19.12.2020, 00:44
(18.12.2020, 23:04)Gast schrieb:(18.12.2020, 22:37)Gast schrieb: Werbung mit Selbstverständlichkeiten lautet das Stichwort. Ist irreführend und somit rechtswidrig.Das Diplom ist aber keine Selbstverständlichkeit, weil der Titel eben nur an manchen Unis verliehen wird. Er ist auch nicht Voraussetzung für die Rechtsanwaltschaft, sondern lediglich die Erste Prüfung. Dass in aller Regel die Voraussetzungen für die Verleihung (nahezu) identisch sind, dürfte keine Rolle spielen. Es ist nicht selbstverständlich, dass der Anwalt diesen Titel hat. Merkt man schon am Umkehrschluss: Wenn Du ihn führst, obwohl Du ihn nicht hast, erfüllst Du die Tatbestandsvoraussetzungen des § 132a StGB. Da spielt es gar keine Rolle, ob Du den Titel an einer anderen Uni gekriegt hättest. Von daher ist Werbung mit Selbstverständlichkeiten zwar ein ganz witziges Stichwort, hier aber leider das falsche.
Also ich musste für den Diplom-Titel noch extra einen Seminarschein zusätzlich machen. War ne Hausarbeit mit Referat, also quasi wie ne 2. Schwerpunktsprüfung.
19.12.2020, 02:13
(18.12.2020, 22:26)Gast schrieb: Ich weiß wirklich nicht was daran "irreführend" sein soll. Irreführend kann es doch nur sein, wenn dadurch bei jemandem ein Irrtum hervorgerufen wird.
Es lieht ein Irrtum vor bzw. wird zumindest getäuscht, also in die Irre geführt. Wenn der Anwalt einen zusätzlichen Titel aufführt, dann kann man das so verstehen, dass er auch eine zusätzliche Qualifikation erworben habe. Hat er aber nicht.
Zitat:Und wenn jemand von einer Universität den Titel "Diplom-Jurist" verliehen bekommen hat, darf die Person den führen. Es wird also keinerlei Irrtum hervorgerufen, denn die behauptete Qualifikation liegt ja vor.
Ja, er darf es. Die Frage ist nur, ob das nicht einfach nur peinlich ist. Und eine Qualifikation liegt eben nicht vor. Nur die Berechtigung zum Titel, den man (als Angehöriger des einschlägigen Personenkreises = Uniabsolventen) auch ohne Qualifikation geschenkt bekommt.
Zitat:Und den Diplom-Juristen vergeben ja tatsächlich nicht mal alle Unis Das ist also doch ein Unterscheidungsmerkmal, ein Titel den nicht jeder hat.
Ja. Manche Unis machen das so, manche so. Es gibt auch Unis, die stattdessen einen Magister verleihen oder ebenhalt gar nichts. Das ist aber einer völligen Beliebigkeit der Unis (oder Bundesländer?) ausgesetzt. Es sagt in keiner Weise etwas über die Qualität oder den Inhalt des Studiums an dieser Uni aus. Schon gar nicht sagt es irgendetwas über den Rechtsanwalt aus. Insofern ist es dem Zufall geschuldet, ob ein Uniabsolvent/Rechtsanwalt ein Diplom erhält oder nicht. Am ehesten könnte man noch (aber wer macht das schon?) daran ablesen wollen, wann und wo der Rechtsanwalt wohl studiert hat. Dafür ist die Angabe aber leider nicht präzise genug.
Die Angabe "Rechtsanwalt und Diplom-Jurist" lässt sich also nur übersetzen mit:
"Ich habe wie 99,99% meiner Anwaltskollegen auch in der Bundesrepublik Deutschland an einer der 40 Universitäten mit juristischer Fakultät das Studium der Rechtswissenschaften abgeschlossen, was ganz typischerweise aber auch Voraussetzung für die Ausübung meines jetzigen Berufs ist und Ihnen daher schon klar gewesen sein dürfte. Übrigens habe ich das Studium an einer der xy Universitäten abgeschlossen, die all ihren Absolventen (also meinen früheren Kommilitonen ebenso, die den Titel aber nicht führen wollen) den Titel "Diplom-Jurist" verleiht, ohne dass irgendein Zusammenhang zu irgendetwas (Studium, Kenntnisse, Fähigkeiten, Berufsausübung) bestehen würde. An welcher genauen Uni das war, möchte ich hier aber aus Platzgründen nicht in meinem Briefkopf erwähnen."
