10.03.2022, 11:25
Guten Morgen!
Demnächst steht meine erste Sitzungsleitung/Zeugenbefragung in der Zivilstation an.
Habt ihr Tipps zur Vorbereitung? Was würdet ihr vorher lesen und/oder üben?
Welche Standardsätze sind wichtig? Wie bekomme ich alles richtig ins Diktiergerät? Was sollte ich beim Fragenstellen beachten? Was bei der Sitzungsleitung?
Merci beaucoup :)
Demnächst steht meine erste Sitzungsleitung/Zeugenbefragung in der Zivilstation an.
Habt ihr Tipps zur Vorbereitung? Was würdet ihr vorher lesen und/oder üben?
Welche Standardsätze sind wichtig? Wie bekomme ich alles richtig ins Diktiergerät? Was sollte ich beim Fragenstellen beachten? Was bei der Sitzungsleitung?
Merci beaucoup :)
10.03.2022, 16:03
Vor allem solltest Du vorher mit dem Diktiergerät üben.
Dann: aktenkundige Angaben zur Person vorher rausschreiben und vom Zeugen nur knapp bestätigen lassen - geht schneller und zeigt ihm, dass Du vorbereitet bist.
Belehrung vorher üben.
Dann: freundlich zu den Zeugen sein, damit sie nicht zumachen.
Zur Sache erst erzählen lassen ("Sie wissen, worum es heute geht?"), dann offene Fragen stellen, dann immer konkreter.
Möglichst wörtlich protokollieren, also auch Durcheinander und gedankliche Sprünge, ungewöhnliche Wörter, Gefühle usw. - braucht man später als Glaubhaftigkeitsmerkmale in der Beweiswürdigung.
Trau dich, rechtzeitig zu protokollieren: "Halten Sie bitte Ihren Gedanken fest, ich muss kurz diktieren, damit ich die Einzelheiten nicht vergesse. Sagen Sie bitte gleich, wenn etwas nicht stimmt".
Die Anwälte sind zu Referendaren üblicherweise freundlich und nachsichtig. Wenn sie mehrere Fragen auf einmal stellen: "Bitte nur eine Frage auf einmal, ich muss die Antwort erst diktieren, sonst steht am Ende nicht alles im Protokoll."
Wenn sie Dein Diktat kritisieren, Ruhe bewahren: "Dann sagen Sie mir bitte nochmal wörtlich, wie Sie Ihre Frage/die Antwort in Erinnerung haben" - das können Sie meist auch nicht mehr.
Anschließend die Sache vergleichen :)
Viel Erfolg und Spaß - Sitzungsleitung ist eine schöne Sache, und niemand erwartet beim ersten Mal Wunder!
Dann: aktenkundige Angaben zur Person vorher rausschreiben und vom Zeugen nur knapp bestätigen lassen - geht schneller und zeigt ihm, dass Du vorbereitet bist.
Belehrung vorher üben.
Dann: freundlich zu den Zeugen sein, damit sie nicht zumachen.
Zur Sache erst erzählen lassen ("Sie wissen, worum es heute geht?"), dann offene Fragen stellen, dann immer konkreter.
Möglichst wörtlich protokollieren, also auch Durcheinander und gedankliche Sprünge, ungewöhnliche Wörter, Gefühle usw. - braucht man später als Glaubhaftigkeitsmerkmale in der Beweiswürdigung.
Trau dich, rechtzeitig zu protokollieren: "Halten Sie bitte Ihren Gedanken fest, ich muss kurz diktieren, damit ich die Einzelheiten nicht vergesse. Sagen Sie bitte gleich, wenn etwas nicht stimmt".
Die Anwälte sind zu Referendaren üblicherweise freundlich und nachsichtig. Wenn sie mehrere Fragen auf einmal stellen: "Bitte nur eine Frage auf einmal, ich muss die Antwort erst diktieren, sonst steht am Ende nicht alles im Protokoll."
Wenn sie Dein Diktat kritisieren, Ruhe bewahren: "Dann sagen Sie mir bitte nochmal wörtlich, wie Sie Ihre Frage/die Antwort in Erinnerung haben" - das können Sie meist auch nicht mehr.
Anschließend die Sache vergleichen :)
Viel Erfolg und Spaß - Sitzungsleitung ist eine schöne Sache, und niemand erwartet beim ersten Mal Wunder!
11.03.2022, 09:33
(10.03.2022, 16:03)Praktiker schrieb: Vor allem solltest Du vorher mit dem Diktiergerät üben.
