27.11.2021, 21:54
Hallo,
ich spiele mit dem Gedanken, der Justiz den Rücken zu kehren. Ich bin schon länger unzufrieden und inzwischen auf Lebenszeit ernannt, weil ich bisher zu feige war, meine Comfort-Zone zu verlassen. Ich bin stets der Typ „was ich anfange, das ziehe ich auch durch“ gewesen und deshalb fällt es mir äußerst schwer, mir einzugestehen, dass das Gras für mich vielleicht auf der anderen Seite tatsächlich grüner wäre. Mir fehlen in der Justiz trotz der relativ hohen Arbeitsbelastung Herausforderungen und ich habe das Gefühl, dass die Qualität meiner Leistungen eigentlich völlig irrelevant ist. Ich habe auch andere Rechtsgebiete ausprobiert und ein anderes Gericht. War noch unzufriedener. Ich engagiere mich bei freiwilligen zusätzlichen Aufgaben, in der Hoffnung, dass ich dadurch ein paar mehr Erfolgserlebnisse habe. Das klappt mäßig. Ich ärgere mich regelmäßig darüber, dass ich leistungsmäßig unterhalb dessen liege, was ich könnte und bereit wäre zu geben, wenn ich einen entsprechenden (auch finanziellen) Anreiz hätte.
Am Ende meiner inneren Debatten überwogen bisher immer die Jobsicherheit, das okaye Gehalt und „sooo schlimm ist es ja nicht.“. Auch die Angst, was mich in einem anderen Job eigentlich erwartet und die Befürchtung, nie wieder zurück in die Justiz zu können, falls ich feststelle, dass das alles ein großer Fehler war. Ich habe auch noch keine GK-Erfahrung. Ich bereue, dass ich keine Station im Ref. entsprechend gewählt habe. Vielleicht wüsste ich dann genau, dass das nichts für mich ist oder eben das Richtige für mich ist. Das lässt sich wohl jetzt nicht mehr nachholen. Andererseits frage ich mich regelmäßig, ob es das jetzt dann für mich beruflich gewesen ist. Die Aussicht auf R2 lässt mich irgendwie kalt.
Was soll ich tun?
Ich hoffe auf neue Argumente für und gegen den Ausstieg.
ich spiele mit dem Gedanken, der Justiz den Rücken zu kehren. Ich bin schon länger unzufrieden und inzwischen auf Lebenszeit ernannt, weil ich bisher zu feige war, meine Comfort-Zone zu verlassen. Ich bin stets der Typ „was ich anfange, das ziehe ich auch durch“ gewesen und deshalb fällt es mir äußerst schwer, mir einzugestehen, dass das Gras für mich vielleicht auf der anderen Seite tatsächlich grüner wäre. Mir fehlen in der Justiz trotz der relativ hohen Arbeitsbelastung Herausforderungen und ich habe das Gefühl, dass die Qualität meiner Leistungen eigentlich völlig irrelevant ist. Ich habe auch andere Rechtsgebiete ausprobiert und ein anderes Gericht. War noch unzufriedener. Ich engagiere mich bei freiwilligen zusätzlichen Aufgaben, in der Hoffnung, dass ich dadurch ein paar mehr Erfolgserlebnisse habe. Das klappt mäßig. Ich ärgere mich regelmäßig darüber, dass ich leistungsmäßig unterhalb dessen liege, was ich könnte und bereit wäre zu geben, wenn ich einen entsprechenden (auch finanziellen) Anreiz hätte.
Am Ende meiner inneren Debatten überwogen bisher immer die Jobsicherheit, das okaye Gehalt und „sooo schlimm ist es ja nicht.“. Auch die Angst, was mich in einem anderen Job eigentlich erwartet und die Befürchtung, nie wieder zurück in die Justiz zu können, falls ich feststelle, dass das alles ein großer Fehler war. Ich habe auch noch keine GK-Erfahrung. Ich bereue, dass ich keine Station im Ref. entsprechend gewählt habe. Vielleicht wüsste ich dann genau, dass das nichts für mich ist oder eben das Richtige für mich ist. Das lässt sich wohl jetzt nicht mehr nachholen. Andererseits frage ich mich regelmäßig, ob es das jetzt dann für mich beruflich gewesen ist. Die Aussicht auf R2 lässt mich irgendwie kalt.
