02.04.2025, 00:27
Baukammer ist natürlich viel Fleißarbeit. Aber ich war in mehreren Spezialkammern, in denen definitiv viel Jura nötig war - auch wenn man die Welt natürlich nicht jeden Tag neu erfindet. Selbst am BGH haben sie einen Haufen Zeug, der nach Deiner Definition kein Jura ist - Nichtzulassungsbeschwerden, Diesel, ... Und ein Professor hat mir neulich geklagt, welcher Arbeitszeitanteil auf Examensprüfung drauf geht: erschreckend viel! Und ob für ihn die 27. BGB-AT-Vorlesung noch großes Jura ist?
Jetzt als Referatsleiter im Ministerium mache ich mal viel Jura (Gesetzentwurf schreiben), dann wieder wochenlang gar nicht. Nur Jura hatte ich nirgends und fände es auch nicht erstrebenswert - aber aus der Baukammer würde ich auch irgendwann weg wollen ;) Auch der große Fischer macht ja nicht nur Jura, sondern schreibt allgemeinpolitische Kolumnen. Ist also offenbar alles sehr schwierig.
Jetzt als Referatsleiter im Ministerium mache ich mal viel Jura (Gesetzentwurf schreiben), dann wieder wochenlang gar nicht. Nur Jura hatte ich nirgends und fände es auch nicht erstrebenswert - aber aus der Baukammer würde ich auch irgendwann weg wollen ;) Auch der große Fischer macht ja nicht nur Jura, sondern schreibt allgemeinpolitische Kolumnen. Ist also offenbar alles sehr schwierig.
02.04.2025, 09:15
Also aus meiner Zeit als Rechtsanwalt spezialisiert im Arbeitsrecht kann ich nur sagen, dass das keine „Fleißarbeit“ im oben genannten Sinne war. Transkationen, ja. Der Rest, nein. War schon sehr juristisch. Es ging oft darum, eine juristische „Lücke“ zu finden und das dann argumentativ so darzustellen für Gericht oder Gegenseite, dass sie folgen. Oder eben zu prüfen wie der Sachverhalt angepasst werden muss, damit das rechtliche Risiko möglichst gering ist.
Mir persönlich war die Arbeit aber zu fremdbestimmt und zu getrieben von finanziellen Gesichtspunkten. Außerdem hatte ich keine Lust darauf, die nächsten 35 Jahre pro Woche 50-70St zu arbeiten. :)
Mir persönlich war die Arbeit aber zu fremdbestimmt und zu getrieben von finanziellen Gesichtspunkten. Außerdem hatte ich keine Lust darauf, die nächsten 35 Jahre pro Woche 50-70St zu arbeiten. :)
04.04.2025, 20:01
Weil es gerade zum Vorpost passt, möchte ich den Punkt aufgreifen, der mich immer wieder beschäftigt und den ich auch schon mal im Forum angesprochen habe:
Warum nur liest man denn so verdammt oft, man wolle kein Anwalt mehr sein, weil man nicht ewig 50 bis 70 Stunden die Woche arbeiten möchte? Warum kann man da nicht genauso einfach reduzieren, weniger Mandate, wie auch immer?
Ich glaube es den Leuten, wenn sie sagen, dass es so ist. Mich würde aber wirklich mal interessieren, woran das liegt und mit welchen Problemen man rechnen soll, wenn man sich auf 20 bis 30 Stunden die Woche beschränkt.
Warum nur liest man denn so verdammt oft, man wolle kein Anwalt mehr sein, weil man nicht ewig 50 bis 70 Stunden die Woche arbeiten möchte? Warum kann man da nicht genauso einfach reduzieren, weniger Mandate, wie auch immer?
Ich glaube es den Leuten, wenn sie sagen, dass es so ist. Mich würde aber wirklich mal interessieren, woran das liegt und mit welchen Problemen man rechnen soll, wenn man sich auf 20 bis 30 Stunden die Woche beschränkt.
