01.07.2025, 10:07
Pharmazie ist der Witz des Jahres. Der Staat stellt da kaum ein und die vielen tollen Stellen sind in den Apotheken. Die Jobs sind aber scheiße und daher streiten sich viele Pharmazeuten um die wenigen Stellen in der Industrie. Da geht es sehr wohl um die
Noten aus den drei Staatsexamen.
Noten aus den drei Staatsexamen.
01.07.2025, 10:38
(30.06.2025, 23:50)REFHessenjanuar schrieb: Dann höre dich doch gerne mal um. Pharmazeuten werden mit Handkuss genommen. Sie sagen selber, dass ihre Note völlig egal ist. Habe einige Mediziner Kontakte, von daher habe ich auch hier mitbekommen, dass (außer bei der Uni-Klinik) die Note komplett egal ist. Auch mit einem 3er Abschluss habilitiert hier jemand und ist inzwischen Oberarzt. Man kann in jede Fachrichtung für den Facharzt gehen, in eine Praxis einsteigen etc.
Ihr scheint es nicht zu verstehen (oder nicht verstehen zu wollen), in Bereichen wie Medizin und Pharmazie gibt es einen Überhang an Stellen und zu wenig Bewerber. Wieso? Weil diese Studienplätze teuer sind. Daher gibt es nur verhältnismäßig wenig Studienplätze bezogen auf die späteren Jobs und die Abiturienten prügeln sich um die Plätze. Ja, bei Medizin ist die Note später egal (wobei wir hier von Kliniken reden, keinem Beamtenverhältnis) aber guess what? Um überhaupt Medizin studieren zu können, brauchst du eine 1,0 oder 1,1 im Abi. In Pharmazie ist es ähnlich.
Wenn wir die Jura-Studienplätze um 70% reduzieren, könnte/müsste man auch die späteren Notenanforderungen streichen. Hauptsache einen Abschluss, gibt eh zu wenig Bewerber. Dann verlagert sich der Auswahlprozess eben nach vorne auf die Unizulassung und der Großteil derer, die sich jetzt über die Notenanforderungen bei Richtern beschweren, werden nicht mal zum Jura-Studium zugelassen. Soll das jetzt die Lösung sein?
Daher: Solange es mehr Bewerber als Plätze gibt, muss immer ein Auswahlprozess stattfinden. Jeder Auswahlprozess ist irgendwo subjektiv und unfair, weil man immer auch auf andere Faktoren abstellen könnte.
01.07.2025, 11:10
Hier wird im Kreis immer wieder die selbe Argumentation angeführt. Es gibt zu viele Bewerber, und die Notengrenze filtert daher von vornherein raus.
Aber wie gesagt, es ist nicht unmöglich und in anderen Branchen durchaus üblich, das so starre Notengrenzen nicht gelten, um bspw. Leuten mit Berufserfahrung oder anderweitigen Qualifikationen eine Chance zu geben, die sonst herausfallen würden. Es ist nicht so ein riesen Akt, es ist sogar eher der Standard und ihr tut so, als würden wir dann die Büchse der Pandora öffnen. Diese Diskussion illustriert für mich auf ironische Weise den Grund, warum die juristische Ausbildung auf mögliche Veränderungen so widerständig reagiert.
Es geht mir auch nicht darum, zu vermitteln, Menschen mit Ausreichend sind tolle Juristen und das Schicksal hat es übel mit ihnen gemeint.
Aber denkt ihr wirklich nicht auch, dass Menschen mit jahrzehntelanger einschlägiger Berufserfahrung besser geeignet sein können auf eine passende Stelle, als Berufseinsteiger?
@Praktiker ich denke, wir liegen jedenfalls eigentlich gar nicht so weit auseinander.
