12.09.2024, 18:38
ich glaube jedes Rechtsgebiet kann kommunikativ sein, es kommt für mich eher auf die konkrete Stelle an. Selbst Verkehrsrecht in einer kleineren Kanzlei kann dann interessant sein. Jeden tag ein anderer Mandant, ein anderer Fall, häufiger mal beim Gericht. Familienrecht ist sehr kommunikativ (ich möchte persönlich mich aber nicht unbedingt mit diesen Fällen auseinandersetzen müssen), Arbeitsrecht, allgemeine Zivilrechtssachen, Sozialrecht....
Die Idee mit einem Unternehmen wurde bereits genannt. Meine Frau arbeitet in einer Behörde und auch das kann sehr kommunikativ sein.... es hängt eben an der Stelle
Die Idee mit einem Unternehmen wurde bereits genannt. Meine Frau arbeitet in einer Behörde und auch das kann sehr kommunikativ sein.... es hängt eben an der Stelle
07.10.2024, 13:55
Es ist nun wieder ein bisschen Zeit vergangen. Ich hatte gehofft, dass meine Zweifel einfach so verfliegen, aber leider ist dem nicht so. Vielmehr schleppe ich mich jeden Tag ins Büro und fiebere dem Wochenende entgegen. Am Wochenende muss ich sehr viel schlafen, obwohl ich eigentlich gar nicht so anstrengende Dinge tue. Insgesamt finde ich jede Aufgabe im Job müßig, langweilig und sinnlos. Ich bin ständig unter- und überfordert zugleich, weil die Aufgaben Kompetenzen erfordern, die ich mir zwar angeeignet habe, jedoch nicht so wirklich zu meinen Stärken zählen. Daher strengt mich die Tätigkeit ganz ungemein an.
Und dann macht sich ein anderer Gedanke immer breiter, der zugegebenermaßen schon seit langer Zeit in meinem Kopf herumschwirrt. Ich möchte gerne als Strafverteidiger tätig werden. Die Kommentare hier in diesem Thread bestätigen mich in meinem Wunsch. Durch Zufall bin ich über eine Webseite einer Strafverteidiger-Bürogemeinschaft gestolpert. Einer der Anwälte möchte aus Altersgründen seine Anwaltstätigkeit reduzieren und an einen Nachfolger weitergeben. Es wird Unterstützung bei der Existenzgründung in Aussicht gestellt. Eigentlich genau das, wonach ich (wenn ich ehrlich bin) schon länger suche, auch wenn ich eigentlich nicht suchen und mich auf meinen aktuellen Job konzentrieren sollte. Nun bin ich salopp gesagt etwas hyped und würde meinen aktuellen Job am liebsten sofort hinschmeißen. Klar, erstmal müsste ich sowieso abklopfen, was es mit dem Angebot überhaupt auf sich hat, bevor ich vorschnell aktiv werde. Aber wie aufregend wäre es, dem Trott hier zu entfliehen und stattdessen das präferierte Rechtsgebiet zu bearbeiten?
Nun würde mich mal ein Stimmungsbild interessieren. Keine Sorge, bevor altkluge Kommentare kommen, ich werde meine Entscheidung nicht von einem Forum abhängig machen. Dennoch schätze ich die teils durchaus kritischen und durchdachten Meinungen sehr. Soll ich mir eine Probezeitkündigung gönnen und schon nach 4 Monaten einen Neustart wagen? Oder ist dies zu vorschnell? Soll ich mich mind. 1 Jahr im aktuellen Job durchbeißen, weil es vielleicht irgendwann mehr Spaß macht und weil ich mir selbst ursprünglich dieses Ziel gesetzt habe? Wie seht ihr das?
