13.10.2017, 16:20
Ahh ok, danke; denn den 261 konnte ich bei uns auch nicht zuordnen.
Das sind ja Füchse beim LJPA mit den Puzzleklausuren die die da schreiben.
Das sind ja Füchse beim LJPA mit den Puzzleklausuren die die da schreiben.
13.10.2017, 16:24
In Niedersachsen Klausur aus Behördensicht: Umfassender Vermerk vorweg und dann Schriftsatz an das Gericht. Antragserwiderung auf einen 80Ver-Antrag.
Die Antragstellerin war Finanzbeamtin (Sachgebietsleiterin) beim Finanzamt Hannover. Nach der Versetzung in den Ruhestand will sie sich als Steuerberaterin selbstständig machen. Zeigte dies am 12.08.2017 bei der Oberfinanzdirektion an. Am 04.09.2017 Tätigkeitsuntersagung nach § 41 BeamtStG, § 79 NBG für den Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes Hannover und auf drei Jahre befristet. Anordnung der sofortigen Vollziehung. Zwangsgeldandrohung "für jeden Fall" der Zuwiderhandlung.
Die Antragstellerin war zu dieser Zeit im Urlaub. Bat ihre Bekannte, die ihre Post kontrolliert, für sie Klage zu erheben. Klage ist beim VG am 28.09.2017 eingegangen. Ohne Begründung.
Aus dem Urlaub am 09.10.2017 zurück, stellte sie noch einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, der am 11.10.2017 beim VG eingeht. Argumente: Kein Loyalitätskonflikt, § 61 StBerG lex specialis, Art. 12 I GG verletzt weil subjektive Berufszulassungsbeschränkung.
Prozessualer Schwerpunkt: Antrag nicht offensichtlich unzulässig? Insbesondere fristgerechte Erhebung des Hauptsache-Rechtsbehelfs: Ordnungsgemäße Klageerhebung und - sofern verneint - Problem der Verfristung. Habe da gesagt die Klageerhebung durch die Bekannte geht nicht, weil eigenhändige Unterschrift fehlt. Zwar kann sich nach BVerwG ja bei fehlender Unterschrift aus den Umständen ergeben, dass Klageerhebung ordnungsgemäß ist. Andere Ansicht meint, dafür ist gerade § 60 VwGO da. Außerdem war ein Kalender abgedruckt, den hätte man sonst nicht gebraucht. Also v.a. klausurtaktisch entschieden. Klage also verfristet. Aber § 60 VwGO (vAw zu prüfen) im Ergebnis bejaht, da Antragstellerin erst am 09.10.2017 ausm Urlaub zurück (An diesem Tag war Fristende) und kein Verschulden, dass sie Eigenhändigkeitserfordernis nicht kannte.
Unterbliebene Anhörung nach § 28 II Nr. 1 VwVfG entbehrlich, im Übrigen nachholbar nach § 45 I Nr. 3 VwVfG (aA BVerwG: Anhörungsschreiben erforderlich)
Materiell dann die Frage, ob die Tätigkeit der Ruhestandsbeamtin die Beeinträchtigung dienstlicher Interessen besorgen lässt. Besorgnis definieren, Prognose etc. Bejaht, Vertrauen der Allgemeinheit unvoreingenommene Amtsführung muss geschützt werden, sprich Art. 20 III GG tangiert.
§ 61 StBerG auch nicht lex specialis, betrifft verschiedene Anwendungsbereiche.
Im Übrigen Untersagung verhältnismäßig, v.a. Art. 12 I GG nicht verletzt. Zwar tangiert, aber nicht subjektive Zulassungsbeschränkung, sondern nur Berufsausübungsregelung - nur Zuständigkeitsbereich Finanzamt Hannover erfasst, zeitliche Begrenzung auf 3 Jahre, obwohl gesetzlich auch 5 möglich, zudem geringer Eingriff weil Ruhestandsgehalt. Demgegenüber Art. 20 III GG und ordnungsgemäße Verwaltung und unvoreingenommene Amtsführung vernünftige Gemeinwohlbelange.
§ 80 II Nr. 4 VwGO auch rechtmäßig, da mit jedem Mandant der Antragstellerin Beeinträchtigung dienstlicher Interessen eintreten kann. Effektivität der Gefahrenabwehr. Besonderes, überwiegendes Vollzugsinteresse also gegeben.
Zwangsgeldandrohung §§ 64, 65, 67, 70 NSOG iVm § 70 NVwVG rechtswidrig, weil "für jeden Fall" der Zuwiderhandlung keine hinreichende RGL vorhanden.
Die Antragstellerin war Finanzbeamtin (Sachgebietsleiterin) beim Finanzamt Hannover. Nach der Versetzung in den Ruhestand will sie sich als Steuerberaterin selbstständig machen. Zeigte dies am 12.08.2017 bei der Oberfinanzdirektion an. Am 04.09.2017 Tätigkeitsuntersagung nach § 41 BeamtStG, § 79 NBG für den Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes Hannover und auf drei Jahre befristet. Anordnung der sofortigen Vollziehung. Zwangsgeldandrohung "für jeden Fall" der Zuwiderhandlung.
