18.09.2021, 23:24
(18.09.2021, 21:34)Gast schrieb: "Witzig" eigentlich, dass es Kanzleien gibt, die quasi einen besonderen "Tarif" anbieten, der sich durch zwei Dinge auszeichnet:
- gesetzeskonform
- weniger Geld
Übersetzt bedeutet das: "Du willst, dass dein Arbeitsverhältnis mit uns den gesetzlichen Arbeitnehmerschutzstandards entspricht? Das ziehen wir dir vom Gehalt ab!"
Die Behauptung ist ja, dass das ArbZG nicht gilt (leitender Angestellter uns0)
18.09.2021, 23:39
(18.09.2021, 23:24)GAsst schrieb:(18.09.2021, 21:34)Gast schrieb: "Witzig" eigentlich, dass es Kanzleien gibt, die quasi einen besonderen "Tarif" anbieten, der sich durch zwei Dinge auszeichnet:
- gesetzeskonform
- weniger Geld
Übersetzt bedeutet das: "Du willst, dass dein Arbeitsverhältnis mit uns den gesetzlichen Arbeitnehmerschutzstandards entspricht? Das ziehen wir dir vom Gehalt ab!"
Die Behauptung ist ja, dass das ArbZG nicht gilt (leitender Angestellter uns0)
Wobei zumindest jedem Arbeitsrechtsteam -eigentlich jedem Volljuristen mit Grundlagen Arbeitsrecht- klar sein muss, dass die Argumentation absolut nicht zieht. Mal schön die Merkmale der Rspr. zu leitenden Angestellten durchsubsumieren und der gemeine Anwalt einer GK hat mal so was von Null Personalverantwortung, d.h. insbesondere Einstellung/Kündigung von Mitarbeitern und damit ist es gegessen.
Gibt es ernsthaft noch Anwälte, die das als Argumentation versuchen? Ich meine pwc legal hat das vor Jahren mal versucht und durchweg bis zum BAG eine deutliche Klatsche kassiert.
19.09.2021, 03:40
Die Verletzung des ArbZG ist so dreist, so anhaltend, so offensichtlich und so schön zur Schau gestellt, dass es sich tatsächlich um den krassesten aller Gesetzesverstöße in diesem Land handeln dürfte. Da hat ja das BtMG mehr Geltungskraft im Görlitzer Park als das ArbZG in den Frankfurter Großbuden (in Banken dürfte ähnliches gelten).
Totales Versagen beim Gesetzesvollzug.
Diese Verstöße kann man auch nicht mit dem hohen Gehalt kompensieren (abgesehen davon, dass es diese Verstöße auch in Läden mit nicht ganz so hohem Gehalt gibt). Das ArbZG schützt u.a. die gesundheit der Arbeitnehmer, an der auch die Allgemeinheit ein Interesse hat. Das ArbZG stellt auch Standards zwischen den Wettbewerbern auf. SObald aber eine GK sich ernsthaft an die gesetzlichen Vorgaben hält, kann sie sich aus allen Juve-Rankings verabschieden.
Totales Versagen beim Gesetzesvollzug. Nur mit Korruption zu erkären.
Totales Versagen beim Gesetzesvollzug.
Diese Verstöße kann man auch nicht mit dem hohen Gehalt kompensieren (abgesehen davon, dass es diese Verstöße auch in Läden mit nicht ganz so hohem Gehalt gibt). Das ArbZG schützt u.a. die gesundheit der Arbeitnehmer, an der auch die Allgemeinheit ein Interesse hat. Das ArbZG stellt auch Standards zwischen den Wettbewerbern auf. SObald aber eine GK sich ernsthaft an die gesetzlichen Vorgaben hält, kann sie sich aus allen Juve-Rankings verabschieden.
Totales Versagen beim Gesetzesvollzug. Nur mit Korruption zu erkären.
19.09.2021, 07:51
(19.09.2021, 03:40)Gast schrieb: Die Verletzung des ArbZG ist so dreist, so anhaltend, so offensichtlich und so schön zur Schau gestellt, dass es sich tatsächlich um den krassesten aller Gesetzesverstöße in diesem Land handeln dürfte. Da hat ja das BtMG mehr Geltungskraft im Görlitzer Park als das ArbZG in den Frankfurter Großbuden (in Banken dürfte ähnliches gelten).
Totales Versagen beim Gesetzesvollzug.
