31.05.2022, 06:45
(30.05.2022, 21:57)Gast schrieb:(30.05.2022, 20:35)Gast schrieb:(30.05.2022, 18:23)Praktiker schrieb: Das hängt alles auch am Bundesland und an den konkret handelnden Personen in der Gerichtsverwaltung. So ein "Maus-Problem" kenne ich aus meiner Umgebung nicht.
Definitiv. Mal aus meinem Gericht: mein Toner ist alle. Ich schreibe eine kurze Email an den "Hausservice" und gehe kurz zu einem Kollegen. Komme 20 Minuten später wieder und der Toner ist getauscht mit ":)" als Hinweis auf dem Drucker. Genauso wie ich weiß, dass sie Mäuse, Tastaturen und Monitore jederzeit zum Austausch im Lager haben.
Derartige Probleme halte ich für größtenteils frei erfunden oder es muss bestimmte provinzgerichte in Flächenländern betreffen.
Kann ich so bestätigen. Bei uns am Gericht läuft das mit der Ausstattung sehr gut. Ich habe zwei Bildschirme, Drucker, Tastatur, Maus. Funktioniert alles. Wenn was nicht funktioniert wird’s direkt ersetzt. Bürobedarf (Stifte, Marker usw) kann man sich hier täglich bei einer Kollegin abholen. Fürs Home Office habe ich einen Bildschirm, Laptop, Drucker, Tastatur und Maus bekommen und funktioniert auch alles tadellos.
Wenn es jetzt bei uns noch die e-Akte gäbe, wäre ich happy.
Hier auch so und wir haben auch schon die (sehr gut funktionierende) eAkte.
31.05.2022, 09:02
Mit dem Gehalt würde ich mich noch anfreunden aber aus folgenden Gründen ist Justiz als Arbeitgeber ausgeschlossen:
- Völlig antiquierte Personalpolitik: Bewerber werden räumlich und inhaltlich auf die Stellen geschoben, auf denen man sie gerade haben will - bei Einstellung sogar ohne Vorankündigung. Dem Strafrecht kann man als Richter in der ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht entgehen. Ich habe mich intensivst damit befasst, in welchem Rechtsgebiet ich arbeiten möchte. Jetzt soll ich dann im Beruf einfach irgendwas machen? Allein deshalb wäre für mich eine Tätigkeit in der Justiz von vornherein ausgeschlossen. Auf so einen respektlosen Umgang habe ich keine Lust.
- Behäbiges Vorankommen bei der Digitalisierung der Justiz: Man hat es allen ernstes nicht zustande gebracht, die elektronische Akte bis zur aktiven Benutzungspflicht des beA flächendeckend einzuführen. Das ist ein absolutes Totalversagen der Justizverantwortlichen. Was ist das bitte für eine Haltung? Sowas darf in einer Organisation, die sich selbst ernst nimmt, nicht passieren.
- Teilweise innovationsfeindlicher Geist: Niemand ergreift die Initiative, um Abläufe in der Justizverwaltung fortlaufend zu verbessern. Ein Beispiel: Die Formulare der Referendarabteilung kamen bei uns im Charme der 1980er Jahre daher. Ist vielleicht mal jemand darauf gekommen, diese Formulare in einen zeitgemäßen Zustand zu versetzen? Nein! Auch dahinter steht eine Haltung des "Mir doch egal" und des "Dienstes nach Vorschrift". Das ist doch nicht zu ertragen. Wer will denn in so einer muffigen Organisation arbeiten?
- Die Haltung mancher Richter: Schon in den Arbeitsgemeinschaften zeigten sich Richter betont lässig und cool oder verachteten rechtsstaatliche Prinzipien. Stattdessen hätte man doch darauf gehofft und erwartet, es mit jederzeit integren, unbedingt fleißigen und stets pflichtbewussten Individuen zu tun zu bekommen. Dementgegen klingt bei vielen Richtern eine gewisse Verachtung für rechtsstaatliche Verfahren durch - vermutlich, weil die ihnen viel Arbeit machen. Das hat mich zutiefst irritiert und abgeschreckt und mein Vertrauen in die Justiz als Institution beschädigt.