Was soll ich tun?
Ich hoffe auf neue Argumente für und gegen den Ausstieg.
Erste Infos zum Bewerbungsverfahren für den Justizdienst findest Du auf den Richter-Infoseiten von Juristenkoffer.de:
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
27.11.2021, 22:43
"und ich habe das Gefühl, dass die Qualität meiner Leistungen eigentlich völlig irrelevant ist."
Willkommen im Arbeitsleben!
Übrigens ist es ein häufiger Irrtum, dass man in einer Großkanzlei bei gleichem Aufwand viel mehr Geld verdienen könnte. Einfache Daumenregel: kein Arbeitgeber zahlt mehr als er unbedingt muss. Daraus folgt, dass ein Gehaltsplus immer Schmerzensgeld ist.
Aber wenn du unglücklich bist, dann mach den Wechsel. Man bereut eher, was man nicht getan hat. In Anbetracht des aktuellen Personalmangels in der Justiz wirst du auch sicher wieder zurück können.
Willkommen im Arbeitsleben!
Übrigens ist es ein häufiger Irrtum, dass man in einer Großkanzlei bei gleichem Aufwand viel mehr Geld verdienen könnte. Einfache Daumenregel: kein Arbeitgeber zahlt mehr als er unbedingt muss. Daraus folgt, dass ein Gehaltsplus immer Schmerzensgeld ist.
Aber wenn du unglücklich bist, dann mach den Wechsel. Man bereut eher, was man nicht getan hat. In Anbetracht des aktuellen Personalmangels in der Justiz wirst du auch sicher wieder zurück können.
27.11.2021, 22:57
Nur um dem vorstehenden Post zu widersprechen: ich arbeite in einer britischen GK im Arbeitsrecht und habe eine anregende, vielseitige, fordernde und befriedigende Tätigkeit. Ich hab Mandanten, bzw deren HR, mit denen ich viel im Austausch bin und die großen Wert drauf legen gerade von mir beraten und verteidigt zu werden. Ich mag daneben das Internationale, dh zB Verschmelzungen oder Transaktionen mitzubetreuen und ich find es zuletzt auch cool, 1-2 mal im Monat auf Dienstreise zu irgendeinem Gericht zu fahren um mich dort mit einem Gegenanwalt zu batteln und anschließend mit dem GF/HR-Mitarbeiter einen Kaffee zu trinken.
Und dafür bekomm ich auch noch 110k! Wie geil ist das bitte? Das ist kein Schmerzensgeld sondern die Kirsche auf der Sahne auf der Torte die mein Berufsleben ist
Und dafür bekomm ich auch noch 110k! Wie geil ist das bitte? Das ist kein Schmerzensgeld sondern die Kirsche auf der Sahne auf der Torte die mein Berufsleben ist
28.11.2021, 00:53
So ist in der GK. Den ganzen Tag anspruchsvolle Aufgaben..
28.11.2021, 00:59
110 k und dafür nur Burnout nach 3 Jahren, wie geil ist das denn??
28.11.2021, 01:30
28.11.2021, 02:51
(27.11.2021, 22:57)Elvis schrieb: Nur um dem vorstehenden Post zu widersprechen: ich arbeite in einer britischen GK im Arbeitsrecht und habe eine anregende, vielseitige, fordernde und befriedigende Tätigkeit. Ich hab Mandanten, bzw deren HR, mit denen ich viel im Austausch bin und die großen Wert drauf legen gerade von mir beraten und verteidigt zu werden. Ich mag daneben das Internationale, dh zB Verschmelzungen oder Transaktionen mitzubetreuen und ich find es zuletzt auch cool, 1-2 mal im Monat auf Dienstreise zu irgendeinem Gericht zu fahren um mich dort mit einem Gegenanwalt zu batteln und anschließend mit dem GF/HR-Mitarbeiter einen Kaffee zu trinken.
