06.10.2023, 16:01
Hattet ihr auch schon einmal einen echten „Durchhänger“? Ich fange bald mein Referendariat an und zweifle immer stärker daran, ob Jura (für mich) eine gute Zukunft bereiten würde. Kurz meine Erwägungen:
Pro Jura:
- Ich werde kein nennenswertes Erbe haben und muss/möchte später meine Eltern unterstützen bzw. meiner Familie all das bieten können, was ich als Kind nicht hatte. Die doch recht hohen Gehälter in Jura (für deutsche Verhältnisse) sind da ein Vorteil.
- Ich bin nicht ganz unbegabt in Jura. Mein erstes Examen war ganz in Ordnung und ich habe während meiner Nebenjobs (SHK/WiMi in GK) viel gutes Feedback bekommen.
- Ich bin jetzt bald 25 und habe mit Jura einen „festen Karriereweg“. Ohne Jura müsste ich in dem Alter nochmal neu anfangen.
Contra Jura:
- Man muss sich idR entscheiden, ob man etwas mit Auslandsbezug macht oder international arbeitet. Gerade letzteres fände ich sehr schön, da ich insb. Englisch und Französisch sehr mag.
- Die Zukunft der Rechtswissenschaft (bzw. der Rechtsanwendung) ist mit dem Ausblick auf Legal Tech zweifelhaft. Die Gehälter könnten deutlich sinken. Der Wirtschaftsabschwung und die langfristigen Standortperspektiven verschärfen dies ja voraussichtlich noch.
- Man ist sehr festgefahren. Außerhalb von sehr interdisziplinären Bereichen (bspw. Kartellrecht oder Patentrecht) lernt man zwar viele neue rechtliche Aspekte, aber (mir zu) wenig neues „breites Wissen“. Das ist aber natürlich in den meisten Berufen so.
- Ich bin sehr gerne draußen in der Natur. Das ist mit Jura natürlich so gut wie kaum möglich (beruflich gesehen). Man sitzt dafür sehr viel (allein) im Büro. Zumindest war dies bei meinen bisherigen Arbeitgebern so (auch wenn es an der Uni noch am Besten war).
- Mein größtes Problem: Irgendwie kommt mir Jura momentan so „sinnlos“ vor. Ich meine damit garnicht, dass die Anwendung des Rechts keine Folgen hat, sondern das das nationale Recht ja keinerlei intrinsischen Wert hat. Das Recht gilt nur, weil wir uns das irgendwann ausgedacht und eine bestimmte Folge aus Interessen bestimmt haben. Es wäre jederzeit ohne echte (naturgesetzliche) Folgen änderbar. Anders wir beispielsweise bei Naturgesetzen oder anderen „tatsächlichen“ (ich würde sogar sagen „echten“) Wissenschaften.
Ging es euch auch schon so? Ich überlege das Ref jetzt erstmal durchzuziehen, um etwas zu haben und auch um mein Umfeld „nicht zu enttäuschen“. Wie würdet ihr damit umgehen? Habt ihr die Freude an Jura wiedergefunden?
Pro Jura:
- Ich werde kein nennenswertes Erbe haben und muss/möchte später meine Eltern unterstützen bzw. meiner Familie all das bieten können, was ich als Kind nicht hatte. Die doch recht hohen Gehälter in Jura (für deutsche Verhältnisse) sind da ein Vorteil.
- Ich bin nicht ganz unbegabt in Jura. Mein erstes Examen war ganz in Ordnung und ich habe während meiner Nebenjobs (SHK/WiMi in GK) viel gutes Feedback bekommen.
- Ich bin jetzt bald 25 und habe mit Jura einen „festen Karriereweg“. Ohne Jura müsste ich in dem Alter nochmal neu anfangen.
Contra Jura:
- Man muss sich idR entscheiden, ob man etwas mit Auslandsbezug macht oder international arbeitet. Gerade letzteres fände ich sehr schön, da ich insb. Englisch und Französisch sehr mag.