Dann: aktenkundige Angaben zur Person vorher rausschreiben und vom Zeugen nur knapp bestätigen lassen - geht schneller und zeigt ihm, dass Du vorbereitet bist.
Belehrung vorher üben.
Dann: freundlich zu den Zeugen sein, damit sie nicht zumachen.
Zur Sache erst erzählen lassen ("Sie wissen, worum es heute geht?"), dann offene Fragen stellen, dann immer konkreter.
Möglichst wörtlich protokollieren, also auch Durcheinander und gedankliche Sprünge, ungewöhnliche Wörter, Gefühle usw. - braucht man später als Glaubhaftigkeitsmerkmale in der Beweiswürdigung.
Trau dich, rechtzeitig zu protokollieren: "Halten Sie bitte Ihren Gedanken fest, ich muss kurz diktieren, damit ich die Einzelheiten nicht vergesse. Sagen Sie bitte gleich, wenn etwas nicht stimmt".
Die Anwälte sind zu Referendaren üblicherweise freundlich und nachsichtig. Wenn sie mehrere Fragen auf einmal stellen: "Bitte nur eine Frage auf einmal, ich muss die Antwort erst diktieren, sonst steht am Ende nicht alles im Protokoll."
Wenn sie Dein Diktat kritisieren, Ruhe bewahren: "Dann sagen Sie mir bitte nochmal wörtlich, wie Sie Ihre Frage/die Antwort in Erinnerung haben" - das können Sie meist auch nicht mehr.
Anschließend die Sache vergleichen :)
Viel Erfolg und Spaß - Sitzungsleitung ist eine schöne Sache, und niemand erwartet beim ersten Mal Wunder!
Vielen Dank, Praktiker! Die Formulierung der offenen Einstiegsfrage gefällt mir sehr gut.
Zum Stichwort Vergleich: Müsste ich nicht besser vor der Zeugenbefragung einen Vergleich versuchen, während der Zeuge noch draußen sitzt? Oder meintest du das zusätzlich nach der Zeugenbefragung nochmal als Anregung (jenachdem wie ergiebig die Befragung war)?
14.03.2022, 23:05
Es war natürlich nicht ganz ernst gemeint, denn da hattest Du es als Referendarin dreifach schwer (keine Übung, kein Standing, Du wirst nicht entscheiden) - Dein Ausbilder wird kaum erwarten, dass Du sie einigst, aber stören würde es ihn sicher nicht :)
Der Zeitpunkt kommt darauf an. Bei diametral entgegengesetzten Aussagen oder wenn noch weitere Beweise zu erheben sind, kann man in der Tat erstmal fragen, ob es wirklich auf die Spitze getrieben werden soll samt Hinweis auf die Strafbarkeitsrisiken für die Zeugen bzw. Aufzeigen des weiten Weges bis zur Entscheidungsreife.
Aber oft sind die Parteien voller Erwartung, dass "ihre" Zeugen nun sofort aufklären werden, wie es wirklich war. Dann kann sich der erste gar nicht erinnern, der zweite hat nichts gesehen, der dritte kommt erst gar nicht und der Zeuge des Gegners macht einen guten Eindruck - wenn dann die Ernüchterung da ist samt Aussicht, sich vielleicht noch vertagen zu müssen, wächst die Einsicht oft. Auch wenn es vorher natürlich billiger und zeitsparend gewesen wäre, kommt es nun doch noch zum Vergleich.
Der Zeitpunkt kommt darauf an. Bei diametral entgegengesetzten Aussagen oder wenn noch weitere Beweise zu erheben sind, kann man in der Tat erstmal fragen, ob es wirklich auf die Spitze getrieben werden soll samt Hinweis auf die Strafbarkeitsrisiken für die Zeugen bzw. Aufzeigen des weiten Weges bis zur Entscheidungsreife.
Aber oft sind die Parteien voller Erwartung, dass "ihre" Zeugen nun sofort aufklären werden, wie es wirklich war. Dann kann sich der erste gar nicht erinnern, der zweite hat nichts gesehen, der dritte kommt erst gar nicht und der Zeuge des Gegners macht einen guten Eindruck - wenn dann die Ernüchterung da ist samt Aussicht, sich vielleicht noch vertagen zu müssen, wächst die Einsicht oft. Auch wenn es vorher natürlich billiger und zeitsparend gewesen wäre, kommt es nun doch noch zum Vergleich.
24.03.2022, 11:21
Danke für die nette Rückmeldung! Ist ja super. Ich antworte hier, weil es anonymer ist, sorry :)