31.03.2024, 22:44
Mich würde eure Meinung und Einschätzung zu den Reformvorschlägen des Jurastudiums im Hamburger Protokoll der BLS interessieren. Haltet ihr die Vorschläge für sinnvoll oder sollte das jetzige System beibehalten werden oder gar ein radikalerer Systemwechsel zum Bachelor/Master stattfinden?
31.03.2024, 23:12
ich bin dafür das StEx beizubehalten.
1. So garantiert man flächendeckend ein konstantes Niveau. Man verweise hier nur auf die aktuelle Ungleichheit bei den SPen je nach Uni (teilweise 5 klausuren + Seminararbeit, teilweise nur 1 Seminararbeit ohne Klausuren). Dann die Notenunterschiede bei den verschiedenen SPen.
2. Es gibt nicht den Quatsch mit "target Uni" oder teurer Privatuni (siehe BWLer)
3. Mit den schweren allumfassenden Staatsexamina wird man zum Volljuristen ausgebildet und kann - abhängig von der Note - in allen Bereichen direkt arbeiten. In romanischen Ländern qualifiziert der Bachelor- bzw Masterabschluss nur zur Aufnahmeprüfung verschiedener Berufszweige, bspw für die Richter- und Staatsanwaltschule oder Kammerprüfung für RAe. Ein Wechsel zwischen den Bereichen ist nicht so einfach möglich und bedarf mehrere Jahre Berufserfahrung. Ferner ist das Ausbildungssystem dieser Länder deutlich verschulter und insb auf Erlernen von Fachwissen ausgerichtet, während es bei uns im Examen - neben dem vielen Wissen - insb. auf die abstrahierte Anwendung des jur. Handwerkszeugs auf atypische Klausuren und unbekannte Sachverhalte geht (:/). Des Weiteren werden wir fächerübergreifend ausgebildet und haben deshalb einen durchaus weiten Horizont.
4. Aktuell schaffen jedes jahr über 11.000 das erste Examen. Und das, obwohl es zukünftig einen deutlich reduzierteren Bedarf an Juristen geben wird. Beim 1. Examen schaffen inkl SP über 30 % ein Prädikat. Gibt es also vor diesem Hintergrund tatsächlich einen Bedarf das 1. Examen zu reformieren?
5. laut dem HH-Protokoll soll der LLB vor dem SP vergeben werden. Denn der SP usw sei schon Masterniveau. Die freie Wirtschaft und der ÖD gruppieren allerdings das 1. Examen nur auf das Niveau eines Bachelors ein.
1. So garantiert man flächendeckend ein konstantes Niveau. Man verweise hier nur auf die aktuelle Ungleichheit bei den SPen je nach Uni (teilweise 5 klausuren + Seminararbeit, teilweise nur 1 Seminararbeit ohne Klausuren). Dann die Notenunterschiede bei den verschiedenen SPen.
2. Es gibt nicht den Quatsch mit "target Uni" oder teurer Privatuni (siehe BWLer)
3. Mit den schweren allumfassenden Staatsexamina wird man zum Volljuristen ausgebildet und kann - abhängig von der Note - in allen Bereichen direkt arbeiten. In romanischen Ländern qualifiziert der Bachelor- bzw Masterabschluss nur zur Aufnahmeprüfung verschiedener Berufszweige, bspw für die Richter- und Staatsanwaltschule oder Kammerprüfung für RAe. Ein Wechsel zwischen den Bereichen ist nicht so einfach möglich und bedarf mehrere Jahre Berufserfahrung. Ferner ist das Ausbildungssystem dieser Länder deutlich verschulter und insb auf Erlernen von Fachwissen ausgerichtet, während es bei uns im Examen - neben dem vielen Wissen - insb. auf die abstrahierte Anwendung des jur. Handwerkszeugs auf atypische Klausuren und unbekannte Sachverhalte geht (:/). Des Weiteren werden wir fächerübergreifend ausgebildet und haben deshalb einen durchaus weiten Horizont.
4. Aktuell schaffen jedes jahr über 11.000 das erste Examen. Und das, obwohl es zukünftig einen deutlich reduzierteren Bedarf an Juristen geben wird. Beim 1. Examen schaffen inkl SP über 30 % ein Prädikat. Gibt es also vor diesem Hintergrund tatsächlich einen Bedarf das 1. Examen zu reformieren?
5. laut dem HH-Protokoll soll der LLB vor dem SP vergeben werden. Denn der SP usw sei schon Masterniveau. Die freie Wirtschaft und der ÖD gruppieren allerdings das 1. Examen nur auf das Niveau eines Bachelors ein.
31.03.2024, 23:15
Ich kann aber selbstverständlich diejenigen verstehen, die noch vor dem ersten Examen stehen und deshalb eine Reform befürworten...