- Die Zukunft der Rechtswissenschaft (bzw. der Rechtsanwendung) ist mit dem Ausblick auf Legal Tech zweifelhaft. Die Gehälter könnten deutlich sinken. Der Wirtschaftsabschwung und die langfristigen Standortperspektiven verschärfen dies ja voraussichtlich noch.
- Man ist sehr festgefahren. Außerhalb von sehr interdisziplinären Bereichen (bspw. Kartellrecht oder Patentrecht) lernt man zwar viele neue rechtliche Aspekte, aber (mir zu) wenig neues „breites Wissen“. Das ist aber natürlich in den meisten Berufen so.
- Ich bin sehr gerne draußen in der Natur. Das ist mit Jura natürlich so gut wie kaum möglich (beruflich gesehen). Man sitzt dafür sehr viel (allein) im Büro. Zumindest war dies bei meinen bisherigen Arbeitgebern so (auch wenn es an der Uni noch am Besten war).
- Mein größtes Problem: Irgendwie kommt mir Jura momentan so „sinnlos“ vor. Ich meine damit garnicht, dass die Anwendung des Rechts keine Folgen hat, sondern das das nationale Recht ja keinerlei intrinsischen Wert hat. Das Recht gilt nur, weil wir uns das irgendwann ausgedacht und eine bestimmte Folge aus Interessen bestimmt haben. Es wäre jederzeit ohne echte (naturgesetzliche) Folgen änderbar. Anders wir beispielsweise bei Naturgesetzen oder anderen „tatsächlichen“ (ich würde sogar sagen „echten“) Wissenschaften.
Ging es euch auch schon so? Ich überlege das Ref jetzt erstmal durchzuziehen, um etwas zu haben und auch um mein Umfeld „nicht zu enttäuschen“. Wie würdet ihr damit umgehen? Habt ihr die Freude an Jura wiedergefunden?
06.10.2023, 16:20
Ich bin zu faul, um viel zu schreiben, aber Anwalt sein macht Bock. Und wenn du in die Natur willst, werde Nachlasspfleger o.Ä., da bist du dauernd unterwegs in irgendwelchen Nachlasswohnungen/-häusern. Einer meiner Chefs macht nur das und ich war heute wieder für ihn auf einem alten Bauernhof aus dem 19. Jahrhundert, wo die Erben der Eigentümerin unbekannt sind. War schon cool, da alles zu durchsuchen, etc. (unter anderem eine Pistole nebst Munition gefunden - natürlich die entsprechenden Stellen informiert)
Ich mache zwar lieber richtige Anwaltsarbeit, aber ab und an Teile einer Pflegschaft zu übernehmen, ist immer wieder ein bisschen Abwechslung.
Wirkt auf den ersten Blick finanziell nicht besonders attraktiv, wenn man weiß, wo man die Gebühren rausziehen kann, ist es das aber durchaus. Und wer bei den Nachlassgerichten als Nachlasspfleger hinterlegt ist und gute Arbeit macht, bekommt auch gute Testamentsvollstreckungen, das nur nebenbei.
Also: Zieh das Ref durch, fange an zu arbeiten und du wirst merken, dass es beinahe unendlich viele verschiedene Möglichkeiten gibt als Volljurist sein Geld zu verdienen. Kann mir kaum eine Qualifikation vorstellen, die einem abwechslungsreichere Bereiche öffnet.
Jetzt hab ich doch ein bisschen mehr geschrieben, als beabsichtigt.
Ich mache zwar lieber richtige Anwaltsarbeit, aber ab und an Teile einer Pflegschaft zu übernehmen, ist immer wieder ein bisschen Abwechslung.
Wirkt auf den ersten Blick finanziell nicht besonders attraktiv, wenn man weiß, wo man die Gebühren rausziehen kann, ist es das aber durchaus. Und wer bei den Nachlassgerichten als Nachlasspfleger hinterlegt ist und gute Arbeit macht, bekommt auch gute Testamentsvollstreckungen, das nur nebenbei.