Die Antragstellerin war zu dieser Zeit im Urlaub. Bat ihre Bekannte, die ihre Post kontrolliert, für sie Klage zu erheben. Klage ist beim VG am 28.09.2017 eingegangen. Ohne Begründung.
Aus dem Urlaub am 09.10.2017 zurück, stellte sie noch einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, der am 11.10.2017 beim VG eingeht. Argumente: Kein Loyalitätskonflikt, § 61 StBerG lex specialis, Art. 12 I GG verletzt weil subjektive Berufszulassungsbeschränkung.
Prozessualer Schwerpunkt: Antrag nicht offensichtlich unzulässig? Insbesondere fristgerechte Erhebung des Hauptsache-Rechtsbehelfs: Ordnungsgemäße Klageerhebung und - sofern verneint - Problem der Verfristung. Habe da gesagt die Klageerhebung durch die Bekannte geht nicht, weil eigenhändige Unterschrift fehlt. Zwar kann sich nach BVerwG ja bei fehlender Unterschrift aus den Umständen ergeben, dass Klageerhebung ordnungsgemäß ist. Andere Ansicht meint, dafür ist gerade § 60 VwGO da. Außerdem war ein Kalender abgedruckt, den hätte man sonst nicht gebraucht. Also v.a. klausurtaktisch entschieden. Klage also verfristet. Aber § 60 VwGO (vAw zu prüfen) im Ergebnis bejaht, da Antragstellerin erst am 09.10.2017 ausm Urlaub zurück (An diesem Tag war Fristende) und kein Verschulden, dass sie Eigenhändigkeitserfordernis nicht kannte.
Unterbliebene Anhörung nach § 28 II Nr. 1 VwVfG entbehrlich, im Übrigen nachholbar nach § 45 I Nr. 3 VwVfG (aA BVerwG: Anhörungsschreiben erforderlich)
Materiell dann die Frage, ob die Tätigkeit der Ruhestandsbeamtin die Beeinträchtigung dienstlicher Interessen besorgen lässt. Besorgnis definieren, Prognose etc. Bejaht, Vertrauen der Allgemeinheit unvoreingenommene Amtsführung muss geschützt werden, sprich Art. 20 III GG tangiert.
§ 61 StBerG auch nicht lex specialis, betrifft verschiedene Anwendungsbereiche.
Im Übrigen Untersagung verhältnismäßig, v.a. Art. 12 I GG nicht verletzt. Zwar tangiert, aber nicht subjektive Zulassungsbeschränkung, sondern nur Berufsausübungsregelung - nur Zuständigkeitsbereich Finanzamt Hannover erfasst, zeitliche Begrenzung auf 3 Jahre, obwohl gesetzlich auch 5 möglich, zudem geringer Eingriff weil Ruhestandsgehalt. Demgegenüber Art. 20 III GG und ordnungsgemäße Verwaltung und unvoreingenommene Amtsführung vernünftige Gemeinwohlbelange.
§ 80 II Nr. 4 VwGO auch rechtmäßig, da mit jedem Mandant der Antragstellerin Beeinträchtigung dienstlicher Interessen eintreten kann. Effektivität der Gefahrenabwehr. Besonderes, überwiegendes Vollzugsinteresse also gegeben.
Zwangsgeldandrohung §§ 64, 65, 67, 70 NSOG iVm § 70 NVwVG rechtswidrig, weil "für jeden Fall" der Zuwiderhandlung keine hinreichende RGL vorhanden.
13.10.2017, 16:24
Ist jemandem aufgefallen, dass in dee NRW Klausur die Richter das Urteil nicht unterschrieben hatten?
13.10.2017, 16:25
13.10.2017, 16:28
Also mir nicht.
Vielleicht wars ja bei uns unterschrieben, da setzte ich jetzt mal drauf. ;)
Vielleicht wars ja bei uns unterschrieben, da setzte ich jetzt mal drauf. ;)
13.10.2017, 16:34
(13.10.2017, 16:25)Gast schrieb:(13.10.2017, 16:24)Gast schrieb: Ist jemandem aufgefallen, dass in dee NRW Klausur die Richter das Urteil nicht unterschrieben hatten?War das vielleicht nur ne Ausfertigung?
Definitiv gab es einen Eingangsstempel vom Verteidiger. Weiß nicht, ob das dann nur eine Ausfertigung sein kann.
13.10.2017, 16:36
Stimmt anscheinend bzgl. Ausfertigung. Unterschrift in handschriftlicher Form bleibt bei den Akten, gedruckte Namen reichen aus, vgl. Russack Rn. 244.
13.10.2017, 16:36
(13.10.2017, 16:34)Gast schrieb:(13.10.2017, 16:25)Gast schrieb:(13.10.2017, 16:24)Gast schrieb: Ist jemandem aufgefallen, dass in dee NRW Klausur die Richter das Urteil nicht unterschrieben hatten?War das vielleicht nur ne Ausfertigung?
Definitiv gab es einen Eingangsstempel vom Verteidiger. Weiß nicht, ob das dann nur eine Ausfertigung sein kann.
Ich glaube ja. In der Regel verschickt das Gericht ja nicht Originale zumal 1 Original auf der Geschäftsstelle liegt.