Diese Verstöße kann man auch nicht mit dem hohen Gehalt kompensieren (abgesehen davon, dass es diese Verstöße auch in Läden mit nicht ganz so hohem Gehalt gibt). Das ArbZG schützt u.a. die gesundheit der Arbeitnehmer, an der auch die Allgemeinheit ein Interesse hat. Das ArbZG stellt auch Standards zwischen den Wettbewerbern auf. SObald aber eine GK sich ernsthaft an die gesetzlichen Vorgaben hält, kann sie sich aus allen Juve-Rankings verabschieden.
Totales Versagen beim Gesetzesvollzug. Nur mit Korruption zu erkären.
Ich stimme Dir zu. Lediglich der letzte Satz. Der ist völliger Bullshit.
19.09.2021, 09:38
Gilt doch für die meisten sehr gut bezahlten Berufe , der GK Anwalt unterscheidet sich da nicht wirklich vom beispielsweise Investmentbanker, Unternehmensberater oder (Assistenz -) Arzt. Solch ein Gehalt, vorallem zum Einstieg, kriegt man meistens leider nicht im Doppelpack mit einer anständigen WLB, Gesetze hin oder her. Zumindest haben wir die Option auf den Exit ins Unternehmen, auf welchen ich persönlich (gegenwärtig zweites Jahr in der GK) gerade stark hinarbeite ;) .
19.09.2021, 10:47
Ich glaube, das wahre Problem ist die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung. Das BAG hat 2011 einem ehemaligen GK-Anwalt eine ziemliche Klatsche gegeben, als der mal versucht hat, Überstundenvergütung einzuklagen. Die Kanzlei war dabei sogar "dumm" genug, eine 40-Stunden-Woche in den Arbeitsvertrag zu schreiben, insofern war es eigentlich eine Steilvorlage, da mal zu klagen. Leider wurde die Kanzlei vom BAG gerettet. Es hat sinngemäß gemeint, der Anwalt würde zu viel verdienen, um noch Überstundenvergütung fordern zu können.
Hätten die den Anspruch dagegen zugelassen, hätte das wohl viel mehr bewirkt, als alle öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitgesetze dieser Welt zusammen. Denn das lange Arbeiten wäre auf einmal viel zu teuer für die Kanzleien geworden und das bisherige Modell des "Einstellens und zeitlich so weit ausquetschen wie es geht, bis man wieder bei einem albern niedrigen, effektiven Stundenlohn angekommen ist" hätte sich nicht mehr rentiert. Ich hätte das gerne erlebt, was das im Markt bewirkt hätte...schade...
Urteilfundstelle: BAG, 17.08.2011 - 5 AZR 406/10
Hätten die den Anspruch dagegen zugelassen, hätte das wohl viel mehr bewirkt, als alle öffentlich-rechtlichen Arbeitszeitgesetze dieser Welt zusammen. Denn das lange Arbeiten wäre auf einmal viel zu teuer für die Kanzleien geworden und das bisherige Modell des "Einstellens und zeitlich so weit ausquetschen wie es geht, bis man wieder bei einem albern niedrigen, effektiven Stundenlohn angekommen ist" hätte sich nicht mehr rentiert. Ich hätte das gerne erlebt, was das im Markt bewirkt hätte...schade...
Urteilfundstelle: BAG, 17.08.2011 - 5 AZR 406/10
19.09.2021, 10:56
Ich finde es ja super, wie es aktuell ist. Wer viel arbeiten will, kann das tun, und bekommt dafür viel Geld. Und wer weniger arbeiten will, für den gibt es auch genug Modelle und Arbeitgeber, wo es dann eben etwas weniger Geld gibt. Ist mir viel sympathischer als eine Regelung, bei der alle gezwungen sind weniger zu arbeiten und weniger zu verdienen.
19.09.2021, 11:24
(19.09.2021, 10:56)Gasto schrieb: Ich finde es ja super, wie es aktuell ist. Wer viel arbeiten will, kann das tun, und bekommt dafür viel Geld. Und wer weniger arbeiten will, für den gibt es auch genug Modelle und Arbeitgeber, wo es dann eben etwas weniger Geld gibt. Ist mir viel sympathischer als eine Regelung, bei der alle gezwungen sind weniger zu arbeiten und weniger zu verdienen.
Ja, das wäre eine schöne Welt. Aber ein Blick in azur zeigt, dass das derzeitige Modell eine Schlagseite hat. Bei den Großen hast du viel Geld für viel Arbeit, bei den Mittleren hast du aber leider erstmal "weniger Geld" für viel Arbeit und bei den "kleinen" kann dich das auch treffen, weil es leider die Marktlage so ist, dass die Kanzleien bei der Arbeitszeit bisher nicht nachgeben müssen.