- Teils miserable Arbeitsgemeinschaften: Was ist das bitte für eine Organisation, die teils völlig miserable Referendar-Arbeitsgemeinschaften anbietet und nichts tut, um diese Zustände systematisch zu verbessern? (Gut jetzt nach Jahrzehnten tut sich teilweise etwas). Was bitte ist das für ein Selbstverständnis? Was sind das für Menschen? Wie können die Abends ruhig ins Bett gehen, nachdem sie eine so schlechte Arbeit tagsüber abgeliefert haben? Mir unverständlich.
- Unzureichende Vorbereitung und Inpflichtnahme der Referendare im Zusammenhang mit dem staatsanwaltlichen Sitzungsdienst: Bevor Referendare auf Bürger losgelassen werden, hätte man eine klare Verpflichtung der Referendare in einer förmlichen Veranstaltung auf die gewisshafte Erledigung Ihrer Pflichten als Repräsentanten der Justiz im Sitzungsdienst der Staatsanwaltschaft erwartet. Stattdessen wurden wir in unserer AG auf diesen Sitzungsdienst kaum vorbereitet so a la: "Gehen Sie da mal hin und machen sie mal." Offenbar scheinen die Menschen, über deren Lebenssachverhalte dort entschieden wird, aus Sicht der Justiz unwichtig und egal zu sein. "Das ist doch eh alles egal." ... hört man die Damen und Herren erneut rufen.
Insgesamt eine Organisation, die viel auf sich hält, die zugleich aber soviel dafür tut, diesen "Ruf" zu beschädigen und zu verspielen.
- Völlig antiquierte Personalpolitik: Bewerber werden räumlich und inhaltlich auf die Stellen geschoben, auf denen man sie gerade haben will - bei Einstellung sogar ohne Vorankündigung. Dem Strafrecht kann man als Richter in der ordentlichen Gerichtsbarkeit nicht entgehen. Ich habe mich intensivst damit befasst, in welchem Rechtsgebiet ich arbeiten möchte. Jetzt soll ich dann im Beruf einfach irgendwas machen? Allein deshalb wäre für mich eine Tätigkeit in der Justiz von vornherein ausgeschlossen. Auf so einen respektlosen Umgang habe ich keine Lust.
- Behäbiges Vorankommen bei der Digitalisierung der Justiz: Man hat es allen ernstes nicht zustande gebracht, die elektronische Akte bis zur aktiven Benutzungspflicht des beA flächendeckend einzuführen. Das ist ein absolutes Totalversagen der Justizverantwortlichen. Was ist das bitte für eine Haltung? Sowas darf in einer Organisation, die sich selbst ernst nimmt, nicht passieren.
- Teilweise innovationsfeindlicher Geist: Niemand ergreift die Initiative, um Abläufe in der Justizverwaltung fortlaufend zu verbessern. Ein Beispiel: Die Formulare der Referendarabteilung kamen bei uns im Charme der 1980er Jahre daher. Ist vielleicht mal jemand darauf gekommen, diese Formulare in einen zeitgemäßen Zustand zu versetzen? Nein! Auch dahinter steht eine Haltung des "Mir doch egal" und des "Dienstes nach Vorschrift". Das ist doch nicht zu ertragen. Wer will denn in so einer muffigen Organisation arbeiten?
- Die Haltung mancher Richter: Schon in den Arbeitsgemeinschaften zeigten sich Richter betont lässig und cool oder verachteten rechtsstaatliche Prinzipien. Stattdessen hätte man doch darauf gehofft und erwartet, es mit jederzeit integren, unbedingt fleißigen und stets pflichtbewussten Individuen zu tun zu bekommen. Dementgegen klingt bei vielen Richtern eine gewisse Verachtung für rechtsstaatliche Verfahren durch - vermutlich, weil die ihnen viel Arbeit machen. Das hat mich zutiefst irritiert und abgeschreckt und mein Vertrauen in die Justiz als Institution beschädigt.