13.10.2017, 16:48
Hat das jemand mit dem nicht vorhandenen Antragsrecht des Sohnes gesehen?
13.10.2017, 17:08
SR III: Revision aus Anwaltsperspektive
Folgendes ist geschehen: Die Mandantin war viele Jahre verheiratet, hat nach der Scheidung neu geheiratet und zusammen mit ihrem neuen Mann (J) beschlossen, bei ihrer Ex-Schwiegermutter einzubrechen, weil die viel Bargeld zuhause aufbewahrt. Die Schwiegermutter wohnt allein in einem Haus außerhalb von Schönebeck, keine Nachbarn, die nächste Wohnbebauung ist etwa einen Kilometer entfernt. M hat J ihren Pkw als Fluchtauto zur Verfügung gestellt und ihm erklärt, wo das Geld versteckt ist, ist aber selbst nicht mitgekommen. Die Schwiegermutter wird nachts normalerweise nicht wach, ihr soll auch nach der Vorstellung der M um Gottes Willen nichts passieren.
J bricht mit einem Stemmeisen die Kellertür auf, gelangt von dort in die Wohnung, findet an der vermuteten Stelle zwei Geldkassetten, steckt sie in seinen Rucksack und macht sich auf den Rückweg. Völlig untypisch und unerwartet wird die Schwiegermutter diesmal doch wach, erkennt den J (nennt ihn aber Andy? – die Info habe ich nicht verwenden können), woraufhin er sie umbringt. Alleinerbe der Schwiegermutter ist ihr Sohn G, der Exmann der M. Die erbeuteten 1300 € verwenden M und J für einen gemeinsamen Wellnessurlaub in Österreich.
Einige Wochen später will M mit dem gesondert verfolgten Wolke (W) freitagabends feiern gehen. Sie sprechen die Zeugin Schneider (S) auf der Straße an und führen mit ihr „ein unverbindliches Gespräch“. Auf ein Nicken der M schlägt W völlig unvermittelt die S, woraufhin M und W sodann gemeinsam auf sie einprügeln und treten. Das soll auch einem vorher lose gefassten Tatplan entsprochen haben. Als S irgendwann bewusstlos zu Boden geht, durchsuchen sie ihre Sachen, entdecken ein Handy und nehmen es mit, um es für sich zu verwenden.
Soweit zum materiellen, in formeller Hinsicht: M wurde von PK Hempel als Beschuldigte vernommen. Zu Beginn der Vernehmung hat er sie darüber belehrt, dass sie als Beschuldigte dazu verpflichtet ist, die Wahrheit zu sagen. Dementsprechend hat sie dann auch ausgesagt. Angeklagt wurde zum Schwurgericht wegen Mordes (durch J), der ursprünglich vorgesehene Schöffe Polte bat aber noch vor der Hauptverhandlung um seine Entbindung von den Schöffenpflichten: Er ist Inhaber eines Gerüstbaubetriebes (als e.K.) und zum geplanten HV-Termin haben viele seiner Mitarbeiter Urlaub, sodass ihn niemand vertreten kann. Dem Gesuch gibt der Vorsitzende statt, es wird eine Hilfsschöffin berufen.
Zu Beginn der Hauptverhandlung rügt der Verteidiger die Besetzung, das Gericht beschließt dann, dass das schon ok war mit der Entbindung Poltes. M lässt sich nicht zur Sache ein. In der Verhandlung wird M, nachdem sie ein bisschen rumgepoltert hat, für die Vernehmung der Zeugin S durch ordnungsgemäßen Beschluss nach § 177 GVG aus der Hauptverhandlung entfernt. Während ihrer Abwesenheit wird die Zeugenvernehmung durchgeführt, dabei werden auch die Lichtbilder in Augenschein genommen, aus denen sich die Verletzungen der S ergeben. Als M wieder zurück ist, wird sie über die wesentlichen Inhalte der Zeugenvernehmung und der Inaugenscheinnahme informiert und gefragt, ob sie noch Fragen an die Zeugin stellen möchte.
Dann wird PK Hempel vernommen und sagt wie geschildert aus. Dass mit der Belehrung mache er schon immer so, das habe man ihm so beigebracht. Gerügt wird nichts.
Dann wird ein Urteil des AG Stendal ins Verfahren eingeführt, das zwischen erster und zweiter Tat ergangen war und noch nicht vollstreckt ist, darin wurde M zu einer Geldstrafe von 30 (?) Tagessätzen verurteilt.
Das Gericht verurteilt M wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls und Raubes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren, wobei es für den WED zwei Jahre ansetzt und für den Raub 2,5 Jahre. Das Urteil des AG Stendal wird im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung mit einbezogen.
Urteilsbegründung, -zustellung etc. alles fristgemäß und in Ordnung, ebenso Revisionseinlegung. Die Revisionsbegründung hatte Anwalt Gericke (der Verteidiger der M) vor seinem Urlaub schon fertiggemacht (keine Anträge enthalten, aber „vollumfängliche Anfechtung des Urteils“ oder so ähnlich), aber noch nicht losgeschickt. Der RA Hasselbach, der von M ebenfalls für das Verfahren bevollmächtigt wurde und der mit RA Gericke seit 1995 in einer Bürogemeinschaft arbeitet, hat die Revisionsbegründung dann mit „in Vertretung Hasselbach“ unterzeichnet und druntergeschrieben „RA Gericke nach Diktat verreist“, weil er dachte, RA Gericke käme erst nach Fristablauf aus dem Urlaub zurück. Das Ding ging dann per Fax ans LG und RA Gericke macht sich jetzt Gedanken, ob diese Unterzeichnung eventuell schädlich sein könnte, weil es so klingt, als würde sich RA Hasselbach vom Inhalt der Revisionsbegründung distanzieren.
