04.01.2019, 21:59
Hallo Nordlicht26,
zunächst mein Beileid und viel Kraft, für die Zeit, die vor Dir liegt. Deine Situation kann ich gut nachvollziehen, da auch ich im Referendariat durch die Pflege und den Tod eines Angehörigen häufig wenig Zeit und noch weniger Kopf für Examensvorbereitung hatte. Statt Tipps, würde ich Dir zunächst ein paar Fragen stellen. Diese solltest Du Dir ehrlich selbst beantworten und dann ggf. statt der Examensvorbereitung die Wahrnehmung der Sozialberatung bzw. eine Krankschreibung erwägen.
1. Wie groß sind die Lücken im materiellen und prozessualen Recht, die Dir durch Deine besonderen Belastungen entstanden sind?
2. Hast Du jetzt Zeit und Kraft zu lernen?
3. Verfügst Du über eine Lerngruppe bzw. eine funktionierende Unterstützungsumgebung?
4. Welche Note strebst Du an?
5. Würdest Du einen Verbesserungsversuch zeitlich, persönlich und finanziell stemmen können?
Für die Examensvorbereitung brauchst Du gewisse stoffliche Grundlagen (denn man kann nur in Klausuren anwenden und übertragen, was an grundlegen/m Strukturen und Wissen vorhanden ist) und vor allem Zeit. Wenn Du gerade noch trauerst, mit der Haushaltsauflösung oder dem Nachlass beschäftigst bist, dann kann das sehr schwer werden.
Deswegen gehe in Dich und wende Dich im Zweifel -frühzeitig!- an Deinen Referendarrat, die Sozialberatung oder direkt den Ausbildungsleiter. Für solche Fälle gibt es die Möglichkeit, sich krank schreiben zu lassen oder eine Prüfungsverlegung zu beantragen. Diese wird in begründeten Fällen, also gerade beim Tod naher Angehörigen oder Personen im selben Haushalt, auch gewährt.
Wenn Du aber jetzt durchstarten kannst, dann gilt:
1. Wöchentlich 2-3 Klausuren schreiben
Du besucht den Klausurenkurs Deines LJPA und nimmst dort auch die Besprechungen wahr (denn so kannst Du auch Rückfragen stellen und verstehst , wo Du Dich verbessern kannst).
Wenn Du es Dir leisten kannst und die Beprechungen und Korrekturen gut sind, dann besuche zusätzlich den Präsensklausurenkurs vor Ort bei einem der üblichen Verdächtigen. Wird vor Ort nichts angeboten geht auch ein entgeltlicher Fernkurs, z.B. für den Bereich des GPA Nord https://www.jura-rep.de/index.php?id01=1...8=3&id09=2 (Tipp: lass Dir von denen einige Musterklausuren schicken, um zu gucken, ob Dir das Format passt).
Wenn Du finanziell gerade knapp bist, ist das Angebot des Kammergerichts Berlins super. Dort gibt es aktuelle Klausuren nebst ausführlicher Lösungen und ein umfassendes Klausurarchiv:
https://www.berlin.de/gerichte/kammerger...surenkurs/ und https://www.berlin.de/gerichte/kammerger...723452.php
2. Wie schreiben?
Der Vorredner hat bereits sehr gute Hinweise gegeben: Übungsklausuren müssen unter Klausurbedingungen, aber zeitlich in maximal 4h45m geschrieben werden. Das heißt Du solltest Dich entweder in die Bib setzten (damit Du dort die Kommentare griffbereit hast) oder Dir Kommentare anschaffen. Denn nicht selten finden sich ganze Klausurabschnitte oder Schwerpunkte im Kommentar -man muss nur wissen wo, und dafür darf man nicht das erste Mal mit dem gemieteten Juristenkoffer einen Kommentar in die Hand nehmen.