Aber wie gesagt, es ist nicht unmöglich und in anderen Branchen durchaus üblich, das so starre Notengrenzen nicht gelten, um bspw. Leuten mit Berufserfahrung oder anderweitigen Qualifikationen eine Chance zu geben, die sonst herausfallen würden. Es ist nicht so ein riesen Akt, es ist sogar eher der Standard und ihr tut so, als würden wir dann die Büchse der Pandora öffnen. Diese Diskussion illustriert für mich auf ironische Weise den Grund, warum die juristische Ausbildung auf mögliche Veränderungen so widerständig reagiert.
Es geht mir auch nicht darum, zu vermitteln, Menschen mit Ausreichend sind tolle Juristen und das Schicksal hat es übel mit ihnen gemeint.
Aber denkt ihr wirklich nicht auch, dass Menschen mit jahrzehntelanger einschlägiger Berufserfahrung besser geeignet sein können auf eine passende Stelle, als Berufseinsteiger?
@Praktiker ich denke, wir liegen jedenfalls eigentlich gar nicht so weit auseinander.
01.07.2025, 11:24
(01.07.2025, 11:10)E-135 schrieb: Aber denkt ihr wirklich nicht auch, dass Menschen mit jahrzehntelanger einschlägiger Berufserfahrung besser geeignet sein können auf eine passende Stelle, als Berufseinsteiger?
Wer jetzt beispielsweise jahrelang als Strafverteidiger gearbeitet hat (generell Rechtsanwalt), ist mE in der Parteivertreterrolle so aufgegangen, dass die Einnahme einer neutralen Richterposition schwierig werden kann.
Und wie ich vorher mal geschrieben hatte, wenn man andere Auswahlgesichtspunkte mit einbezieht, findet eben der nächste Streit darüber statt, ob das nun fair sei. Es bleibt dabei, wenn du 30 Bewerber auf 10 Plätze hast, gibt es 20 Absagen. Und diese 20 Bewerber werden sich immer ungerecht behandelt fühlen. Wenn dann der 6,5 Punkte Bewerber mit Strafrechtsschwerpunkt genommen wird, wird sich der abgelehnte 8 Punkte Bewerber darüber aufregen, dass das doch nicht sein kann, nur weil er im vierten Semester noch nicht wusste, dass er Strafrichter werden will.
01.07.2025, 11:43
(01.07.2025, 11:24)Patenter Gast schrieb:(01.07.2025, 11:10)E-135 schrieb: Aber denkt ihr wirklich nicht auch, dass Menschen mit jahrzehntelanger einschlägiger Berufserfahrung besser geeignet sein können auf eine passende Stelle, als Berufseinsteiger?
Wer jetzt beispielsweise jahrelang als Strafverteidiger gearbeitet hat (generell Rechtsanwalt), ist mE in der Parteivertreterrolle so aufgegangen, dass die Einnahme einer neutralen Richterposition schwierig werden kann.
Und wie ich vorher mal geschrieben hatte, wenn man andere Auswahlgesichtspunkte mit einbezieht, findet eben der nächste Streit darüber statt, ob das nun fair sei. Es bleibt dabei, wenn du 30 Bewerber auf 10 Plätze hast, gibt es 20 Absagen. Und diese 20 Bewerber werden sich immer ungerecht behandelt fühlen. Wenn dann der 6,5 Punkte Bewerber mit Strafrechtsschwerpunkt genommen wird, wird sich der abgelehnte 8 Punkte Bewerber darüber aufregen, dass das doch nicht sein kann, nur weil er im vierten Semester noch nicht wusste, dass er Strafrichter werden will.
Klar wird es immer Ungerechtigkeiten geben und Menschen, die sich entsprechend behandelt fühlen. Aber sollen wir
deswegen nicht versuchen, es zumindest gerechter zu gestalten, soweit es uns möglich ist?
Weil mit dieser Argumentation, es könne sowieso nicht Gerechtigkeit hergestellt werden, könnte man (überspitzt!) auch per Zufallsprinzip 10 Bewerber rausfiltern, und die anderen aussortieren.