Arbeitsauftrag: Prüfung der Erfolgsaussichten der Revision inklusive Zweckmäßigkeit und, sofern erforderlich, Anträge an das Gericht
Zuständigkeiten waren laut BV gewahrt.
Prüfung:
A. Zulässigkeit der Revision
I. Statthaftigkeit (+), Revision gegen Schwurgerichtsurteil
II. Einlegungsbefugnis (+), Angeklagter durch seinen Verteidiger
III. Beschwer (+), Freiheitsstrafe
IV. ordnungsgemäße Revisionseinlegung (+) laut BV
V. ordnungsgemäße Revisionsbegründung
1. Form
a) „fehlende“ Anträge unschädlich, wenn sich Umfang und Zielstellung der Revision im Übrigen eindeutig aus der Revisionsbegründung ergibt, hier (+) wegen vollumfänglicher Anfechtung, Anträge aus anwaltlicher Vorsicht innerhalb der Frist noch nachschiebbar, wenn erforderlich (im Hinblick auf die Strafantragsgeschichte, dazu sogleich)
b) Unterzeichnung unschädlich, steht im Kommentar, habe noch ein bisschen dazu geschrieben, dass RA Hasselbach ja auch bevollmächtigt war, Unterschrift für einen Kollegen „in Vertretung“ wegen objektiver Gründe (Urlaubsabwesenheit) keinen Anlass gibt, davon auszugehen, dass der unterschreibende Kollege sich distanzieren möchte. Ist ja im Anwaltsbetrieb nicht unüblich, gerade bei Fristensachen. Hier zwar „nur“ Bürogemeinschaft, aber sie waren ja beide bevollmächtigt und damit zuständig.
c) Einlegung per unterschriebenem Fax unproblematisch
2. Frist
Revisionsbegründungsfrist begann mit Urteilszustellung am 13.9.2017 (Mittwoch) und läuft damit unproblematisch bis einschließlich heute – warum sie wohl einen Kalender mit abgedruckt haben? Habe nirgendwo ein Fristenproblem gehabt.
VI. Ergebnis
Revision zulässig, Ergänzungen oder Heilungen noch bis Ende des heutigen Tages möglich
B. Begründetheit
I. Verfahrensvoraussetzungen
Alles unproblematisch außer die Frage des Strafantrags
Problem war, ob der vom Ex-Mann der M gestellte Strafantrag eine Strafverfolgung der Geschehnisse das Wohnungseinbruchsdiebstahl möglich macht. M ist als Exfrau des G auch nach der Scheidung Angehörige seiner Mutter nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB. Die Mutter hat logischerweise keinen Strafantrag gestellt. Jetzt ist die Frage, ob G einen Strafantrag stellen konnte. Das Strafantragsrecht seiner Mutter ist jedenfalls nicht auf ihn übergegangen, weil keiner der gesetzlich besonders geregelten Fälle vorliegt. Das Gericht geht davon aus, dass G ein eigenes Strafantragsrecht hat, weil er mit dem Tod seiner Mutter gemäß § 1922 BGB als Alleinerbe Eigentümer auch der Geldkassetten geworden und damit durch den Diebstahl „in eigenen Rechten verletzt“ ist. Unser RA meint in der Revisionsbegründung, das sei falsch, weil nur vom Ergebnis her gedacht und wer solle denn unter den vorliegenden Umständen noch den Gewahrsam des J angreifen. Dem habe ich mich angeschlossen (Anwaltsperspektive ;)) und das ganze noch etwas ausführlicher begründet: Zwar noch keine Beendigung durch In-den-Rucksack-Stecken der Geldkassetten, weil nur Gewahrsamsenklave, aber durch Tötung der Schwiegermutter, weil ab diesem Zeitpunkt der Gewahrsam nicht mehr in Gefahr war bzw. niemand mit Rückholungsabsichten in Betracht kam (Alleinlage des Grundstücks, Alleinleben der Schwiegermutter, keine Nachbarn etc). Damit Beendigung mit dem Tod, also keine Verletzung des G in seiner Eigentümerstellung, deshalb keine Strafantragsberechtigung des G. Mein Rechtsgefühl findet dieses Ergebnis irgendwie seltsam, aber das unterdrückt man als Anwalt ja gerne mal ;D.
Überleitungssatz, dass aus anwaltlicher Vorsicht im Folgenden davon ausgegangen wird, dass das Revisionsgericht nicht so sieht.