Und dann macht sich ein anderer Gedanke immer breiter, der zugegebenermaßen schon seit langer Zeit in meinem Kopf herumschwirrt. Ich möchte gerne als Strafverteidiger tätig werden. Die Kommentare hier in diesem Thread bestätigen mich in meinem Wunsch. Durch Zufall bin ich über eine Webseite einer Strafverteidiger-Bürogemeinschaft gestolpert. Einer der Anwälte möchte aus Altersgründen seine Anwaltstätigkeit reduzieren und an einen Nachfolger weitergeben. Es wird Unterstützung bei der Existenzgründung in Aussicht gestellt. Eigentlich genau das, wonach ich (wenn ich ehrlich bin) schon länger suche, auch wenn ich eigentlich nicht suchen und mich auf meinen aktuellen Job konzentrieren sollte. Nun bin ich salopp gesagt etwas hyped und würde meinen aktuellen Job am liebsten sofort hinschmeißen. Klar, erstmal müsste ich sowieso abklopfen, was es mit dem Angebot überhaupt auf sich hat, bevor ich vorschnell aktiv werde. Aber wie aufregend wäre es, dem Trott hier zu entfliehen und stattdessen das präferierte Rechtsgebiet zu bearbeiten?
Nun würde mich mal ein Stimmungsbild interessieren. Keine Sorge, bevor altkluge Kommentare kommen, ich werde meine Entscheidung nicht von einem Forum abhängig machen. Dennoch schätze ich die teils durchaus kritischen und durchdachten Meinungen sehr. Soll ich mir eine Probezeitkündigung gönnen und schon nach 4 Monaten einen Neustart wagen? Oder ist dies zu vorschnell? Soll ich mich mind. 1 Jahr im aktuellen Job durchbeißen, weil es vielleicht irgendwann mehr Spaß macht und weil ich mir selbst ursprünglich dieses Ziel gesetzt habe? Wie seht ihr das?
07.10.2024, 14:08
Beim Strafrecht musst du eben überlegen, ob du die ganze Zeit mit Straftätern zu tun haben willst. Natürlich gibt es auch hin und wieder Unschuldige und ein paar arme Gestalten aber mir wäre es auf Dauer zu viel menschliches Elend bzw. da fehlt mir dann der persönliche Ehrgeiz, (Berufs-)Kriminelle vor dem Knast zu bewahren.
Deswegen würde ich persönlich Arbeitsrecht als attraktiver empfinden. Dort hat man zumindest überwiegend mit normalen Leuten zu tun und kann auch öfter für eine gute Sache streiten (auf beiden Seiten). Wer sich aber natürlich mit den grundlegenden Punkten des Strafrechts anfreunden kann, für den ist dieser Bereich wohl attraktiv. Insbesondere weil es wenig große Kanzleien gibt und viel auf "Einzelkämpfer" Ebene gemacht wird, so dass man sich auch als Neuer gut etablieren kann.
PS: Dein aktueller Job ist auch richtig mies. Wahrscheinlich ist es fast überall besser.
Deswegen würde ich persönlich Arbeitsrecht als attraktiver empfinden. Dort hat man zumindest überwiegend mit normalen Leuten zu tun und kann auch öfter für eine gute Sache streiten (auf beiden Seiten). Wer sich aber natürlich mit den grundlegenden Punkten des Strafrechts anfreunden kann, für den ist dieser Bereich wohl attraktiv. Insbesondere weil es wenig große Kanzleien gibt und viel auf "Einzelkämpfer" Ebene gemacht wird, so dass man sich auch als Neuer gut etablieren kann.
PS: Dein aktueller Job ist auch richtig mies. Wahrscheinlich ist es fast überall besser.
07.10.2024, 17:54
Der TE könnte auch über Medienrecht nachdenken, das ist auch äußerst kommunikativ.
08.10.2024, 11:00
(07.10.2024, 14:08)Patenter Gast schrieb: Beim Strafrecht musst du eben überlegen, ob du die ganze Zeit mit Straftätern zu tun haben willst. Natürlich gibt es auch hin und wieder Unschuldige und ein paar arme Gestalten aber mir wäre es auf Dauer zu viel menschliches Elend bzw. da fehlt mir dann der persönliche Ehrgeiz, (Berufs-)Kriminelle vor dem Knast zu bewahren.
Meiner Meinung nach kann man das auf jeden Job beziehen, da das eine "Ist das Glas halb leer oder halb voll"-Diskussion ist. In meinem aktuellen Job könnte man sagen, dass ich ständig Mahnverfahren gegen völlig verschuldete Menschen durchführe. Diese Leute sind eh schon (auch durch eigene Fehlentscheidungen) gebeutelt, denn wer fühlt sich mit einem Haufen Schulden schon wohl. Und Geld ist dort zumeist eh nicht zu holen. Da werden die Briefe schon nicht mehr geöffnet und nur wenn man Glück hat, tauchen die Schuldner überhaupt mal in der mündlichen Verhandlung auf.
