08.04.2021, 16:04
Hallo! Überlege mich nach bestandenem Examen nun bei der Justiz zu bewerben.
Mich würde interessieren, inwiefern ihr euch (sofern als StA oder Richter tätig) eure Tätigkeit vorgestellt habt und wie die Realität dann letztendlich ist?
Meine Vorstellungen von StA / Richter: Selbstbestimmte Tätigkeit, eventuell dadurch aber am Anfang mehr Probleme beim einarbeiten?, jedenfalls in allgemeinen Abteilungen in StA und Amtsgericht eher weniger große, anspruchsvolle Fälle, dafür mehr Masse, home office Möglichkeiten. Arbeitsbelastung anfangs 45-55 Stunden, nach Einarbeitung weniger, falls nicht komplett abgesoffenes Dezernat.
Dafür aber 1-2 Tage die Woche nur Sitzungen. Ist meine Vorstellung halbwegs realistisch? Und wie seid ihr generell zufrieden? Wie selbstbestimmt ist man wirklich? Wer und inwieweit "kontrolliert" man meine Arbeitsleistung?
Mich würde interessieren, inwiefern ihr euch (sofern als StA oder Richter tätig) eure Tätigkeit vorgestellt habt und wie die Realität dann letztendlich ist?
Meine Vorstellungen von StA / Richter: Selbstbestimmte Tätigkeit, eventuell dadurch aber am Anfang mehr Probleme beim einarbeiten?, jedenfalls in allgemeinen Abteilungen in StA und Amtsgericht eher weniger große, anspruchsvolle Fälle, dafür mehr Masse, home office Möglichkeiten. Arbeitsbelastung anfangs 45-55 Stunden, nach Einarbeitung weniger, falls nicht komplett abgesoffenes Dezernat.
Dafür aber 1-2 Tage die Woche nur Sitzungen. Ist meine Vorstellung halbwegs realistisch? Und wie seid ihr generell zufrieden? Wie selbstbestimmt ist man wirklich? Wer und inwieweit "kontrolliert" man meine Arbeitsleistung?
Wer Richter auf Probe bzw. Staatsanwalt werden möchte, sollte sich mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Das Karriere-Dossier ist als Print-Buch sowie als E-Book für alle 16 Bundesländer erhältlich:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
Und zur Vorbereitung auf das alles entscheidende Vorstellungsgespräch sollte man auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben.
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
Und zur Vorbereitung auf das alles entscheidende Vorstellungsgespräch sollte man auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben.
08.04.2021, 18:05
Ich bin jetzt seit etwa 2 Jahren in der Justiz. Erstes Jahr war StA, zweites AG.
Am AG bist du tatsächlich vollkommen selbstbestimmt. Dir guckt von Tag 1 an niemand über die Schulter (was auch beängstigend sein kann :D). Es guckt keiner wann du kommst oder wann du gehst. Wenn du homeoffice komplett machen möchtest, solltest du das aber natürlich mit dem Kollegen absprechen, mit dem du dich vertrittst, denn der muss ja herhalten, falls was einiges rein kommt.
An der StA war es etwas anders. Da war auch vieles selbstbestimmt, aber du bist halt letztlich doch weisungsgebunden. Bei uns gab es auch Kernzeiten, zu denen man schon da sein sollte.
Arbeitsbelastung am Anfang schon hoch, da man doch erstmal sehr langsam ist. Kommt man aber rein.
Derzeit komme ich gut mit 40 Stunden in der Woche hin. Mal sind es auch mehr, in anderen dafür weniger.
Ich bin zufrieden und es macht mir wirklich Spaß, hätte bislang aber auch das Glück, keine abgesoffenen Dezernate zu bekommen.
Am AG bist du tatsächlich vollkommen selbstbestimmt. Dir guckt von Tag 1 an niemand über die Schulter (was auch beängstigend sein kann :D). Es guckt keiner wann du kommst oder wann du gehst. Wenn du homeoffice komplett machen möchtest, solltest du das aber natürlich mit dem Kollegen absprechen, mit dem du dich vertrittst, denn der muss ja herhalten, falls was einiges rein kommt.
An der StA war es etwas anders. Da war auch vieles selbstbestimmt, aber du bist halt letztlich doch weisungsgebunden. Bei uns gab es auch Kernzeiten, zu denen man schon da sein sollte.
Arbeitsbelastung am Anfang schon hoch, da man doch erstmal sehr langsam ist. Kommt man aber rein.
Derzeit komme ich gut mit 40 Stunden in der Woche hin. Mal sind es auch mehr, in anderen dafür weniger.