II. Verfahrensrügen
1. absolute Revisionsgründe
a) fehlerhafte Besetzung des Gerichts, § 338 I Nr. 1 lit. b StPO
Anwalt hatte Besetzung rechtzeitig gerügt, fraglich war, ob Rüge zu Recht abgewiesen wurde: (+), wenn Entbindung des Schöffen nicht zu Unrecht erfolgt ist
Unzumutbarkeit der Wahrnehmung des Schöffenamtes für P? Prüfungsmaßstab nur Willkür wegen § 54 Abs. 3 GVG, berufliche Gründe ausreichend, wenn keine geeigneten Vertreter, hier (+), alle im Urlaub, P als Alleininhaber (e.K.), deshalb Entscheidung zumindest nicht willkürlich → Antragsabweisung rechtmäßig → Besetzungsrüge unbegründet
b) Abwesenheit einer anwesenheitspflichtigen Person
Hier habe ich kurz festgestellt, dass M zu Recht entfernt worden war nach § 177 GVG, damit ich unten drauf verweisen kann.
2. relative Revisionsgründe
a) keine erneute Inaugenscheinnahme der Lichtbilder nach Rückkehr der M
hier bin ich mit meiner verletzten Norm (§§ 231b II, 231a II StPO) nicht so glücklich, habe aber nichts besseres gefunden. Argumentation: Inaugenscheinnahme der Lichtbilder während der Zeugenvernehmung prinzipiell ok und sinnvoll/fördernd, aber nach Rückkehr der M hätte man die Inaugenscheinnahme wiederholen müssen, weil sie davon nicht ausgeschlossen war. Beruhen (+), weil das Gericht sein Urteil auf die Bilder gestützt hat
b) Vernehmung des PK Hempel als Zeugen
der Vernehmung entgegenstehendes Beweisverwertungsverbot für die Aussage der M im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung?
Verletzung der „normalen“ Belehrungspflicht über Aussagefreiheit zwar (+), aber nicht revisibel, da nicht gerügt trotz anwaltlicher Vertretung
Belehrung dahingehend, die M als Beschuldigte sei verpflichtet, die Wahrheit zu sagen, als verbotene Vernehmungsmethode (Täuschung) nach § 136a I 1 StPO, die zu einer Beeinträchtigung der Willensentschließung der M geführt hat, weil sie unzutreffenderweise glaubte, sie müsse wahrheitsgemäß aussagen. Rechtsumstände als Tatsachen i.S.d. Norm, kein Täuschungs„vorsatz“ erforderlich, auch keine Rüge/Widerspruch, sondern absolutes Verwertungsverbot nach Abs. 3
Beruhen (+), weil das Gericht sein Urteil auf die Aussage des PK Hempel gestützt hat
III. Sachrüge
1. Gesetzesanwendung
a) TK 1: Wohnungseinbruchsdiebstahl
Keine Fehler zu erkennen, Zurechnung aufgrund Mittäterschaft i.O., keine weiteren Probleme. Hätte ich noch Zeit gehabt, hätte ich mir noch Gedanken darüber gemacht, ob M, wenn die Nummer mit dem fehlenden Strafantrag durchgeht, eine Verurteilung wegen Hausfriedensbruch oder Sachbeschädigung an der Kellertür droht. Schien mir aber nicht so relevant, deshalb nicht geprüft. Eigentlich wollte ich auch noch prüfen, dass sie zu Recht nicht wegen Mordes verurteilt wurde (Mittäterexzess), aber keine Zeit. Sukzessive Billigung durch gemeinsames Ausgeben des Geldes hatte ich zwischenzeitlich noch überlegt, aber vermutlich auch Blödsinn
TK 1 also insgesamt ok so.
b) TK 2: Raub
oTB geht durch: Gewaltanwendung (+), Wegnahme (+) auch bei Bewusstlosen (hatte das irgendwie anders in Erinnerung, aber im Kommentar stand es so, also was soll’s)
im sTB zwar Vorsatz und Zueignungsabsicht, aber keine Finalität, weil sie das Handy nur weggenommen haben, als sich durch die Bewusstlosigkeit die Gelegenheit ergab → Raub (-)
stattdessen dann gKV mit hinterlistigem Überfall („In-Sicherheit-Wiegen“ durch das Gespräch vorher) und gemeinschaftlich
außerdem Diebstahl, aber nur noch festgestellt
mehr Probleme habe ich da nicht gesehen.
2. Rechtsfolgenausspruch
nachträgliche Gesamtstrafenbildung habe ich für falsch gehalten, weil die Geldstrafe faktisch in eine Freiheitsstrafe umgewandelt wird und M damit schlechter dasteht als ohne nachträgliche Gesamtstrafenbildung. War aber mehr so ein Gefühl, für den Kommentar war keine Zeit mehr.
C. Zweckmäßigkeit
Bisherige Revisionsbegründung im Prinzip ok so, man könnte wegen des fehlenden Strafantrags noch Revisionsanträge (Einstellung hinsichtlich TK 1 und Aufhebung, Zurückverweisung hinsichtlich TK 2) nachschieben.
keine drohende Verschlechterung, weil Staatsanwaltschaft keine Revision eingelegt hat
sonst fiel mir – wie immer – für die Zweckmäßigkeit nichts ein
Insgesamt eine gut machbare Klausur, würde ich sagen. Mir erschien sie inhaltlich fast ein bisschen dünn, ich vermute mal, ich habe irgendwas übersehen. Was sagt ihr so?