- Teils miserable Arbeitsgemeinschaften: Was ist das bitte für eine Organisation, die teils völlig miserable Referendar-Arbeitsgemeinschaften anbietet und nichts tut, um diese Zustände systematisch zu verbessern? (Gut jetzt nach Jahrzehnten tut sich teilweise etwas). Was bitte ist das für ein Selbstverständnis? Was sind das für Menschen? Wie können die Abends ruhig ins Bett gehen, nachdem sie eine so schlechte Arbeit tagsüber abgeliefert haben? Mir unverständlich.
- Unzureichende Vorbereitung und Inpflichtnahme der Referendare im Zusammenhang mit dem staatsanwaltlichen Sitzungsdienst: Bevor Referendare auf Bürger losgelassen werden, hätte man eine klare Verpflichtung der Referendare in einer förmlichen Veranstaltung auf die gewisshafte Erledigung Ihrer Pflichten als Repräsentanten der Justiz im Sitzungsdienst der Staatsanwaltschaft erwartet. Stattdessen wurden wir in unserer AG auf diesen Sitzungsdienst kaum vorbereitet so a la: "Gehen Sie da mal hin und machen sie mal." Offenbar scheinen die Menschen, über deren Lebenssachverhalte dort entschieden wird, aus Sicht der Justiz unwichtig und egal zu sein. "Das ist doch eh alles egal." ... hört man die Damen und Herren erneut rufen.
Insgesamt eine Organisation, die viel auf sich hält, die zugleich aber soviel dafür tut, diesen "Ruf" zu beschädigen und zu verspielen.
31.05.2022, 10:09
Zur Justiz (insbes. Ausstattung) kann ich eine Anekdote aus meinen Jahren beim Verwaltungsgericht beisteuern (weil die Frage oben aufkam: kein "Provinzstandort" und kein armes Bundesland). Als ich angefangen habe, gab es pro Kammer genau einen Sartorius und einen Landesgesetzband, der beim Vorsitzenden stand und den der Richter aktualisieren durfte. Daneben einen Kopp/Schenke (Vorauflage), der ebenfalls beim Vorsitzenden stand. Man hatte einen nicht höhenverstellbaren Schreibtisch und einen Uraltschreibtischstuhl, dazu einen Desktop-PC, der ordentlich Rechengeräusche machte. Notebooks gab es am gesamten Gericht ca. drei, vergeben an handverlesene Vertrauenspersonen der Gerichtsleitung. Beck-Online umfasste nur den Zugang der ordentlichen Justiz, deshalb bspw. keinen GG-Kommentar oder Fachkommentare zum Verwaltungsrecht. Grundsätzlich wurden wöchentlich fünf Tage Anwesenheit im Gericht erwartet, in begründeten Ausnahmefällen ab und an einen Wochentag Heimarbeit. Bei Veranstaltungen durften die Richter im Vorfeld ordentlich mit anpacken (Tische und Stühle räumen etc.), da es zu wenig Wachtmeister gab. Für körperliche Arbeit bin ich mir noch nie zu schade gewesen, aber ich denke, der Hinweis ist fair, dass eine Kanzlei bspw. die Arbeitskraft von Anwälten mit Stundensatz von 250 Euro aufwärts nicht so verbraten würde. Aus Gründen der Sparsamkeit wurden im Büro nur die Papiermülleimer geleert, deshalb sah man die Kollegen jeweils abends regelmäßig mit ihren kleinen Mülltütchen durch das Haus rennen, um Apfelreste o.ä. zu entsorgen. In puncto Ausstattung hat sich seitdem etwas getan (insbes. bzgl. Notebooks), aber viele Probleme sind geblieben. U.a. der Umstand, dass früher über viele Jahre eher schlechter qualifizierte Kandidat*innen eingestellt wurden, die aber mittlerweile durch das nötige Anpassungsvermögen Vorsitzende geworden sind und nun den jungen Richtern mit Notenkombinationen wie Doppel-VB, VG/Gut, Doppel-Gut oder zum Teil auch Kombis mit Sehr Gut erklären, "wie der Hase läuft" und warum die ganzen Inhalte aus diesen neumodischen Fortbildungen mal schön ignoriert werden sollten. All das habe ich damals als eher traurig empfunden.
