bringt dir im Unternehmen sehr wenig, denn die Arbeitsweise im Unternehmen unterscheidet sich stark von der einer GK. Im Unternehmen geht es nicht darum, einen perfekten Aufsatz zu schreiben, der vom hunderste ins tausendste geht. Es müssen schnelle Entscheidungen getroffen und umgesetzt werden. Das ist anspruchsvoll, aber nicht die wissenschaftliche Arbeit am Hochreck, die man in einer GK macht. Trotzdem ist es nicht die oberflächliche Arbeit, die du unterstellst. Das würde überhaupt nicht funktionieren. War es hier im Thread oder in einem anderen, wo jemand schrieb, er ist deutschlandweit der einzige Jurist? Das setzt voraus, dass er sich in vielen Themengebietem auskennt und sie abarbeiten kann. Das wird nicht in der Tiefe sein, wie in der GK, setzt aber mehrere Jahre Berufserfahrung und umfangreiches Wissen voraus.
Hast du mal geschaut, wie viele GK-Anwälte einen Fachanwaltsitel haben? So gut wie gar keiner. Das schaffst du in der GK nämlich genausowenig, wie im Unternehmen. Du kommst nämlich nicht ansatzweise auf die notwendigen Fallzahlen. Wer einen Fachanwaltsitel hat, hat ihn üblicherweise in einer MK oder KK erworben.
Was die Stunden angeht: ist dir klar, dass alle großen Unternehmen einen Betriebsrat haben und Tarifverträge, die die Arbeitszeiten vorgeben? ATler und Führungskräfte unterliegen dem zwar nur bedingt, aber auch da hat der BR ein Auge drauf. Du wirst im Unternehmen unterhalb der Führungsebene keine 60-70 Stunden arbeiten. In der Regel sogar freiwillig nicht, denn du bekommst für deine Arbeit nämlich deutlich weniger Geld als jemand in der GK.
Ich arbeite in einem DAX-Konzern und hatte noch keine Arbeitszeitverstöße und kann daher nur aus dem Unternehmen meines Mannes (MDAX) berichten: Jeder Verstoß gegen die Arbeitszeiten wird dem BR und dem Vorstand gemeldet. Jeder in der Hierarchie bekommt ordentlich einen auf den Deckel und gibt diesen Ärger weiter nach unten bis zum Mitarbeiter, der den Ärger verursacht hat. Der bekommt eine Ermahnung und macht dies hoffentlich nicht noch einmal, denn sonst könnte es arbeitsrechtliche Konsequenzen geben.
Bei uns im Unternehmen wird nicht ganz so rigide auf die Arbeitszeiten geschaut, so lange man schlau genug ist, unterm Radar zu bleiben. Erwünscht ist es trotzdem nicht und sollte es öffentlich werden, gibt es ebenfalls Ärger.
Fazit daraus: Von dir erwartet keiner, dass du extrem viel arbeitest. Im Gegenteil wird sehr genau auf die 10-Stunden-Grenze geachtet, weil die Vermutung besteht, dass die Behörden sich dies mal anschauen könnten und es dann Bußgelder hagelt. Bei uns im Unternehmen (kritische Infrastruktur) hängen zudem öffentliche Aufträge dran, die wir verlieren würden, wenn wir uns nicht an die Gesetze halten.
Ehrlich gesagt denke ich nicht, dass du ins Unternehmen passt. Deine Vorstellung stimmt wenig mit der Wirklichkeit überein und deine überheblichen Äußerungen werden auf wenig Gegenliebe stoßen.
100% Zustimmung!
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Unternehmen ohne Großkanzlei-Erfahrung - von D77 - 27.04.2023, 11:34
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