20.08.2022, 09:35
Guten Morgen.
Ist es normal, am Anfang gefühlt hunderte von Fehlern zu machen? Bei mir ist es nicht einmal nur inhaltlich (ich habe in einem mir vorher unbekannten Rechtsgebiet angefangen), sondern auch "Flüchtigkeit".
Ich kriege in einer Stunde so viele Aufträge wie im Referendariat an einem Tag. Das ist sicherlich normal, aber führt bei mir dazu, dass ich so viel vergesse.
Dabei sind mir in drei Monaten wirklich dumme Sachen passiert. Vergessen, für einen Kollegen dem Mandanten zu antworten, obwohl ich explizit darum gebeten wurde (es war nicht fristgebunden o.ä., aber trotzdem blöd). Formatierungen nicht ordentlich. Bei der Nutzung einer Vorlage diese nicht ordentlich "individualisiert", heißt, dann sind da noch falsche Begriffe drin gewesen. Ich habe das Gefühl, mein Chef ist enttäuscht davon und wenn mir dann Zuhause einfällt, dass ich in einem Dokument, dass ich abgeschickt habe, wieder x oder y vergessen habe, kann ich die ganze Nacht nicht schlafen und schleppe mich demütig zur Arbeit.
Ich muss mich besser organisieren, das ist klar. Aber kriege ich es mit mehr Routine hin oder ist das Anwaltsdasein nichts für mich?
Ich mache mir jetzt keine riesigen Sorgen um eine Kündigung, weil alle immer nett zu mir sind und nie was dahingehend gesagt haben, aber ich will trotzdem nicht jeden Tag das Gefühl haben, da war schon wieder eine "Kleinigkeit", die nicht gepasst hat.
Ist es normal, am Anfang gefühlt hunderte von Fehlern zu machen? Bei mir ist es nicht einmal nur inhaltlich (ich habe in einem mir vorher unbekannten Rechtsgebiet angefangen), sondern auch "Flüchtigkeit".
Ich kriege in einer Stunde so viele Aufträge wie im Referendariat an einem Tag. Das ist sicherlich normal, aber führt bei mir dazu, dass ich so viel vergesse.
Dabei sind mir in drei Monaten wirklich dumme Sachen passiert. Vergessen, für einen Kollegen dem Mandanten zu antworten, obwohl ich explizit darum gebeten wurde (es war nicht fristgebunden o.ä., aber trotzdem blöd). Formatierungen nicht ordentlich. Bei der Nutzung einer Vorlage diese nicht ordentlich "individualisiert", heißt, dann sind da noch falsche Begriffe drin gewesen. Ich habe das Gefühl, mein Chef ist enttäuscht davon und wenn mir dann Zuhause einfällt, dass ich in einem Dokument, dass ich abgeschickt habe, wieder x oder y vergessen habe, kann ich die ganze Nacht nicht schlafen und schleppe mich demütig zur Arbeit.
Ich muss mich besser organisieren, das ist klar. Aber kriege ich es mit mehr Routine hin oder ist das Anwaltsdasein nichts für mich?
Ich mache mir jetzt keine riesigen Sorgen um eine Kündigung, weil alle immer nett zu mir sind und nie was dahingehend gesagt haben, aber ich will trotzdem nicht jeden Tag das Gefühl haben, da war schon wieder eine "Kleinigkeit", die nicht gepasst hat.
20.08.2022, 09:49
Das spricht einfach nur dafür, dass du noch nicht den richtigen work flow entwickelt hast. Daran musst du arbeiten. Ich bin jetzt schon mehrere Jahre Richter und habe immer noch, am Beispiel eines Urteils, checklisten, die ich wirklich in Papierform hinlege und durchgehe bevor ich die Akte in den Stapel lege. So eine Art pre flight check. Beispiel was drauf steht:
- Unterschrift?
- Datum der Entscheidung richtig?
- Keine hängenden Zeichen am Zeilenende? (Also zb dass kein Paragraphen Zeichen einsam am Zeilenende hängt, dann noch gesperrtes Leerzeichen ergänzen)
- Tenor vollständig?
Usw
Dass du den Anruf vergessen hast schreit eben danach dass du in der Masse dir für so etwas eine visuelle Erinnerung schaffen musst.
- Unterschrift?
- Datum der Entscheidung richtig?
- Keine hängenden Zeichen am Zeilenende? (Also zb dass kein Paragraphen Zeichen einsam am Zeilenende hängt, dann noch gesperrtes Leerzeichen ergänzen)
- Tenor vollständig?