Wer Richter auf Probe bzw. Staatsanwalt werden möchte, sollte sich mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Das Karriere-Dossier ist als Print-Buch sowie als E-Book für alle 16 Bundesländer erhältlich:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
Und zur Vorbereitung auf das alles entscheidende Vorstellungsgespräch sollte man auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben.
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
Und zur Vorbereitung auf das alles entscheidende Vorstellungsgespräch sollte man auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben.
31.05.2022, 10:21
(31.05.2022, 10:09)Gast- schrieb: Zur Justiz (insbes. Ausstattung) kann ich eine Anekdote aus meinen Jahren beim Verwaltungsgericht beisteuern (weil die Frage oben aufkam: kein "Provinzstandort" und kein armes Bundesland). Als ich angefangen habe, gab es pro Kammer genau einen Sartorius und einen Landesgesetzband, der beim Vorsitzenden stand und den der Richter aktualisieren durfte. Daneben einen Kopp/Schenke (Vorauflage), der ebenfalls beim Vorsitzenden stand. Man hatte einen nicht höhenverstellbaren Schreibtisch und einen Uraltschreibtischstuhl, dazu einen Desktop-PC, der ordentlich Rechengeräusche machte. Notebooks gab es am gesamten Gericht ca. drei, vergeben an handverlesene Vertrauenspersonen der Gerichtsleitung. Beck-Online umfasste nur den Zugang der ordentlichen Justiz, deshalb bspw. keinen GG-Kommentar oder Fachkommentare zum Verwaltungsrecht. Grundsätzlich wurden wöchentlich fünf Tage Anwesenheit im Gericht erwartet, in begründeten Ausnahmefällen ab und an einen Wochentag Heimarbeit. Bei Veranstaltungen durften die Richter im Vorfeld ordentlich mit anpacken (Tische und Stühle räumen etc.), da es zu wenig Wachtmeister gab. Für körperliche Arbeit bin ich mir noch nie zu schade gewesen, aber ich denke, der Hinweis ist fair, dass eine Kanzlei bspw. die Arbeitskraft von Anwälten mit Stundensatz von 250 Euro aufwärts nicht so verbraten würde. Aus Gründen der Sparsamkeit wurden im Büro nur die Papiermülleimer geleert, deshalb sah man die Kollegen jeweils abends regelmäßig mit ihren kleinen Mülltütchen durch das Haus rennen, um Apfelreste o.ä. zu entsorgen. In puncto Ausstattung hat sich seitdem etwas getan (insbes. bzgl. Notebooks), aber viele Probleme sind geblieben. U.a. der Umstand, dass früher über viele Jahre eher schlechter qualifizierte Kandidat*innen eingestellt wurden, die aber mittlerweile durch das nötige Anpassungsvermögen Vorsitzende geworden sind und nun den jungen Richtern mit Notenkombinationen wie Doppel-VB, VG/Gut, Doppel-Gut oder zum Teil auch Kombis mit Sehr Gut erklären, "wie der Hase läuft" und warum die ganzen Inhalte aus diesen neumodischen Fortbildungen mal schön ignoriert werden sollten. All das habe ich damals als eher traurig empfunden.
Ich bin großteilig Deiner Meinung. Aber dass die alten Hasen (mit schlechteren Noten) den Kollegen mit 2x9 (aufwärts) erklären, wo der "Hase langläuft", dürfte wohl klar sein. Auch die sehr guten Proberichter können mangels Erfahrung niemals an das Wissen und die Fähigkeit "Register zu ziehen" eines deutlich dienstälteren Kollegen herankommen. Da muss man auch mal von seinem hohen Ross runterkommen.