Also: Zieh das Ref durch, fange an zu arbeiten und du wirst merken, dass es beinahe unendlich viele verschiedene Möglichkeiten gibt als Volljurist sein Geld zu verdienen. Kann mir kaum eine Qualifikation vorstellen, die einem abwechslungsreichere Bereiche öffnet.
Jetzt hab ich doch ein bisschen mehr geschrieben, als beabsichtigt.
06.10.2023, 16:59
Ich möchte jetzt gar nicht auf alle Punkte eingehen, weil dein Post - insbesondere deine ersten drei Contrapunkte ehrlicherweise den Eindruck bei mir erweckt, als kennst Du nur einen klitzekleinen Teilaspekt der juristischen Berufswelt und bist dir über die verschiedenen Möglichkeiten, die man als Jurist beruflich hat, gar nicht im Klaren.
Was wäre denn die Alternative zu Ref durchziehen? Und warum hast Du mit Jura begonnen, abgesehen von potentiellen Earnings (Jura zu studieren heißt nicht automatisch ein hohes Gehalt - je nachdem, was du unter "hoch" verstehst)? Was macht dir inhaltlich Spaß (in der Natur zu sein kann man ja durchaus als Anwalt sein, aber vielleicht reicht dir die frische Luft nicht, wenn du dann zB nach Begutachtung von Bäumen im Wald im Office einen Bericht schreiben musst - mir fällt kein anderes Beispiel ein)?
Vielleicht hilft es, wenn du dich daran zurück erinnerst, was deine Motivation bei der Wahl deines Studiums war. Ich persönlich habe Jura aus Überzeugung studiert, aber ich habe im Laufe des Studiums gemerkt, dass ich nicht in dem Bereich, in den ich ursprünglich wollte, tätig sein möchte - unabhängig davon, dass ich es bis heute sehr interessant finde. Ich habe im Ref dann Stationen bzw. Rechtsbereiche ausprobiert, die ich im Studium nicht mal in Betracht gezogen hätte und inhaltlich hat mich ein Bereich, in dem ich bis heute seit dem Berufseinstieg tätig bin, überraschenderweise abgeholt. Will sagen: Im Ref hat man Zeit in sehr unterschiedliche Bereiche, Kanzleien oder Unternehmen, Branchen etc zu schauen - diese Zeit (eigentlich wie mit Praktika im Studium) kann man echt gut nutzen, um rauszufinden, was einem Spaß macht. Möglich, dass das, was dir Spaß macht, deine Gehaltsvorstellungen nicht trifft, aber das ist nicht nur bei Juristen so.
Was wäre denn die Alternative zu Ref durchziehen? Und warum hast Du mit Jura begonnen, abgesehen von potentiellen Earnings (Jura zu studieren heißt nicht automatisch ein hohes Gehalt - je nachdem, was du unter "hoch" verstehst)? Was macht dir inhaltlich Spaß (in der Natur zu sein kann man ja durchaus als Anwalt sein, aber vielleicht reicht dir die frische Luft nicht, wenn du dann zB nach Begutachtung von Bäumen im Wald im Office einen Bericht schreiben musst - mir fällt kein anderes Beispiel ein)?
Vielleicht hilft es, wenn du dich daran zurück erinnerst, was deine Motivation bei der Wahl deines Studiums war. Ich persönlich habe Jura aus Überzeugung studiert, aber ich habe im Laufe des Studiums gemerkt, dass ich nicht in dem Bereich, in den ich ursprünglich wollte, tätig sein möchte - unabhängig davon, dass ich es bis heute sehr interessant finde. Ich habe im Ref dann Stationen bzw. Rechtsbereiche ausprobiert, die ich im Studium nicht mal in Betracht gezogen hätte und inhaltlich hat mich ein Bereich, in dem ich bis heute seit dem Berufseinstieg tätig bin, überraschenderweise abgeholt. Will sagen: Im Ref hat man Zeit in sehr unterschiedliche Bereiche, Kanzleien oder Unternehmen, Branchen etc zu schauen - diese Zeit (eigentlich wie mit Praktika im Studium) kann man echt gut nutzen, um rauszufinden, was einem Spaß macht. Möglich, dass das, was dir Spaß macht, deine Gehaltsvorstellungen nicht trifft, aber das ist nicht nur bei Juristen so.