Oder aber man sieht es so, dass man die Liquidität der Unternehmen sicherstellt, denn ohne Geld können die auch nichts produzieren und es fallen Arbeitsplätze weg. Irgendjemand muss halt das Geld reinholen.
Mit dem Strafrecht ist es genauso. Ich persönlich würde mich eher als Wächter über ein faires Strafverfahren im Einsatz für Menschenrechte sehen, und weniger als einen kumpelhaften "Rausboxer", der ausschließlich nach der Pfeife des Mandanten tanzt, um ihn vor dem Knast zu bewahren. Ich würde die Tätigkeit als Strafverteider im Mandantenkontakt eher als unterstütztend-vermittelnd beschreiben. Aber was weiß ich schon, ich habe ja noch nicht mal angefangen
08.10.2024, 11:46
(08.10.2024, 11:00)PeterP schrieb:(07.10.2024, 14:08)Patenter Gast schrieb: Beim Strafrecht musst du eben überlegen, ob du die ganze Zeit mit Straftätern zu tun haben willst. Natürlich gibt es auch hin und wieder Unschuldige und ein paar arme Gestalten aber mir wäre es auf Dauer zu viel menschliches Elend bzw. da fehlt mir dann der persönliche Ehrgeiz, (Berufs-)Kriminelle vor dem Knast zu bewahren.
Meiner Meinung nach kann man das auf jeden Job beziehen, da das eine "Ist das Glas halb leer oder halb voll"-Diskussion ist. In meinem aktuellen Job könnte man sagen, dass ich ständig Mahnverfahren gegen völlig verschuldete Menschen durchführe. Diese Leute sind eh schon (auch durch eigene Fehlentscheidungen) gebeutelt, denn wer fühlt sich mit einem Haufen Schulden schon wohl. Und Geld ist dort zumeist eh nicht zu holen. Da werden die Briefe schon nicht mehr geöffnet und nur wenn man Glück hat, tauchen die Schuldner überhaupt mal in der mündlichen Verhandlung auf.
Oder aber man sieht es so, dass man die Liquidität der Unternehmen sicherstellt, denn ohne Geld können die auch nichts produzieren und es fallen Arbeitsplätze weg. Irgendjemand muss halt das Geld reinholen.
Mit dem Strafrecht ist es genauso. Ich persönlich würde mich eher als Wächter über ein faires Strafverfahren im Einsatz für Menschenrechte sehen, und weniger als einen kumpelhaften "Rausboxer", der ausschließlich nach der Pfeife des Mandanten tanzt, um ihn vor dem Knast zu bewahren. Ich würde die Tätigkeit als Strafverteider im Mandantenkontakt eher als unterstütztend-vermittelnd beschreiben. Aber was weiß ich schon, ich habe ja noch nicht mal angefangen
Der Blick auf die Tätigkeit selbst ändert aber nichts daran, mit wem Du es machst. Ich verstehe Patenter Gast eher so, dass es ihm um den Mandantenstamm geht. Die allermeisten Juristen und vor allem Jurastudierenden haben wenig bis nichts mit straffällig gewordenen Menschen zu tun und haben null Bezug dazu, wer die sind, wie sie leben und aufgewachsen sind. Da prallen nicht selten zwei Welten aufeinander. Aber auch, wenn der Mandantenstamm nicht so weit von einem selbst ist, kann die Art der Straftat durchaus persönlich belastend sein (zB wenn man sich mal anschaut, wer häufig Täter von Sexualdelikten - nicht nur an Kindern - sind, stellt man fest, dass es nicht selten nach außen hin "normale" Menschen mit geregeltem Leben sind). Im Ref geht man doch idR auch mal in eine JVA - da merken viele auch, dass alleine die Umgebung belastend sein kann, selbst wenn man "nur" seine Mandanten besucht und jederzeit gehen kann ist das einfach eine andere Welt, mit der man klar kommen muss.
