08.10.2020, 15:16
Ich mache meine Wahlstation bei einem Konzern, der u.a. die Umwelt nicht unerheblich belastet.
Anfangs war mir das relativ egal, aber als ich bei einer betriebsinternen Exkursion gesehen habe, wie stark in die Umwelt eingegriffen wird und was die Folgen sind, habe ich schon ein sehr mulmiges Gefühl bekommen.
Erst dann ist mir bewußt geworden, dass man selbst als Jurist in der Rechtsabteilung seinen Teil zu diesem Schlamassel beiträgt.
Wenn ich künftig die Wahl zwischen mehreren Optionen haben sollte, würde ich also auch moralische Aspekte mitberücksichtigen. Aber sie würden bei mir vermutlich nicht an allererster Stelle stehen.
Anfangs war mir das relativ egal, aber als ich bei einer betriebsinternen Exkursion gesehen habe, wie stark in die Umwelt eingegriffen wird und was die Folgen sind, habe ich schon ein sehr mulmiges Gefühl bekommen.
Erst dann ist mir bewußt geworden, dass man selbst als Jurist in der Rechtsabteilung seinen Teil zu diesem Schlamassel beiträgt.
Wenn ich künftig die Wahl zwischen mehreren Optionen haben sollte, würde ich also auch moralische Aspekte mitberücksichtigen. Aber sie würden bei mir vermutlich nicht an allererster Stelle stehen.
08.10.2020, 15:26
(08.10.2020, 15:07)Gast schrieb: Natürlich sind die genannten Faktoren (Moral, Förderung des Gemeinwohls etc.) relevant. Das Referendariat hat mir aber eindrucksvoll bewiesen, dass diese Aspekte im öffentlichen Dienst keine Rolle spielen. In der Justiz geht es nicht um gerechte Ergebnisse, sondern darum, Verfahren mit vertretbarem Ergebnis und möglichst geringem Zeitaufwand abschließen zu können. In der Verwaltung geht es nicht um eine Förderung des Gemeinwohls, sondern darum, verwaltungsintern sich selbst und extern die politische Führung in einem möglichst guten Licht zu präsentieren.
Das ist vielleicht nicht ganz so zynisch gemeint, wie es klingen mag. Auch im öffentlichen Dienst mag der Dienst an der Gesellschaft irgendwo eine Rolle spielen... aber nicht mehr als in der freien Wirtschaft auch :s
Sehe ich seit dem Ref genau so. Der Staat (bzw. die Politik) könnte ganz einfach für gerechtere Urteile oder eine gleichmäßigere und sinnvollere Strafverfolgung sorgen. Macht er aber ganz bewusst nicht, weil daran gar kein Interesse besteht (bzw. das Interesse für die Kosten nicht groß genug ist).
08.10.2020, 15:55
Jeder einzelne Jurist in einer verantwortungsvollen Stellung, der etwas zu sagen hat, kann die Geschicke anderer Menschen mit beeinflussen.
Leider sind viele Juristen in dieser Hinsicht abgestumpft. Dann geht es dem Richter nur noch um die kosten- und zeitsparende Erledigung statt um Gerechtigkeit.
Es gab in dunklen Zeiten auch viele vb und top intellektuelle Juristen in den Ministerien, die alles juristisch mitgetragen haben (Juristen in der Nazizeit), obwohl sie aufgrund ihrer Intelligenz erkennen konnten wie grausam das war.
Strafrechtlich verantwortlich ist später jeder, der mitgewirkt hat. Da hilft es nicht zu sagen ich wollte aber Geld verdienen und hatte Angst um meinen Job, deshalb habe ich mich nicht versetzen lassen. Deshalb sollte jeder, der etwas zu sagen hat, das auch rechtzeitig tun, wenn etwas ungerecht läuft, gerade in Deutschland aufgrund der historischen Verantwortung.
Leider sind viele Juristen in dieser Hinsicht abgestumpft. Dann geht es dem Richter nur noch um die kosten- und zeitsparende Erledigung statt um Gerechtigkeit.
Es gab in dunklen Zeiten auch viele vb und top intellektuelle Juristen in den Ministerien, die alles juristisch mitgetragen haben (Juristen in der Nazizeit), obwohl sie aufgrund ihrer Intelligenz erkennen konnten wie grausam das war.
Strafrechtlich verantwortlich ist später jeder, der mitgewirkt hat. Da hilft es nicht zu sagen ich wollte aber Geld verdienen und hatte Angst um meinen Job, deshalb habe ich mich nicht versetzen lassen. Deshalb sollte jeder, der etwas zu sagen hat, das auch rechtzeitig tun, wenn etwas ungerecht läuft, gerade in Deutschland aufgrund der historischen Verantwortung.
08.10.2020, 16:22
Mich ärgert ehrlich gesagt die teilweise unter Juristen vertretene Einstellung, dass man selbst seine Tätigkeit ja nicht prinzipiengeleitet ausführen könnte, weil der Staat/der Arbeitgeber/das Unternehmen/der Dackel vom Nachbarn nicht die optimalen Bedingungen dafür bereitstellt und man daher alles schnell machen müsse.
Es ist eine Frage der Anstrengung und der Motivation. Dass im Endeffekt nicht alles optimal, gerecht und moralisch hochwertig laufen kann, ist völlig klar, aber man kann sich wenigstens nach Kräften darum bemühen und nicht die Schuld dafür, dass es nicht funktioniert, ausschließlich auf die anderen und "das System" schieben. (Und ja, ich arbeite schon eine Weile und weiß durchaus, was es bedeutet, Zeit- und Erledigungsdruck zu haben.)