Und dafür bekomm ich auch noch 110k! Wie geil ist das bitte? Das ist kein Schmerzensgeld sondern die Kirsche auf der Sahne auf der Torte die mein Berufsleben ist
Schon toll, wie anregend und befriedigend so eine Sahnetorte Tätigkeit ist, bei der es darum geht, Arbeitnehmer, die einen Teil ihres Lebens in ein Unternehmen investiert haben, möglichst billig loszuwerden. Als Belohnung gibt's einen Kaffee mit der Personalabteilung.
You're my hero!
28.11.2021, 10:31
28.11.2021, 11:54
Witzig wie sich hier einige Leute gleich getriggert fühlen, wenn was positiv zur GK gepostet wird. Alle so neidisch, dass positive Ausführungen nicht in ihr Weltbild passen?
Natürlich macht die Arbeit in einer GK auch Spaß. Wem es das nicht tut, ist da einfach falsch. Die Leute können dort jeder Zeit wechseln. Klar gibt's auch Sachen, die schlimm sind. Wo gibt es die nicht? Gehört zum Arbeitsleben dazu.
Jura am Hochreck gibt es da auch :) gibt ja andauernd Fallkonstellationen die so noch nicht entschieden wurden oder dort zumindest ihren Anfang nehmen (zB im Kartellschadensrecht, Corporate oder Steuerrecht).
Den Post über mir verstehe ich nicht. Klar ist man einseitiger Interessenvertreter. Am Ende segnet in der Regel ein Gericht sowas auch ab (falls der/die AN vor Gericht ziehen). Sehe damit kein Problem. Oder ist das Gericht dann auch böse, weil es die Kündigung oder den Stellenabbau durchgewunken hat? Oder der Gesetzgeber, weil er solche Wege eröffnet hat?
Aber es scheint, dass das forum insoweit wirklich nur aus Trollen besteht. Vielleicht wäre mal eine Erhebung gut, wer hier was macht. Unterforderte Kleinanwälte und Stadtreferenten (die angeblich nur 20h arbeiten, s. Parallelthread) oder Referendare die über irgendwas einfach mal meckern müssen?
Aber nun zum TE:
Wenn du in der Justiz nicht glücklich bist geh. Diese Aussage gilt für jede Tätigkeit, aber insbesondere in der Justiz. Es braucht keine unmotivierten Richter, dass bringt weder einem selbst, den Parteien, noch dem Gesamtsystem was. S. den jüngsten Fall am LG Hagen.
Ggfs. kannst du - je nachdem was dich stört - ja nochmal mit dem Präsidenten über eine Versetzung reden.
So wie es bei dir klingt, hast du ja noch ziemlich viele Jahre vor dir. Da sollte man sich schon fragen, ob man sich da nur quälen will. Vorteile hin und her, es ist die Lebenszeit schlicht nicht wert, viele Stunden wo zu arbeiten, wo man nicht zufrieden / glücklich ist. Das wirkt sich in der Regel auch auf die Freizeit aus. Ob du dann beim Bier immer dieser eine grämige Jurist sein willst, der nur schlecht gelaunt über seinen job abkotzt, musst du wissen.
Wieso du in die GK willst habe ich jetzt aber tatsächlich nicht verstanden. Wenn dir die Justiz stellenweise schon zu arbeitsintensiv war, weiß ich nicht, ob du in der Hinsicht den richtigen Schritt machst.
Unabhängig davon, Möglichkeiten solltest du genug haben. Ggfs. kann es aber zumindest teilweise schon schwierig werden zu wechseln (zumindest in die Wirtschaft) als Richter. Betonung liegt auf teilweise. Je nachdem was du fachlich gemacht hast und wie du es natürlich verkaufst.
Natürlich macht die Arbeit in einer GK auch Spaß. Wem es das nicht tut, ist da einfach falsch. Die Leute können dort jeder Zeit wechseln. Klar gibt's auch Sachen, die schlimm sind. Wo gibt es die nicht? Gehört zum Arbeitsleben dazu.