06.10.2023, 18:09
(06.10.2023, 16:59)Ex-GK schrieb: Ich möchte jetzt gar nicht auf alle Punkte eingehen, weil dein Post - insbesondere deine ersten drei Contrapunkte ehrlicherweise den Eindruck bei mir erweckt, als kennst Du nur einen klitzekleinen Teilaspekt der juristischen Berufswelt und bist dir über die verschiedenen Möglichkeiten, die man als Jurist beruflich hat, gar nicht im Klaren.
Was wäre denn die Alternative zu Ref durchziehen? Und warum hast Du mit Jura begonnen, abgesehen von potentiellen Earnings (Jura zu studieren heißt nicht automatisch ein hohes Gehalt - je nachdem, was du unter "hoch" verstehst)? Was macht dir inhaltlich Spaß (in der Natur zu sein kann man ja durchaus als Anwalt sein, aber vielleicht reicht dir die frische Luft nicht, wenn du dann zB nach Begutachtung von Bäumen im Wald im Office einen Bericht schreiben musst - mir fällt kein anderes Beispiel ein)?
Vielleicht hilft es, wenn du dich daran zurück erinnerst, was deine Motivation bei der Wahl deines Studiums war. Ich persönlich habe Jura aus Überzeugung studiert, aber ich habe im Laufe des Studiums gemerkt, dass ich nicht in dem Bereich, in den ich ursprünglich wollte, tätig sein möchte - unabhängig davon, dass ich es bis heute sehr interessant finde. Ich habe im Ref dann Stationen bzw. Rechtsbereiche ausprobiert, die ich im Studium nicht mal in Betracht gezogen hätte und inhaltlich hat mich ein Bereich, in dem ich bis heute seit dem Berufseinstieg tätig bin, überraschenderweise abgeholt. Will sagen: Im Ref hat man Zeit in sehr unterschiedliche Bereiche, Kanzleien oder Unternehmen, Branchen etc zu schauen - diese Zeit (eigentlich wie mit Praktika im Studium) kann man echt gut nutzen, um rauszufinden, was einem Spaß macht. Möglich, dass das, was dir Spaß macht, deine Gehaltsvorstellungen nicht trifft, aber das ist nicht nur bei Juristen so.
+1
Ich denke, du hast dich mit den Möglichkeiten eines juristischen Abschlusses noch gar nicht auseinandergesetzt.
Jura ist sehr vielfältig. Zum einen, was die möglichen Rechtsgebiete betrifft, als auch die beruflichen Möglichkeiten mit einem juristischen Abschluss.
Bei uns gab es damals zum Abi einen Studienführer. Den, das Berufsbildungszentrum der Agentur für Arbeit (heißt das noch so?) und Google mit den Stichworten "Jura, Berufsmöglichkeiten" möchte ich dir nahelegen. Du kannst mit einem Jurastudium in die vielfältigsten Berufe einsteigen, sodass man hier gar nicht alle Möglichkeiten aufzählen kann. Neben den klassischen Berufen wie Richter, RA, StA kenne ich u.a. Juristen beim Fußballverein, im Zeitungsverlag, als Berufsbetreuer und .... keine Ahnung, eigentlich fast in allen Wirtschaftszweigen.
Ich bin inzwischen im Unternehmen in der Personalabteilung und arbeite nur noch zum Teil klassisch juristisch. Ein Großteil meiner Arbeit sind personalwirtschaftliche Themen in allen Facetten. Wir arbeiten im Unternehmen übrigens gerne mit KI und verfolgen Dinge wie ChatGPT mit großem Interesse, weil wir einen hohen Nutzen daraus für uns ziehen können.
