23.11.2021, 23:03
Mir ist nicht ganz klar, warum es möglich sein sollte, am Ende eines Sitzungstages Entscheidungen zu verkünden. Entweder wird im Termin verkündet oder in einem Verkündungstermin, vgl. § 310 Abs. 1 ZPO. Jedenfalls die ZPO scheint das nicht zu kennen. Ist das Rechtsprechung oder woher soll das kommen?
Die Wahrung der Öffentlichkeit ist ja das eine, das andere das Recht der Parteien auf Anwesenheit bei der Verkündung. Deshalb auch Verkündung im Termin oder VT. Beim VT wüssten die Parteien ja auf die Stunde genau, wann verkündet wird. Das scheint mir so ziemlich dagegen zu sprechen, einfach am Ende des Sitzungstages zu verkünden, wann immer das sein soll, was niemand weiß.
Die Wahrung der Öffentlichkeit ist ja das eine, das andere das Recht der Parteien auf Anwesenheit bei der Verkündung. Deshalb auch Verkündung im Termin oder VT. Beim VT wüssten die Parteien ja auf die Stunde genau, wann verkündet wird. Das scheint mir so ziemlich dagegen zu sprechen, einfach am Ende des Sitzungstages zu verkünden, wann immer das sein soll, was niemand weiß.
23.11.2021, 23:14
(23.11.2021, 21:53)Gast schrieb: Bei uns steht der Tenor des VUs tatsächlich vollständig im Protokoll, nicht aber Rubrum und Rechtsbehelfsbelehrung. Der Tenor wird ja auch diktiert. Das schriftliche VU mit Rubrum und Rechtsbehelfsbelehrung bereitet dann die Geschäftsstelle zur Zustellung an die Parteien vor.
Aber Du unterschreibst auch das VU, oder ist das zugestellte quasi nur Ausfertigung aus dem Protokoll?
23.11.2021, 23:14
(23.11.2021, 23:03)Gast:: schrieb: Mir ist nicht ganz klar, warum es möglich sein sollte, am Ende eines Sitzungstages Entscheidungen zu verkünden. Entweder wird im Termin verkündet oder in einem Verkündungstermin, vgl. § 310 Abs. 1 ZPO. Jedenfalls die ZPO scheint das nicht zu kennen. Ist das Rechtsprechung oder woher soll das kommen?
Die Wahrung der Öffentlichkeit ist ja das eine, das andere das Recht der Parteien auf Anwesenheit bei der Verkündung. Deshalb auch Verkündung im Termin oder VT. Beim VT wüssten die Parteien ja auf die Stunde genau, wann verkündet wird. Das scheint mir so ziemlich dagegen zu sprechen, einfach am Ende des Sitzungstages zu verkünden, wann immer das sein soll, was niemand weiß.
Das habe ich als Anwalt jahrelang erlebt und bis zu diesem Thread nicht weiter hinterfragt.
23.11.2021, 23:18
(23.11.2021, 23:03)Gast:: schrieb: Mir ist nicht ganz klar, warum es möglich sein sollte, am Ende eines Sitzungstages Entscheidungen zu verkünden. Entweder wird im Termin verkündet oder in einem Verkündungstermin, vgl. § 310 Abs. 1 ZPO. Jedenfalls die ZPO scheint das nicht zu kennen. Ist das Rechtsprechung oder woher soll das kommen?
Die Wahrung der Öffentlichkeit ist ja das eine, das andere das Recht der Parteien auf Anwesenheit bei der Verkündung. Deshalb auch Verkündung im Termin oder VT. Beim VT wüssten die Parteien ja auf die Stunde genau, wann verkündet wird. Das scheint mir so ziemlich dagegen zu sprechen, einfach am Ende des Sitzungstages zu verkünden, wann immer das sein soll, was niemand weiß.
Der BGH verlangt in der zitierten Entscheidung, dass die Sitzung noch nicht geschlossen ist - dann ist es (selbst wenn danach andere Sachen aufgerufen wurden) noch eine Verkündung in dem Termin.
Und ja, ich sehe es ganz genau wie Du: es ist in jeder Hinsicht ungut und obendrein fehleranfällig und zu alledem noch unnötig. Denn entweder bereite ich den Tenor vor und mache, notfalls nach kurzer Beratung, ein Stuhlurteil, oder ich bestimme eben VT und gut ist. Und wenn es ein VU wird - das war ja Ausgangspunkt der Frage - kann ich eh verkünden, ohne den Tenor schriftlich zu haben.
23.11.2021, 23:29
Die Entscheidung am Schluss der Sitzung ist eine Entscheidung im Termin, weil die mündliche Verhandlung lediglich nach Unterbrechung fortgesetzt wird. Diese Verfahrensweise macht m.E. für jedes Stuhlurteil außer den in § 311 Abs. 2 Satz 3 ZPO geregelten Sinn, weil man sich so Zeit verschafft, um den Tenor in Ruhe abzufassen. Sinnvoll ist dies aus meiner Sicht bei Urteilen, die nicht die für eine Berufung erforderliche Beschwer erreichen. Wegen § 313a Abs. 1 Satz 2 ZPO genügt es dann, die wesentlichen Entscheidungsgründe ins Protokoll zu diktieren; schriftlicher Entscheidungsgründe bedarf es nicht mehr. Das kann Arbeit ersparen.
Ich unterschreibe sowohl Protokoll als auch VU.
