01.04.2020, 13:27
Ich rate davon ab, als Richter zu verbittern und Akten nur noch unempathisch abzuarbeiten.
Sonst kommen solche Auswüchse dabei heraus, wie die Richterin vor dem VG, die den Giftgasunfall meines verstorbenen Vaters (Beamter) mit Schimmel in der Polizeiturnhalle in Bezug auf die Schädlichkeit verglich und zu mir sagte sie könne gar nicht verstehen, warum ich vom OVG nach einer Beschwerde überhaupt PKH bekommen habe. Da war ich Jurastudentin und desillusioniert von Gerichten.
Wenn man so weit ist, dann sollte man lieber den Beruf wechseln als Leuten so etwas zuzumuten.
Sonst kommen solche Auswüchse dabei heraus, wie die Richterin vor dem VG, die den Giftgasunfall meines verstorbenen Vaters (Beamter) mit Schimmel in der Polizeiturnhalle in Bezug auf die Schädlichkeit verglich und zu mir sagte sie könne gar nicht verstehen, warum ich vom OVG nach einer Beschwerde überhaupt PKH bekommen habe. Da war ich Jurastudentin und desillusioniert von Gerichten.
Wenn man so weit ist, dann sollte man lieber den Beruf wechseln als Leuten so etwas zuzumuten.
01.04.2020, 14:09
(01.04.2020, 13:16)Gast schrieb:(01.04.2020, 12:29)Gast schrieb: [quote pid='39115' dateline='1585735468']
Ich wollte nur darauf aufmerksam machen, dass das Argument "viele arbeiten als Richter und quittieren nicht den Dienst" nicht taugt die Behauptung zu entkräften, dass an manchen deutschen Gerichten bzw Dezernaten unmögliche Zustände herrschen.
Das bestreitet auch keiner. Genauso solltest du allerdings auch akzeptieren, dass es Leute gibt, die aufgrund ihrer Persönlichkeitsstruktur und/oder ihrer Arbeitsweise nicht für den Justizdienst geeignet sind. Es ist bei der Diskussion hier nun mal bezeichnend, dass du die "Schuld" allein bei dem System Justiz und bei einzelnen ehemaligen Kollegen suchst, hier aber nicht mit einem Wort angesprochen hast, was dein Beitrag zu deiner damaligen Situation gewesen sein könnte.
[/quote]
Also doch wieder individuelles Versagen, welches im Vordergrund steht?
Ich bin nicht ich, sondern hier haben einige ihre Erfahrungen mit der Arbeit als Richter geschildert, nur eben jeder unter "Gast".
Ich persönlich habe mir vorzuwerfen, dass ich mich im Vorfeld zu wenig mit den arbeitsbedingungen bei Gericht erkundigt habe, genau genommen gar nicht!
Also sollte jeder Kritiker der Arbeitsbedingungen sich zunächst einmal fragen, was er falsch gemacht hat... Und wenn es doch ein systemischer Mangel ist, dann taugt diese Herangehensweise prima dazu, Kritik im Keim zu ersticken und eben das ist das Problem.
Eine Krankenschwester, die 67 Pflegebedürftige nicht in einer Schicht adäquat versorgt bekommt, die sollte sich der Ansicht nach zunächst einmal fragen, was sie verkehrt gemacht hat. Sorry, aber ich bin gerne bereit kritisiert zu werden und setze mich auch kritisch mit mir und meinen Ansichten auseinander, aber diese Kritik mit Verweis auf einen Verkehrsunfall ist völlig pauschal und inhaltsleer.
Dass Menschen unter Umständen nicht geeignet sind, das wird von niemanden hier bestritten. Aber bevor pauschal behauptet wir, dass Menschen nicht geeignet seien, was wiederrum völlig okay ist, sollte man sich inhaltlich mit der Kritik am System beschäftigen.