Dir ist sicher auch klar, dass du mein Beispiel der Berufserfahrung komplett verkehrt hast, indem du von Neutralität o.ä. gesprochen hast. Es gibt auch andere Jobs beim Staat, als Richter oder Staatsanwalt. Ich denke auch nicht, dass ein erfahrener Strafrechtler aus dem Grund kein Richter werden kann, weil pauschal der Verdacht der Parteilichkeit angebracht wäre.. aber ich denke hier sprengt es den Rahmen.
Ich möchte als Gedankenexperiment nochmal darum bitten, sich vorzustellen, dass jemand mit Berufserfahrung und Qualis abgelehnt wird, und ein Berufseinsteiger genommen wird. Wem genau bringt das etwas? Und das ist kein One in a Million Fall, der Großteil der Juristen in Deutschland ist logischerweise schon länger im Berufsleben ...
01.07.2025, 12:51
(01.07.2025, 11:43)E-135 schrieb:(01.07.2025, 11:24)Patenter Gast schrieb:(01.07.2025, 11:10)E-135 schrieb: [...]
Ich möchte als Gedankenexperiment nochmal darum bitten, sich vorzustellen, dass jemand mit Berufserfahrung und Qualis abgelehnt wird, und ein Berufseinsteiger genommen wird. Wem genau bringt das etwas? Und das ist kein One in a Million Fall, der Großteil der Juristen in Deutschland ist logischerweise schon länger im Berufsleben ...
Stimmt schon, dass der mit Berufserfahrung besser geeignet sein könnte oder sogar sicher wäre. Jedenfalls zum Zeitpunkt der gleichzeitigen Bewerbung. Da widerspricht wahrscheinlich im Grunde auch niemand. Und ja, man könnte wahrscheinlich mit relativ wenig Aufwand bspw. Berufserfahrung als Kriterium mit aufnehmen. Aber Berufserfahrung ist eben wieder ein total weicher Faktor, weil sehr schwer oder gar nicht überprüfbar ist, was derjenige in all den Jahren konkret gemacht hat. Das merkt man schon, wenn man sich mal ehrlich ansieht, welche Fälle man teilweise beim Fachanwaltsantrag eingereicht hat um in bestimmten Gebieten auf die Fallzahlen zu kommen. Noten dagegen sind ein harter und damit einfach anzuwendender Faktor.
Eine Änderung wäre halt einfach ein Aufwand, der nicht notwendig ist, weil man wohl mit der Qualität der Leute, die man mit der bisherigen Methode bekommt, zufrieden ist.
Ich als verantwortliche Person sähe jedenfalls keinen Grund, das System zu ändern. Weil mein Ziel sein muss, fähige Richter/Staatsanwälte/etc. einzustellen und nicht Einzelfallgerechtigkeit herbeizuführen. Damit ist auch die Antwort auf Deine Frage: Nein. Es muss funktionieren und nicht gerecht sein.
01.07.2025, 13:03
(01.07.2025, 11:43)E-135 schrieb: Ich möchte als Gedankenexperiment nochmal darum bitten, sich vorzustellen, dass jemand mit Berufserfahrung und Qualis abgelehnt wird, und ein Berufseinsteiger genommen wird. Wem genau bringt das etwas? Und das ist kein One in a Million Fall, der Großteil der Juristen in Deutschland ist logischerweise schon länger im Berufsleben ...
Ich erlebe Kollegen, die sind schon 10, 15 Jahre oder sogar länger in meinem Fachgebiet als Anwälte unterwegs, die aber wirklich schlecht sind. Die haben es nie richtig gelernt und wurtscheln sich seitdem eben so durch - teilweise sogar wirtschaftlich erfolgreich, weil sie gut Mandanten werben können aber wenn man deren Schriftsätze liest, da fehlt es an den Grundlagen.
Daher ist "arbeitet seit 10 Jahren und hat es geschafft, seine Zulassung in der Zeit nicht zu verlieren" auch kein Qualitätskriterium. Natürlich gibt es auch fachlich sehr gute Kolleginnen und Kollegen - das müsste man dann eben wiederum prüfen und dann wären wir bei einem Zulassungstest nach dem Examen...