Jura am Hochreck gibt es da auch :) gibt ja andauernd Fallkonstellationen die so noch nicht entschieden wurden oder dort zumindest ihren Anfang nehmen (zB im Kartellschadensrecht, Corporate oder Steuerrecht).
Den Post über mir verstehe ich nicht. Klar ist man einseitiger Interessenvertreter. Am Ende segnet in der Regel ein Gericht sowas auch ab (falls der/die AN vor Gericht ziehen). Sehe damit kein Problem. Oder ist das Gericht dann auch böse, weil es die Kündigung oder den Stellenabbau durchgewunken hat? Oder der Gesetzgeber, weil er solche Wege eröffnet hat?
Aber es scheint, dass das forum insoweit wirklich nur aus Trollen besteht. Vielleicht wäre mal eine Erhebung gut, wer hier was macht. Unterforderte Kleinanwälte und Stadtreferenten (die angeblich nur 20h arbeiten, s. Parallelthread) oder Referendare die über irgendwas einfach mal meckern müssen?
Aber nun zum TE:
Wenn du in der Justiz nicht glücklich bist geh. Diese Aussage gilt für jede Tätigkeit, aber insbesondere in der Justiz. Es braucht keine unmotivierten Richter, dass bringt weder einem selbst, den Parteien, noch dem Gesamtsystem was. S. den jüngsten Fall am LG Hagen.
Ggfs. kannst du - je nachdem was dich stört - ja nochmal mit dem Präsidenten über eine Versetzung reden.
So wie es bei dir klingt, hast du ja noch ziemlich viele Jahre vor dir. Da sollte man sich schon fragen, ob man sich da nur quälen will. Vorteile hin und her, es ist die Lebenszeit schlicht nicht wert, viele Stunden wo zu arbeiten, wo man nicht zufrieden / glücklich ist. Das wirkt sich in der Regel auch auf die Freizeit aus. Ob du dann beim Bier immer dieser eine grämige Jurist sein willst, der nur schlecht gelaunt über seinen job abkotzt, musst du wissen.
Wieso du in die GK willst habe ich jetzt aber tatsächlich nicht verstanden. Wenn dir die Justiz stellenweise schon zu arbeitsintensiv war, weiß ich nicht, ob du in der Hinsicht den richtigen Schritt machst.
Unabhängig davon, Möglichkeiten solltest du genug haben. Ggfs. kann es aber zumindest teilweise schon schwierig werden zu wechseln (zumindest in die Wirtschaft) als Richter. Betonung liegt auf teilweise. Je nachdem was du fachlich gemacht hast und wie du es natürlich verkaufst.
28.11.2021, 13:30
"Oder ist das Gericht dann auch böse, weil es die Kündigung oder den Stellenabbau durchgewunken hat? Oder der Gesetzgeber, weil er solche Wege eröffnet hat?"
Das Problem ist, dass der Arbeitnehmer in aller Regel weder Zeit noch Geld genug hat, das von einem ordentlichen Anwalt durchzufechten zu lassen, zumal die Entschädigungen und Abfindungen im deutschen Arbeitsrecht ein Witz sind. Ich sehe da ein eindeutiges Ungleichgewicht, das man moralisch durchaus fraglich finden kann. Im Strafrecht und Steuerrecht hat man auf der Gegenseite Profis sitzen.
Zum Rest: Wer selbst länger in einer GK gearbeitet hat, ist deutlich desillusioniert. Den Werbesprech von oben mit den zahlreichen übertriebenen Formulierungen kennt man zur Genüge...
Das Problem ist, dass der Arbeitnehmer in aller Regel weder Zeit noch Geld genug hat, das von einem ordentlichen Anwalt durchzufechten zu lassen, zumal die Entschädigungen und Abfindungen im deutschen Arbeitsrecht ein Witz sind. Ich sehe da ein eindeutiges Ungleichgewicht, das man moralisch durchaus fraglich finden kann. Im Strafrecht und Steuerrecht hat man auf der Gegenseite Profis sitzen.
Zum Rest: Wer selbst länger in einer GK gearbeitet hat, ist deutlich desillusioniert. Den Werbesprech von oben mit den zahlreichen übertriebenen Formulierungen kennt man zur Genüge...