Folgendes ist geschehen: Die Mandantin war viele Jahre verheiratet, hat nach der Scheidung neu geheiratet und zusammen mit ihrem neuen Mann (J) beschlossen, bei ihrer Ex-Schwiegermutter einzubrechen, weil die viel Bargeld zuhause aufbewahrt. Die Schwiegermutter wohnt allein in einem Haus außerhalb von Schönebeck, keine Nachbarn, die nächste Wohnbebauung ist etwa einen Kilometer entfernt. M hat J ihren Pkw als Fluchtauto zur Verfügung gestellt und ihm erklärt, wo das Geld versteckt ist, ist aber selbst nicht mitgekommen. Die Schwiegermutter wird nachts normalerweise nicht wach, ihr soll auch nach der Vorstellung der M um Gottes Willen nichts passieren.
J bricht mit einem Stemmeisen die Kellertür auf, gelangt von dort in die Wohnung, findet an der vermuteten Stelle zwei Geldkassetten, steckt sie in seinen Rucksack und macht sich auf den Rückweg. Völlig untypisch und unerwartet wird die Schwiegermutter diesmal doch wach, erkennt den J (nennt ihn aber Andy? – die Info habe ich nicht verwenden können), woraufhin er sie umbringt. Alleinerbe der Schwiegermutter ist ihr Sohn G, der Exmann der M. Die erbeuteten 1300 € verwenden M und J für einen gemeinsamen Wellnessurlaub in Österreich.
Einige Wochen später will M mit dem gesondert verfolgten Wolke (W) freitagabends feiern gehen. Sie sprechen die Zeugin Schneider (S) auf der Straße an und führen mit ihr „ein unverbindliches Gespräch“. Auf ein Nicken der M schlägt W völlig unvermittelt die S, woraufhin M und W sodann gemeinsam auf sie einprügeln und treten. Das soll auch einem vorher lose gefassten Tatplan entsprochen haben. Als S irgendwann bewusstlos zu Boden geht, durchsuchen sie ihre Sachen, entdecken ein Handy und nehmen es mit, um es für sich zu verwenden.
Soweit zum materiellen, in formeller Hinsicht: M wurde von PK Hempel als Beschuldigte vernommen. Zu Beginn der Vernehmung hat er sie darüber belehrt, dass sie als Beschuldigte dazu verpflichtet ist, die Wahrheit zu sagen. Dementsprechend hat sie dann auch ausgesagt. Angeklagt wurde zum Schwurgericht wegen Mordes (durch J), der ursprünglich vorgesehene Schöffe Polte bat aber noch vor der Hauptverhandlung um seine Entbindung von den Schöffenpflichten: Er ist Inhaber eines Gerüstbaubetriebes (als e.K.) und zum geplanten HV-Termin haben viele seiner Mitarbeiter Urlaub, sodass ihn niemand vertreten kann. Dem Gesuch gibt der Vorsitzende statt, es wird eine Hilfsschöffin berufen.
Zu Beginn der Hauptverhandlung rügt der Verteidiger die Besetzung, das Gericht beschließt dann, dass das schon ok war mit der Entbindung Poltes. M lässt sich nicht zur Sache ein. In der Verhandlung wird M, nachdem sie ein bisschen rumgepoltert hat, für die Vernehmung der Zeugin S durch ordnungsgemäßen Beschluss nach § 177 GVG aus der Hauptverhandlung entfernt. Während ihrer Abwesenheit wird die Zeugenvernehmung durchgeführt, dabei werden auch die Lichtbilder in Augenschein genommen, aus denen sich die Verletzungen der S ergeben. Als M wieder zurück ist, wird sie über die wesentlichen Inhalte der Zeugenvernehmung und der Inaugenscheinnahme informiert und gefragt, ob sie noch Fragen an die Zeugin stellen möchte.
Dann wird PK Hempel vernommen und sagt wie geschildert aus. Dass mit der Belehrung mache er schon immer so, das habe man ihm so beigebracht. Gerügt wird nichts.
Dann wird ein Urteil des AG Stendal ins Verfahren eingeführt, das zwischen erster und zweiter Tat ergangen war und noch nicht vollstreckt ist, darin wurde M zu einer Geldstrafe von 30 (?) Tagessätzen verurteilt.
Das Gericht verurteilt M wegen Wohnungseinbruchsdiebstahls und Raubes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren, wobei es für den WED zwei Jahre ansetzt und für den Raub 2,5 Jahre. Das Urteil des AG Stendal wird im Wege der nachträglichen Gesamtstrafenbildung mit einbezogen.
Urteilsbegründung, -zustellung etc. alles fristgemäß und in Ordnung, ebenso Revisionseinlegung. Die Revisionsbegründung hatte Anwalt Gericke (der Verteidiger der M) vor seinem Urlaub schon fertiggemacht (keine Anträge enthalten, aber „vollumfängliche Anfechtung des Urteils“ oder so ähnlich), aber noch nicht losgeschickt. Der RA Hasselbach, der von M ebenfalls für das Verfahren bevollmächtigt wurde und der mit RA Gericke seit 1995 in einer Bürogemeinschaft arbeitet, hat die Revisionsbegründung dann mit „in Vertretung Hasselbach“ unterzeichnet und druntergeschrieben „RA Gericke nach Diktat verreist“, weil er dachte, RA Gericke käme erst nach Fristablauf aus dem Urlaub zurück. Das Ding ging dann per Fax ans LG und RA Gericke macht sich jetzt Gedanken, ob diese Unterzeichnung eventuell schädlich sein könnte, weil es so klingt, als würde sich RA Hasselbach vom Inhalt der Revisionsbegründung distanzieren.