31.05.2022, 10:33
(31.05.2022, 10:21)Gast schrieb:(31.05.2022, 10:09)Gast- schrieb: Zur Justiz (insbes. Ausstattung) kann ich eine Anekdote aus meinen Jahren beim Verwaltungsgericht beisteuern (weil die Frage oben aufkam: kein "Provinzstandort" und kein armes Bundesland). Als ich angefangen habe, gab es pro Kammer genau einen Sartorius und einen Landesgesetzband, der beim Vorsitzenden stand und den der Richter aktualisieren durfte. Daneben einen Kopp/Schenke (Vorauflage), der ebenfalls beim Vorsitzenden stand. Man hatte einen nicht höhenverstellbaren Schreibtisch und einen Uraltschreibtischstuhl, dazu einen Desktop-PC, der ordentlich Rechengeräusche machte. Notebooks gab es am gesamten Gericht ca. drei, vergeben an handverlesene Vertrauenspersonen der Gerichtsleitung. Beck-Online umfasste nur den Zugang der ordentlichen Justiz, deshalb bspw. keinen GG-Kommentar oder Fachkommentare zum Verwaltungsrecht. Grundsätzlich wurden wöchentlich fünf Tage Anwesenheit im Gericht erwartet, in begründeten Ausnahmefällen ab und an einen Wochentag Heimarbeit. Bei Veranstaltungen durften die Richter im Vorfeld ordentlich mit anpacken (Tische und Stühle räumen etc.), da es zu wenig Wachtmeister gab. Für körperliche Arbeit bin ich mir noch nie zu schade gewesen, aber ich denke, der Hinweis ist fair, dass eine Kanzlei bspw. die Arbeitskraft von Anwälten mit Stundensatz von 250 Euro aufwärts nicht so verbraten würde. Aus Gründen der Sparsamkeit wurden im Büro nur die Papiermülleimer geleert, deshalb sah man die Kollegen jeweils abends regelmäßig mit ihren kleinen Mülltütchen durch das Haus rennen, um Apfelreste o.ä. zu entsorgen. In puncto Ausstattung hat sich seitdem etwas getan (insbes. bzgl. Notebooks), aber viele Probleme sind geblieben. U.a. der Umstand, dass früher über viele Jahre eher schlechter qualifizierte Kandidat*innen eingestellt wurden, die aber mittlerweile durch das nötige Anpassungsvermögen Vorsitzende geworden sind und nun den jungen Richtern mit Notenkombinationen wie Doppel-VB, VG/Gut, Doppel-Gut oder zum Teil auch Kombis mit Sehr Gut erklären, "wie der Hase läuft" und warum die ganzen Inhalte aus diesen neumodischen Fortbildungen mal schön ignoriert werden sollten. All das habe ich damals als eher traurig empfunden.
Ich bin großteilig Deiner Meinung. Aber dass die alten Hasen (mit schlechteren Noten) den Kollegen mit 2x9 (aufwärts) erklären, wo der "Hase langläuft", dürfte wohl klar sein. Auch die sehr guten Proberichter können mangels Erfahrung niemals an das Wissen und die Fähigkeit "Register zu ziehen" eines deutlich dienstälteren Kollegen herankommen. Da muss man auch mal von seinem hohen Ross runterkommen.
Der Vorwurf betrifft mich ehrlich gesagt nicht. Auf einem hohen Ross sitze ich ganz sicher nicht. Mir geht es hier nicht um Erfahrungswissen wie Dezernatsorganisation, Verfügungstaktik oder meinetwegen auch Verhandlungstaktik, sondern um elementare Grundkenntnisse der Rechtsanwendung, die Juristen, insbes. Richter, schon dank des Abschlusses ihrer Ausbildung beherrschen sollten. Dies betrifft beispielsweise den Unterschied zwischen Beurteilungsspielraum und Ermessen oder den Umstand, dass es unterschiedliche Grundrechte mit unterschiedlichen Schutzbereichen gibt , oder, dass man in einer Leistungskonstellation, in Abgrenzung zur Eingriffsverwaltung, nicht den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz prüfen kann. Ich denke auch, dass jemand, der Zeugen vernimmt, zumindest Grundzüge der Zeugenvernehmungslehre beherrschen sollte. Mein All-Time-Favourite war eine frisch ernannte Vorsitzende, die eine Proberichterin fragte, ob sie ihr einmal zeigen könne, "wie man so ein Urteil in Beck-Online recherchiert". Vielleicht wird an diesen Beispiel deutlich, von welchen Defiziten ich hier spreche.