Realistischerweise kann man das Führen des "Diplom-Jurist" aber auch so übersetzen:
"Ich habe in beiden Examina so schlecht abgeschnitten, dass es bei mir nichtmals über die Ausnahmeregelungen gereicht hat, um zur Promotion zugelassen zu werden. Ansonsten hätte ich titelgeiler Blender gerne irgendwo eine Schmalspurdiss abgeliefert. Ich kann nur hoffen, dass Sie irgendwie davon ausgehen, dass das jetzt sowas ähnliches ist wie ein Doktortitel."
Wir sind uns einig, dass man das darf. Aber wir sind uns doch auch einig, dass man es als peinlich bezeichnen kann.
Zitat:Genauso darf sich jeder Strafverteidiger nennen, der mal irgendwann irgendwo einmal in einem Strafverfahren verteidigt hat.
Die Bezeichnung "Rechtsanwalt und Strafverteidiger" fällt mir tatsächlich immer mal wieder als etwas "schräg" auf, wobei ich sie letztendlich aber für akzeptabel halte. Hier erkenne ich die Berechtigung des Interesses an, diese "Bezeichnung" führen zu wollen. Die Strafverteidigung präzisiert tatsächlich das Berufsbild genauer, während "Rechtsanwalt" eigentlich nichtmals ein Berufsbild (sondern nur ein Status) ist. Und immerhin kann man durchaus Strafverteidiger sein, ohne Rechtsanwalt zu sein (als Hochschullehrer oder nach § 138 II StPO).
Zitat:Auf einem anderen Blatt steht natürlich die Frage, ob man sich die Peinlichkeit gegenüber den Kolleginnen und Kollegen und der Justiz geben will. Muss dann jeder für sich selber abwägen, was für einen da höher wiegt. Ich führe keinen der Titel, weil für mich die Peinlichkeit überwiegt, aber wenn ich als Einzelkämpfer dringend auf Mandate angewiesen wäre, würde ich mir das groß auf die Homepage schreiben. Jura ist halt ein Geschäft...
Ja, wie schon gesagt wurde: Wenn man es nötig hat...
Ich würde dann aber auch bezweifeln wollen, dass es sonderlich viele Mandanten sind, die sich davon täuschen bzw. die das der Wahl ihres Rechtsanwalts zugrunde legen. Im Zweifelsfall bekommt man damit kein einziges Mandat mehr. Das Führen dieses Titel erschöpft sich dann in der Peinlichkeit gegenüber Kollegen und der Justiz.
19.12.2020, 02:22
(19.12.2020, 00:44)Gast schrieb:(18.12.2020, 23:04)Gast schrieb:(18.12.2020, 22:37)Gast schrieb: Werbung mit Selbstverständlichkeiten lautet das Stichwort. Ist irreführend und somit rechtswidrig.Das Diplom ist aber keine Selbstverständlichkeit, weil der Titel eben nur an manchen Unis verliehen wird. Er ist auch nicht Voraussetzung für die Rechtsanwaltschaft, sondern lediglich die Erste Prüfung. Dass in aller Regel die Voraussetzungen für die Verleihung (nahezu) identisch sind, dürfte keine Rolle spielen. Es ist nicht selbstverständlich, dass der Anwalt diesen Titel hat. Merkt man schon am Umkehrschluss: Wenn Du ihn führst, obwohl Du ihn nicht hast, erfüllst Du die Tatbestandsvoraussetzungen des § 132a StGB. Da spielt es gar keine Rolle, ob Du den Titel an einer anderen Uni gekriegt hättest. Von daher ist Werbung mit Selbstverständlichkeiten zwar ein ganz witziges Stichwort, hier aber leider das falsche.
Also ich musste für den Diplom-Titel noch extra einen Seminarschein zusätzlich machen. War ne Hausarbeit mit Referat, also quasi wie ne 2. Schwerpunktsprüfung.
Verschiedene Uni verleihen den Titel jedem Absolventen, der die Schwerpunktprüfung an dieser Uni bestanden hat. Es reicht dann also die "normale" Schwerpunktprüfung aus. Zwar musstest du dann offenbar mehr leisten. Aber um genau zu sein bescheinigt der Titel dir das (ohne zusätzliche Angaben) nicht. Du könntest ihn ja genau wie ich schon für deine erste Schwerpunktprüfung erhalten haben.
19.12.2020, 02:34
Den § 132 StGB finde ich in diesem Zusammenhang übrigens ganz interessant. Meine Uni verleiht den Titel an jeden ihrer Absolventen ohne weitere Prüfung von irgendwas. Aber nur "auf Antrag", der aber kostenfrei ist und bei dem nichts weiter geprüft wird. Außer ebenhalt, ob ich wirklich Absolvent bin. Das geht eigentlich aber schon aus meinem Gesamtzeugnis hervor, dass Staatsteil sowie Schwerpunkt und die zugehörige Uni listet.