Edit: wenn man das 1. Examen reformiert oder sogar durch die Einführung des Master ersetzt, dann müsste auch das zweite Examen entsprechend reformiert werden, welches noch einmal eine ganz andere Kategorie an Schwierigkeit darstellt.
Edit: wenn man das 1. Examen reformiert oder sogar durch die Einführung des Master ersetzt, dann müsste auch das zweite Examen entsprechend reformiert werden, welches noch einmal eine ganz andere Kategorie an Schwierigkeit darstellt.
01.04.2024, 00:35
Ich halte es grundsätzlich nicht für sinnvoll, akademische Abschlüsse noch weiter zu entwerten. Es muss sich nicht jeder Bachelor/Master/Diplom-Irgendwas nennen können. Ganz besonders gilt das für Juristen, deren Weg zur ersten juristischen Prüfung erstaunlich einfach ist. Keine wöchentlichen Abgaben, an vielen Universitäten unendlich Versuche für die allermeisten Scheine, unendlich lange Vorbereitungszeit für die Abschlussprüfung und dann muss man in der Abschlussprüfung auch nur 3 oder 4 von 6 Klausuren bestehen. Realistisch betrachtet würden diejenigen Kandidaten, die mit der gegenwärtigen juristischen Ausbildung Probleme haben, in einem echten Bachelor-Studiengang mit einer sonst üblichen Prüfungsordnung (bereits gesehen: maximal drei Versuche; Zwangsanmeldung zu Prüfungen ohne Rücktrittsmöglichkeit; Mindestanzahl an bestandenen Modulen pro Semester; selbstverständlich erfolgt die Exmatrikulation auch, wenn man ein eigentlich bedeutungsloses 3 CP-Modul nicht besteht, aber sonst schon alle Module mit 1,0 bestanden hat u.v.m.) schon exmatrikuliert sein, bevor sie ihr erstes Pflichtpraktikum absolvieren. Trotzdem heulen die Jura-Studenten dauerhaft rum. Die sollten ihre Zeit mal lieber ins Lernen investieren.
01.04.2024, 10:09
Die Probleme, die viele mit dem 1. Examen haben, liegen daran, dass sie erst einmal 3-4 Jahre "chillen", statt vernünftig zu studieren. Studium und Examen sind nicht reformbedürftig. Die Einstellung vieler Jurastudenten ist es schon.
01.04.2024, 10:20
An meiner Uni haben (ausschließlich!) ungeprüfte Studenten die Scheinklausuren korrigiert. Kosten sparen. Auch dem Umfang nach sind die Unis untereinander nicht zu vergleichen.
Ich bin deshalb gegen einen Jura Bachelor.
Ich bin deshalb gegen einen Jura Bachelor.
01.04.2024, 11:02
Zitat:Die Probleme, die viele mit dem 1. Examen haben, liegen daran, dass sie erst einmal 3-4 Jahre "chillen", statt vernünftig zu studieren. Studium und Examen sind nicht reformbedürftig. Die Einstellung vieler Jurastudenten ist es schon.
Es kommt da denke ich ebenfalls auf die Uni an. Mein Studium liegt schon Jahre zurück, allerdings meine ich mich daran zu erinnern, dass für jeden großen Schein aus den 4 gestellten Klausuren 2 bestanden werden mussten + HA. Die Durchfallquote war inbs im ZR erheblich, da der Prof für den großen Schein nichts eingegrenzt hat (also Erbrecht, FamR, SachenRecht, BGB AT, Deliktsrecht, Bereicherungsrecht, Schuldrecht, Handels-Gesellschaftsrecht und a bissl ZPO) und auch keine Tipps in der Vorlesung zu den Klausuren gegeben hat. Vielleicht auch nur eine Ausnahme unter den Profs, keine Ahnung. Und der SP mit den ganzen Klausuren war auch nicht ohne. Bei uns hat damals auch KEINER den SP NACH dem Examen gemacht. Alle vorher. Ich weiß gar nicht, woher das kommt, dass man das jetzt nach der Staatsprüfung machen kann. Aber das zeigt ja alles nur, dass es nicht nur erhebliche Unterschiede zwischen den Unis, sondern auch zwischen den Profs gibt. Diese Unterschiede fallen in der Staatsprüfung weg.
01.04.2024, 14:10
Das ist längst überfällig und ich bin erstaunt, dass es jetzt tatsächlich Fortschritte zu geben scheint.
Perspektivisch muss das Examen komplett abgeschafft werden und durch ein modulares System ersetzt werden. Die Belastung die Juristen in der Ausbildung zugemutet wird ist nicht vertretbar. Und dann hat man am Ende keine Spezialisierung und oftmals auch keine Ahnung von wichtigen Praxisfeldern.
Wer glaubt dass ein Prüfungssystem aus der Kaiserzeit noch angemessen ist, obwohl sich die Komplexität der Rechtspraxis massiv verändert hat und die zu bewältigende Stoffmenge geradezu explodiert ist, hat echt den Knall nicht gehört.