01.04.2020, 14:19
(01.04.2020, 13:21)EinEindruck schrieb:Natürlich nicht, die Motivation spricht den Leuten ja auch niemand ab. Hier ist nur verschiedentlich die Erfahrung gemacht worden, dass gerade die Menschen, die mit ehrenwerten Motiven in den Justizdienst starten, häufig den stärksten "Realitätsschock" erleben und realisieren, dass sie ihren eigenen Ansprüche in dem aktuellen System nicht gerecht werden können. Ich jedenfalls habe in meiner Ausbildung mehrere solcher Exemplare kennen gelernt und bin diesen Menschen sehr dankbar, dass sie ehrlich mit mir waren und mich gewarnt haben.(01.04.2020, 12:51)Exit BW schrieb:(01.04.2020, 12:44)EinEindruck schrieb: Ich stehe derzeit am Ende meines Referendariats und warte darauf, zur Prüfung antreten zu dürfen. Die "gewonnene Zeit" möchte ich gerne nutzen, hier meine Erfahrungen zu schildern:
Ich habe iRm Referendariats (freiwillig) sehr viel Zeit bei Gerichten und Behörden verbracht. Bei wirklich jeder einzelnen Station bin ich auf Leute getroffen, die viel gearbeitet haben (sich also nicht auf ihrer Beamtenposition ausgeruht haben), respektvoll mit den Verfahrensbeteiligten umgegangen sind und emotionalen Situationen (bspw. in Betreuungssachen, Familiensachen, Strafsachen) bei Wahrung der erforderlichen Distanz nicht teilnahmslos gegenüberstanden. Natürlich gibt es überall negative Ausnahmen, aber ich möchte behaupten, dass man idR mit seinen Anliegen bei der Justiz und den Behörden trotz der dortigen mangelhaften Ressourcen (zu wenig Stellen, alte Gesetze, Kommentare, IT-Infrastruktur, Fortbildungsmöglichkeiten) gut aufgehoben ist. Da es ein "Geschmäckle" hat, wenn man dies derart lobend vor seinen Ausbildern und Ausbilderinnen mitteilt, nutze ich hier mal die Gelegenheit und sage : Danke für Eure /Ihre gute Arbeit! :-)
By the way: auch ich war nach dem ref noch oder gerade deshalb überzeugt, dass die Justiz für mich das richtige ist. Im ref befindet man sich allerdings auf einer Insel der Glückseligen im Vergleich zum späteren Alltag. Einen richtigen Einblick hinter die Kulissen bekommst du mE dort nur bedingt
Den vollumfänglichen Eindruck bekommt man im Ref sicherlich nicht und es gibt sicher auch noch einmal wesentliche Unterschiede in den unterschiedlichen Gerichtsbezirken und Bundesländern.
Der "Schlag Mensch", den ich in den Stationen kennengelernt habe, hat mich dennoch sehr positiv überrascht.
Anders gesagt: Wem es nur ums "Geld" geht und darum, sich etwas dadurch zu beweisen, im Maßanzug im Glaseckbüro zu sitzen, der wird wohl nicht in die Justiz oder den öffentlichen Dienst gehen.
01.04.2020, 14:50
(01.04.2020, 14:19)Gast schrieb:(01.04.2020, 13:21)EinEindruck schrieb:Natürlich nicht, die Motivation spricht den Leuten ja auch niemand ab. Hier ist nur verschiedentlich die Erfahrung gemacht worden, dass gerade die Menschen, die mit ehrenwerten Motiven in den Justizdienst starten, häufig den stärksten "Realitätsschock" erleben und realisieren, dass sie ihren eigenen Ansprüche in dem aktuellen System nicht gerecht werden können. Ich jedenfalls habe in meiner Ausbildung mehrere solcher Exemplare kennen gelernt und bin diesen Menschen sehr dankbar, dass sie ehrlich mit mir waren und mich gewarnt haben.(01.04.2020, 12:51)Exit BW schrieb:(01.04.2020, 12:44)EinEindruck schrieb: Ich stehe derzeit am Ende meines Referendariats und warte darauf, zur Prüfung antreten zu dürfen. Die "gewonnene Zeit" möchte ich gerne nutzen, hier meine Erfahrungen zu schildern:
Ich habe iRm Referendariats (freiwillig) sehr viel Zeit bei Gerichten und Behörden verbracht. Bei wirklich jeder einzelnen Station bin ich auf Leute getroffen, die viel gearbeitet haben (sich also nicht auf ihrer Beamtenposition ausgeruht haben), respektvoll mit den Verfahrensbeteiligten umgegangen sind und emotionalen Situationen (bspw. in Betreuungssachen, Familiensachen, Strafsachen) bei Wahrung der erforderlichen Distanz nicht teilnahmslos gegenüberstanden. Natürlich gibt es überall negative Ausnahmen, aber ich möchte behaupten, dass man idR mit seinen Anliegen bei der Justiz und den Behörden trotz der dortigen mangelhaften Ressourcen (zu wenig Stellen, alte Gesetze, Kommentare, IT-Infrastruktur, Fortbildungsmöglichkeiten) gut aufgehoben ist. Da es ein "Geschmäckle" hat, wenn man dies derart lobend vor seinen Ausbildern und Ausbilderinnen mitteilt, nutze ich hier mal die Gelegenheit und sage : Danke für Eure /Ihre gute Arbeit! :-)
By the way: auch ich war nach dem ref noch oder gerade deshalb überzeugt, dass die Justiz für mich das richtige ist. Im ref befindet man sich allerdings auf einer Insel der Glückseligen im Vergleich zum späteren Alltag. Einen richtigen Einblick hinter die Kulissen bekommst du mE dort nur bedingt
Den vollumfänglichen Eindruck bekommt man im Ref sicherlich nicht und es gibt sicher auch noch einmal wesentliche Unterschiede in den unterschiedlichen Gerichtsbezirken und Bundesländern.
Der "Schlag Mensch", den ich in den Stationen kennengelernt habe, hat mich dennoch sehr positiv überrascht.
