02.01.2024, 19:53
Hallo,
ich bin seit gut einem Jahr Richter auf Probe an einem Landgericht in Zivilsachen und im Moment kommen bei mir immer mehr Zweifel auf.
Mein Lieblingsrechtgebiet war schon immer das Zivilrecht, ich bin auch in den ersten Monaten trotz hoher Belastung sehr gut reingekommen. Ich konnte viele Vergleiche schließen, die Arbeit mit Parteien und Anwälten in den Verhandlungen macht mir Spaß und ich schätze die freie Zeiteinteilung und Unabhängigkeit meiner Entscheidungen. Ich hatte ein gutes erstes Zeugnis, in der ich als geeignet eingestuft. Ich konnte trotz einer hohen Üerlastung mit vielen Altfällen die Bestände gleichhalten. Jetzt habe ich aber das Gefühl, dass von Seiten des Vorsitzenden bzw. generell von Oben immer mehr Kritik gesäht wird.
Auslöser waren zwei längere Krankheitsphasen von jeweils circa 3 Wochen. Nach der zweiten Krankheit bin ich dann direkt von meinem Vorsitzenden und vom Präsidenten zum Gespräch gebeten worden, wo ich massive Kritik einfahren musste: "Referat am Brennen, sie kommen immer so spät, etc." Auch kam die Frage nach einer Krankheitsanfälligkeit auf.
Ich muss hinzufügen, dass ich viel im Home Office arbeite und eher ein Abendmensch bin. Auch mal am Wochenende was zu arbeiten oder am Abend ist für mich keine Seltenheit.
Ich habe jetzt das Gefühl, dass man aufgrund der leider zufällig aufgetretenen langen Krankheitsdauer die Zusammenarbeit lieber beenden würde.
Was meint ihr?
Viele Grüße
Kaslimon
ich bin seit gut einem Jahr Richter auf Probe an einem Landgericht in Zivilsachen und im Moment kommen bei mir immer mehr Zweifel auf.
Mein Lieblingsrechtgebiet war schon immer das Zivilrecht, ich bin auch in den ersten Monaten trotz hoher Belastung sehr gut reingekommen. Ich konnte viele Vergleiche schließen, die Arbeit mit Parteien und Anwälten in den Verhandlungen macht mir Spaß und ich schätze die freie Zeiteinteilung und Unabhängigkeit meiner Entscheidungen. Ich hatte ein gutes erstes Zeugnis, in der ich als geeignet eingestuft. Ich konnte trotz einer hohen Üerlastung mit vielen Altfällen die Bestände gleichhalten. Jetzt habe ich aber das Gefühl, dass von Seiten des Vorsitzenden bzw. generell von Oben immer mehr Kritik gesäht wird.
Auslöser waren zwei längere Krankheitsphasen von jeweils circa 3 Wochen. Nach der zweiten Krankheit bin ich dann direkt von meinem Vorsitzenden und vom Präsidenten zum Gespräch gebeten worden, wo ich massive Kritik einfahren musste: "Referat am Brennen, sie kommen immer so spät, etc." Auch kam die Frage nach einer Krankheitsanfälligkeit auf.
Ich muss hinzufügen, dass ich viel im Home Office arbeite und eher ein Abendmensch bin. Auch mal am Wochenende was zu arbeiten oder am Abend ist für mich keine Seltenheit.
Ich habe jetzt das Gefühl, dass man aufgrund der leider zufällig aufgetretenen langen Krankheitsdauer die Zusammenarbeit lieber beenden würde.
Was meint ihr?
Viele Grüße
Kaslimon
Wer Richter auf Probe bzw. Staatsanwalt werden möchte, sollte sich mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Das Karriere-Dossier ist als Print-Buch sowie als E-Book für alle 16 Bundesländer erhältlich:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
Und zur Vorbereitung auf das alles entscheidende Vorstellungsgespräch sollte man auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben.
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Und zur Vorbereitung auf das alles entscheidende Vorstellungsgespräch sollte man auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben.
02.01.2024, 20:43
Schwierige Situation. Wie ist denn die Dezernatssituation? Brennt es da wirklich so sehr?
Selbst in der Probezeit finde ich die Aussage des Präsidenten, du kämest immer so spät, höchst bedenklich. Das ist nun mal alleine deine Entscheidung und solange du die Arbeit machst, kannst du kommen, wann du willst. Wenn es natürlich aufgrund der Zahlen so aussieht, als würdest du nicht genug arbeiten, dann musst du dir Kritik gefallen lassen. Aber im Zweifel nicht so.