08.10.2024, 12:14
(08.10.2024, 11:46)Ex-GK schrieb:(08.10.2024, 11:00)PeterP schrieb:(07.10.2024, 14:08)Patenter Gast schrieb: Beim Strafrecht musst du eben überlegen, ob du die ganze Zeit mit Straftätern zu tun haben willst. Natürlich gibt es auch hin und wieder Unschuldige und ein paar arme Gestalten aber mir wäre es auf Dauer zu viel menschliches Elend bzw. da fehlt mir dann der persönliche Ehrgeiz, (Berufs-)Kriminelle vor dem Knast zu bewahren.
Meiner Meinung nach kann man das auf jeden Job beziehen, da das eine "Ist das Glas halb leer oder halb voll"-Diskussion ist. In meinem aktuellen Job könnte man sagen, dass ich ständig Mahnverfahren gegen völlig verschuldete Menschen durchführe. Diese Leute sind eh schon (auch durch eigene Fehlentscheidungen) gebeutelt, denn wer fühlt sich mit einem Haufen Schulden schon wohl. Und Geld ist dort zumeist eh nicht zu holen. Da werden die Briefe schon nicht mehr geöffnet und nur wenn man Glück hat, tauchen die Schuldner überhaupt mal in der mündlichen Verhandlung auf.
Oder aber man sieht es so, dass man die Liquidität der Unternehmen sicherstellt, denn ohne Geld können die auch nichts produzieren und es fallen Arbeitsplätze weg. Irgendjemand muss halt das Geld reinholen.
Mit dem Strafrecht ist es genauso. Ich persönlich würde mich eher als Wächter über ein faires Strafverfahren im Einsatz für Menschenrechte sehen, und weniger als einen kumpelhaften "Rausboxer", der ausschließlich nach der Pfeife des Mandanten tanzt, um ihn vor dem Knast zu bewahren. Ich würde die Tätigkeit als Strafverteider im Mandantenkontakt eher als unterstütztend-vermittelnd beschreiben. Aber was weiß ich schon, ich habe ja noch nicht mal angefangen
Der Blick auf die Tätigkeit selbst ändert aber nichts daran, mit wem Du es machst. Ich verstehe Patenter Gast eher so, dass es ihm um den Mandantenstamm geht. Die allermeisten Juristen und vor allem Jurastudierenden haben wenig bis nichts mit straffällig gewordenen Menschen zu tun und haben null Bezug dazu, wer die sind, wie sie leben und aufgewachsen sind. Da prallen nicht selten zwei Welten aufeinander. Aber auch, wenn der Mandantenstamm nicht so weit von einem selbst ist, kann die Art der Straftat durchaus persönlich belastend sein (zB wenn man sich mal anschaut, wer häufig Täter von Sexualdelikten - nicht nur an Kindern - sind, stellt man fest, dass es nicht selten nach außen hin "normale" Menschen mit geregeltem Leben sind). Im Ref geht man doch idR auch mal in eine JVA - da merken viele auch, dass alleine die Umgebung belastend sein kann, selbst wenn man "nur" seine Mandanten besucht und jederzeit gehen kann ist das einfach eine andere Welt, mit der man klar kommen muss.
ich teile diese Sicht. ich habe mich auch sehr für Strafrecht interessiert. Fand das im Studium recht spannend, da du eigentlich ab der ersten Vorlesung schon lebensnahe Beispiele hattest. True Crime vom Feinsten. Abgeschreckt hat mich dann aber die Station bei der StA im Ref. Ich habe mir immer vorgestellt, dass diese Menschen, die vor mir stehen als Klienten hätte. Erst mal um die Vorkasse feilschen etc. Das hat mich abgeschreckt
Aber das ist Typfrage! Strafverteidigung ist eine enorm wichtige Aufgabe für die Angeklagten aber auch den Rechtsstaat und ziehe da vor jedem Kollegen den Hut, der das macht. Wenn du es mit dir ausmachen kannst, dann go for it
Wenn du nicht ständig Probezeitkündigungen am Stück hast, dann ist das auch kein Problem
08.10.2024, 12:48
(08.10.2024, 12:14)Freidenkender schrieb:(08.10.2024, 11:46)Ex-GK schrieb:(08.10.2024, 11:00)PeterP schrieb:(07.10.2024, 14:08)Patenter Gast schrieb: Beim Strafrecht musst du eben überlegen, ob du die ganze Zeit mit Straftätern zu tun haben willst. Natürlich gibt es auch hin und wieder Unschuldige und ein paar arme Gestalten aber mir wäre es auf Dauer zu viel menschliches Elend bzw. da fehlt mir dann der persönliche Ehrgeiz, (Berufs-)Kriminelle vor dem Knast zu bewahren.