Junge Richter arbeiten offenbar auch erstmal richtig viel und richtig lange und müssen sich auf die bloße Hoffnung verweisen lassen, dass es mal weniger wird.
Das ganze zeigt mE ein strukturelles Problem in unserem juristischen Berufsverständnis, was vermutlich auch (viel eher als Korruption) der wahre Grund ist, warum hier ein massives Rechtsdurchsetzungsdefizit herrscht.
Hinzu kommt, dass man sich ja viel wünschen kann, aber unser Gesetzgeber hier (in der Theorie) erstmal klare Grenzen gesetzt hat (konkret: 48 Stunden/Woche, § 3 ArbZG), danach würds halt für Arbeitnehmer(!) einfach illegal, egal wie gern man viel arbeitet. Um das Prinzip des "wünsch-dir-was" mal argumentativ zuzuspitzen: Gibt ja übrigens auch einige Anarchisten/Kommunisten, die gerne hätten, dass alles allen gehört, aber auch da setzt der Staat (glücklicherweise) Grenzen gesetzt und zudem entschieden, dass es halt das Recht auf Eigentum gibt. Daran müssen wir uns alle halten.
19.09.2021, 11:43
Dafür hat das Eigentum Sozialbindung.
19.09.2021, 16:27
(19.09.2021, 11:24)Gast1223 schrieb:(19.09.2021, 10:56)Gasto schrieb: Ich finde es ja super, wie es aktuell ist. Wer viel arbeiten will, kann das tun, und bekommt dafür viel Geld. Und wer weniger arbeiten will, für den gibt es auch genug Modelle und Arbeitgeber, wo es dann eben etwas weniger Geld gibt. Ist mir viel sympathischer als eine Regelung, bei der alle gezwungen sind weniger zu arbeiten und weniger zu verdienen.
Ja, das wäre eine schöne Welt. Aber ein Blick in azur zeigt, dass das derzeitige Modell eine Schlagseite hat. Bei den Großen hast du viel Geld für viel Arbeit, bei den Mittleren hast du aber leider erstmal "weniger Geld" für viel Arbeit und bei den "kleinen" kann dich das auch treffen, weil es leider die Marktlage so ist, dass die Kanzleien bei der Arbeitszeit bisher nicht nachgeben müssen.
Junge Richter arbeiten offenbar auch erstmal richtig viel und richtig lange und müssen sich auf die bloße Hoffnung verweisen lassen, dass es mal weniger wird.
Das ganze zeigt mE ein strukturelles Problem in unserem juristischen Berufsverständnis, was vermutlich auch (viel eher als Korruption) der wahre Grund ist, warum hier ein massives Rechtsdurchsetzungsdefizit herrscht.
Hinzu kommt, dass man sich ja viel wünschen kann, aber unser Gesetzgeber hier (in der Theorie) erstmal klare Grenzen gesetzt hat (konkret: 48 Stunden/Woche, § 3 ArbZG), danach würds halt für Arbeitnehmer(!) einfach illegal, egal wie gern man viel arbeitet. Um das Prinzip des "wünsch-dir-was" mal argumentativ zuzuspitzen: Gibt ja übrigens auch einige Anarchisten/Kommunisten, die gerne hätten, dass alles allen gehört, aber auch da setzt der Staat (glücklicherweise) Grenzen gesetzt und zudem entschieden, dass es halt das Recht auf Eigentum gibt. Daran müssen wir uns alle halten.
Da es den Staat dann aber wieder null interessiert wie viel ich arbeite, wenn ich selbstständig bin, muss man sich halt fragen, wieso der Staat nun der Ansicht sei, mich im Angestelltenverhältnis beschützen zu müssen. Ich verstehe es bei den Fabrikmitarbeitern und Sachbearbeitern, die nicht ausgequetscht werden sollen. Bei hoch qualifizierten Arbeitskräften, die sich die Stellen aussuchen können, herrscht mE keine Schutzbedürftigkeit.
Und man kann in Boutiquen oder MKs schon die 40 Stunden Woche schaffen, wenn man sich auch hart dafür einsetzt. Man darf nur nicht erwarten, dass der Chef kommt und sagt, 17 Uhr, jetzt gehen sie aber auch mal nach Hause. Dann besser in einen Konzern gehen, wenn man das braucht.