Selbst in der Probezeit finde ich die Aussage des Präsidenten, du kämest immer so spät, höchst bedenklich. Das ist nun mal alleine deine Entscheidung und solange du die Arbeit machst, kannst du kommen, wann du willst. Wenn es natürlich aufgrund der Zahlen so aussieht, als würdest du nicht genug arbeiten, dann musst du dir Kritik gefallen lassen. Aber im Zweifel nicht so.
02.01.2024, 20:52
Ernsthaft?! Das wäre absurd. Ich vermute eher, dass man dir das Gefühl vermitteln will, dass das alles noch kein Selbstläufer mit der Übernahme ist und der Gefahr vorbeugen will, dass du dich schon zu sicher fühlst und einen Gang zurückschaltest. Von dieser Art der Ansprache hört man leider öfter. Oft führt sie zu unnötiger Frustration, weil die Generation Z auf Wertschätzung achtet. Leider ist das bei der alten Garde oftmals noch nicht richtig angekommen. Auch hat das Homeoffice bei vielen Dienstälteren noch ein Geschmäckle, genauso wie das spätere Kommen. Ist zwar Quatsch, aber wenn es bei dir schon so weit ist, wie du beschreibst, würde ich halt erstmal nachgeben und weniger HO machen und die „Kernarbeitszeit“ wahren. Nach der Lebenszeiternennung kannst du es dann ja wieder anders handhaben. Zumindest derzeit musst du halt noch auf deine „Aussendarstellung“ besonders achten.
03.01.2024, 08:36
Die Frage ist, wie die Zahlen aussehen. Wenn das tatsächlich am Kippen ist, dann ist der Hinweis, mehr Zeit investieren zu sollen, nachvollziehbar. Wenn die Zahlen dagegen passen, ist es ein Ärgernis und der Versuch, die Schwächsten im System zu noch mehr Leistung anzuhalten.
Entlassung aus der Probezeit gibt es dagegen nur wegen schwerwiegender Probleme vor allem charakterlicher Art, da müssten die Zahlen schon desaströs schlecht sein. Wenn Deine Selbstwahrnehmung nicht vollkommen verkehrt ist, droht die Entlassung sicher nicht.
Entlassung aus der Probezeit gibt es dagegen nur wegen schwerwiegender Probleme vor allem charakterlicher Art, da müssten die Zahlen schon desaströs schlecht sein. Wenn Deine Selbstwahrnehmung nicht vollkommen verkehrt ist, droht die Entlassung sicher nicht.
03.01.2024, 15:45
Also was die Bestände anbelangt, als ich vom Präsidenten das erste Zeugnis in Empfang genommen habe, hatte ich 167 offene Verfahren insgesamt, nach meiner Krankheit waren es dann 180. Leider habe ich keine Statistik zu Beginn meiner Tätigkeit. Ich muss hinzufügen, dass ich schon ein paar Wochen krank war und auch im Zusammenhang mit dem Urlaub die Zahlen schon ein wenig hoch gegangen sein könnten.
Aber mein Referat war schon zu Beginn aufgrund mehrerer Personalwechsel sehr voll, hatte über 70 Altfälle und einige Berufungen, die schon ein Jahr brach lagen.
In den ersten Monaten hat man mich weitgehend in Ruhe gelassen und dann auch gelobt, dass ich die Zahlen schon zu Beginn gleich halten konnte. Erst im unmittelbaren Zusammenhang nach der Krankheit wurde ich dann zu Gesprächen eingeladen, wo dann Hauptsächlich nur noch Kritik mitgeteilt wurde. Ich habe auch erfahren, dass dem Vorsitzenden sehr missfallen ist, so lange Krankheitsvertretung zu übernehmen. Jetzt aktuell steht wieder ein Gespräch an, was mich sehr wundert.
Aber mein Referat war schon zu Beginn aufgrund mehrerer Personalwechsel sehr voll, hatte über 70 Altfälle und einige Berufungen, die schon ein Jahr brach lagen.
In den ersten Monaten hat man mich weitgehend in Ruhe gelassen und dann auch gelobt, dass ich die Zahlen schon zu Beginn gleich halten konnte. Erst im unmittelbaren Zusammenhang nach der Krankheit wurde ich dann zu Gesprächen eingeladen, wo dann Hauptsächlich nur noch Kritik mitgeteilt wurde. Ich habe auch erfahren, dass dem Vorsitzenden sehr missfallen ist, so lange Krankheitsvertretung zu übernehmen. Jetzt aktuell steht wieder ein Gespräch an, was mich sehr wundert.