Arbeitsauftrag: Prüfung der Erfolgsaussichten der Revision inklusive Zweckmäßigkeit und, sofern erforderlich, Anträge an das Gericht
Zuständigkeiten waren laut BV gewahrt.
Prüfung:
A. Zulässigkeit der Revision
I. Statthaftigkeit (+), Revision gegen Schwurgerichtsurteil
II. Einlegungsbefugnis (+), Angeklagter durch seinen Verteidiger
III. Beschwer (+), Freiheitsstrafe
IV. ordnungsgemäße Revisionseinlegung (+) laut BV
V. ordnungsgemäße Revisionsbegründung
1. Form
a) „fehlende“ Anträge unschädlich, wenn sich Umfang und Zielstellung der Revision im Übrigen eindeutig aus der Revisionsbegründung ergibt, hier (+) wegen vollumfänglicher Anfechtung, Anträge aus anwaltlicher Vorsicht innerhalb der Frist noch nachschiebbar, wenn erforderlich (im Hinblick auf die Strafantragsgeschichte, dazu sogleich)
b) Unterzeichnung unschädlich, steht im Kommentar, habe noch ein bisschen dazu geschrieben, dass RA Hasselbach ja auch bevollmächtigt war, Unterschrift für einen Kollegen „in Vertretung“ wegen objektiver Gründe (Urlaubsabwesenheit) keinen Anlass gibt, davon auszugehen, dass der unterschreibende Kollege sich distanzieren möchte. Ist ja im Anwaltsbetrieb nicht unüblich, gerade bei Fristensachen. Hier zwar „nur“ Bürogemeinschaft, aber sie waren ja beide bevollmächtigt und damit zuständig.
c) Einlegung per unterschriebenem Fax unproblematisch
2. Frist
Revisionsbegründungsfrist begann mit Urteilszustellung am 13.9.2017 (Mittwoch) und läuft damit unproblematisch bis einschließlich heute – warum sie wohl einen Kalender mit abgedruckt haben? Habe nirgendwo ein Fristenproblem gehabt.
VI. Ergebnis
Revision zulässig, Ergänzungen oder Heilungen noch bis Ende des heutigen Tages möglich
B. Begründetheit
I. Verfahrensvoraussetzungen
Alles unproblematisch außer die Frage des Strafantrags
Problem war, ob der vom Ex-Mann der M gestellte Strafantrag eine Strafverfolgung der Geschehnisse das Wohnungseinbruchsdiebstahl möglich macht. M ist als Exfrau des G auch nach der Scheidung Angehörige seiner Mutter nach § 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB. Die Mutter hat logischerweise keinen Strafantrag gestellt. Jetzt ist die Frage, ob G einen Strafantrag stellen konnte. Das Strafantragsrecht seiner Mutter ist jedenfalls nicht auf ihn übergegangen, weil keiner der gesetzlich besonders geregelten Fälle vorliegt. Das Gericht geht davon aus, dass G ein eigenes Strafantragsrecht hat, weil er mit dem Tod seiner Mutter gemäß § 1922 BGB als Alleinerbe Eigentümer auch der Geldkassetten geworden und damit durch den Diebstahl „in eigenen Rechten verletzt“ ist. Unser RA meint in der Revisionsbegründung, das sei falsch, weil nur vom Ergebnis her gedacht und wer solle denn unter den vorliegenden Umständen noch den Gewahrsam des J angreifen. Dem habe ich mich angeschlossen (Anwaltsperspektive ;)) und das ganze noch etwas ausführlicher begründet: Zwar noch keine Beendigung durch In-den-Rucksack-Stecken der Geldkassetten, weil nur Gewahrsamsenklave, aber durch Tötung der Schwiegermutter, weil ab diesem Zeitpunkt der Gewahrsam nicht mehr in Gefahr war bzw. niemand mit Rückholungsabsichten in Betracht kam (Alleinlage des Grundstücks, Alleinleben der Schwiegermutter, keine Nachbarn etc). Damit Beendigung mit dem Tod, also keine Verletzung des G in seiner Eigentümerstellung, deshalb keine Strafantragsberechtigung des G. Mein Rechtsgefühl findet dieses Ergebnis irgendwie seltsam, aber das unterdrückt man als Anwalt ja gerne mal ;D.
Überleitungssatz, dass aus anwaltlicher Vorsicht im Folgenden davon ausgegangen wird, dass das Revisionsgericht nicht so sieht.
