17.11.2024, 14:53
(17.11.2024, 13:07)Spencer schrieb:(17.11.2024, 09:29)Sesselpupser schrieb: Außerdem, nur weil jemand keime Top-Noten im Examen hatte, heißt es nicht dass er sich nicht später doch auf einem Gebiet zum Experten entwickeln kann. Noten sind eine Momentaufnahme, das Wissen was man im Examen erwirbt, kann man auch später noch erwerben.Das stimmt natürlich, wobei schon eine Vermutung dafür bestehen könnte, dass derjenige, der erst nach 8 Jahren Ausbildung mit dem Erwerb von Fachkenntnissen anfängt, sich damit vorher auch nicht so leicht getan hat.
Deshalb gibt es zB auch den NC: Wer im Abi 1,0 hatte, tut sich mit dem Medizinstudium wahrscheinlich leichter als derjenige, der erst nach 9 Schuljahren und einem 4,0 Schnitt damit anfängt zu lernen.
Die Hinweise sprechen schon dafür, wenn man das tausendfach hier diskutierte Problem der Noten der juristischen Ausbildung beiseite lässt. Nichtsdestotrotz gibt es aber immer auch Spätzünder und Leute die auf ihrem Gebiet so viel Spezialwissen anhäufen, dass sie dann irgendwann doch bestens qualifiziert sind. Der Staat hat auch keine andere Wahl. Die Regelungsdichte nimmt immer weiter zu, die Kriminalität anscheinend auch, daher werden mehr Juristen gebraucht. Da kann man sich noch so elitär geben. Will man den monetären Aspekt nicht entsprechend anpassen (und das gibt das Haushaltsbudgez nicht her) dann muss man zwangsläufig mit den Anforderungen runter. Es gäbe so viel Möglichkeiten, Probezeit wirklich ausnutzen um Kandidaten zu testen, unterschiedliche Laufbahnen (Strafrichter/Staatsanwälte/Amtsrichter/spezialisierte wie Richter in Baukammern oder Familiendezernaten. Oder man lässt es eben wie es ist un beklagt sich über Juristenmangel, obwohl man selbst die Grenzen des Potentials festgelegt hat. Ungefähr das gleiche wie wenn sich die Politik mal wieder über Inflation beschwert, während die EZB munter weiter Geld druckt und Billigkredite raushaut.
17.11.2024, 15:30
(17.11.2024, 14:53)Sesselpupser schrieb:(17.11.2024, 13:07)Spencer schrieb:(17.11.2024, 09:29)Sesselpupser schrieb: Außerdem, nur weil jemand keime Top-Noten im Examen hatte, heißt es nicht dass er sich nicht später doch auf einem Gebiet zum Experten entwickeln kann. Noten sind eine Momentaufnahme, das Wissen was man im Examen erwirbt, kann man auch später noch erwerben.Das stimmt natürlich, wobei schon eine Vermutung dafür bestehen könnte, dass derjenige, der erst nach 8 Jahren Ausbildung mit dem Erwerb von Fachkenntnissen anfängt, sich damit vorher auch nicht so leicht getan hat.
Deshalb gibt es zB auch den NC: Wer im Abi 1,0 hatte, tut sich mit dem Medizinstudium wahrscheinlich leichter als derjenige, der erst nach 9 Schuljahren und einem 4,0 Schnitt damit anfängt zu lernen.
Die Hinweise sprechen schon dafür, wenn man das tausendfach hier diskutierte Problem der Noten der juristischen Ausbildung beiseite lässt. Nichtsdestotrotz gibt es aber immer auch Spätzünder und Leute die auf ihrem Gebiet so viel Spezialwissen anhäufen, dass sie dann irgendwann doch bestens qualifiziert sind. Der Staat hat auch keine andere Wahl. Die Regelungsdichte nimmt immer weiter zu, die Kriminalität anscheinend auch, daher werden mehr Juristen gebraucht. Da kann man sich noch so elitär geben. Will man den monetären Aspekt nicht entsprechend anpassen (und das gibt das Haushaltsbudgez nicht her) dann muss man zwangsläufig mit den Anforderungen runter. Es gäbe so viel Möglichkeiten, Probezeit wirklich ausnutzen um Kandidaten zu testen, unterschiedliche Laufbahnen (Strafrichter/Staatsanwälte/Amtsrichter/spezialisierte wie Richter in Baukammern oder Familiendezernaten. Oder man lässt es eben wie es ist un beklagt sich über Juristenmangel, obwohl man selbst die Grenzen des Potentials festgelegt hat. Ungefähr das gleiche wie wenn sich die Politik mal wieder über Inflation beschwert, während die EZB munter weiter Geld druckt und Billigkredite raushaut.