Oder man scheißt halt einfach auf Prinzipien - habe ich auch kein Problem mit, solange man das ehrlich kommuniziert. Aber das ist dann eine persönliche Entscheidung und keine, die unsere (im Vergleich zu anderen Ländern paradiesischen) Arbeits- und Lebensbedingungen uns aufgezwungen haben.
Es ist eine Frage der Anstrengung und der Motivation. Dass im Endeffekt nicht alles optimal, gerecht und moralisch hochwertig laufen kann, ist völlig klar, aber man kann sich wenigstens nach Kräften darum bemühen und nicht die Schuld dafür, dass es nicht funktioniert, ausschließlich auf die anderen und "das System" schieben. (Und ja, ich arbeite schon eine Weile und weiß durchaus, was es bedeutet, Zeit- und Erledigungsdruck zu haben.)
Oder man scheißt halt einfach auf Prinzipien - habe ich auch kein Problem mit, solange man das ehrlich kommuniziert. Aber das ist dann eine persönliche Entscheidung und keine, die unsere (im Vergleich zu anderen Ländern paradiesischen) Arbeits- und Lebensbedingungen uns aufgezwungen haben.
08.10.2020, 16:27
Ich glaube, man muss nicht bis in die Nazizeit zurückgehen, um zu sehen, wohin es führt, wenn der Staat - respektive seine Repräsentanten inkl. der Richter und Beamten - hart auf die Prinzipien scheißen, die jedem Studenten schon in den ersten Semestern insbesondere im öffentlichen Recht einhämmert werden.
08.10.2020, 17:13
(08.10.2020, 16:22)Gast schrieb: Mich ärgert ehrlich gesagt die teilweise unter Juristen vertretene Einstellung, dass man selbst seine Tätigkeit ja nicht prinzipiengeleitet ausführen könnte, weil der Staat/der Arbeitgeber/das Unternehmen/der Dackel vom Nachbarn nicht die optimalen Bedingungen dafür bereitstellt und man daher alles schnell machen müsse.
Es ist eine Frage der Anstrengung und der Motivation. Dass im Endeffekt nicht alles optimal, gerecht und moralisch hochwertig laufen kann, ist völlig klar, aber man kann sich wenigstens nach Kräften darum bemühen und nicht die Schuld dafür, dass es nicht funktioniert, ausschließlich auf die anderen und "das System" schieben. (Und ja, ich arbeite schon eine Weile und weiß durchaus, was es bedeutet, Zeit- und Erledigungsdruck zu haben.)
Oder man scheißt halt einfach auf Prinzipien - habe ich auch kein Problem mit, solange man das ehrlich kommuniziert. Aber das ist dann eine persönliche Entscheidung und keine, die unsere (im Vergleich zu anderen Ländern paradiesischen) Arbeits- und Lebensbedingungen uns aufgezwungen haben.
Die Gesellschaft bestimmt die Politik. Die Wähler wollen bspw. offensichtlich keine vernünftig ausgestattete Staatsanwaltschaft. Es werden gute Absolventen gewollt, aber ein relativ schlechter Sold gezahlt. Ich arbeite nicht 60h die Woche für Leute, die das offensichtlich gar nicht wollen. Dass man seine Arbeit, soweit man eh da ist, so gut als möglich macht, ist für mich selbstverständlich.
08.10.2020, 17:24
(08.10.2020, 17:13)Gast schrieb:(08.10.2020, 16:22)Gast schrieb: Mich ärgert ehrlich gesagt die teilweise unter Juristen vertretene Einstellung, dass man selbst seine Tätigkeit ja nicht prinzipiengeleitet ausführen könnte, weil der Staat/der Arbeitgeber/das Unternehmen/der Dackel vom Nachbarn nicht die optimalen Bedingungen dafür bereitstellt und man daher alles schnell machen müsse.
Es ist eine Frage der Anstrengung und der Motivation. Dass im Endeffekt nicht alles optimal, gerecht und moralisch hochwertig laufen kann, ist völlig klar, aber man kann sich wenigstens nach Kräften darum bemühen und nicht die Schuld dafür, dass es nicht funktioniert, ausschließlich auf die anderen und "das System" schieben. (Und ja, ich arbeite schon eine Weile und weiß durchaus, was es bedeutet, Zeit- und Erledigungsdruck zu haben.)
Oder man scheißt halt einfach auf Prinzipien - habe ich auch kein Problem mit, solange man das ehrlich kommuniziert. Aber das ist dann eine persönliche Entscheidung und keine, die unsere (im Vergleich zu anderen Ländern paradiesischen) Arbeits- und Lebensbedingungen uns aufgezwungen haben.
Die Gesellschaft bestimmt die Politik. Die Wähler wollen bspw. offensichtlich keine vernünftig ausgestattete Staatsanwaltschaft. Es werden gute Absolventen gewollt, aber ein relativ schlechter Sold gezahlt. Ich arbeite nicht 60h die Woche für Leute, die das offensichtlich gar nicht wollen. Dass man seine Arbeit, soweit man eh da ist, so gut als möglich macht, ist für mich selbstverständlich.
Der durchschnittliche Wähler, insbesondere der, in dessen Leben Strafrecht eine Rolle spielt, wird sich mit ziemlicher Sicherheit nicht die geringsten Gedanken um die Ausstattung der StA machen, und auch nicht um die Besoldung der Juristen im Justizdienst.
08.10.2020, 19:12
Nein, aber sie wählen Leute (und Parteien), die entsprechende Entscheidungen treffen.
08.10.2020, 20:03
I couldn't care less.
Ich bin Interessenvertreter und Organ der Rechtspflege. Und solange ich mich an das geltende Recht halte, sind mir moralische Aspekte reichlich egal.
Ich bin Interessenvertreter und Organ der Rechtspflege. Und solange ich mich an das geltende Recht halte, sind mir moralische Aspekte reichlich egal.
08.10.2020, 20:04