Ich bin zufrieden und es macht mir wirklich Spaß, hätte bislang aber auch das Glück, keine abgesoffenen Dezernate zu bekommen.
08.04.2021, 22:42
Es ist hart. Kann nur über das Richteramt berichten. Bin seit knapp2 Jahren Richter. Es ist zwar sehr abwechslungsreich und man langweilt sich nie, dafür muss man aber bereit sein, 50h+x zu kloppen. Ich hatte das Pech (wie viele andere auch) nach 6 Monaten jeweils das Dezernat/Gericht zu wechseln. Zivilrecht, Strafrecht, Zivil-und Strafrecht und dann wieder Strafrecht. Man muss sich somit in kürzester Zeit immer wieder neu einarbeiten. Insgesamt sehr anspruchsvoll. Dafür hat man natürlich den Vorteil, dass man sich die Arbeit selbst einteilen kann.
09.04.2021, 07:13
Für die StA (NRW):
Bin jetzt seit ca. 1 Jahr dabei. In den allgemeinen Dezernaten arbeiten alle Vollzeitkräfte (auch nach 1-2 Jahren) 50+ Stunden. In den Sonderdezernaten zwischen 40 und ca. 50-55.
Keine echte home office Möglichkeiten, da nicht ausreichend Laptops mit vpn zur Verfügung stehen.
Einarbeitung hängt sehr von der gegenzeichnenden Person ab, kann gut oder schlecht sein.
Man bekommt eine Schulung für die Software und 1x im Monat (wenn nicht gerade corona ist) für ein Jahr eine "AG" mit jungen Leuten aus den anderen Bezirken. Das ist ganz gut, weil man Ansprechpartner kennenlernen kann.
Du hast freie Zeiteinteilung, aber bei 50h ist das ja eher relativ, wenn du keine Nachteule ohne Familie bist.
Es wird auf deine Zahlen (offene Verfahren) geschaut und alle 3 Monate musst du dich bei länger dauernden Verfahren rechtfertigen, warum du nicht fertig bist. Wenn du zu viele offene Verfahren hast, kann es wohl zu Gesprächen darüber kommen.
Wenn du schnell bist und nicht 50 Stunden arbeitest, wird man Sonderaufgaben für dich finden (insb. behördeninterne Sachen).
Zu deinem Dezernat kommt noch die Vertretung für andere. Das können wenn es gut läuft mal 20% sein, wenn es schlecht läuft auch mal 120% sein.
Insgesamt einfach sehr viel Arbeit. Alle Jüngeren bei uns sagen, dass sie konstant (auch in der Freizeit) seit dem Einstieg ein Stressgefühl mit sich rumtragen. Scheint aber besser zu werden.
Bin jetzt seit ca. 1 Jahr dabei. In den allgemeinen Dezernaten arbeiten alle Vollzeitkräfte (auch nach 1-2 Jahren) 50+ Stunden. In den Sonderdezernaten zwischen 40 und ca. 50-55.
Keine echte home office Möglichkeiten, da nicht ausreichend Laptops mit vpn zur Verfügung stehen.
Einarbeitung hängt sehr von der gegenzeichnenden Person ab, kann gut oder schlecht sein.
Man bekommt eine Schulung für die Software und 1x im Monat (wenn nicht gerade corona ist) für ein Jahr eine "AG" mit jungen Leuten aus den anderen Bezirken. Das ist ganz gut, weil man Ansprechpartner kennenlernen kann.
Du hast freie Zeiteinteilung, aber bei 50h ist das ja eher relativ, wenn du keine Nachteule ohne Familie bist.
Es wird auf deine Zahlen (offene Verfahren) geschaut und alle 3 Monate musst du dich bei länger dauernden Verfahren rechtfertigen, warum du nicht fertig bist. Wenn du zu viele offene Verfahren hast, kann es wohl zu Gesprächen darüber kommen.
Wenn du schnell bist und nicht 50 Stunden arbeitest, wird man Sonderaufgaben für dich finden (insb. behördeninterne Sachen).
Zu deinem Dezernat kommt noch die Vertretung für andere. Das können wenn es gut läuft mal 20% sein, wenn es schlecht läuft auch mal 120% sein.
Insgesamt einfach sehr viel Arbeit. Alle Jüngeren bei uns sagen, dass sie konstant (auch in der Freizeit) seit dem Einstieg ein Stressgefühl mit sich rumtragen. Scheint aber besser zu werden.
09.04.2021, 08:25
(09.04.2021, 07:13)Gast schrieb: Für die StA (NRW):
Bin jetzt seit ca. 1 Jahr dabei. In den allgemeinen Dezernaten arbeiten alle Vollzeitkräfte (auch nach 1-2 Jahren) 50+ Stunden. In den Sonderdezernaten zwischen 40 und ca. 50-55.