31.05.2022, 11:31
PS:
Und auch da bin ich eigentlich noch entspannt und würde nie öffentlich fehlende Kenntnisse von Kolleg*innen kommentieren. Nur wenn dann Vorsitzende mit einem derartigen fachlichen Hintergrund beginnen, den Berichterstatter*innen detailliert und unter Außerachtlassung der richterlichen Unabhängigkeit in Einzelrichterentscheidungen hineinzureden ("Wir machen das hier aber so."), ist das eher ein Abturner für die Attraktivität eines Berufes, der nach außen das Bild vermittelt, nur sehr qualifizierte Absolventen einzustellen.
Und auch da bin ich eigentlich noch entspannt und würde nie öffentlich fehlende Kenntnisse von Kolleg*innen kommentieren. Nur wenn dann Vorsitzende mit einem derartigen fachlichen Hintergrund beginnen, den Berichterstatter*innen detailliert und unter Außerachtlassung der richterlichen Unabhängigkeit in Einzelrichterentscheidungen hineinzureden ("Wir machen das hier aber so."), ist das eher ein Abturner für die Attraktivität eines Berufes, der nach außen das Bild vermittelt, nur sehr qualifizierte Absolventen einzustellen.
31.05.2022, 18:00
Du kannst ja einfach kündigen. Ich habe das auch gemacht. Die Pension wird es in 30 Jahren nicht mehr geben, weil der Staat bis dahin pleite ist. Ich kann auch dieses Gejammer nicht mehr hören. Man leistet dort ja keine Zwangsarbeit, sondern ist freiwillig da. Ich verdiene in der GK deutlich mehr, aber es ist dort auch ungleich härter und man hat diese Sicherheit nicht. So funktioniert eben das Konzept Justiz. Schlechte Arbeitsbedingungen für mittelmäßiges Gehalt und hoher Arbeitsbelastung bei sehr hoher Sicherheit und Eigenverantwortlichkeit. Hinzu kommt das Prestige. Woanders verdient man mehr, hat einen besseren Service, aber eine noch viel höhere Arbeitsbelastung und noch mehr Druck. Viele Anwälte verdienen aber auch deutlich schlechter.
31.05.2022, 18:31
(31.05.2022, 18:00)Gast schrieb: Du kannst ja einfach kündigen. Ich habe das auch gemacht. Die Pension wird es in 30 Jahren nicht mehr geben, weil der Staat bis dahin pleite ist. Ich kann auch dieses Gejammer nicht mehr hören. Man leistet dort ja keine Zwangsarbeit, sondern ist freiwillig da. Ich verdiene in der GK deutlich mehr, aber es ist dort auch ungleich härter und man hat diese Sicherheit nicht. So funktioniert eben das Konzept Justiz. Schlechte Arbeitsbedingungen für mittelmäßiges Gehalt und hoher Arbeitsbelastung bei sehr hoher Sicherheit und Eigenverantwortlichkeit. Hinzu kommt das Prestige. Woanders verdient man mehr, hat einen besseren Service, aber eine noch viel höhere Arbeitsbelastung und noch mehr Druck. Viele Anwälte verdienen aber auch deutlich schlechter.
Ich denke auch. Die Bedingungen in der Justiz sind klar. Sold und Entwicklung kann man googeln, zu erwartende Pension errechnen. Dazu war jeder im Ref mal im Büro von Richtern bzw. Staatsanwälten, wahrscheinlich sogar in verschiedenen Standorten. Man weiß also, worauf man sich einlässt. Wer gerne ein fancy Büro und ein möglichst teures Auto haben will, der wird nicht in die Justiz gehen. Wer jedoch Sicherheit schätzt und/oder sich mit dem Auftrag der Justiz identifiziert, wird darüber hinweg sehen. Das kann jeder vorher für sich selbst überlegen.
Ich für meinen Teil würde den Job des Richters auch für noch weniger Geld machen. Er macht mir einfach super viel Spaß und die Tatsache, dass am Ende ich die Entscheidung treffe, ist für mich unbezahlbar. Natürlich wäre es schön, mehr Geld zu haben oder auch einen höhenverstellbaren Schreibtisch. Aber es geht auch ohne.