Die Spätzünder wird es sicherlich geben. Nur ist nicht jeder 4 Punkte Jurist ein Spätzünder, der als StA zur Subsumtionsmaschine mutiert. derartige Spätzünder dürften nicht mal überwiegend unter den 4 Punkte Kandidaten vertreten sein. Sie werden eher die Ausnahme als die Regel sein.
Und dass man bei einer Verdichtung und Komplexisierung des Rechts die Notenanforderungen runterschrauben sollte, erschliest sich mir nicht.
17.11.2024, 15:46
Die Note im StEx gibt zumindest schon mal einen Anhaltspunkt. Die Referendare, die mir am VG zugewiesen wurden und lediglich ein schwaches befriedigend im 1. StEx hatten, gaben idR auch völlig anders, um nicht zu sagen gar nicht verwertbare Entwürfe ab als die mit 2-stelligen Examina. Von ersteren gab mir mal jmd einen Urteils-Entwurf mit Entscheidungsgründen von einer 3/4-Seite ab und der Text strotzte nur so von Rechtschreibfehlern. So etwas ist mir bei Referendaren mit Top-Noten nie passiert.
Soll der Staat denn lieber auf jede Notengrenze verzichten und die Katze im Sack kaufen, um sie ggf nach 1 Jahr wieder zu entlassen? Der Steuerzahler dürfte sich bedanken, von den von deren schlechten Leistungen Betroffenen mal ganz zu schweigen…
Soll der Staat denn lieber auf jede Notengrenze verzichten und die Katze im Sack kaufen, um sie ggf nach 1 Jahr wieder zu entlassen? Der Steuerzahler dürfte sich bedanken, von den von deren schlechten Leistungen Betroffenen mal ganz zu schweigen…
17.11.2024, 16:06
(17.11.2024, 15:46)Spencer schrieb: Die Note im StEx gibt zumindest schon mal einen Anhaltspunkt. Die Referendare, die mir am VG zugewiesen wurden und lediglich ein schwaches befriedigend im 1. StEx hatten, gaben idR auch völlig anders, um nicht zu sagen gar nicht verwertbare Entwürfe ab als die mit 2-stelligen Examina. Von ersteren gab mir mal jmd einen Urteils-Entwurf mit Entscheidungsgründen von einer 3/4-Seite ab und der Text strotzte nur so von Rechtschreibfehlern. So etwas ist mir bei Referendaren mit Top-Noten nie passiert.
Soll der Staat denn lieber auf jede Notengrenze verzichten und die Katze im Sack kaufen, um sie ggf nach 1 Jahr wieder zu entlassen? Der Steuerzahler dürfte sich bedanken, von den von deren schlechten Leistungen Betroffenen mal ganz zu schweigen…
Und genau dafür wurde das System vermutlich ursprünglich mal entworfen. Kandidaten rausfiltern, die große Gewähr dafür bieten, dass sie funktionieren.
Mehr nicht. Wenn welche durch den Rost fallen, die es auch gekonnt hätten, nicht schlimm, so lange es genug passende Kandidaten gibt.
Gerechtigkeit, jedem die gleiche Möglichkeit geben usw war doch gar nicht vorgesehen.
17.11.2024, 16:51
Damit, absolute Gerechtigkeit herzustellen, wäre auch so ziemlich jedes Prüfungssystem überfordert.
17.11.2024, 21:44
(17.11.2024, 16:06)Besorgter Anwohner schrieb:(17.11.2024, 15:46)Spencer schrieb: Die Note im StEx gibt zumindest schon mal einen Anhaltspunkt. Die Referendare, die mir am VG zugewiesen wurden und lediglich ein schwaches befriedigend im 1. StEx hatten, gaben idR auch völlig anders, um nicht zu sagen gar nicht verwertbare Entwürfe ab als die mit 2-stelligen Examina. Von ersteren gab mir mal jmd einen Urteils-Entwurf mit Entscheidungsgründen von einer 3/4-Seite ab und der Text strotzte nur so von Rechtschreibfehlern. So etwas ist mir bei Referendaren mit Top-Noten nie passiert.
Soll der Staat denn lieber auf jede Notengrenze verzichten und die Katze im Sack kaufen, um sie ggf nach 1 Jahr wieder zu entlassen? Der Steuerzahler dürfte sich bedanken, von den von deren schlechten Leistungen Betroffenen mal ganz zu schweigen…
Und genau dafür wurde das System vermutlich ursprünglich mal entworfen. Kandidaten rausfiltern, die große Gewähr dafür bieten, dass sie funktionieren.
