05.04.2019, 15:13
(05.04.2019, 14:25)Armag3ddon (HH) schrieb: Heutiger SV:
Anwaltsklausur, aus Beklagtensicht. Eselrecht!
Mandantin ist die Erste Hannoversche Versicherung AG, die den Rechtsstreit für den Versicherungsnehmer einer Tierhalterhaftpflicht führen möchte.
Aufgabenstellung war leicht unüblich: ein Schriftsatz ans Gericht war nur dann zu entwerfen, wenn man den Anspruch für vollumfänglich ausgeschlossen, d.h. die Klage für 100% gewinnbar hält. Eine Verurteilung sollte um jeden Preis vermieden werden. Im anderen Falle waren ein Mandantenschreiben und ein Vergleichsvorschlag an die Gegenseite zu entwerfen. In tatsächlicher Hinsicht sollte der Geschehensablauf nicht bestritten werden.
Beklagter (B) ist Landwirt, Kläger (K) ist Hufschmied. Der Beklagte hat den Kläger für den Beschlag seiner drei Esel bestellt. Grundsätzlich betreibt B Tiermastbetriebe, er hält die Esel aber mit ein paar Hühnern und Pferden für seine beiden Kinder.
Am Tag des Beschlagens befanden sich die drei Esel auf der Koppel. Einen Esel, an dem zuerst gearbeitet werden sollte, hielt der B am Kopf fest, um ihn zu ruhig zu halten. Der zweite war angebunden. Der dritte lief noch frei herum und die Frau und die 11-jährige Tochter des B versuchten diesen einzufangen. K begann mit den Arbeiten, den Huf auszuschaben und abzuschleifen. Dazu hob er den rechten Hinterhuf an und arbeite mit einer Akkuflex. In dem Moment sprang der dritte Esel den bearbeiteten Esel an und Biss ihm den Rücken, weshalb der Esel ausschlag. Die rechte Hand des K wurde in die Flex getreten.
K verklagt B auf Schadensersatz, Schmerzensgeld und den üblichen Feststellungsantrag für die Zukunft. In der Klageschrift sind der Ablauf und der Verletzungsverlauf genauer beschrieben. In Kurz: K hatte einen tiefen am Daumen, Sehnen waren durchtrennt, mehrere Operationen und Entzündungen, teilweise Einsatz eines Transplantats, dauerhaft Gelenkschäden und Entzündungen, 3 Monate Krankschreibung, aufgrund derzeit nicht abheilender Entzündung ist in naher Zukunft mindestens eine weitere Operation notwendig.
Genaue Schadensaufstellung:
3.600,- € Schmerzensgeld
5.106,21 € Verdienstausfall für 3 Monate, im Schnitt verdient er netto 1.702,07 € pro Monat, Anlagen des Steuerberaters aus mehreren Jahren sind anbei
Ca. 1.200 (genaue Summe vergessen) für den Verlust seiner Beitragsrückerstattung der Krankenkasse. Er ist privat versicherung und musste dieses Mal, im Gegensatz zu Vorjahren, ordentlich Rechnungen einreichen, dadurch hat er die Beitragserstattung für 2018 und 2019 eingebüßt
20,- € allgemeine Schadenspauschale
Die Mandantin hat zunächst alle Ansprüche zurückgewiesen. Der K hätte keine Akkuflex einsetzen dürfen, sondern klassische Werkzeuge, Raspel und Feile. Der K hätte dafür sorgen müssen, dass der Esel fest fixiert ist und nicht hätte austreten können. Ein Festhalten nur durch B reichte nicht aus. Der K hätte auch dafür sorgen müssen, dass der dritte Esel erst noch angebunden wird.
In der Klage steht dazu: der Einsatz der Flex hat Vorteile, weil [irgendwas warum das besser für die Hufe ist]. Das Festhalten des Tieres durch den Halter hat eine deutlich beruhigendere Wirkung als das Festbinden. Der dritte Esel befand sich am anderen Ende der Koppel. Frau und Tochter hätten den auch besser bändigen sollen. Die Esel waren auch bei vorherigen Aufträgen immer umgänglich und ruhig.