(23.11.2021, 23:14)Praktiker schrieb:(23.11.2021, 21:53)Gast schrieb: Bei uns steht der Tenor des VUs tatsächlich vollständig im Protokoll, nicht aber Rubrum und Rechtsbehelfsbelehrung. Der Tenor wird ja auch diktiert. Das schriftliche VU mit Rubrum und Rechtsbehelfsbelehrung bereitet dann die Geschäftsstelle zur Zustellung an die Parteien vor.
Aber Du unterschreibst auch das VU, oder ist das zugestellte quasi nur Ausfertigung aus dem Protokoll?
Ich unterschreibe sowohl Protokoll als auch VU.
23.11.2021, 23:59
Danke für den Hinweis auf die BGH-Entscheidung. Ich finde sie zwar keinesfalls überzeugend, weil ohne wirkliche Begründung, aber gut. Gerade § 136 Abs. 3 ZPO, aus dem man immerhin die Befugnis des Gerichts, die Verhandlung zu unterbrechen, ableiten kann (wenn nicht ohnehin aus der Verhandlungsleitung), scheint mir mit dem 2. HS dieser Vorschrift doch zum Ausdruck zu kommen, dass bei Unterbrechung eben eine weitere Sitzung zur Fortsetzung zu bestimmen ist. Ob das der Fall ist, wenn vage auf das Ende des Sitzungstages verwiesen wird, wage ich doch zu bezweifeln.
Gerade beim VU ist diese Vorgehensweise doch auch nicht ganz "ungefährlich" in dem Sinn, dass die bisher säumige Partei bzw. ihr Vertreter doch noch aufkreuzt, nämlich am Ende des Sitzungstages, und vor Verkündung des VU in der dann fortgesetzten mV seinen Antrag stellt. Dann war es das mit dem VU.
Das Ganze scheint mir nicht besonders ausgereift zu sein.
Gerade beim VU ist diese Vorgehensweise doch auch nicht ganz "ungefährlich" in dem Sinn, dass die bisher säumige Partei bzw. ihr Vertreter doch noch aufkreuzt, nämlich am Ende des Sitzungstages, und vor Verkündung des VU in der dann fortgesetzten mV seinen Antrag stellt. Dann war es das mit dem VU.
Das Ganze scheint mir nicht besonders ausgereift zu sein.
24.11.2021, 00:36
Achtung, mündliche Verhandlung, Termin und Sitzung sind nicht dasselbe, und ein Urteil wird nie in der mündlichen Verhandlung verkündet. Die mündliche Verhandlung wird immer vorher geschlossen.
24.11.2021, 00:57
(24.11.2021, 00:36)Gast schrieb: Achtung, mündliche Verhandlung, Termin und Sitzung sind nicht dasselbe, und ein Urteil wird nie in der mündlichen Verhandlung verkündet. Die mündliche Verhandlung wird immer vorher geschlossen.
Das ist sicherlich richtig. Aber wenn du die entsprechende BGH-Entscheidung des Kollegen liest (BGH, 06.02.2004 - V ZR 249/03), wirst du feststellen, dass der BGH explizit vorgibt, dass die mV nicht geschlossen worden sein darf, um den Weg des Stuhlurteils am Ende des Sitzungstages zu gehen (im Original auf S. 5, 6). Daraus schließe ich, dass das VU von der zunächst säumigen Partei durch spätere Antragstellung noch verhindert werden könnte.
Zugegebenermaßen ist dieser Teil der Entscheidung komplett verwirrt, was den richtigen Gebrauch von Termin, Sitzung und mV angeht. Aber die Aussage ist eindeutig.
24.11.2021, 13:28
(23.11.2021, 23:29)Gast schrieb: Die Entscheidung am Schluss der Sitzung ist eine Entscheidung im Termin, weil die mündliche Verhandlung lediglich nach Unterbrechung fortgesetzt wird. Diese Verfahrensweise macht m.E. für jedes Stuhlurteil außer den in § 311 Abs. 2 Satz 3 ZPO geregelten Sinn, weil man sich so Zeit verschafft, um den Tenor in Ruhe abzufassen. Sinnvoll ist dies aus meiner Sicht bei Urteilen, die nicht die für eine Berufung erforderliche Beschwer erreichen. Wegen § 313a Abs. 1 Satz 2 ZPO genügt es dann, die wesentlichen Entscheidungsgründe ins Protokoll zu diktieren; schriftlicher Entscheidungsgründe bedarf es nicht mehr. Das kann Arbeit ersparen.
(23.11.2021, 23:14)Praktiker schrieb:(23.11.2021, 21:53)Gast schrieb: Bei uns steht der Tenor des VUs tatsächlich vollständig im Protokoll, nicht aber Rubrum und Rechtsbehelfsbelehrung. Der Tenor wird ja auch diktiert. Das schriftliche VU mit Rubrum und Rechtsbehelfsbelehrung bereitet dann die Geschäftsstelle zur Zustellung an die Parteien vor.
Aber Du unterschreibst auch das VU, oder ist das zugestellte quasi nur Ausfertigung aus dem Protokoll?
Ich unterschreibe sowohl Protokoll als auch VU.
OK, das ist überraschend, weil der Tenor im normalen Verkündungsprotokoll ja auch nicht drin steht, aber sicherlich unschädlich. Wie gesagt, immer wieder spannend, wie unterschiedlich die Dinge gehandhabt werden.
25.11.2021, 23:34
Das normale Verkündungsprotokoll wird allerdings auch nicht diktiert. Ich finde es hingegen etwas befremdlich, wenn im Protokoll etwas fehlt, das in der Sitzung in das Protokoll diktiert wurde.