Mehr nicht. Wenn welche durch den Rost fallen, die es auch gekonnt hätten, nicht schlimm, so lange es genug passende Kandidaten gibt.
Gerechtigkeit, jedem die gleiche Möglichkeit geben usw war doch gar nicht vorgesehen.
Aber ist das nicht gleichbedeutend damit, dass man das System jetzt ändern muss? Denn selbst wenn man annimmt, dass das System zuverlässig Kandidaten rausfiltert, die große gewähr dafür bieten, dass sie funktionieren und es deshalb zu vernachlässigen ist, wenn Leute die es auch gekonnt hätten, durch den Rost fallen funktioniert das ja - wie auch richtig angemerkt - nur so lange es genug passende Kandidaten gibt. Und die Zeiten sind offensichtlich vorbei, sonst hätten wir die Diskussion ja nicht (immer wieder).
Ich glaube niemand wird ernsthaft in Abrede stellen, dass das Examen eine gewisse Aussagekraft hat: Die Klausur (oder eben Schriftsatz/Urteil usw.) von dem Kandidaten mit 4 Punkten liest sich anders als die von dem mit 8 Punkten und die liest sich wieder anders als die von dem mit 12 Punkten. Natürlich gibt es (große!) Leistungsunterschiede unter Volljuristen und das Examen kann diese Leistungsunterschiede zumindest im Ansatz erfassen.
Es wird auch niemand bestreiten, dass die Examensnote letztlich keine hochpräzise Bezifferung des Leistungsniveaus darstellt (oder darstellen soll). Die Klausur von dem Kandidaten mit 7,8 Punkten liest sich nicht anders als die von dem mit 8,2 Punkten. Eine so genaue Aussage kann das System auf Grund der sehr geringen Anzahl an Einzelwerten und dem völlig unverhältnismäßigen Anteil einer Tagesleistung am Gesamtergebnis schlicht nicht leisten. Daran kann man auch nur wenig ändern wenn man die Leute nicht mit 8-wöchigen Examensphasen zu quälen, um zumindest in die Nähe repräsentativer Werte zu kommen. Auch würde die Aussicht auf ein solches Examen am Ende noch mehr Leute vom Studium abschrecken als es jetzt schon der Fall ist.
Man muss also irgendwie damit umgehen, dass man auf die Leute, die früher "durch den Rost gefallen" sind, weil sie im Examen nicht ihre "wahre" Leistungsfähigkeit zeigen konnten (warum auch immer), jetzt irgendwie auf dem Rost halten muss um im Bild zu bleiben. Und dafür muss man eben die Mindestpunktzahl absenken um eine Chance zu bekommen, diese Leute in der Probezeit nochmal genauer zu prüfen.
Denn was mit absoluter Sicherheit nicht passieren wird ist, dass die Besoldung nach oben angepasst wird. Dafür gibt es (politisch) schlicht keinen Grund: Richter und auch Beamte der Staatsanwaltschaft dürfen nicht streiken, müssen also für das arbeiten was Ihnen ihr Dienstherr bereit ist zu zahlen. Der Dienstherr muss sich dabei nur daran orientieren, was verfassungsrechtlich (noch) zulässig ist. Alles andere also in seinem Ermessen. Warum sollte er mehr zahlen als er muss? Die kurzfristigen Konsequenzen sind angesichts der überschaubaren Anzahl an Richtern und Staatsanwälten gering. Die langfristigen Konsequenzen sind natürlich wesentlich schwerwiegender. Aber sie treffen eben eine kommende Regierung und sind der aktuellen daher relativ wurscht.
Wenn man das erstmal für sich akzeptiert hat, ist die Notendiskussion müßig. Sie werden so weit gesenkt, wie nötig, um alle Stellen zu besetzen. Schon jetzt sind Bundesländern, in denen es nur auf die Note im Zweiten Examen ankommt, diverse Richter und Staatsanwälte mit ausreichenden ersten Examen unterwegs. Und dieser Trend wird sich fortsetzen.
Das alles kann man gut oder schlecht oder für den Untergang der Justiz halten. Ändern wird es nichts. Man kann also den Kopf in den Sand stecken und über den gefühlten Verlust der (eigenen) Bedeutung als Angehöriger der Justiz jammern oder das Beste draus machen und die Leute, die jetzt nunmal mehr und mehr dazukommen werden, willkommen zu heißen und Ihnen unter die Arme zu greifen. Und eben auch die Reißleine zu ziehen wenn es absolut nicht geht.