Meiner Meinung nach kann man das auf jeden Job beziehen, da das eine "Ist das Glas halb leer oder halb voll"-Diskussion ist. In meinem aktuellen Job könnte man sagen, dass ich ständig Mahnverfahren gegen völlig verschuldete Menschen durchführe. Diese Leute sind eh schon (auch durch eigene Fehlentscheidungen) gebeutelt, denn wer fühlt sich mit einem Haufen Schulden schon wohl. Und Geld ist dort zumeist eh nicht zu holen. Da werden die Briefe schon nicht mehr geöffnet und nur wenn man Glück hat, tauchen die Schuldner überhaupt mal in der mündlichen Verhandlung auf.
Oder aber man sieht es so, dass man die Liquidität der Unternehmen sicherstellt, denn ohne Geld können die auch nichts produzieren und es fallen Arbeitsplätze weg. Irgendjemand muss halt das Geld reinholen.
Mit dem Strafrecht ist es genauso. Ich persönlich würde mich eher als Wächter über ein faires Strafverfahren im Einsatz für Menschenrechte sehen, und weniger als einen kumpelhaften "Rausboxer", der ausschließlich nach der Pfeife des Mandanten tanzt, um ihn vor dem Knast zu bewahren. Ich würde die Tätigkeit als Strafverteider im Mandantenkontakt eher als unterstütztend-vermittelnd beschreiben. Aber was weiß ich schon, ich habe ja noch nicht mal angefangen
Der Blick auf die Tätigkeit selbst ändert aber nichts daran, mit wem Du es machst. Ich verstehe Patenter Gast eher so, dass es ihm um den Mandantenstamm geht. Die allermeisten Juristen und vor allem Jurastudierenden haben wenig bis nichts mit straffällig gewordenen Menschen zu tun und haben null Bezug dazu, wer die sind, wie sie leben und aufgewachsen sind. Da prallen nicht selten zwei Welten aufeinander. Aber auch, wenn der Mandantenstamm nicht so weit von einem selbst ist, kann die Art der Straftat durchaus persönlich belastend sein (zB wenn man sich mal anschaut, wer häufig Täter von Sexualdelikten - nicht nur an Kindern - sind, stellt man fest, dass es nicht selten nach außen hin "normale" Menschen mit geregeltem Leben sind). Im Ref geht man doch idR auch mal in eine JVA - da merken viele auch, dass alleine die Umgebung belastend sein kann, selbst wenn man "nur" seine Mandanten besucht und jederzeit gehen kann ist das einfach eine andere Welt, mit der man klar kommen muss.
ich teile diese Sicht. ich habe mich auch sehr für Strafrecht interessiert. Fand das im Studium recht spannend, da du eigentlich ab der ersten Vorlesung schon lebensnahe Beispiele hattest. True Crime vom Feinsten. Abgeschreckt hat mich dann aber die Station bei der StA im Ref. Ich habe mir immer vorgestellt, dass diese Menschen, die vor mir stehen als Klienten hätte. Erst mal um die Vorkasse feilschen etc. Das hat mich abgeschreckt
Aber das ist Typfrage! Strafverteidigung ist eine enorm wichtige Aufgabe für die Angeklagten aber auch den Rechtsstaat und ziehe da vor jedem Kollegen den Hut, der das macht. Wenn du es mit dir ausmachen kannst, dann go for it
Wenn du nicht ständig Probezeitkündigungen am Stück hast, dann ist das auch kein Problem
Ex-GK hat mich verstanden es geht nicht um die Aufgabe an sich oder ein gut oder böse, sondern die rein praktische Arbeit mit den Mandanten, bei denen es sich eben überwiegend um Straftäter handelt, die oftmals nicht so sind wie du und ich. Manche kommen damit sehr gut zurecht aber für mich wäre es nichts.
