24.03.2025, 17:45
Die Denke von „Mir doch egal, was das LG dazu sagt und ob ich aufgehoben werde“ ist schon sehr befremdlich..
27.03.2025, 19:44
(24.03.2025, 17:40)MichaelJordan schrieb:(24.03.2025, 16:31)kingofkittys schrieb: Ich weiß auch gar nicht, ob ich als Richter da anders/besser agieren würde. Aber es ist manchmal schon traurig, wenn man einen fundierten, gut durchdachten Schriftsatz einreicht und im Termin dann mit einer Rechtsauffassung konfrontiert wird, die so abwegig ist, dass nicht einmal die Gegenseite dahingehend argumentiert hat. Natürlich gibt es in 99% der Fälle Sollbruchstellen oder Punkte, an denen eine Argumentation in beide Richtungen vertretbar ist. Leider habe ich das Gefühl, dass in den allermeisten Fällen die erste dieser "Möglichkeiten" genutzt wird, um die Sache abzubügeln - klar, dann ist ja auch das Urteil viel weniger Arbeit. Ich habe also den (natürlich nur nahbereichsempirisch basierten) Eindruck, dass Effizienzgesichtspunkte von vielen Richtern über die rechtlich sauberste Lösung gestellt werden. Und das sage ich nicht, weil ich ein schlechter Verlierer bin, ich habe die Erfahrung schon auf beiden Seiten gemacht
Ich glaube auch, dass die "abnehmende Qualität" allein etwas damit zu tun hat, dass mit Blick auf den vollen Schreibtisch schlicht "pragmatisch" entschieden wird; nicht daran, dass die Absolventen heutzutage schlechter sind.
Beispiel: Der Ermittlungsrichter bekommt einen Antrag auf Durchsuchung auf den Tisch. Eine Person hat ein Meme geteilt, auf dem Habeck als Schwachkopf bezeichnet wird.
Option 1: Einfach unterschreiben -> Aufwand inkl. Überfliegen 1 Minute
Option 2: Intensive Prüfung, ob eine Durchsuchung nach Rechtsprechung des BVerfG gerade mit Blick auf Art. 13 GG und Grundsätze der Verhältnismäßigkeit rechtmäßig ist; intensive Prüfung ob Äußerung überhaupt strafbar ist oder im Rahmen des von der Meinungsfreiheit Geschützen liegt -> Aufwand 1 Stunde
Natürlich wird das Ding dann einfach unterschrieben; wenn das LG irgendwann sagt, dass das rechtswidrig war, juckt es ja auch niemand, begründet noch nicht mal ein BVV in aller Regel
Wer so denkt, hat im Richteramt mE nichts verloren.
27.03.2025, 21:33
(27.03.2025, 19:44)Novize schrieb:(24.03.2025, 17:40)MichaelJordan schrieb:(24.03.2025, 16:31)kingofkittys schrieb: Ich weiß auch gar nicht, ob ich als Richter da anders/besser agieren würde. Aber es ist manchmal schon traurig, wenn man einen fundierten, gut durchdachten Schriftsatz einreicht und im Termin dann mit einer Rechtsauffassung konfrontiert wird, die so abwegig ist, dass nicht einmal die Gegenseite dahingehend argumentiert hat. Natürlich gibt es in 99% der Fälle Sollbruchstellen oder Punkte, an denen eine Argumentation in beide Richtungen vertretbar ist. Leider habe ich das Gefühl, dass in den allermeisten Fällen die erste dieser "Möglichkeiten" genutzt wird, um die Sache abzubügeln - klar, dann ist ja auch das Urteil viel weniger Arbeit. Ich habe also den (natürlich nur nahbereichsempirisch basierten) Eindruck, dass Effizienzgesichtspunkte von vielen Richtern über die rechtlich sauberste Lösung gestellt werden. Und das sage ich nicht, weil ich ein schlechter Verlierer bin, ich habe die Erfahrung schon auf beiden Seiten gemacht
Ich glaube auch, dass die "abnehmende Qualität" allein etwas damit zu tun hat, dass mit Blick auf den vollen Schreibtisch schlicht "pragmatisch" entschieden wird; nicht daran, dass die Absolventen heutzutage schlechter sind.
Beispiel: Der Ermittlungsrichter bekommt einen Antrag auf Durchsuchung auf den Tisch. Eine Person hat ein Meme geteilt, auf dem Habeck als Schwachkopf bezeichnet wird.
Option 1: Einfach unterschreiben -> Aufwand inkl. Überfliegen 1 Minute
Option 2: Intensive Prüfung, ob eine Durchsuchung nach Rechtsprechung des BVerfG gerade mit Blick auf Art. 13 GG und Grundsätze der Verhältnismäßigkeit rechtmäßig ist; intensive Prüfung ob Äußerung überhaupt strafbar ist oder im Rahmen des von der Meinungsfreiheit Geschützen liegt -> Aufwand 1 Stunde
Natürlich wird das Ding dann einfach unterschrieben; wenn das LG irgendwann sagt, dass das rechtswidrig war, juckt es ja auch niemand, begründet noch nicht mal ein BVV in aller Regel
Wer so denkt, hat im Richteramt mE nichts verloren.
In einer idealen Welt und in einem idealen Rechtsstaat sollte niemand so denken und ich bin selbst schockiert davon, wie leichtfertig manches einfach unterschrieben wird.
Aber andererseits sind Richter eben auch nur Menschen und wenn man alles wirklich sorgfältig prüft, dann sitzt man halt bis 20:00 Uhr am Schreibtisch und nicht nur bis 16:00. Wie gesagt, ich will es nicht rechtfertigen, aber es ist doch irgendwo menschlich nachvollziehbar
27.03.2025, 22:04
Nur war die Frage ja, ob die Qualität abnimmt gegenüber früher. Und da muss man leider sagen, dass auch früher schon absurde Sachen unterschrieben worden sind. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass auch heute die wirklich üblen Dinge nicht ganz selten von Kolleginnen und Kollegen kommen, die nicht um 16 Uhr statt 20 Uhr heimgehen, sondern schon um 14 Uhr... Es ist ein Unterschied, ob man unter Zeitdruck Fehler macht, was vielleicht heute eher vorkommt als früher, oder ob man aus Selbstherrlichkeit tut, worauf man Lust hat. Und da sind früher ganz andere Sachen getrieben worden als heute...
Gestern, 15:28