3. Laut lesen!
Wenn Du jetzt noch durch die Klausuren durchfällst, kann das neben "echten" Lücken auch an einer "schlechten" Sprache liegen. Praktiker freuen sich besonders über praxitaugliche Lösungen und Formulierungen. Die kannst Du Dir besonders gut einprägen, wenn Du Urteile laut liest. Am besten nimmst Du z.B. von Obergerichten gehaltene erstinstanzliche Urteile. Wenn Du kein juris hast, kannst Du immer auf die Seiten Deines Bundeslandes schielen, z.B. http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.jur...hInSubtree
4. Klassiker-Bücher oder Skripten
Wenn Du nicht mehr genug Zeit für Klassiker-Bücher hast, z.B. den Anders/Gehle, dann versuche wenigstens ein vernünftiges Skript durchzulesen. Der Kintz (https://www.beck-shop.de/kintz-oeffentli...gKi4PD_BwE) verbindet Prozessuales und Materielles im ÖR ganz hervorragend, und ersetzt z.B. 2 Skripten (ÖR-Klausur und Materielles ÖR).
5. Struktur, Methodik und Arbeit am Sachverhalt statt Auswendiglernen
Sowohl bei der Rechtsprechung als auch beim Lernstoff solltest Du nicht an Details verzweifeln bzw. Dich darauf versteifen. Es geht vielmehr darum, den konkreten Sachverhalt juristisch richtig aufzubereiten und einer vertretbaren Lösung zu zu führen.
Zuletzt: Auch mit wenig Vorbereitungszeit können noch sehr ordentliche Ergebnisse erzielt werden. Viele Refs fangen erst spät an -es gibt nur selten einer zu.
Viel Erfolg!
zunächst mein Beileid und viel Kraft, für die Zeit, die vor Dir liegt. Deine Situation kann ich gut nachvollziehen, da auch ich im Referendariat durch die Pflege und den Tod eines Angehörigen häufig wenig Zeit und noch weniger Kopf für Examensvorbereitung hatte. Statt Tipps, würde ich Dir zunächst ein paar Fragen stellen. Diese solltest Du Dir ehrlich selbst beantworten und dann ggf. statt der Examensvorbereitung die Wahrnehmung der Sozialberatung bzw. eine Krankschreibung erwägen.
1. Wie groß sind die Lücken im materiellen und prozessualen Recht, die Dir durch Deine besonderen Belastungen entstanden sind?
2. Hast Du jetzt Zeit und Kraft zu lernen?
3. Verfügst Du über eine Lerngruppe bzw. eine funktionierende Unterstützungsumgebung?
4. Welche Note strebst Du an?
5. Würdest Du einen Verbesserungsversuch zeitlich, persönlich und finanziell stemmen können?
Für die Examensvorbereitung brauchst Du gewisse stoffliche Grundlagen (denn man kann nur in Klausuren anwenden und übertragen, was an grundlegen/m Strukturen und Wissen vorhanden ist) und vor allem Zeit. Wenn Du gerade noch trauerst, mit der Haushaltsauflösung oder dem Nachlass beschäftigst bist, dann kann das sehr schwer werden.
Deswegen gehe in Dich und wende Dich im Zweifel -frühzeitig!- an Deinen Referendarrat, die Sozialberatung oder direkt den Ausbildungsleiter. Für solche Fälle gibt es die Möglichkeit, sich krank schreiben zu lassen oder eine Prüfungsverlegung zu beantragen. Diese wird in begründeten Fällen, also gerade beim Tod naher Angehörigen oder Personen im selben Haushalt, auch gewährt.
Wenn Du aber jetzt durchstarten kannst, dann gilt:
1. Wöchentlich 2-3 Klausuren schreiben
Du besucht den Klausurenkurs Deines LJPA und nimmst dort auch die Besprechungen wahr (denn so kannst Du auch Rückfragen stellen und verstehst , wo Du Dich verbessern kannst).
Wenn Du es Dir leisten kannst und die Beprechungen und Korrekturen gut sind, dann besuche zusätzlich den Präsensklausurenkurs vor Ort bei einem der üblichen Verdächtigen. Wird vor Ort nichts angeboten geht auch ein entgeltlicher Fernkurs, z.B. für den Bereich des GPA Nord https://www.jura-rep.de/index.php?id01=1...8=3&id09=2 (Tipp: lass Dir von denen einige Musterklausuren schicken, um zu gucken, ob Dir das Format passt).