In meinem Bekanntenkreis habe ich es auch so mitbekommen, wenn es um die Gewinnung neuer Mandanten ging. Empfehlungen kommen oft über die eigenen Mandanten, die andere Leute in der JVA treffen und dort wird dann über die jeweiligen Verteidiger geredet. Beliebt ist oft der harte Hund, der laut im Gericht wird und "sich so richtig für dich einsetzt" - auch wenn das gerne mal kontraproduktiv in der Verteidigung an sich ist. Aber viele Straftäter wollen eben einen Anwalt, der sie sehr sichtbar verteidigt... was eben wieder dem häufigen Klientel entspricht, die auch eher offensiv-aggressiv sind.*
*Oder man versteht sich eher als Sozialarbeiter und macht die ganzen Pflichtverteidigungen bei Beschaffungskriminalität... aber sowas habe ich der Station erlebt; da muss man mindestens zur Hälfte Sozialarbeiter sein, um das vernünftig zu schaffen.
08.10.2024, 13:53
(08.10.2024, 12:48)Patenter Gast schrieb:(08.10.2024, 12:14)Freidenkender schrieb:(08.10.2024, 11:46)Ex-GK schrieb:(08.10.2024, 11:00)PeterP schrieb:(07.10.2024, 14:08)Patenter Gast schrieb: Beim Strafrecht musst du eben überlegen, ob du die ganze Zeit mit Straftätern zu tun haben willst. Natürlich gibt es auch hin und wieder Unschuldige und ein paar arme Gestalten aber mir wäre es auf Dauer zu viel menschliches Elend bzw. da fehlt mir dann der persönliche Ehrgeiz, (Berufs-)Kriminelle vor dem Knast zu bewahren.
Meiner Meinung nach kann man das auf jeden Job beziehen, da das eine "Ist das Glas halb leer oder halb voll"-Diskussion ist. In meinem aktuellen Job könnte man sagen, dass ich ständig Mahnverfahren gegen völlig verschuldete Menschen durchführe. Diese Leute sind eh schon (auch durch eigene Fehlentscheidungen) gebeutelt, denn wer fühlt sich mit einem Haufen Schulden schon wohl. Und Geld ist dort zumeist eh nicht zu holen. Da werden die Briefe schon nicht mehr geöffnet und nur wenn man Glück hat, tauchen die Schuldner überhaupt mal in der mündlichen Verhandlung auf.
Oder aber man sieht es so, dass man die Liquidität der Unternehmen sicherstellt, denn ohne Geld können die auch nichts produzieren und es fallen Arbeitsplätze weg. Irgendjemand muss halt das Geld reinholen.
Mit dem Strafrecht ist es genauso. Ich persönlich würde mich eher als Wächter über ein faires Strafverfahren im Einsatz für Menschenrechte sehen, und weniger als einen kumpelhaften "Rausboxer", der ausschließlich nach der Pfeife des Mandanten tanzt, um ihn vor dem Knast zu bewahren. Ich würde die Tätigkeit als Strafverteider im Mandantenkontakt eher als unterstütztend-vermittelnd beschreiben. Aber was weiß ich schon, ich habe ja noch nicht mal angefangen
Der Blick auf die Tätigkeit selbst ändert aber nichts daran, mit wem Du es machst. Ich verstehe Patenter Gast eher so, dass es ihm um den Mandantenstamm geht. Die allermeisten Juristen und vor allem Jurastudierenden haben wenig bis nichts mit straffällig gewordenen Menschen zu tun und haben null Bezug dazu, wer die sind, wie sie leben und aufgewachsen sind. Da prallen nicht selten zwei Welten aufeinander. Aber auch, wenn der Mandantenstamm nicht so weit von einem selbst ist, kann die Art der Straftat durchaus persönlich belastend sein (zB wenn man sich mal anschaut, wer häufig Täter von Sexualdelikten - nicht nur an Kindern - sind, stellt man fest, dass es nicht selten nach außen hin "normale" Menschen mit geregeltem Leben sind). Im Ref geht man doch idR auch mal in eine JVA - da merken viele auch, dass alleine die Umgebung belastend sein kann, selbst wenn man "nur" seine Mandanten besucht und jederzeit gehen kann ist das einfach eine andere Welt, mit der man klar kommen muss.