II. Verfahrensrügen
1. absolute Revisionsgründe
a) fehlerhafte Besetzung des Gerichts, § 338 I Nr. 1 lit. b StPO
Anwalt hatte Besetzung rechtzeitig gerügt, fraglich war, ob Rüge zu Recht abgewiesen wurde: (+), wenn Entbindung des Schöffen nicht zu Unrecht erfolgt ist
Unzumutbarkeit der Wahrnehmung des Schöffenamtes für P? Prüfungsmaßstab nur Willkür wegen § 54 Abs. 3 GVG, berufliche Gründe ausreichend, wenn keine geeigneten Vertreter, hier (+), alle im Urlaub, P als Alleininhaber (e.K.), deshalb Entscheidung zumindest nicht willkürlich → Antragsabweisung rechtmäßig → Besetzungsrüge unbegründet
b) Abwesenheit einer anwesenheitspflichtigen Person
Hier habe ich kurz festgestellt, dass M zu Recht entfernt worden war nach § 177 GVG, damit ich unten drauf verweisen kann.
2. relative Revisionsgründe
a) keine erneute Inaugenscheinnahme der Lichtbilder nach Rückkehr der M
hier bin ich mit meiner verletzten Norm (§§ 231b II, 231a II StPO) nicht so glücklich, habe aber nichts besseres gefunden. Argumentation: Inaugenscheinnahme der Lichtbilder während der Zeugenvernehmung prinzipiell ok und sinnvoll/fördernd, aber nach Rückkehr der M hätte man die Inaugenscheinnahme wiederholen müssen, weil sie davon nicht ausgeschlossen war. Beruhen (+), weil das Gericht sein Urteil auf die Bilder gestützt hat
b) Vernehmung des PK Hempel als Zeugen
der Vernehmung entgegenstehendes Beweisverwertungsverbot für die Aussage der M im Rahmen der Beschuldigtenvernehmung?
Verletzung der „normalen“ Belehrungspflicht über Aussagefreiheit zwar (+), aber nicht revisibel, da nicht gerügt trotz anwaltlicher Vertretung
Belehrung dahingehend, die M als Beschuldigte sei verpflichtet, die Wahrheit zu sagen, als verbotene Vernehmungsmethode (Täuschung) nach § 136a I 1 StPO, die zu einer Beeinträchtigung der Willensentschließung der M geführt hat, weil sie unzutreffenderweise glaubte, sie müsse wahrheitsgemäß aussagen. Rechtsumstände als Tatsachen i.S.d. Norm, kein Täuschungs„vorsatz“ erforderlich, auch keine Rüge/Widerspruch, sondern absolutes Verwertungsverbot nach Abs. 3
Beruhen (+), weil das Gericht sein Urteil auf die Aussage des PK Hempel gestützt hat
III. Sachrüge
1. Gesetzesanwendung
a) TK 1: Wohnungseinbruchsdiebstahl
Keine Fehler zu erkennen, Zurechnung aufgrund Mittäterschaft i.O., keine weiteren Probleme. Hätte ich noch Zeit gehabt, hätte ich mir noch Gedanken darüber gemacht, ob M, wenn die Nummer mit dem fehlenden Strafantrag durchgeht, eine Verurteilung wegen Hausfriedensbruch oder Sachbeschädigung an der Kellertür droht. Schien mir aber nicht so relevant, deshalb nicht geprüft. Eigentlich wollte ich auch noch prüfen, dass sie zu Recht nicht wegen Mordes verurteilt wurde (Mittäterexzess), aber keine Zeit. Sukzessive Billigung durch gemeinsames Ausgeben des Geldes hatte ich zwischenzeitlich noch überlegt, aber vermutlich auch Blödsinn
TK 1 also insgesamt ok so.
b) TK 2: Raub
oTB geht durch: Gewaltanwendung (+), Wegnahme (+) auch bei Bewusstlosen (hatte das irgendwie anders in Erinnerung, aber im Kommentar stand es so, also was soll’s)
im sTB zwar Vorsatz und Zueignungsabsicht, aber keine Finalität, weil sie das Handy nur weggenommen haben, als sich durch die Bewusstlosigkeit die Gelegenheit ergab → Raub (-)
stattdessen dann gKV mit hinterlistigem Überfall („In-Sicherheit-Wiegen“ durch das Gespräch vorher) und gemeinschaftlich
außerdem Diebstahl, aber nur noch festgestellt
mehr Probleme habe ich da nicht gesehen.
2. Rechtsfolgenausspruch
nachträgliche Gesamtstrafenbildung habe ich für falsch gehalten, weil die Geldstrafe faktisch in eine Freiheitsstrafe umgewandelt wird und M damit schlechter dasteht als ohne nachträgliche Gesamtstrafenbildung. War aber mehr so ein Gefühl, für den Kommentar war keine Zeit mehr.
C. Zweckmäßigkeit
Bisherige Revisionsbegründung im Prinzip ok so, man könnte wegen des fehlenden Strafantrags noch Revisionsanträge (Einstellung hinsichtlich TK 1 und Aufhebung, Zurückverweisung hinsichtlich TK 2) nachschieben.
keine drohende Verschlechterung, weil Staatsanwaltschaft keine Revision eingelegt hat
sonst fiel mir – wie immer – für die Zweckmäßigkeit nichts ein
Insgesamt eine gut machbare Klausur, würde ich sagen. Mir erschien sie inhaltlich fast ein bisschen dünn, ich vermute mal, ich habe irgendwas übersehen. Was sagt ihr so?