Anders gesagt: Wem es nur ums "Geld" geht und darum, sich etwas dadurch zu beweisen, im Maßanzug im Glaseckbüro zu sitzen, der wird wohl nicht in die Justiz oder den öffentlichen Dienst gehen.
Ich habe aufgrund der Rahmenbedingungen in der Justiz eine Tätigkeit dort mittlerweile gedanklich mehr oder minder ausgeschlossen. Dies hat insbesondere mit meinem Schwerpunkt/juristischen Interessenbereich (Familienrecht) zu tun. Ich denke nicht, dass man eine richterliche Tätigkeit im Bereich des Familienrechts dauerhaft gut ausführen kann, wenn Fortbildungsmöglichkeiten und Möglichkeiten der Supervision und psychologischen Begleitung für Richter/innen nicht/nicht ausreichend zur Verfügung stehen. Die Politik muss das dringend verstehen. Daran möchte ich gerne (beruflich) mitwirken. Und wenn das nicht funktioniert: Aufgeben und ne Strandbar eröffnen, kann ich auch noch später ;-)
01.04.2020, 14:58
Es gibt ja auch noch andere Berufe im Staatsdienst. Niemand wird gezwungen Richter zu werden. Aber wenn man es wird, dann sollte man das nicht aus egoistischen Motiven (Versorgungsgedanke, Ego) tun, sondern auch charakterlich geeignet sein und zumindest auch kein Eisblock. Das schuldet man der Gesellschaft und den Leuten, die vor Gericht müssen.
01.04.2020, 15:42
(01.04.2020, 14:58)Gast schrieb: Es gibt ja auch noch andere Berufe im Staatsdienst. Niemand wird gezwungen Richter zu werden. Aber wenn man es wird, dann sollte man das nicht aus egoistischen Motiven (Versorgungsgedanke, Ego) tun, sondern auch charakterlich geeignet sein und zumindest auch kein Eisblock. Das schuldet man der Gesellschaft und den Leuten, die vor Gericht müssen.WORD.
Wer sagt es den Auswahlkommissionen?
01.04.2020, 16:04
Beziehen sich die Erfahrungen hier ausschließlich auf die ordentliche Gerichtsbarkeit oder gibt es auch Erfahrungen aus den Fachgerichtsbarkeiten?
01.04.2020, 16:08
(01.04.2020, 15:42)Gast schrieb:(01.04.2020, 14:58)Gast schrieb: Es gibt ja auch noch andere Berufe im Staatsdienst. Niemand wird gezwungen Richter zu werden. Aber wenn man es wird, dann sollte man das nicht aus egoistischen Motiven (Versorgungsgedanke, Ego) tun, sondern auch charakterlich geeignet sein und zumindest auch kein Eisblock. Das schuldet man der Gesellschaft und den Leuten, die vor Gericht müssen.WORD.
Wer sagt es den Auswahlkommissionen?
Gute Noten sind eben nicht alles. Das kommt bei der Notenfixiertheit im öff. Dienst heraus.
01.04.2020, 18:00
(01.04.2020, 16:08)Gast schrieb:(01.04.2020, 15:42)Gast schrieb:(01.04.2020, 14:58)Gast schrieb: Es gibt ja auch noch andere Berufe im Staatsdienst. Niemand wird gezwungen Richter zu werden. Aber wenn man es wird, dann sollte man das nicht aus egoistischen Motiven (Versorgungsgedanke, Ego) tun, sondern auch charakterlich geeignet sein und zumindest auch kein Eisblock. Das schuldet man der Gesellschaft und den Leuten, die vor Gericht müssen.WORD.
Wer sagt es den Auswahlkommissionen?
Gute Noten sind eben nicht alles. Das kommt bei der Notenfixiertheit im öff. Dienst heraus.
Verstehe auch nicht, warum man keine assessmemts durchführt. Wird ja sogar in der Verwaltung praktiziert
01.04.2020, 18:09
(01.04.2020, 18:00)Gast schrieb:(01.04.2020, 16:08)Gast schrieb:(01.04.2020, 15:42)Gast schrieb:(01.04.2020, 14:58)Gast schrieb: Es gibt ja auch noch andere Berufe im Staatsdienst. Niemand wird gezwungen Richter zu werden. Aber wenn man es wird, dann sollte man das nicht aus egoistischen Motiven (Versorgungsgedanke, Ego) tun, sondern auch charakterlich geeignet sein und zumindest auch kein Eisblock. Das schuldet man der Gesellschaft und den Leuten, die vor Gericht müssen.WORD.
Wer sagt es den Auswahlkommissionen?
Gute Noten sind eben nicht alles. Das kommt bei der Notenfixiertheit im öff. Dienst heraus.
Verstehe auch nicht, warum man keine assessmemts durchführt. Wird ja sogar in der Verwaltung praktiziert
Wird in etlichen Bundesländern gemacht.