Die Mandantin schießt noch gegenüber uns Informationen nach:
Wir sollen bitte daran denken, dass ggf. ein vertraglicher Haftungsausschluss bestehen könnte. Jedenfalls verhalte sich der K aber widersprüchlich, wenn er die risikoreiche Arbeit mit Tieren akzeptiere, aber dann Schadensersatz fordere.
Man hat herausgefunden, dass Hannoversche Berufsgenossenschaft gutachterlich die Gefahren beim Einsatz einer Flex zur Hufabschleifung überprüft habe, im Hinblick darauf, ob dadurch erhöhte Feinstaubbelastung entsteht. Eine Internetrecherche ergab, dass das Festhalten durch den Tierhalter wohl beruhigender auf das Tier wirke als ein Anbinden.
Nimmst du die Sachverhalte mit oder wieso kann man sich so genau an Nachkommastellen erinnern? Sehr bemerkenswert!
Danke für die ausführlichen Zusammenfassungen!!
Richtig lustig, im März: 4 Pferde in der Z2 und 2 Rinder in der Z4. Nun Esel... das LJPA liebt Tiere....
Finde eure Z4 eigentlich ganz nett. Zumindest nicht gerade abgefahren, da kann man schön argumentieren. Der Bearbeitervermerk deutet für mich darauf hin, dass ein Vergleichsvorschlag gewollt war...
05.04.2019, 15:16
(05.04.2019, 15:07)GastNRW123 schrieb:(05.04.2019, 14:56)Gast schrieb:(05.04.2019, 14:21)GastNRW123 schrieb: Bei uns heute Tierhalterhaftung
Haftpflichtversicherung ist Mandantin, Versicherungsnehmer wird verklagt. Der Kläger ist Hufschmied und sollte drei Esel beschlagen.
Hatte die drei Esel auf den Bauernhof des Versicherungsnehmers herausgeführt, der Tyo hielt den einen Esel fest, während einer der anderen Esel draußen in einiger Entfernung rumlief.
Kläger flexxte gerade mit Elektrogerät am Huf rum, da wollten die Frau und die Tochter des Beklagten den freilaufenden Esel fangen. Der biss dann ohne Grund den Esel beim Kläger in den Rücken, dieser trat aus und der Kläger flexxte sich in die Hand. Tiefe Schnittwunde, erforderte mehrere Operationen, drei Monate arbeitsunfähig.
Kläger verlangt Schadensersatz und Schmerzensgeld vom Tierhalter in einer Klage vorm LG Köln
Versicherung des Tierhalters wollte das abwehren. Argumentation:
Handeln auf eigene Gefahr
Mitverschulden, denn 1. Hätte er raspeln können statt flexxen und 2. Hätte er den Esel anbinden müssen, statt ihn vom Beklagten festhalten zu lassen
Weitere Infos:
Rechtsanwältin hat recherchiert:
Fachleute sagen, dass das Festhalten beruhigender wirkt auf die Tiere als anbinden
Elektroflexx ist laut irgendeiner Fachbroschüre mögliche Unfallursache
Außerdem fällt dabei auch Staub an, der sich in den Atemwegen ablegen kann
Versicherung und Beklagter haben beide zum Prozess bevollmächtigt, entweder also Abwehr oder sonst streitiges Urteil vermeiden und Einigung mit Kläger erzielen
Bist Du Dir sicher, dass der Beklagte den Esel festgehalten hat? Ich meine, er hat ihn selbst am Halfter festgehalten.
So sicher wie man sich nach dem Stress sein kann :blush: meine aber schon, weil in dem Vermerk der Anwältin auch stand, dass das beruhigend auf die Tiere wirkt, wenn der Tierhalter sie festhält etc
Auch reib praktisch wäre es mE schwer, dass der Kläger selbst das Tier hält und den Huf hebt und flexxt, also so viele Hände hat ja keiner
Rein praktisch muss ich Dir zustimmen :D Allerdings hab ich gelesen, dass er ihn selbst am Kopf - genauer am Halfter - gehalten hat, obwohl er selbst gesagt hat, dass es beruhigender für das Tier ist, wenn der dem Tier bekannte Tierhalter das macht. Womöglich hab ich hier aber auch was in den SV reingelesen. Keine Gewähr :s und: Wochenende!
05.04.2019, 15:17
(05.04.2019, 15:13)GastNRW89 schrieb:(05.04.2019, 14:25)Armag3ddon (HH) schrieb: [...]