05.04.2025, 15:28
(04.04.2025, 20:01)Gast112351235 schrieb: Weil es gerade zum Vorpost passt, möchte ich den Punkt aufgreifen, der mich immer wieder beschäftigt und den ich auch schon mal im Forum angesprochen habe:
Warum nur liest man denn so verdammt oft, man wolle kein Anwalt mehr sein, weil man nicht ewig 50 bis 70 Stunden die Woche arbeiten möchte? Warum kann man da nicht genauso einfach reduzieren, weniger Mandate, wie auch immer?
Ich glaube es den Leuten, wenn sie sagen, dass es so ist. Mich würde aber wirklich mal interessieren, woran das liegt und mit welchen Problemen man rechnen soll, wenn man sich auf 20 bis 30 Stunden die Woche beschränkt.
Woran es liegt: Es gibt viel Arbeit und es scheint für Kanzleieigner unattraktiv, Teilzeitstellen anzubieten ("Flexibilität",...). Wenn man entsprechend um Arbeitszeitreduktion bittet, gibt es idR sehr viel Gegenwind in der Kanzlei (Rechtslage hin oder her), der man letztlich nicht (dauerhaft) standhalten möchte/kann, oder man wird "aus Sachzwängen" ins Hinterzimmer verbannt und macht nur noch Vertragsmuster o.ä.
Im Unternehmen sind viele juristische Aufgaben eigentlich auch nur "Monkey Tasks" und sobald es mal was spannendes oder kritisches gibt, wird oft an Kanzleien rausgegeben.
05.04.2025, 17:27
Danke, wenn ich allerdings an Selbständige denke, die sind ja von niemandes Gunst abhängig, um sich weniger Arbeitszeit "zu erlauben"? Dennoch höre ich davon nur äußerst selten.
06.04.2025, 11:47
(05.04.2025, 17:27)Gast112351235 schrieb: Danke, wenn ich allerdings an Selbständige denke, die sind ja von niemandes Gunst abhängig, um sich weniger Arbeitszeit "zu erlauben"? Dennoch höre ich davon nur äußerst selten.
Vermutlich weil man – auch in der Selbständigkeit – lieber einen ticken zu viel Arbeit hat, als zu wenig. Und wenn die Stammmandatschaft dann eben noch eine miet-, bußgeldrechtliche Angelegenheit oder sonst welche Probleme hat, werden diese eben mitgemacht, um das Mandat nicht zu gefährden und dann wird es wohl doch oft mehr als geplant.
Aber ich stimme dir dennoch zu, dass es in der Selbstständigkeit wohl deutlich leichter zu steuern ist. Wobei auch viele Kanzleien nachziehen. Die Teilzeitmodelle, zumindest die, die mir bisher unter die Augen gekommen sind, sind idR jedoch ziemlich unattraktiv. Sprich Teilzeit bedeutet 40h/ Woche und das Gehalt wird überproportional gekürzt. Und auf ein bisschen weniger Arbeit zu deutlich weniger Geld lassen sich wohl die wenigsten ein, soviel ist die WLB dann auch wieder nicht wert. Aber es wird sich dort mEn in den kommenden Jahren noch viel ändern, so war vor wenigen Jahren der Partner in Teilzeit unvorstellbar und ist heute bereits mancherorts Realität.
06.04.2025, 11:50
(01.04.2025, 18:04)Blues5 schrieb:(01.04.2025, 17:58)Egal_ schrieb: Richter am BGH oder am BVerfG ist doch bestimmt spannender, oder nicht? Allerdings muss man da erstmal hinkommen.
Sicher, das wäre sicher nett. Aber genau wie eine Professur leider äußerst unwahrscheinlich und keine ernsthafte Perspektive.
Es muss ja nicht direkt eine Professur an einer Uni sein - schau dich (sofern promoviert) mal an den diversen Hochschulen der öffentlichen Verwaltung um, hier in NRW sucht insbesondere die HSPV sehr häufig nach Profs. Von dort könnte man sich dann weiterentwickeln.