Das einzige, was mich am Umgang wirklich stört, ist die dauernde Versetzung in der Probezeit. Wir haben gerade wieder eine junge Kollegin dazu bekommen, die jetzt im vierten Jahr Proberichterin ist und bei uns ihre insgesamt siebte (!) Station hat. Ich weiß wirklich nicht genau was das soll, weil man in (durchschnittlich) einem halben Jahr pro Dezernat wirklich nie wirklich ankommt und zeigen kann, wie man langfristig so arbeiten würde. Das ist wirklich total kontraproduktiv und auch unnötig. Mal ganz davon abgesehen, was es für das Privatleben der Kollegin in dieser Zeit bedeutet.
Wenn man das dann aber erstmal hinter sich und "seine" Stelle gefunden hat, ist Richter für mich der schönste Job der Welt. So viel Freiheit habe ich sonst nirgends. Niemanden geht es was an, wann und wo ich wie lange arbeite. Niemand hat mir inhaltlich irgendwas vorzuschreiben. Da ist mir doch total egal, ob die Maus mal nicht funktioniert.
31.05.2022, 20:18
(31.05.2022, 18:00)Gast schrieb: Du kannst ja einfach kündigen. Ich habe das auch gemacht. Die Pension wird es in 30 Jahren nicht mehr geben, weil der Staat bis dahin pleite ist. Ich kann auch dieses Gejammer nicht mehr hören. Man leistet dort ja keine Zwangsarbeit, sondern ist freiwillig da. Ich verdiene in der GK deutlich mehr, aber es ist dort auch ungleich härter und man hat diese Sicherheit nicht. So funktioniert eben das Konzept Justiz. Schlechte Arbeitsbedingungen für mittelmäßiges Gehalt und hoher Arbeitsbelastung bei sehr hoher Sicherheit und Eigenverantwortlichkeit. Hinzu kommt das Prestige. Woanders verdient man mehr, hat einen besseren Service, aber eine noch viel höhere Arbeitsbelastung und noch mehr Druck. Viele Anwälte verdienen aber auch deutlich schlechter.
Die Pension wird es in 30 Jahren nicht mehr geben? Der Staat ist dann pleite? Gibts dafür auch Argumente oder ist das nur typisches "alles geht vor die Hunde, früher war alles besser" - Stammtischgeschwätz?
Ich halte das für eine gelinde gesagt sehr unwahrscheinliche Zukunftsvision.
31.05.2022, 21:31
(31.05.2022, 20:18)Gast schrieb:(31.05.2022, 18:00)Gast schrieb: Du kannst ja einfach kündigen. Ich habe das auch gemacht. Die Pension wird es in 30 Jahren nicht mehr geben, weil der Staat bis dahin pleite ist. Ich kann auch dieses Gejammer nicht mehr hören. Man leistet dort ja keine Zwangsarbeit, sondern ist freiwillig da. Ich verdiene in der GK deutlich mehr, aber es ist dort auch ungleich härter und man hat diese Sicherheit nicht. So funktioniert eben das Konzept Justiz. Schlechte Arbeitsbedingungen für mittelmäßiges Gehalt und hoher Arbeitsbelastung bei sehr hoher Sicherheit und Eigenverantwortlichkeit. Hinzu kommt das Prestige. Woanders verdient man mehr, hat einen besseren Service, aber eine noch viel höhere Arbeitsbelastung und noch mehr Druck. Viele Anwälte verdienen aber auch deutlich schlechter.
Die Pension wird es in 30 Jahren nicht mehr geben? Der Staat ist dann pleite? Gibts dafür auch Argumente oder ist das nur typisches "alles geht vor die Hunde, früher war alles besser" - Stammtischgeschwätz?
Ich halte das für eine gelinde gesagt sehr unwahrscheinliche Zukunftsvision.
Ist alles möglich. Die Frage ist nur, wie es sich als Großkanzlei-Rentner in so einem failed state leben lassen würde - vermutlich auch nicht so gut. Deshalb denke ich über solche theoretischen Möglichkeiten nicht nach, sondern arbeite daran mit, dass es nicht so kommt...