Usw
Dass du den Anruf vergessen hast schreit eben danach dass du in der Masse dir für so etwas eine visuelle Erinnerung schaffen musst.
20.08.2022, 11:43
Tipps die mir persönlich geholfen haben, nichts zu vergessen:
In Besprechungen hab ich immer Zettel und Stift dabei, um die Arbeitsaufträge im Detail mitschreiben zu können, dann geht wenigstens im der Hinsicht nichts unter. Sofern Mal kein Zettel und Stift griffbereit ist, tippe ich auf dem Diensthandy in den Notizen mit (dem Gegenüber sag ich das natürlich vorher, nicht dass der denkt, ich würde SMS schreiben).
Zurück am PC setze ich dann für jede Aufgabe konsequent Flags zur Nachverfolgung in Outlook. Wenn ich den Arbeitsauftrag nicht per Mail sondern mündlich bekommen habe, setze ich manuell eine Flag.
Bei der Bearbeitung der Arbeitsaufträge selbst hilft dann leider nur Gründlichkeit. Dinge die mir auffallen, ich aber nicht sofort bearbeiten kann, notiere ich auf Klebezetteln oder hebe sie direkt im Word-Dokument entsprechend farblich hervor.
Vor Versand wird dann nochmal das komplette Dokument auf interne Anmerkungen durchsucht (mit Strg F und einem entsprechenden Kürzel geht das auch flott).
In Besprechungen hab ich immer Zettel und Stift dabei, um die Arbeitsaufträge im Detail mitschreiben zu können, dann geht wenigstens im der Hinsicht nichts unter. Sofern Mal kein Zettel und Stift griffbereit ist, tippe ich auf dem Diensthandy in den Notizen mit (dem Gegenüber sag ich das natürlich vorher, nicht dass der denkt, ich würde SMS schreiben).
Zurück am PC setze ich dann für jede Aufgabe konsequent Flags zur Nachverfolgung in Outlook. Wenn ich den Arbeitsauftrag nicht per Mail sondern mündlich bekommen habe, setze ich manuell eine Flag.
Bei der Bearbeitung der Arbeitsaufträge selbst hilft dann leider nur Gründlichkeit. Dinge die mir auffallen, ich aber nicht sofort bearbeiten kann, notiere ich auf Klebezetteln oder hebe sie direkt im Word-Dokument entsprechend farblich hervor.
Vor Versand wird dann nochmal das komplette Dokument auf interne Anmerkungen durchsucht (mit Strg F und einem entsprechenden Kürzel geht das auch flott).
20.08.2022, 13:20
Mach dich nicht verrückt. Ich könnte mir auch bei jedem Fehler die Hände abhacken (Bin jetzt seit 6 Monaten im Beruf).
Ich denke das gehört einfach irgendwo dazu
Ich denke das gehört einfach irgendwo dazu
20.08.2022, 13:27
(20.08.2022, 11:43)Anon schrieb: Tipps die mir persönlich geholfen haben, nichts zu vergessen:
In Besprechungen hab ich immer Zettel und Stift dabei, um die Arbeitsaufträge im Detail mitschreiben zu können, dann geht wenigstens im der Hinsicht nichts unter. Sofern Mal kein Zettel und Stift griffbereit ist, tippe ich auf dem Diensthandy in den Notizen mit (dem Gegenüber sag ich das natürlich vorher, nicht dass der denkt, ich würde SMS schreiben).
Zurück am PC setze ich dann für jede Aufgabe konsequent Flags zur Nachverfolgung in Outlook. Wenn ich den Arbeitsauftrag nicht per Mail sondern mündlich bekommen habe, setze ich manuell eine Flag.
Bei der Bearbeitung der Arbeitsaufträge selbst hilft dann leider nur Gründlichkeit. Dinge die mir auffallen, ich aber nicht sofort bearbeiten kann, notiere ich auf Klebezetteln oder hebe sie direkt im Word-Dokument entsprechend farblich hervor.
Vor Versand wird dann nochmal das komplette Dokument auf interne Anmerkungen durchsucht (mit Strg F und einem entsprechenden Kürzel geht das auch flott).
Ich mache es ähnlich. Wiedervorlagen über Outlook, unbearbeitete Mails markiere ich rot und versuche meinen Posteingang aufgeräumt zu halten = alle bearbeiteten Mails werden gespeichert und in meinem Postfach in Unterordner zum Mandanten geschoben. Das klappt bei viel Maileingang natürlich nicht perfekt, hilft aber.