Vorher war ich in einer mittelständischen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und wir waren Berater ("Hausanwalt") der Unternehmer in sämtlichen Lebenslagen, sowohl hinsichtlich der unternehmerischen Entscheidungen, als auch in privaten Belangen. Das kann sehr spannend sein, weil du in sehr viele Bereiche Einsicht bekommst, die du sonst nie zu sehen bekommen würdest.
Beides sind keine Jobs, in denen man viel in der Natur ist, aber auch dazu wirst du sicherlich einiges finden. Das ist halt eher nicht Kartellrecht, sondern Rechtsgebiete/Unternehmen/Behörden/Institutionen/NGOs außerhalb der typischen Rechtsgebiete.
Übrigens ist Jura für mich einer der typischen Studiengänge, den viele Studenten aus intrinsischer Motivation heraus wählen ("den Menschen helfen"). Jura existiert nicht nur deshalb, weil wir es wollen, sondern weil die Judikative schon seit jeher Teil eines funktionierenden Staates ist. Das ist keine Erfindung der Neuzeit.
Insgesamt klingt dein Post leider für mich sehr vorurteilsbeladen und nur ein sehr geringer Teil davon stimmt mit der Wirklichkeit überein. Ich würde mich an deiner Stelle daher wirklich noch einmal darüber informieren, was du mit Jura alles anfangen kannst. Es ist sehr viel mehr und sinnstiftender als du denkst.
06.10.2023, 19:05
(06.10.2023, 16:01)HLLM schrieb: Hattet ihr auch schon einmal einen echten „Durchhänger“? Ich fange bald mein Referendariat an und zweifle immer stärker daran, ob Jura (für mich) eine gute Zukunft bereiten würde. Kurz meine Erwägungen:
Pro Jura:
- Ich werde kein nennenswertes Erbe haben und muss/möchte später meine Eltern unterstützen bzw. meiner Familie all das bieten können, was ich als Kind nicht hatte. Die doch recht hohen Gehälter in Jura (für deutsche Verhältnisse) sind da ein Vorteil.
- Ich bin nicht ganz unbegabt in Jura. Mein erstes Examen war ganz in Ordnung und ich habe während meiner Nebenjobs (SHK/WiMi in GK) viel gutes Feedback bekommen.
- Ich bin jetzt bald 25 und habe mit Jura einen „festen Karriereweg“. Ohne Jura müsste ich in dem Alter nochmal neu anfangen.
Contra Jura:
- Man muss sich idR entscheiden, ob man etwas mit Auslandsbezug macht oder international arbeitet. Gerade letzteres fände ich sehr schön, da ich insb. Englisch und Französisch sehr mag.
Auslandsbezug in Jura ist kein Problem, alle GKen arbeiten sehr international. Du kannst zu NGOs, WPGen die international arbeiten oder zu Behörden. Ministerien suchen regelmäßig Personen für internationale Verwendungen. Das ausw. Amt musste sogar eine neue Laufbahn ohne Auslandseinsatz auf die Beine stellen, weil sonst nicht genug Personal zu finden war
- Die Zukunft der Rechtswissenschaft (bzw. der Rechtsanwendung) ist mit dem Ausblick auf Legal Tech zweifelhaft. Die Gehälter könnten deutlich sinken. Der Wirtschaftsabschwung und die langfristigen Standortperspektiven verschärfen dies ja voraussichtlich noch.
1. Gilt für alles andere auch.
2. Niemand hat eine Glaskugel, aber mit jeder technischen Entwicklung in der letzten Zeit wurde Jura eher komplexer.
- Man ist sehr festgefahren. Außerhalb von sehr interdisziplinären Bereichen (bspw. Kartellrecht oder Patentrecht) lernt man zwar viele neue rechtliche Aspekte, aber (mir zu) wenig neues „breites Wissen“. Das ist aber natürlich in den meisten Berufen so.