Im Übrigen gilt das, was der Kollege geschrieben hat. Es geht nicht darum, Einzelfallgerechtigkeit herzustellen, sondern ein belastbares, halbwegs objektives System zu haben
(01.07.2025, 11:43)E-135 schrieb: Ich möchte als Gedankenexperiment nochmal darum bitten, sich vorzustellen, dass jemand mit Berufserfahrung und Qualis abgelehnt wird, und ein Berufseinsteiger genommen wird. Wem genau bringt das etwas? Und das ist kein One in a Million Fall, der Großteil der Juristen in Deutschland ist logischerweise schon länger im Berufsleben ...
01.07.2025, 13:42
Ich sehe, wie geschrieben, das Argument Berufserfahrung schon. Aber eher bei Versetzungen, wo ja Beurteilungen vorliegen, die mit einigem Aufwand vergleichbar gemacht werden könnten (mit welchem Erfolg sieht man allerdings bei den öffentlich geworden Konkurrentenstreitigkeiten um Stellen als Obergerichtspräsidenten - dass die Einstellungsbehörden bei Stellen für Berufseinsteiger das lieber ausblenden, kann man sich also leicht erklären). Nur trifft das für das Ausgangsproblem gerade nicht zu, weil ein Fachanwalt für Strafrecht gerade keine Berufserfahrung als Amtsanwalt hat. Das ist wirklich - vom Rechtsgebiet abgesehen - etwas anderes. Interessant und vor dem VG eng wird es also, wenn der Jurist in NRW mit 6,5 Punkten und guter Beurteilung schon Amtsanwalt war und jetzt nach BW wechseln will. Wahrscheinlich wird das dann im Zweifel still gelöst werden. Aber der Fachanwalt für Strafrecht mit wohlwollenden Arbeitszeugnissen wird das System ganz bestimmt nicht kippen.
01.07.2025, 16:41
Frage: Was ist, wenn der besagte Kandidat im 1. Examen 4 P und im 2. >17 P hat?
Ein überzogenes Bsp. ja. Mir zeigt das aber, dass der Kandidat im Ref einen Sinneswandel hatte und sich doch nun super eignen würde? Tja, Pech gehabt. Die Notenanfordung in einigen Ländern lautet: 2x VB. Diese starren Grenzen machen eben keinen Sinn und sind systemschädlich.
Würde mich daher dem tollen Beitrag von @fragend anschließen. Es bedarf einer Reform. Wie und was genau, muss diskutiert und ausgearbeitet werden. So verliert man auf langer Sicht eben Personal. Zu mal die Justiz schon lange nicht mehr so attraktiv ist wie früher.
Randnotiz: Es geht mir mit der Frage auch nicht um Einzelfallgerechtigkeit. Die Justiz will gut qualifiziertes Personal. Da braucht es m.E. mehr als nur auf die Note zu schauen.
Ein überzogenes Bsp. ja. Mir zeigt das aber, dass der Kandidat im Ref einen Sinneswandel hatte und sich doch nun super eignen würde? Tja, Pech gehabt. Die Notenanfordung in einigen Ländern lautet: 2x VB. Diese starren Grenzen machen eben keinen Sinn und sind systemschädlich.
Würde mich daher dem tollen Beitrag von @fragend anschließen. Es bedarf einer Reform. Wie und was genau, muss diskutiert und ausgearbeitet werden. So verliert man auf langer Sicht eben Personal. Zu mal die Justiz schon lange nicht mehr so attraktiv ist wie früher.
Randnotiz: Es geht mir mit der Frage auch nicht um Einzelfallgerechtigkeit. Die Justiz will gut qualifiziertes Personal. Da braucht es m.E. mehr als nur auf die Note zu schauen.
01.07.2025, 16:53
Dann nennt halt mal ein alternatives und besseres System? Euer fiktives besseres System ist natürlich super toll und überlegen...