ich teile diese Sicht. ich habe mich auch sehr für Strafrecht interessiert. Fand das im Studium recht spannend, da du eigentlich ab der ersten Vorlesung schon lebensnahe Beispiele hattest. True Crime vom Feinsten. Abgeschreckt hat mich dann aber die Station bei der StA im Ref. Ich habe mir immer vorgestellt, dass diese Menschen, die vor mir stehen als Klienten hätte. Erst mal um die Vorkasse feilschen etc. Das hat mich abgeschreckt
Aber das ist Typfrage! Strafverteidigung ist eine enorm wichtige Aufgabe für die Angeklagten aber auch den Rechtsstaat und ziehe da vor jedem Kollegen den Hut, der das macht. Wenn du es mit dir ausmachen kannst, dann go for it
Wenn du nicht ständig Probezeitkündigungen am Stück hast, dann ist das auch kein Problem
Ex-GK hat mich verstanden es geht nicht um die Aufgabe an sich oder ein gut oder böse, sondern die rein praktische Arbeit mit den Mandanten, bei denen es sich eben überwiegend um Straftäter handelt, die oftmals nicht so sind wie du und ich. Manche kommen damit sehr gut zurecht aber für mich wäre es nichts.
In meinem Bekanntenkreis habe ich es auch so mitbekommen, wenn es um die Gewinnung neuer Mandanten ging. Empfehlungen kommen oft über die eigenen Mandanten, die andere Leute in der JVA treffen und dort wird dann über die jeweiligen Verteidiger geredet. Beliebt ist oft der harte Hund, der laut im Gericht wird und "sich so richtig für dich einsetzt" - auch wenn das gerne mal kontraproduktiv in der Verteidigung an sich ist. Aber viele Straftäter wollen eben einen Anwalt, der sie sehr sichtbar verteidigt... was eben wieder dem häufigen Klientel entspricht, die auch eher offensiv-aggressiv sind.*
*Oder man versteht sich eher als Sozialarbeiter und macht die ganzen Pflichtverteidigungen bei Beschaffungskriminalität... aber sowas habe ich der Station erlebt; da muss man mindestens zur Hälfte Sozialarbeiter sein, um das vernünftig zu schaffen.
Puh, richtig interpretiert ;) ich habe mir aber auch genau diese Gedanken gemacht bzw. machen müssen. Ich wollte immer was mit Strafrecht machen, habe aber dann anhand der praktischen Arbeit und mit zunehmendem Kontakt und (glücklicherweise) ehrlichen Gesprächen mit Menschen, die in dem Bereich arbeiten, entschieden, beruflich einen anderen Weg zu verfolgen. Strafrecht interessiert mich persönlich immer noch am Meisten und das ist einer der wenigen "Jurathemen", mit denen ich mich auch privat aus Interesse beschäftige. Ich möchte das nur einfach aus verschiedenen Gründen nicht beruflich machen.
08.10.2024, 18:37
Ich finde Strafrecht als Materie auch sehr spannend, aber die Mandanten sprechen mich wahrlich nicht an.
Strafverfahren, rechtsstaatliche Prinzipien schön und gut, aber einen Sexualstraftäter oder ähnlich fragwürdige Gestalten vor dem Knast zu bewahren ist nun nicht gerade meine Traumvorstellung.
Du scheinst es zu wollen. Go for it! Eine Probezeitkündigung ist nichts verwerfliches und ein gutes Einstiegsangebot scheinst du zu haben. Wozu ausharren, wenn du in dem Bereich nicht bleiben willst?
Strafverfahren, rechtsstaatliche Prinzipien schön und gut, aber einen Sexualstraftäter oder ähnlich fragwürdige Gestalten vor dem Knast zu bewahren ist nun nicht gerade meine Traumvorstellung.
Du scheinst es zu wollen. Go for it! Eine Probezeitkündigung ist nichts verwerfliches und ein gutes Einstiegsangebot scheinst du zu haben. Wozu ausharren, wenn du in dem Bereich nicht bleiben willst?