18.09.2024, 09:41
Hallo!
An diejenigen Richter und Richterinnen unter uns: oftmals wird über Erfüllung im Beruf und der sinnstiftenden Tätigkeit gesprochen. Findet ihr eine solche bei eurer Tätigkeit in der Justiz? Erfüllt euch eure Arbeit oder ist es mehr ein Kampf gegen Windmühlen?
An diejenigen Richter und Richterinnen unter uns: oftmals wird über Erfüllung im Beruf und der sinnstiftenden Tätigkeit gesprochen. Findet ihr eine solche bei eurer Tätigkeit in der Justiz? Erfüllt euch eure Arbeit oder ist es mehr ein Kampf gegen Windmühlen?
Erste Infos zum Bewerbungsverfahren für den Justizdienst findest Du auf den Richter-Infoseiten von Juristenkoffer.de:
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
18.09.2024, 10:58
Erfüllung in einem Beruf zu finden, ist schon ein sehr hoher Anspruch. Es ist immer noch Arbeit, für die man bezahlt wird. Idealismus ist nie verkehrt, aber zu viel davon verbunden mit zu hohen Erwartungen daran, was einem der Beruf zurückgeben soll, kann schnell in Enttäuschung und irgendwann Frustration umschlagen.
Für mich kann ich nach fast 10 Jahren Richtertätigkeit sagen: ich habe es überwiegend gerne gemacht, aber will es nicht die nächsten 25 Jahre weitermachen. Was mich ganz stark stört mittlerweile sind die ewig gleichen Arbeitsabläufe. Vom äusseren Zuschnitt her kann dieser Job sehr eintönig sein. Keine Besprechungen, keine Dienstreisen (ausser mal eine Fortbildung), seltene bis keine Ortstermine. Man sitzt in seinem Zimmerchen und verfügt Post, googlet bei Juris und Beck und schreibt seitenlange Tatbestände usw…
Berufliche Entwicklungsmöglichkeiten sind auch überschaubar und die Wertschätzung durch den Dienstherrn…naja.
Das sind allerdings gerade meine persönlichen Beweggründe für meinen Wechsel aus der Justiz, andere (meist jüngere) KollegInnen gehen in diesem Beruf hingegen total auf.
Die gute Nachricht ist: Wir haben auf absehbare Zeit einen Arbeitnehmermarkt. Schau dir das Ganze mal eine Zeit lang an, dann kannst du immer noch problemlos wechseln. Damit stündest du dann nicht alleine da, wenn ich mich in meinem direkten Umfeld so umschaue. Aber vielleicht wird es ja auch deine berufliche Erfüllung, auch damit wärst du in guter Gesellschaft. Die Zeiten, wo man mit seinem AG/Dienstherrn verheiratet war, sind zum Glück vorbei ;-)
Für mich kann ich nach fast 10 Jahren Richtertätigkeit sagen: ich habe es überwiegend gerne gemacht, aber will es nicht die nächsten 25 Jahre weitermachen. Was mich ganz stark stört mittlerweile sind die ewig gleichen Arbeitsabläufe. Vom äusseren Zuschnitt her kann dieser Job sehr eintönig sein. Keine Besprechungen, keine Dienstreisen (ausser mal eine Fortbildung), seltene bis keine Ortstermine. Man sitzt in seinem Zimmerchen und verfügt Post, googlet bei Juris und Beck und schreibt seitenlange Tatbestände usw…
Berufliche Entwicklungsmöglichkeiten sind auch überschaubar und die Wertschätzung durch den Dienstherrn…naja.
Das sind allerdings gerade meine persönlichen Beweggründe für meinen Wechsel aus der Justiz, andere (meist jüngere) KollegInnen gehen in diesem Beruf hingegen total auf.
Die gute Nachricht ist: Wir haben auf absehbare Zeit einen Arbeitnehmermarkt. Schau dir das Ganze mal eine Zeit lang an, dann kannst du immer noch problemlos wechseln. Damit stündest du dann nicht alleine da, wenn ich mich in meinem direkten Umfeld so umschaue. Aber vielleicht wird es ja auch deine berufliche Erfüllung, auch damit wärst du in guter Gesellschaft. Die Zeiten, wo man mit seinem AG/Dienstherrn verheiratet war, sind zum Glück vorbei ;-)
18.09.2024, 16:55
Ich finde den Beruf erfüllend, aber vielleicht aus anderen Gründen, als man erstmal denken würde (Buzzword: sinnvolle Tätigkeit). Ich bin am AG und habe hier ziemlich viele Sachverhalte, die sich wiederholen. Verkehrsunfälle, Mietmängel, Oma Erna und ihre an der Grundstücksgrenze gepflanzte Eberesche: Da ist es zwar sinnvoll, dass es in einem Rechtsstaat jemanden gibt, der in solchen Streitigkeiten vermittelt und im Zweifel dann eine Endentscheidung trifft. Bei dieser Aufgabe fühle ich mich aber weniger staatstragend, als das online teilweise auf den Karriereseiten der Justiz beworben wird.