Ich habe den Titel also nicht, weil ich den Antrag nie gestellt habe. Könnte ich aber machen und erhalte dann in wenigen Tag das Zeugnis. Und wenn ich mich jetzt schon als "Diplom-Jurist" bezeichne?
Die Vorschrift des § 132 StGB ist verwaltungsakzessorisch. Ich erfülle alle materiellen Voraussetzungen, um den Titel zu führen. Es liegt daher kein materielles Unrecht vor. Es fehlt allein an einer formellen Voraussetzung (mein eigener Antrag). Das Unrecht ist also rein formeller/bürokratischer Natur. Nun werden solche Tatbestände normalerweie dahingehend ausgelegt, dass sie tatsächlich auf das formelle Unrecht abstellen. Das soll insbesondere das einschlägig behördliche Prüfungsverfahren schützen. Hier ist das behördliche Prüfungsverfahren aber witzlos: Für jeden Antrag gibt es eine Berechtigung zum Führen des Titels.
Vermutlich ist am Ende aber trotzdem darauf abzustellen, dass der Titel momentan nunmal fehlt. Denn das "ist Absolvent eines rechtswissenschaftlichen Studiengangs" dürfte dann als Prüfungsinhalt doch ausreichen und schützenswert sein. Man denke an einen beliebigen Bürger, der ohne jemals studiert zu haben diesen Titel führt.
Andererseits: wenn ich gegen den Staat (Uni) einen Anspruch auf (quasi?!) sofortige Erteilung der Berechtigung zum Führen des Titels habe, kann der Staat mich dann dafür bestrafen, dass ich die Berechtigung nicht habe?
Ähnliches Problem: Manche Unis verleihen das Diplom, manche den Magister. Sachliche Unterschiede bestehen nicht. Manche Unis wechseln das auch gerne. Wie groß ist da nun das Unrecht, wenn ich hier den "falschen" Titel führe? Wohl denkbarst gering. Das scheint mir aber ein praisrelevantes Problem zu sein. Ich kenne eine ganze Reihe von "Diplom-Juristen", von denen ich weiß, dass ihnen stattdessen (wenn überhaupt) "nur" der Magister verliehen wurde.
Ich habe den Titel also nicht, weil ich den Antrag nie gestellt habe. Könnte ich aber machen und erhalte dann in wenigen Tag das Zeugnis. Und wenn ich mich jetzt schon als "Diplom-Jurist" bezeichne?
Die Vorschrift des § 132 StGB ist verwaltungsakzessorisch. Ich erfülle alle materiellen Voraussetzungen, um den Titel zu führen. Es liegt daher kein materielles Unrecht vor. Es fehlt allein an einer formellen Voraussetzung (mein eigener Antrag). Das Unrecht ist also rein formeller/bürokratischer Natur. Nun werden solche Tatbestände normalerweie dahingehend ausgelegt, dass sie tatsächlich auf das formelle Unrecht abstellen. Das soll insbesondere das einschlägig behördliche Prüfungsverfahren schützen. Hier ist das behördliche Prüfungsverfahren aber witzlos: Für jeden Antrag gibt es eine Berechtigung zum Führen des Titels.
Vermutlich ist am Ende aber trotzdem darauf abzustellen, dass der Titel momentan nunmal fehlt. Denn das "ist Absolvent eines rechtswissenschaftlichen Studiengangs" dürfte dann als Prüfungsinhalt doch ausreichen und schützenswert sein. Man denke an einen beliebigen Bürger, der ohne jemals studiert zu haben diesen Titel führt.
Andererseits: wenn ich gegen den Staat (Uni) einen Anspruch auf (quasi?!) sofortige Erteilung der Berechtigung zum Führen des Titels habe, kann der Staat mich dann dafür bestrafen, dass ich die Berechtigung nicht habe?
Ähnliches Problem: Manche Unis verleihen das Diplom, manche den Magister. Sachliche Unterschiede bestehen nicht. Manche Unis wechseln das auch gerne. Wie groß ist da nun das Unrecht, wenn ich hier den "falschen" Titel führe? Wohl denkbarst gering. Das scheint mir aber ein praisrelevantes Problem zu sein. Ich kenne eine ganze Reihe von "Diplom-Juristen", von denen ich weiß, dass ihnen stattdessen (wenn überhaupt) "nur" der Magister verliehen wurde.
19.12.2020, 07:37
(18.12.2020, 18:49)Gast schrieb: Was haltet ihr von einem Anwalt der in seknen Schriftsätzen mit Dipl. Iur. Rechtsanwalt unterschreibt und im Briefkopf Dipl iur und assesor nennt. Auf mich wirkt es albern und unseriös oder sehe ich das zu streng?
