17.05.2024, 08:21
Hey Leute,
mal angenommen ein Zeuge wird im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens geladen und gibt dort plötzlich (also unvorhergesehen) einen Tatbeitrag zu, ohne dass er sodann als Beschuldigter iSv § 136 StPO belehrt wird und ohne dass er im Voraus gem. § 55 II StPO belehrt wurde.
Ich hätte jetzt einfach geprüft, ob die Aussage wegen eines Verstoßes gem. § 163a IV 2 StPO iVm § 136 I 2 StPO unverwertbar ist. Die mir vorgeschlagene Lösung spricht aber stattdessen ein Beweisverwertungsverbot wegen Verstoßes gegen § 55 II StPO an und meint, die unterlassene § 136 I 2 StPO Belehrung sei unschädlich, weil eine solche nicht zwingend erforderlich gewesen sei.
Ich verstehe diesen Gedankengang aber nicht. Für mich war bislang klar, dass das Zugeben einer Straftat innerhalb einer Vernehmung die Belehrungspflicht nach § 136 I 2 StPO auslöst, selbst wenn § 55 II StPO unterlassen wurde. Könnt ihr mir vielleicht weiterhelfen?
Vielen Dank!
mal angenommen ein Zeuge wird im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens geladen und gibt dort plötzlich (also unvorhergesehen) einen Tatbeitrag zu, ohne dass er sodann als Beschuldigter iSv § 136 StPO belehrt wird und ohne dass er im Voraus gem. § 55 II StPO belehrt wurde.
Ich hätte jetzt einfach geprüft, ob die Aussage wegen eines Verstoßes gem. § 163a IV 2 StPO iVm § 136 I 2 StPO unverwertbar ist. Die mir vorgeschlagene Lösung spricht aber stattdessen ein Beweisverwertungsverbot wegen Verstoßes gegen § 55 II StPO an und meint, die unterlassene § 136 I 2 StPO Belehrung sei unschädlich, weil eine solche nicht zwingend erforderlich gewesen sei.
Ich verstehe diesen Gedankengang aber nicht. Für mich war bislang klar, dass das Zugeben einer Straftat innerhalb einer Vernehmung die Belehrungspflicht nach § 136 I 2 StPO auslöst, selbst wenn § 55 II StPO unterlassen wurde. Könnt ihr mir vielleicht weiterhelfen?
Vielen Dank!
17.05.2024, 09:24
§ 136 StPO findet nur dann Anwendung, wenn dein "Zeuge" bereits zum Zeitpunkt der Vernehmung Beschuldigter gewesen ist oder die Ermittlungsbehörden ihn als solchen hätten behandeln müssen. Wenn aber wie von dir geschildert ein Zeuge vernommen wird, ist dieser grundsätzlich nur gem. §§ 52, 55 StPO zu belehren. Sollte während der Vernehmung dann der Status als Beschuldigter begründet werden, wäre eine Belehrung iSd 136 StPO nachzuschieben.
Da in dem von dir geschilderten Fall dieser Übergang zwischen Status als Zeuge und Beschuldigter aber aufgrund einer Spontanäußerung erfolgte, folglich dem Polizisten eine Belehrung nach § 136 StPO gar nicht möglich gewesen wäre. Kommt nur § 55 StPO allenfalls hilfsweise vllt. § 136 StPO in Betracht. Wenn man das Beweisverwertungsverbot daran knüpfen würde, dass grundsätzlich der Zeuge just in dem Moment hätte unterbrochen und belehrt werden müssen, als dem Polizisten klar wird, dass dieser die Tat gerade gesteht. Das ist aber praktisch wohl kaum zu verlangen. § 136 StPO würde aber greifen, wenn der Polizist nach der Spontanäußerung weitere Nachfragen stellt, worauf sich dann der vormalige Zeuge (inzwischen Beschuldigte) selbst belastet.
Da in dem von dir geschilderten Fall dieser Übergang zwischen Status als Zeuge und Beschuldigter aber aufgrund einer Spontanäußerung erfolgte, folglich dem Polizisten eine Belehrung nach § 136 StPO gar nicht möglich gewesen wäre. Kommt nur § 55 StPO allenfalls hilfsweise vllt. § 136 StPO in Betracht. Wenn man das Beweisverwertungsverbot daran knüpfen würde, dass grundsätzlich der Zeuge just in dem Moment hätte unterbrochen und belehrt werden müssen, als dem Polizisten klar wird, dass dieser die Tat gerade gesteht. Das ist aber praktisch wohl kaum zu verlangen. § 136 StPO würde aber greifen, wenn der Polizist nach der Spontanäußerung weitere Nachfragen stellt, worauf sich dann der vormalige Zeuge (inzwischen Beschuldigte) selbst belastet.
17.05.2024, 09:31
(17.05.2024, 09:24)Kugelblitz schrieb: § 136 StPO findet nur dann Anwendung, wenn dein "Zeuge" bereits zum Zeitpunkt der Vernehmung Beschuldigter gewesen ist oder die Ermittlungsbehörden ihn als solchen hätten behandeln müssen. Wenn aber wie von dir geschildert ein Zeuge vernommen wird, ist dieser grundsätzlich nur gem. §§ 52, 55 StPO zu belehren. Sollte während der Vernehmung dann der Status als Beschuldigter begründet werden, wäre eine Belehrung iSd 136 StPO nachzuschieben.
Da in dem von dir geschilderten Fall dieser Übergang zwischen Status als Zeuge und Beschuldigter aber aufgrund einer Spontanäußerung erfolgte, folglich dem Polizisten eine Belehrung nach § 136 StPO gar nicht möglich gewesen wäre. Kommt nur § 55 StPO allenfalls hilfsweise vllt. § 136 StPO in Betracht. Wenn man das Beweisverwertungsverbot daran knüpfen würde, dass grundsätzlich der Zeuge just in dem Moment hätte unterbrochen und belehrt werden müssen, als dem Polizisten klar wird, dass dieser die Tat gerade gesteht. Das ist aber praktisch wohl kaum zu verlangen. § 136 StPO würde aber greifen, wenn der Polizist nach der Spontanäußerung weitere Nachfragen stellt, worauf sich dann der vormalige Zeuge (inzwischen Beschuldigte) selbst belastet.
Vielen Dank! Das heißt also, wenn wir eine ordnungsgemäße Belehrung insbesondere nach § 55 II StPO gehabt hätten und der vernehmende Polizist keine weitere Nachfragen gestellt hätte, wäre es möglich gewesen, ein Ermittlungsverfahren gegen den Zeugen im Nachgang basierend auf dieser Aussage zu eröffnen?
17.05.2024, 12:25
Meines Erachtens nach ja, schau dir mal das Problemfeld der sog. "Spontanäußerung" an, falls du dies noch nicht getan haben solltest. Dort solltest du auf vergleichbare Probleme stoßen.