Was mich erfüllt, ist der Spaß an der Rolle als Entscheider, das Moderieren in den Verhandlungen, die freie Arbeitszeiteinteilung und am Ende des Tages auch das Gefühl, einen guten Deal zwischen Vergütung (nebst Beihilfe/PKV, Pension) und Arbeitszeit zu haben.
Insofern kann ich den Richterberuf auf jeden Fall weiterempfehlen. Wenn es dir nicht gefällt, kannst du später immer noch wechseln.
Was mich erfüllt, ist der Spaß an der Rolle als Entscheider, das Moderieren in den Verhandlungen, die freie Arbeitszeiteinteilung und am Ende des Tages auch das Gefühl, einen guten Deal zwischen Vergütung (nebst Beihilfe/PKV, Pension) und Arbeitszeit zu haben.
Insofern kann ich den Richterberuf auf jeden Fall weiterempfehlen. Wenn es dir nicht gefällt, kannst du später immer noch wechseln.
18.09.2024, 19:19
(18.09.2024, 10:58)Spencer schrieb: Erfüllung in einem Beruf zu finden, ist schon ein sehr hoher Anspruch. Es ist immer noch Arbeit, für die man bezahlt wird. Idealismus ist nie verkehrt, aber zu viel davon verbunden mit zu hohen Erwartungen daran, was einem der Beruf zurückgeben soll, kann schnell in Enttäuschung und irgendwann Frustration umschlagen.
Für mich kann ich nach fast 10 Jahren Richtertätigkeit sagen: ich habe es überwiegend gerne gemacht, aber will es nicht die nächsten 25 Jahre weitermachen. Was mich ganz stark stört mittlerweile sind die ewig gleichen Arbeitsabläufe. Vom äusseren Zuschnitt her kann dieser Job sehr eintönig sein. Keine Besprechungen, keine Dienstreisen (ausser mal eine Fortbildung), seltene bis keine Ortstermine. Man sitzt in seinem Zimmerchen und verfügt Post, googlet bei Juris und Beck und schreibt seitenlange Tatbestände usw…
Berufliche Entwicklungsmöglichkeiten sind auch überschaubar und die Wertschätzung durch den Dienstherrn…naja.
Das sind allerdings gerade meine persönlichen Beweggründe für meinen Wechsel aus der Justiz, andere (meist jüngere) KollegInnen gehen in diesem Beruf hingegen total auf.
Die gute Nachricht ist: Wir haben auf absehbare Zeit einen Arbeitnehmermarkt. Schau dir das Ganze mal eine Zeit lang an, dann kannst du immer noch problemlos wechseln. Damit stündest du dann nicht alleine da, wenn ich mich in meinem direkten Umfeld so umschaue. Aber vielleicht wird es ja auch deine berufliche Erfüllung, auch damit wärst du in guter Gesellschaft. Die Zeiten, wo man mit seinem AG/Dienstherrn verheiratet war, sind zum Glück vorbei ;-)
Was käme für dich sonst in Betracht?
18.09.2024, 20:56
(18.09.2024, 16:55)Leo@ius schrieb: Ich finde den Beruf erfüllend, aber vielleicht aus anderen Gründen, als man erstmal denken würde (Buzzword: sinnvolle Tätigkeit). Ich bin am AG und habe hier ziemlich viele Sachverhalte, die sich wiederholen. Verkehrsunfälle, Mietmängel, Oma Erna und ihre an der Grundstücksgrenze gepflanzte Eberesche: Da ist es zwar sinnvoll, dass es in einem Rechtsstaat jemanden gibt, der in solchen Streitigkeiten vermittelt und im Zweifel dann eine Endentscheidung trifft. Bei dieser Aufgabe fühle ich mich aber weniger staatstragend, als das online teilweise auf den Karriereseiten der Justiz beworben wird.Das kann ich gut nachvollziehen und ging mir grds. auch genauso. Das Problem ist nur, dass man das wirklich 40 Jahre machen wird. 40 Jahre Verkehrsunfälle, Gartenzäune. Mir fehlt in meinem Job mittlerweile einfach schon länger der intellektuelle Reiz. Unheimlich viel wiederholt sich. Tatbestände schreiben empfinde ich mittlerweile fast schon als Folter…
Was mich erfüllt, ist der Spaß an der Rolle als Entscheider, das Moderieren in den Verhandlungen, die freie Arbeitszeiteinteilung und am Ende des Tages auch das Gefühl, einen guten Deal zwischen Vergütung (nebst Beihilfe/PKV, Pension) und Arbeitszeit zu haben.