Wenn Du finanziell gerade knapp bist, ist das Angebot des Kammergerichts Berlins super. Dort gibt es aktuelle Klausuren nebst ausführlicher Lösungen und ein umfassendes Klausurarchiv:
https://www.berlin.de/gerichte/kammerger...surenkurs/ und https://www.berlin.de/gerichte/kammerger...723452.php
2. Wie schreiben?
Der Vorredner hat bereits sehr gute Hinweise gegeben: Übungsklausuren müssen unter Klausurbedingungen, aber zeitlich in maximal 4h45m geschrieben werden. Das heißt Du solltest Dich entweder in die Bib setzten (damit Du dort die Kommentare griffbereit hast) oder Dir Kommentare anschaffen. Denn nicht selten finden sich ganze Klausurabschnitte oder Schwerpunkte im Kommentar -man muss nur wissen wo, und dafür darf man nicht das erste Mal mit dem gemieteten Juristenkoffer einen Kommentar in die Hand nehmen.
3. Laut lesen!
Wenn Du jetzt noch durch die Klausuren durchfällst, kann das neben "echten" Lücken auch an einer "schlechten" Sprache liegen. Praktiker freuen sich besonders über praxitaugliche Lösungen und Formulierungen. Die kannst Du Dir besonders gut einprägen, wenn Du Urteile laut liest. Am besten nimmst Du z.B. von Obergerichten gehaltene erstinstanzliche Urteile. Wenn Du kein juris hast, kannst Du immer auf die Seiten Deines Bundeslandes schielen, z.B. http://www.gesetze-rechtsprechung.sh.jur...hInSubtree
4. Klassiker-Bücher oder Skripten
Wenn Du nicht mehr genug Zeit für Klassiker-Bücher hast, z.B. den Anders/Gehle, dann versuche wenigstens ein vernünftiges Skript durchzulesen. Der Kintz (https://www.beck-shop.de/kintz-oeffentli...gKi4PD_BwE) verbindet Prozessuales und Materielles im ÖR ganz hervorragend, und ersetzt z.B. 2 Skripten (ÖR-Klausur und Materielles ÖR).
5. Struktur, Methodik und Arbeit am Sachverhalt statt Auswendiglernen
Sowohl bei der Rechtsprechung als auch beim Lernstoff solltest Du nicht an Details verzweifeln bzw. Dich darauf versteifen. Es geht vielmehr darum, den konkreten Sachverhalt juristisch richtig aufzubereiten und einer vertretbaren Lösung zu zu führen.
Zuletzt: Auch mit wenig Vorbereitungszeit können noch sehr ordentliche Ergebnisse erzielt werden. Viele Refs fangen erst spät an -es gibt nur selten einer zu.
Viel Erfolg!
Nachrichten in diesem Thema
späte Examensvorbereitung - von Nordlicht26 - 04.01.2019, 17:59
RE: späte Examensvorbereitung - von Gast - 04.01.2019, 20:44
RE: späte Examensvorbereitung - von GÄSTIN - 04.01.2019, 21:59
RE: späte Examensvorbereitung - von Nordlicht26 - 05.01.2019, 12:47
RE: späte Examensvorbereitung - von Gast - 05.01.2019, 12:53
RE: späte Examensvorbereitung - von Gast - 20.08.2022, 11:43
RE: späte Examensvorbereitung - von 07/2021 - 20.08.2022, 13:23
RE: späte Examensvorbereitung - von Freidenkender - 21.08.2022, 17:19
RE: späte Examensvorbereitung - von Ref64 - 21.08.2022, 19:33
RE: späte Examensvorbereitung - von Freidenkender - 22.08.2022, 11:45
RE: späte Examensvorbereitung - von Gast - 22.08.2022, 13:10
RE: späte Examensvorbereitung - von Mitleidender - 22.08.2022, 23:44
RE: späte Examensvorbereitung - von Gast - 23.08.2022, 15:28
RE: späte Examensvorbereitung - von Gast - 30.08.2022, 17:45
RE: späte Examensvorbereitung - von Ref64 - 30.08.2022, 20:14