Perspektivisch muss das Examen komplett abgeschafft werden und durch ein modulares System ersetzt werden. Die Belastung die Juristen in der Ausbildung zugemutet wird ist nicht vertretbar. Und dann hat man am Ende keine Spezialisierung und oftmals auch keine Ahnung von wichtigen Praxisfeldern.
Wer glaubt dass ein Prüfungssystem aus der Kaiserzeit noch angemessen ist, obwohl sich die Komplexität der Rechtspraxis massiv verändert hat und die zu bewältigende Stoffmenge geradezu explodiert ist, hat echt den Knall nicht gehört.
01.04.2024, 17:48
(01.04.2024, 14:10)Paul Klee schrieb: Das ist längst überfällig und ich bin erstaunt, dass es jetzt tatsächlich Fortschritte zu geben scheint.
Perspektivisch muss das Examen komplett abgeschafft werden und durch ein modulares System ersetzt werden. Die Belastung die Juristen in der Ausbildung zugemutet wird ist nicht vertretbar. Und dann hat man am Ende keine Spezialisierung und oftmals auch keine Ahnung von wichtigen Praxisfeldern.
Wer glaubt dass ein Prüfungssystem aus der Kaiserzeit noch angemessen ist, obwohl sich die Komplexität der Rechtspraxis massiv verändert hat und die zu bewältigende Stoffmenge geradezu explodiert ist, hat echt den Knall nicht gehört.
Die Belastung der Staatsexamina ist nicht außergewöhnlich. Im Berufsleben erwarten einen mitunter noch größere Belastungen.
Eine Spezialisierung kann Fluch und Segen zugleich sein. Sie kann Türen öffnen, aber auch andere verschließen.
Dass sich ein Prüfungssystem seit so vielen Jahrzehnten bewährt hat, spricht außerdem für und nicht gegen dieses System. Gute Dinge bewähren sich.
Und die Komplexität des Rechtssystems erlernt man durch ein Allround-System und nicht durch eine Spezialisierung.
14.04.2024, 10:48
(01.04.2024, 10:09)DerJurist schrieb: Die Probleme, die viele mit dem 1. Examen haben, liegen daran, dass sie erst einmal 3-4 Jahre "chillen", statt vernünftig zu studieren. Studium und Examen sind nicht reformbedürftig. Die Einstellung vieler Jurastudenten ist es schon.
Ganz ehrlich, wenn man so etwas liest, wundert man sich nicht mehr, dass so viele Menschen Juristen nicht mögen.
Was erwartest du denn von 18-20-jährigen Studenten? Dass sie sich schon in den ersten Jahren des Studiums aufs Examen vorbereiten, obwohl das in den Klausuren überhaupt nicht erwartet wird? Das, was in der Examensvorbereitung auf einen zukommt, unterscheidet sich einfach ganz deutlich von dem, was im Grundstudium und SP erwartet wird. Und dafür können die Studierenden nichts. Egal, wie gut oder fleißig man im Grundstudium war, man muss immer noch vorm 1. Examen viel auswendig lernen und verstehen, womit man vorher nichts zu tun hatte.
Und zu dem Beitrag weiter unten bezüglich der noch härteren Belastungen im späteren Job: Die Voraussetzungen sind aber andere, dort muss man nicht innerhalb von zwei Wochen Wissen raushauen, was man sich ein Jahr lang angeeignet hat. Natürlich ist ein Job stressig, aber es ist ein ganz anderer Druck dahinter.
Nur, dass dieses Prüfungssystem seit vielen Jahrzehnten läuft, heißt es nicht, dass es sich bewährt hat. Ich selbst habe ein gutes 1. Examen geschrieben und bin psychisch unbeschadet aus der Sache rausgekommen, fand es aber trotzdem sehr anstrengend und es war echt viel Druck dahinter. Hinzu kommt, dass auch einfach sehr viel von Glück abhängt (welche Klausuren, welche Korrektoren).
Ich stimme Paul Klee absolut zu. Man will ja keine Spezialisierung nach 2 Jahren, aber nach dem Masterabschluss ist das doch keinesfalls sinnwidrig. Ich zum Beispiel weiß zu 100 %, dass ich keine Rechtsanwältin werden möchte. Andere wissen genau, dass sie nicht in die Justiz möchten. Wieso dann nicht ermöglichen, dass man sich nach 5 (!) Jahren auf einen Zweig festlegt, der ja immer noch vielseitig gestaltet werden kann?
Und wenn man sich später umentscheidet, kann man das immer noch tun, auch wenn es dann nochmal ein Jahr/einige Monate "Umschulung" braucht. Wenn dadurch die praktische Ausbildung in den einzelnen Zweigen kürzer wird, hat man damit ja auch keine Zeit verloren.