Nimmst du die Sachverhalte mit oder wieso kann man sich so genau an Nachkommastellen erinnern? Sehr bemerkenswert!
Danke für die ausführlichen Zusammenfassungen!!
Richtig lustig, im März: 4 Pferde in der Z2 und 2 Rinder in der Z4. Nun Esel... das LJPA liebt Tiere....
Finde eure Z4 eigentlich ganz nett. Zumindest nicht gerade abgefahren, da kann man schön argumentieren. Der Bearbeitervermerk deutet für mich darauf hin, dass ein Vergleichsvorschlag gewollt war...
Nene, die Sachverhalte müssen mit Nummer versehen und abgegeben werden. ;)
Aber hier habe ich eben noch darüber gegrübelt, wie man 21 Cent durch zwei teilen könnte, darum ist mir der Betrag im Gedächtnis geblieben. Ich hatte auch kurz geprüft, ob der andere Anwalt die drei Monate Verdienstausfall richtig berechnet hatte!
05.04.2019, 15:19
(05.04.2019, 15:17)Armag3ddon schrieb:(05.04.2019, 15:13)GastNRW89 schrieb:(05.04.2019, 14:25)Armag3ddon (HH) schrieb: [...]
Nimmst du die Sachverhalte mit oder wieso kann man sich so genau an Nachkommastellen erinnern? Sehr bemerkenswert!
Danke für die ausführlichen Zusammenfassungen!!
Richtig lustig, im März: 4 Pferde in der Z2 und 2 Rinder in der Z4. Nun Esel... das LJPA liebt Tiere....
Finde eure Z4 eigentlich ganz nett. Zumindest nicht gerade abgefahren, da kann man schön argumentieren. Der Bearbeitervermerk deutet für mich darauf hin, dass ein Vergleichsvorschlag gewollt war...
Nene, die Sachverhalte müssen mit Nummer versehen und abgegeben werden. ;)
Aber hier habe ich eben noch darüber gegrübelt, wie man 21 Cent durch zwei teilen könnte, darum ist mir der Betrag im Gedächtnis geblieben. Ich hatte auch kurz geprüft, ob der andere Anwalt die drei Monate Verdienstausfall richtig berechnet hatte!
Respekt auf jeden Fall, sehr gutes Gedächtnis.
05.04.2019, 15:21
Kann man den Vergleichsvorschlag überhaupt in der Klageerwiderung machen? Dann bei vollem Klageabweisungsantrag? Finde ich komisch. Der Bearbeitervermerk wollte ja eben ENTWEDER SS an das Gericht ODER Mandantenschreiben + Vergleichsvorschlag. Letzteres geht eben nicht an das Gericht.
05.04.2019, 15:25
(05.04.2019, 15:21)Gast12345 schrieb: Kann man den Vergleichsvorschlag überhaupt in der Klageerwiderung machen? Dann bei vollem Klageabweisungsantrag? Finde ich komisch. Der Bearbeitervermerk wollte ja eben ENTWEDER SS an das Gericht ODER Mandantenschreiben + Vergleichsvorschlag. Letzteres geht eben nicht an das Gericht.
Warum sollte das nicht gehen? Bei mir war die Klage ja nur teilweise begründet wegen dem Mitverschulden. Dann ist das mMn Usus, dass man auf einen Vergleich aufmerksam macht.
05.04.2019, 15:33
(05.04.2019, 15:16)Gast schrieb:(05.04.2019, 15:07)GastNRW123 schrieb:(05.04.2019, 14:56)Gast schrieb:(05.04.2019, 14:21)GastNRW123 schrieb: Bei uns heute Tierhalterhaftung
Haftpflichtversicherung ist Mandantin, Versicherungsnehmer wird verklagt. Der Kläger ist Hufschmied und sollte drei Esel beschlagen.
Hatte die drei Esel auf den Bauernhof des Versicherungsnehmers herausgeführt, der Tyo hielt den einen Esel fest, während einer der anderen Esel draußen in einiger Entfernung rumlief.
Kläger flexxte gerade mit Elektrogerät am Huf rum, da wollten die Frau und die Tochter des Beklagten den freilaufenden Esel fangen. Der biss dann ohne Grund den Esel beim Kläger in den Rücken, dieser trat aus und der Kläger flexxte sich in die Hand. Tiefe Schnittwunde, erforderte mehrere Operationen, drei Monate arbeitsunfähig.