Zusätzlich führe ich eine To-do-Liste, damit mir nichts durchrutscht.
Bei Besprechungen/Arbeitsaufträgen mache ich mir Notizen um nichts zu vergessen.
Wenn der Tag schon zu weit fortgeschritten ist und dein Kopf nur noch Matsch ist, hilft es auch, den Schriftsatz noch bis zum nächsten Morgen liegen zu lassen, soweit die Fristen/Zeitvorgaben es zulassen. Mir jedenfalls geht es so, dass ich frisch ausgeschlafen solche Flüchtigkeitsfehler eher sehe, als wenn ich abends schon zu lange an der Sache gessesen habe.
20.08.2022, 13:53
Falls es immer wieder ähnliche Fehler sind würde ich mir Gedanken über deine Arbeitsweise machen. Wenn es immer neue Fehler sind, na ja, irgendwann werden es weniger werden.
Wichtig ist, dass die Arbeit erledigt wird, der Mandant happy ist und man sich keinen Haftungsfall produziert. Ob dann die Formatierung hässlich war, ja mein Gott, es gibt schlimmeres.
Wichtig ist, dass die Arbeit erledigt wird, der Mandant happy ist und man sich keinen Haftungsfall produziert. Ob dann die Formatierung hässlich war, ja mein Gott, es gibt schlimmeres.
20.08.2022, 15:08
(20.08.2022, 13:53)omnimodo schrieb: Ob dann die Formatierung hässlich war, ja mein Gott, es gibt schlimmeres.
Meiner Erfahrung nach darf man die Außenwirkung von falscher bzw. als Kehrseite richtiger und stringenter Formatierung nicht unterschätzen. Am Ende des Tages ist wichtig, dass der Rubel rollt und der Mandant glücklich ist und wieder kommt/weiter empfiehlt. Wenn der Mandant juristischer Laie ist, kann der Inhalt eines Schriftstücks noch so brilliant sein - wenn ihm Formatierungsfehler übel aufstoßen, wird das immer hängen bleiben.
Während meiner Tätigkeit in einer GK wurden Mitarbeiter jeden Ranges von dem Oberen in der Hackordnung geköpft, wenn mal kein geschütztes Leerzeichen oder so verwendet wurde, weil man so schlechte Erfahrungen mit fehlerhafter Formatierung gemacht hat. Auch bin ich der Auffassung, dass saubere Arbeit beim Juristischen anfängt und bis zur Formatierung geht. Gewöhnt man sich das als Automatismus an, setzt man sich auch intensiver mit dem Inhalt auseinander. Darüber hinaus ist Ordnung und sorgfältige Arbeitsweise etwas ganz Grundsätzliches - egal, in welchem Stadium sich ein Schriftstück befindet. Dieser Ordnungssinn überträgt sich dann auch auf alle anderen Arbeitsbereiche, in denen sorgfältige Arbeit geleistet werden muss, egal ob's Recherche oder nen Schriftsatz ist.
Zur Grundfrage:
Ich persönlich halte das für relativ normal, dass man anfangs Fehler macht, solange sie nicht zu gravierend sind und nicht täglich vorkommen. Wichtig ist, Konsequenzen daraus zu ziehen und sich (wie hier schon vorgeschlagen) verschiedener Hilfsmittel zu bedienen, um alles in den Griff zu kriegen. Das können routinierte Arbeitsschritte sein, visuelle Unterstützungen, Notizen, sehr gute Textbausteine, Checklisten, Kollegen/Mitarbeiter, die man gegenprüfen lässt und mit Sicherheit noch viel mehr Nützliches. Punkto Checklisten möchte ich anmerken, dass ich sie persönlich für die allermeisten Anwälte im Arbeitsalltag für inpraktikabel halte. In der Justiz sieht das aber schon wieder ganz anders aus.
20.08.2022, 16:37
Vielen Dank für die tollen Tips! Die werde ich auf jeden Fall beherzigen in Zukunft.
Es sind natürlich nicht immer die gleichen Fehler, aber einige blöde Sachen kommen schon häufiger vor.
Ich würde auch gerne mehr Listen machen und mehr ordnen und das muss ich definitiv auch tun, es ist nur so, dass ich eh schon immer so lange da bin und im Prinzip viel mehr arbeite, als ich will. Und dann kommt noch die Zeit dazu, die ich dann mit überprüfen, ordnen, sortieren, Checklisten, Formatierung, usw. verbringe und plötzlich sind es wieder zwei Stunden, die man länger geblieben ist, als man wollte.