Genau, nur Spezialisten sind auf dem Berufsmarkt gefragt
FWW Anwalt bietet noch das breiteste Wissen (ob das Zukunft hat ist eine andere Frage)
- Ich bin sehr gerne draußen in der Natur. Das ist mit Jura natürlich so gut wie kaum möglich (beruflich gesehen). Man sitzt dafür sehr viel (allein) im Büro. Zumindest war dies bei meinen bisherigen Arbeitgebern so (auch wenn es an der Uni noch am Besten war).
Es gibt für alles eine Nische. Natürlich ist ein juristischer Beruf grds einer, der am Schreibtisch stattfindet, aber auch hier gibt es "endlose Vielfalt" Kollege von mir ist bei der BezReg, überprüft und begleitet dort die Mittelverwendung auch irgendwelchen europäischen Fonds, ist viel draußen und schaut sich irgendwelche Radwege an
- Mein größtes Problem: Irgendwie kommt mir Jura momentan so „sinnlos“ vor. Ich meine damit garnicht, dass die Anwendung des Rechts keine Folgen hat, sondern das das nationale Recht ja keinerlei intrinsischen Wert hat. Das Recht gilt nur, weil wir uns das irgendwann ausgedacht und eine bestimmte Folge aus Interessen bestimmt haben. Es wäre jederzeit ohne echte (naturgesetzliche) Folgen änderbar. Anders wir beispielsweise bei Naturgesetzen oder anderen „tatsächlichen“ (ich würde sogar sagen „echten“) Wissenschaften.
Jura ist keine Wissenschaft, aber für jede zivilisierte Gesellschaft auf nahezu jeder Ebene relevant um Wohlstand und Zusammenleben zu organisieren
Ging es euch auch schon so?
Ja
Ich überlege das Ref jetzt erstmal durchzuziehen, um etwas zu haben und auch um mein Umfeld „nicht zu enttäuschen“. Wie würdet ihr damit umgehen? Habt ihr die Freude an Jura wiedergefunden?
Ich mag Jura, man kann sich in alles reindenken, bekommt vieles von Randthemen mit, hat super viele Berufsoptionen, man verdient meistens sehr gut (gerade relativ betrachtet)
07.10.2023, 13:00
Ich kann nur unterstützen, dass man mit Jura auch allerhand untypische Sachen machen kann. Selbst in der Verwaltung ist keine andere Berufsgruppe so flexibel und universell einsetzbar. Wenn Du interessiert und gut bist, wirst du ungewöhnliche und auch ganz verschiedene Dinge tun dürfen. Niemand zwingt dich, dich in einer Großkanzlei zu bewerben!
Zu der eher philosophischen Überlegung, dass die Rechtsordnung "nur" menschengemachte Übereinkunft ist: das ist so, aber damit eine der größten Kulturleistungen der Menschheit überhaupt. Klar ist im Letzten alles sinnlos, und am Ende sind wir eh tot, aber unter dieser Grenze ist die Mitarbeit an den Regeln des menschlichen Zusammenlebens so betrachtet doch relativ sinnstiftend. Gäbe es nur Naturgesetze, wäre die Menschheit sehr viel früher untergegangen und es hätte nie eine letzte Generation gegeben ;)
Zu der eher philosophischen Überlegung, dass die Rechtsordnung "nur" menschengemachte Übereinkunft ist: das ist so, aber damit eine der größten Kulturleistungen der Menschheit überhaupt. Klar ist im Letzten alles sinnlos, und am Ende sind wir eh tot, aber unter dieser Grenze ist die Mitarbeit an den Regeln des menschlichen Zusammenlebens so betrachtet doch relativ sinnstiftend. Gäbe es nur Naturgesetze, wäre die Menschheit sehr viel früher untergegangen und es hätte nie eine letzte Generation gegeben ;)
08.10.2023, 15:47
Sehr gute Englisch- und Französischkenntnisse sowie das Bedürfnis international zu arbeiten und viel "draußen" zu sein. Ich werfe auch mal das AA (bzw andere Institutionen) in den Ring.