18.11.2024, 07:14
Vor allem stellen sie ja nicht alle Interessierte mit 6,5 Punkten unbesehen ein, sondern werden durch Bewerbungsgespräch und AC oder auf andere Weise versuchen, diejenigen zu finden, die trotz vergleichsweise niedriger Note dennoch geeignet sind - wie sie auch bisher schon versucht haben, diejenigen auszufiltern, die trotz Spitzennoten etwa mangels Sozialkompetenz ungeeignet sind.
18.11.2024, 10:21
Ich persönlich denke auch, dass die Einzelnoten besonders berücksichtigt werden sollten. Jemand der in seinen Staatsexamina durchgängig überdurchschnittliche Noten im Strafrecht hatte und ggfs. noch einschlägige Stationen in diesem Bereich absolviert hat, dürfte vermutlich besser geeignet sein, als jemand der zwar 2x 8 Punkte hatte, aber nie über ein ausreichend oder ein schwaches befriedigend im Strafrecht hinausgekommen ist.
18.11.2024, 10:28
(18.11.2024, 07:14)Praktiker schrieb: Vor allem stellen sie ja nicht alle Interessierte mit 6,5 Punkten unbesehen ein, sondern werden durch Bewerbungsgespräch und AC oder auf andere Weise versuchen, diejenigen zu finden, die trotz vergleichsweise niedriger Note dennoch geeignet sind - wie sie auch bisher schon versucht haben, diejenigen auszufiltern, die trotz Spitzennoten etwa mangels Sozialkompetenz ungeeignet sind.
Für die Einstellung in den allgemeinen Proberichterdienst im Land Berlin kann ich jedenfalls bestätigen, dass ich mehrere Fälle persönlich kenne, die auch mit 2 x 10+ nicht eingestellt wurden (als 7,5 + 8,5 Mindestnoten hierfür waren), weil sie das Auswahlgespräch nicht geschafft haben. Es gibt kein AC sondern ein strukturiertes Gespräch mit mehreren Richtern (aus der ordentlichen und den Fachgerichten) und jemanden von der GStA. Man wurde schon über fast 2 Stunden ordentlich abgeklopft auf Sozialkompetenz, Entscheidungsfähigkeit usw. Da konnte man schon Böcke schießen (vor allem kumulativ dann).
18.11.2024, 11:21
(18.11.2024, 10:21)advocatus diaboli schrieb: Ich persönlich denke auch, dass die Einzelnoten besonders berücksichtigt werden sollten. Jemand der in seinen Staatsexamina durchgängig überdurchschnittliche Noten im Strafrecht hatte und ggfs. noch einschlägige Stationen in diesem Bereich absolviert hat, dürfte vermutlich besser geeignet sein, als jemand der zwar 2x 8 Punkte hatte, aber nie über ein ausreichend oder ein schwaches befriedigend im Strafrecht hinausgekommen ist.
Man muss mehr über den zweiten Bildungsweg machen, in Meck-Pomm erkennen sie relevante Berufserfahrung an, z.B. in der Verwaltung oder Dr. etc. Außerdem kommt es dort, wie auch in Bayern und RLP schon, nur auf die Noten vom zweiten Examen an. Was auch sinnvoll ist, denn viele Kandidaten schreiben nach 1 Jahr Repetitor den Freischuss mit und wiederholen dann das erste nicht sondern gehen ins Referendariat. Diejenigen die im Studium also spätzünden und dann ein besseres zweites ablegen sind durch die 16 aus 2 Regel oder 6,5 Punkte-Anforderungen im ersten Examen schon mal draußen. Was völlig sinnfrei ist, denn es kommt auf den Leistungsstand am Ende der Ausbildung an, und nicht irgendwann dazwischen. Die Zwischenprüfungsnoten interessieren auch zurecht niemanden. Mir geht es genauso, mit 5 Punkten im ersten Examen ist man schon durchs Raster gefallen, egal wie gut das zweite dann ist, und kann viele Berufe im Staatsdienst nicht ergreifen. Kann man gut finden oder nicht, gerade wenn man einen guten Schwerpunkt hatte wie bei uns Strafrecht, wo für absolute Nichtleistungen gerade für attraktive Studentinnen die hohen zweistelligen Noten nur so verschleudert wurden. Mit juristischer Qualität und Eignung für den Staatsdienst hat es aber nichts zu tun, ob man eine schöne Seminararbeit geschrieben hat über irgendwelche Nieschenrechtsprobleme.