Insofern kann ich den Richterberuf auf jeden Fall weiterempfehlen. Wenn es dir nicht gefällt, kannst du später immer noch wechseln.
18.09.2024, 21:44
Man muss gar nichts 40 Jahre machen, wenn man nicht will. Ich war am Landgericht, bei der StA, beim OLG, abgeordnet in zwei Ministerien: wenn man will, kann man in der Justiz viel Abwechslung haben.
Erfüllend fand ich es am LG schon: das Moderieren und Vermitteln, die nicht ganz selten spannenden Rechtsfragen, die Sachverhalte - und Tatbestände kann man auch sehr knapp schreiben ;) Aber ja, wenig Team, wenig Besprechungen, wenig Gestaltungsmacht über den Fall hinaus: deshalb bin ich gerade als Führungskraft in einem Ministerium sehr zufrieden. Aber vielleicht komme ich wieder zurück... und klar, kein Beruf ist ununterbrochen erfüllend.
Erfüllend fand ich es am LG schon: das Moderieren und Vermitteln, die nicht ganz selten spannenden Rechtsfragen, die Sachverhalte - und Tatbestände kann man auch sehr knapp schreiben ;) Aber ja, wenig Team, wenig Besprechungen, wenig Gestaltungsmacht über den Fall hinaus: deshalb bin ich gerade als Führungskraft in einem Ministerium sehr zufrieden. Aber vielleicht komme ich wieder zurück... und klar, kein Beruf ist ununterbrochen erfüllend.
18.09.2024, 22:35
(18.09.2024, 20:56)Spencer schrieb:(18.09.2024, 16:55)Leo@ius schrieb: Ich finde den Beruf erfüllend, aber vielleicht aus anderen Gründen, als man erstmal denken würde (Buzzword: sinnvolle Tätigkeit). Ich bin am AG und habe hier ziemlich viele Sachverhalte, die sich wiederholen. Verkehrsunfälle, Mietmängel, Oma Erna und ihre an der Grundstücksgrenze gepflanzte Eberesche: Da ist es zwar sinnvoll, dass es in einem Rechtsstaat jemanden gibt, der in solchen Streitigkeiten vermittelt und im Zweifel dann eine Endentscheidung trifft. Bei dieser Aufgabe fühle ich mich aber weniger staatstragend, als das online teilweise auf den Karriereseiten der Justiz beworben wird.Das kann ich gut nachvollziehen und ging mir grds. auch genauso. Das Problem ist nur, dass man das wirklich 40 Jahre machen wird. 40 Jahre Verkehrsunfälle, Gartenzäune. Mir fehlt in meinem Job mittlerweile einfach schon länger der intellektuelle Reiz. Unheimlich viel wiederholt sich. Tatbestände schreiben empfinde ich mittlerweile fast schon als Folter…
Was mich erfüllt, ist der Spaß an der Rolle als Entscheider, das Moderieren in den Verhandlungen, die freie Arbeitszeiteinteilung und am Ende des Tages auch das Gefühl, einen guten Deal zwischen Vergütung (nebst Beihilfe/PKV, Pension) und Arbeitszeit zu haben.
Insofern kann ich den Richterberuf auf jeden Fall weiterempfehlen. Wenn es dir nicht gefällt, kannst du später immer noch wechseln.
Möglichkeiten für inhaltliche Abwechslung gibt es aber ja schon, wenn man das möchte, sei es durch Wechsel zu anderen Stationen oder einen internen Wechsel in eine andere Kammer / eine andere Abteilung. Es ist aber auch eine Typfrage. Ich kenne Kolleginnen und Kollegen, die wollen gar nichts anderes mehr machen, weil sie sich in ihrem Gebiet gut eingerichtet haben und dann lieber früher in den Feierabend gehen.