Ja, ist unseriös. Deine Schreibweise aber ehrlich gesagt auch.
19.12.2020, 09:39
(19.12.2020, 07:37)Hast schrieb:Damit kann ich leben, war mal eben am handy getippt(18.12.2020, 18:49)Gast schrieb: Was haltet ihr von einem Anwalt der in seknen Schriftsätzen mit Dipl. Iur. Rechtsanwalt unterschreibt und im Briefkopf Dipl iur und assesor nennt. Auf mich wirkt es albern und unseriös oder sehe ich das zu streng?
Ja, ist unseriös. Deine Schreibweise aber ehrlich gesagt auch.
20.12.2020, 22:23
Unter uns Juristen peinlich. Den Mandanten beeindruckt es. Genauso wie der Fachanwalt.
21.12.2020, 00:46
Fachanwalt is zumindest eine kleine Zusatzqualifikation und der Nachweis für eine gewisse Vorbefassung. Auch wenn es noch immer Nichtskönner gibt, die mit Fachanwaltstitel auf dem entsprechenden Gebiet rumlaufen. Der Titel sagt also nicht viel, aber er sagt etwas.
Im Zweifelsfall ist es zumindest eine besonders unproblematische Weise, seinem Fokus auf bestimmte Rechtsgebiete Ausdruck zu verliehen. Ob das auch im Briefkopf so viel Sinn ergibt wie auf der Kanzleihomepage, sei mal dahingestellt.
Bei dieser Gelegenheit fällt mir auf, dass der Titel des Threads auf "... im Briefkopf" beschränkt ist. Das Führen dieser Titel halte ich immer für peinlich, egal ob im Briefkopf oder irgendwo anders.
Im Zweifelsfall ist es zumindest eine besonders unproblematische Weise, seinem Fokus auf bestimmte Rechtsgebiete Ausdruck zu verliehen. Ob das auch im Briefkopf so viel Sinn ergibt wie auf der Kanzleihomepage, sei mal dahingestellt.
Bei dieser Gelegenheit fällt mir auf, dass der Titel des Threads auf "... im Briefkopf" beschränkt ist. Das Führen dieser Titel halte ich immer für peinlich, egal ob im Briefkopf oder irgendwo anders.
21.12.2020, 09:40
(18.12.2020, 22:37)Gast schrieb: Werbung mit Selbstverständlichkeiten lautet das Stichwort. Ist irreführend und somit rechtswidrig.
Stimmt so nicht. Speziell Anwälte dürfen mit Selbstverständlichkeiten werben, wenn es für den angesprochenen Verkehr eben nicht selbstverständlich ist. So wohl auch, dass jeder Uniabsolvent auch ein Dipl Iur ist - was ja bekanntlich so gar nicht ist.
28.12.2020, 18:16
(19.12.2020, 00:44)Gast schrieb:(18.12.2020, 23:04)Gast schrieb:(18.12.2020, 22:37)Gast schrieb: Werbung mit Selbstverständlichkeiten lautet das Stichwort. Ist irreführend und somit rechtswidrig.Das Diplom ist aber keine Selbstverständlichkeit, weil der Titel eben nur an manchen Unis verliehen wird. Er ist auch nicht Voraussetzung für die Rechtsanwaltschaft, sondern lediglich die Erste Prüfung. Dass in aller Regel die Voraussetzungen für die Verleihung (nahezu) identisch sind, dürfte keine Rolle spielen. Es ist nicht selbstverständlich, dass der Anwalt diesen Titel hat. Merkt man schon am Umkehrschluss: Wenn Du ihn führst, obwohl Du ihn nicht hast, erfüllst Du die Tatbestandsvoraussetzungen des § 132a StGB. Da spielt es gar keine Rolle, ob Du den Titel an einer anderen Uni gekriegt hättest. Von daher ist Werbung mit Selbstverständlichkeiten zwar ein ganz witziges Stichwort, hier aber leider das falsche.
Also ich musste für den Diplom-Titel noch extra einen Seminarschein zusätzlich machen. War ne Hausarbeit mit Referat, also quasi wie ne 2. Schwerpunktsprüfung.
Ich musste mir den Dipl.-Jur. an meiner Uni gegen Verwaltungsgebühr teuer erkaufen ;), wollte als Arbeiterkind halt meinen akademischen Titel auch wirklich haben. Abgesehen von einer Hotel-Anmeldung in Österreich habe ich den aber nie geführt und würde es wohl auch zukünftig nicht, weil es ja quasi keinen inhaltlichen Mehrwert hat und das Beeindruckungspotential bei Mandanten gegenüber dem Augenrollen aller anderen beteiligten wohl weniger wiegt...