Kläger verlangt Schadensersatz und Schmerzensgeld vom Tierhalter in einer Klage vorm LG Köln
Versicherung des Tierhalters wollte das abwehren. Argumentation:
Handeln auf eigene Gefahr
Mitverschulden, denn 1. Hätte er raspeln können statt flexxen und 2. Hätte er den Esel anbinden müssen, statt ihn vom Beklagten festhalten zu lassen
Weitere Infos:
Rechtsanwältin hat recherchiert:
Fachleute sagen, dass das Festhalten beruhigender wirkt auf die Tiere als anbinden
Elektroflexx ist laut irgendeiner Fachbroschüre mögliche Unfallursache
Außerdem fällt dabei auch Staub an, der sich in den Atemwegen ablegen kann
Versicherung und Beklagter haben beide zum Prozess bevollmächtigt, entweder also Abwehr oder sonst streitiges Urteil vermeiden und Einigung mit Kläger erzielen
Bist Du Dir sicher, dass der Beklagte den Esel festgehalten hat? Ich meine, er hat ihn selbst am Halfter festgehalten.
So sicher wie man sich nach dem Stress sein kann :blush: meine aber schon, weil in dem Vermerk der Anwältin auch stand, dass das beruhigend auf die Tiere wirkt, wenn der Tierhalter sie festhält etc
Auch reib praktisch wäre es mE schwer, dass der Kläger selbst das Tier hält und den Huf hebt und flexxt, also so viele Hände hat ja keiner
Rein praktisch muss ich Dir zustimmen :D Allerdings hab ich gelesen, dass er ihn selbst am Kopf - genauer am Halfter - gehalten hat, obwohl er selbst gesagt hat, dass es beruhigender für das Tier ist, wenn der dem Tier bekannte Tierhalter das macht. Womöglich hab ich hier aber auch was in den SV reingelesen. Keine Gewähr :s und: Wochenende!
Habe jetzt nochmal bei den Mitleidern gefragt, der Beklagte hat den Esel gehalten. Der Kläger hat den hinteren Huf geflexxt, das heißt er kann das Tier nicht am Halfter gehalten haben.
05.04.2019, 15:40
(05.04.2019, 15:25)Gast schrieb:(05.04.2019, 15:21)Gast12345 schrieb: Kann man den Vergleichsvorschlag überhaupt in der Klageerwiderung machen? Dann bei vollem Klageabweisungsantrag? Finde ich komisch. Der Bearbeitervermerk wollte ja eben ENTWEDER SS an das Gericht ODER Mandantenschreiben + Vergleichsvorschlag. Letzteres geht eben nicht an das Gericht.
Warum sollte das nicht gehen? Bei mir war die Klage ja nur teilweise begründet wegen dem Mitverschulden. Dann ist das mMn Usus, dass man auf einen Vergleich aufmerksam macht.
Aufgrund des Bearbeitervermerks! In deinem Fall sollte nämlich gerade kein SS an das Gericht gefertigt werden...
05.04.2019, 15:44
(05.04.2019, 15:40)Gast12345 schrieb:(05.04.2019, 15:25)Gast schrieb:(05.04.2019, 15:21)Gast12345 schrieb: Kann man den Vergleichsvorschlag überhaupt in der Klageerwiderung machen? Dann bei vollem Klageabweisungsantrag? Finde ich komisch. Der Bearbeitervermerk wollte ja eben ENTWEDER SS an das Gericht ODER Mandantenschreiben + Vergleichsvorschlag. Letzteres geht eben nicht an das Gericht.
Warum sollte das nicht gehen? Bei mir war die Klage ja nur teilweise begründet wegen dem Mitverschulden. Dann ist das mMn Usus, dass man auf einen Vergleich aufmerksam macht.
Aufgrund des Bearbeitervermerks! In deinem Fall sollte nämlich gerade kein SS an das Gericht gefertigt werden...
In NRW sollte ein SS an das Gericht, sofern man die Klage für ganz ODER teilweise begründet hält. LG
05.04.2019, 15:52
Und Vergleich dann gar nicht ansprechen?????