Keine echte home office Möglichkeiten, da nicht ausreichend Laptops mit vpn zur Verfügung stehen.
Einarbeitung hängt sehr von der gegenzeichnenden Person ab, kann gut oder schlecht sein.
Man bekommt eine Schulung für die Software und 1x im Monat (wenn nicht gerade corona ist) für ein Jahr eine "AG" mit jungen Leuten aus den anderen Bezirken. Das ist ganz gut, weil man Ansprechpartner kennenlernen kann.
Du hast freie Zeiteinteilung, aber bei 50h ist das ja eher relativ, wenn du keine Nachteule ohne Familie bist.
Es wird auf deine Zahlen (offene Verfahren) geschaut und alle 3 Monate musst du dich bei länger dauernden Verfahren rechtfertigen, warum du nicht fertig bist. Wenn du zu viele offene Verfahren hast, kann es wohl zu Gesprächen darüber kommen.
Wenn du schnell bist und nicht 50 Stunden arbeitest, wird man Sonderaufgaben für dich finden (insb. behördeninterne Sachen).
Zu deinem Dezernat kommt noch die Vertretung für andere. Das können wenn es gut läuft mal 20% sein, wenn es schlecht läuft auch mal 120% sein.
Insgesamt einfach sehr viel Arbeit. Alle Jüngeren bei uns sagen, dass sie konstant (auch in der Freizeit) seit dem Einstieg ein Stressgefühl mit sich rumtragen. Scheint aber besser zu werden.
Bin seit 1 Jahr dabei und mich begleitet das ständige Gefühl mir etwas anderes suchen zu müssen, da ich selbst am Wochenende gestresst bin. Ich habe gehofft, dass es besser wird. Daran hat sich nichts getan. Man bekommt Aktenberge pro Tag, bei denen man üblicherweise 3-5 Tage bräuchte, um sie gründlich zu lesen und zu bearbeiten. Stattdessen handelt es sich lediglich um die Tagesvorlage. Ich bin wirklich wütend auf die Politik, die das zu verantworten hat.
09.04.2021, 09:28
Der Richterberuf war für mich einfach nur frustrierend. Ich würde mich an deiner Stelle nach anderen Jobs umsehen.
09.04.2021, 09:37
Und ich wechsele aus meinen gut bezahlte Anwaltsjob demnächst zur StA, da machen die Berichte ja richtig Vorfreude
09.04.2021, 09:51
09.04.2021, 09:59
(09.04.2021, 07:13)Gast schrieb: Für die StA (NRW):
Bin jetzt seit ca. 1 Jahr dabei. In den allgemeinen Dezernaten arbeiten alle Vollzeitkräfte (auch nach 1-2 Jahren) 50+ Stunden. In den Sonderdezernaten zwischen 40 und ca. 50-55.
Keine echte home office Möglichkeiten, da nicht ausreichend Laptops mit vpn zur Verfügung stehen.
Einarbeitung hängt sehr von der gegenzeichnenden Person ab, kann gut oder schlecht sein.
Man bekommt eine Schulung für die Software und 1x im Monat (wenn nicht gerade corona ist) für ein Jahr eine "AG" mit jungen Leuten aus den anderen Bezirken. Das ist ganz gut, weil man Ansprechpartner kennenlernen kann.
Du hast freie Zeiteinteilung, aber bei 50h ist das ja eher relativ, wenn du keine Nachteule ohne Familie bist.
Es wird auf deine Zahlen (offene Verfahren) geschaut und alle 3 Monate musst du dich bei länger dauernden Verfahren rechtfertigen, warum du nicht fertig bist. Wenn du zu viele offene Verfahren hast, kann es wohl zu Gesprächen darüber kommen.
Wenn du schnell bist und nicht 50 Stunden arbeitest, wird man Sonderaufgaben für dich finden (insb. behördeninterne Sachen).
Zu deinem Dezernat kommt noch die Vertretung für andere. Das können wenn es gut läuft mal 20% sein, wenn es schlecht läuft auch mal 120% sein.
Insgesamt einfach sehr viel Arbeit. Alle Jüngeren bei uns sagen, dass sie konstant (auch in der Freizeit) seit dem Einstieg ein Stressgefühl mit sich rumtragen. Scheint aber besser zu werden.
Mal aus Interesse: Gibts da keine Soll-Arbeitszeit bei der StA? Klar, Staat ist gutes Package. Aber 50 statt 40h sind eine Arbeitswoche pro Monat extra ! Gibt doch sonst im öD gute Personalvertretungen. Was ist da los?
09.04.2021, 10:23