06.04.2025, 17:01
(06.04.2025, 11:50)Homer S. schrieb:Weißt du dazu mehr? Meines Wissens nach sind FH-Professuren nahezu ausschließlich für die Lehre zuständig. Bei den idR gesollten 18 Wochenstunden Lehre bleibt für Forschung quasi gar keine Zeit mehr. Dementsprechend kann man sich, soweit ich weiß, akademisch auch nirgendwo mehr hinentwickeln. Für die Unis ist man uninteressant, weil man dort nur berufen wird, wenn man auch (eher: vor allem) einen beachtenswerten Forschungsoutput vorweisen kann.(01.04.2025, 18:04)Blues5 schrieb:(01.04.2025, 17:58)Egal_ schrieb: Richter am BGH oder am BVerfG ist doch bestimmt spannender, oder nicht? Allerdings muss man da erstmal hinkommen.
Sicher, das wäre sicher nett. Aber genau wie eine Professur leider äußerst unwahrscheinlich und keine ernsthafte Perspektive.
Es muss ja nicht direkt eine Professur an einer Uni sein - schau dich (sofern promoviert) mal an den diversen Hochschulen der öffentlichen Verwaltung um, hier in NRW sucht insbesondere die HSPV sehr häufig nach Profs. Von dort könnte man sich dann weiterentwickeln.
Und die Lehre an der FH dürfte auch nur für ein paar Semester wirklich spannend sein, gerade weil man keine "richtigen" Juristen unterrichtet. Spätestens bei der vierten Wiederholung von "Einführung ins Privatrecht für BWLer" wirds vermutlich eher dröge. Aber ich lasse mich gerne korrigieren, wenn mein Bild nicht stimmen sollte.
06.04.2025, 21:19
Vor allem muss man für eine Professur an der Universität in der Regel habiliert sein. Also als Richter an die HSPV wechseln und sich dann zur Professur an der Universität fortentwickeln ist ein eher seltener Karriereweg...
07.04.2025, 09:44
(04.04.2025, 20:01)Gast112351235 schrieb: Weil es gerade zum Vorpost passt, möchte ich den Punkt aufgreifen, der mich immer wieder beschäftigt und den ich auch schon mal im Forum angesprochen habe:
Warum nur liest man denn so verdammt oft, man wolle kein Anwalt mehr sein, weil man nicht ewig 50 bis 70 Stunden die Woche arbeiten möchte? Warum kann man da nicht genauso einfach reduzieren, weniger Mandate, wie auch immer?
Ich glaube es den Leuten, wenn sie sagen, dass es so ist. Mich würde aber wirklich mal interessieren, woran das liegt und mit welchen Problemen man rechnen soll, wenn man sich auf 20 bis 30 Stunden die Woche beschränkt.
Bei uns (und sicher in vielen anderen Kanzleien auch) ist nunmal der Mandant König gewesen. Anwaltschaft ist sehr viel Dienstleistung und Kundenbindung. Den Mandanten interessiert es nicht, ob man jetzt schon Feierabend hat oder nicht und oft laufen auch wichtige Fristen, die schnelles Handeln erfordern (durch meine Arbeitsrechtliche Brille jedenfalls). Bei uns war es auch unüblich, dass die Arbeit ein anderer Associate übernimmt. Wir hatten schnell direkten Kontakt zu den Mandanten und bei Problemen, war man dann einfach der erste Kontakt. Egal auch, ob man gerade Urlaub hatte oder nicht. Teilzeit hätte einfach nur bedeutet, dass ich früher nach Hause gehen kann, um dann dort weiterzuarbeiten und am Ende einfach weniger zu verdienen als die Vollzeit-Kollegen. Daher kam das für mich nicht in Betracht.
Das mag in anderen Kanzleien aber auch ganz anders laufen.
Ich hab den Eindruck, dieses Teilzeit-Ding wird von vielen Kanzleien als „Werbung“ genommen. Am Ende kommst du mit reduzierter Arbeitszeit wohl aber kaum die Karriereleiter hoch…. Oder selten. ;) Ich wünschte, es wäre anders, aber in meinem Umfeld kann ich das leider nicht erkennen. Teilzeit in einer großen Kanzlei ist glaub ich einfach ein mieser Deal.