Natürlich kann es aber auch definitiv NICHT die Lösung sein, weiterhin so unorganisiert und fehlerbehaftet weiterzumachen.
Ich habe meinen Chef auch schon nach Tips gefragt, er sagte, in gewisser Hinsicht sei es am Anfang normal, aber ich solle schon mehr drauf achten und einige Fehler sollten mir auch nicht so oft passieren ("lustigerweise" das geschützte Leerzeichen z.B.).
Vielleicht wäre es auch in einer anderen Betriebskultur, wo ich mich wohler fühlen würde, anders. Alle sind immer wahnsinnig beschäftigt, Pausen finden am Schreibtisch statt, während man sich schnell was zu Essen reinschiebt. Home Office wird auch viel und gerne gelebt, Absprachen dazu gibt es schon, aber natürlich komme ich auch da nicht immer richtig mit. Das heißt, manchmal bin ich ganz alleine und erreiche niemanden und weiß dann auch gar nicht, wen ich wann anrufen soll, weil meine "Aufträge" derzeit von ganz vielen unterschiedlichen Kollegen kommen. Das heißt, teilweise habe ich schon Kollegen angerufen, die die Sache mit mir finalisieren sollten und hatte inhaltliche Fragen, woraufhin der Kollege dann sauer war und meinte, damit wolle er sich nicht auch noch befassen.
Es sind natürlich nicht immer die gleichen Fehler, aber einige blöde Sachen kommen schon häufiger vor.
Ich würde auch gerne mehr Listen machen und mehr ordnen und das muss ich definitiv auch tun, es ist nur so, dass ich eh schon immer so lange da bin und im Prinzip viel mehr arbeite, als ich will. Und dann kommt noch die Zeit dazu, die ich dann mit überprüfen, ordnen, sortieren, Checklisten, Formatierung, usw. verbringe und plötzlich sind es wieder zwei Stunden, die man länger geblieben ist, als man wollte.
Natürlich kann es aber auch definitiv NICHT die Lösung sein, weiterhin so unorganisiert und fehlerbehaftet weiterzumachen.
Ich habe meinen Chef auch schon nach Tips gefragt, er sagte, in gewisser Hinsicht sei es am Anfang normal, aber ich solle schon mehr drauf achten und einige Fehler sollten mir auch nicht so oft passieren ("lustigerweise" das geschützte Leerzeichen z.B.).
Vielleicht wäre es auch in einer anderen Betriebskultur, wo ich mich wohler fühlen würde, anders. Alle sind immer wahnsinnig beschäftigt, Pausen finden am Schreibtisch statt, während man sich schnell was zu Essen reinschiebt. Home Office wird auch viel und gerne gelebt, Absprachen dazu gibt es schon, aber natürlich komme ich auch da nicht immer richtig mit. Das heißt, manchmal bin ich ganz alleine und erreiche niemanden und weiß dann auch gar nicht, wen ich wann anrufen soll, weil meine "Aufträge" derzeit von ganz vielen unterschiedlichen Kollegen kommen. Das heißt, teilweise habe ich schon Kollegen angerufen, die die Sache mit mir finalisieren sollten und hatte inhaltliche Fragen, woraufhin der Kollege dann sauer war und meinte, damit wolle er sich nicht auch noch befassen.
20.08.2022, 17:17
Würde mir das nicht zu sehr zu Herzen nehmen. Wenn dir die Kanzlei viele Aufträge gibt und gleichzeitig nicht dafür sorgt, dass du weißt, wie es richtig geht, dann sind Fehler das Problem der Kanzlei. Man gibt sein Bestes, mehr geht nicht.
20.08.2022, 17:25
Habe auch eine To-Do Liste als Textdokument auf dem Desktop. Die ist immer nebenbei auf. Stehen kurz- und langfristige Dinge drin. Hilft mir sehr bei der Übersicht.
Den Tipp, die Schriftsätze etc. erstmal einen Tag liegen zu lassen und am nächsten Tag nochmal drüber zu schauen, kann ich auch nur wiederholen. Hilft ungemein.
Den Tipp, die Schriftsätze etc. erstmal einen Tag liegen zu lassen und am nächsten Tag nochmal drüber zu schauen, kann ich auch nur wiederholen. Hilft ungemein.