03.01.2024, 16:37
Ich habe gerade nicht die Zeit, mehr zu schreiben, aber lass dich nicht einschüchtern. Krank ist krank, gerade derzeit sollte jede Gerichtsleitung mitbekommen, wie hoch der allgemeine Krankenstand ist. Ein Anwachsen des Bestandes von 167 auf 180 Verfahren bei 3 wöchiger Abwesenheit, in der es naturgemäß wohl eher keine Erledigungen, aber Eingänge gibt, eher recht normal.
Zu welchen Zeiten du arbeitest, ist deine Sache. Du wurdest bereits einmal als geeignet beurteilt. Die Hürde, dir jetzt die Eignung doch abzusprechen, ist nicht gering.
Schau mal, ob im Fachprogramm (frag vll mal die IT) auch der Bestand zu Beginn deiner Tätigkeit abgefragt werden kann.
Normalerweise haben die Fachprogramme umfangreiche Statistikfunktionen.
Zu welchen Zeiten du arbeitest, ist deine Sache. Du wurdest bereits einmal als geeignet beurteilt. Die Hürde, dir jetzt die Eignung doch abzusprechen, ist nicht gering.
Schau mal, ob im Fachprogramm (frag vll mal die IT) auch der Bestand zu Beginn deiner Tätigkeit abgefragt werden kann.
Normalerweise haben die Fachprogramme umfangreiche Statistikfunktionen.
03.01.2024, 20:23
Ja, lass dich nicht einschüchtern, aber denke auch dran, wer im Moment am längeren Hebel sitzt. Wenn dein Vorsitzender jetzt dauerhaft angefressen ist, würde ich jetzt nicht in Sack und Asche gehen, nur weil du krank warst, aber trotzdem Einsatz zeigen, dh eventuell mal früher da sein und länger bleiben, weniger Homeoffice. Lehrjahre sind halt keine Herrenjahre, leider. Das wird gerne von den Herren ausgenutzt, aber nützt ja nix…
03.01.2024, 22:51
Nur Nahbereichsempirie:
Ich habe wirklich noch nie gehört, dass irgendein Proberichter gehen musste. Theoretisch möglich, aber kommt derartiges denn wirklich abseits wirklich verrückter und charakterunverträglicher Dudes vor?
Ich habe wirklich noch nie gehört, dass irgendein Proberichter gehen musste. Theoretisch möglich, aber kommt derartiges denn wirklich abseits wirklich verrückter und charakterunverträglicher Dudes vor?
04.01.2024, 02:25
Ich auch noch nicht, wobei man nie weiss, ob bei den (seltenen) Entlassungen auf eigenen Antrag nicht vorher auch schon „Gespräche“ geführt wurden. Was aber schon mal vorgekommen ist, ist die Verlängerung der Probezeit, in dem mir bekannten Fall auf 5 Jahre. Und das waren keine schönen 5 Jahre für die letztlich doch noch übernommene Person. Soweit sollte man es im eigenen Interesse nicht kommen lassen, Berechtigung der Kritik hin oder her. Ich rede hier keiner Preisgabe der richterlichen Unabhängigkeit das Wort, aber man muss in der Probezeit auch nicht mit dem Kopf durch die Wand. Die Wand ist stärker.
04.01.2024, 10:12
Mir sind Fälle bekannt, in denen es Gespräche gab und z.B. mit einer Abordnung und Versetzung in den hD eines Ministeriums endeten. Aber da waren die betroffenen Personen selbst einsichtig, dass die Tätigkeit schlicht nichts für sie ist. Aber da wurde in meinem BL vorher erstmal die nächste Probestation woanders gemacht (andere Tätigkeit, in dem Fall andere Gerichtsbarkeit) um noch eine Chance zu geben.
Entlassungen sind äußerst selten, weil die meisten eingestellten Personen eben geeignet sind. Jedenfalls so geeignet, dass das schon recht krasse Mittel der Entlassung kaum in Betracht kommt.
Entlassungen sind äußerst selten, weil die meisten eingestellten Personen eben geeignet sind. Jedenfalls so geeignet, dass das schon recht krasse Mittel der Entlassung kaum in Betracht kommt.