06.10.2020, 09:41
(06.10.2020, 08:24)Ob Gast schrieb:(05.10.2020, 22:37)Gast schrieb:(05.10.2020, 21:23)Gast schrieb:(05.10.2020, 20:37)Gast schrieb:(05.10.2020, 20:10)Gasthesse schrieb: Ich glaube man sollte hier nicht alle Länder in einen Topf werfen, die Konditionen unterscheiden sich eben nicht nur in den Details.
Ich finde, man sollte den Verbesserungsversuch als Investment in seinen eigenen Marktwert sehen. Jeder Absolvent KANN sich den Verbesserungsversuch leisten, aber nicht jeder WILL ihn sich leisten, und dafür ggf. einen Kredit aufnehmen. Und bei einem echten Investment hat man eben nie eine Garantie auf eine bestimmte Rendite.
Die Ungleichbehandlung beginnt doch am ersten Tag an der Uni und setzt sich im Referendariat und späteren Berufsleben fort: Haben meine Eltern Geld und gute Kontakte, dann habe ich es eben einfacher, und Literatur, Rep, Lernen ohne Ablenkung durch Nebentätigkeiten, Praktikumsplätze tc. stellen kein Problem dar. Ich sehe keinen Grund, warum man nun ausgerechnet bei dem Verbesserungsversuch ansetzen sollte. Die Ausbildung ist beendet, der Staat hat seinen Job aus Art. 12 GG erfüllt. Alles weitere liegt in den Händen der Absolventen. Für Hessen wurde ja unlängst berechnet, dass die Gebühr kaum kostendeckend ist. Und die Kennziffern, unter denen die Klausuren korrigiert werden (die Korrektoren erfahren nach meinem Kenntnisstand weder Prüfungslistennummer noch Platznummer) lassen auch keinen Rückschluss auf einen Verbesserungsversuch zu. Für Hessen kann man also sagen, dass jedenfalls beim Verbesserungsversuch nichts im Argen liegt.
Meines Erachtens erfüllen viele Länder aber ihren Ausbildungsauftrag aber gerade nicht. Ich fand die Klausuren im Examen zB deutlich schwieriger als diejenigen, die ich im Klausurenkurs hatte. Die Verbesserer, die ich kenne, sagen oft, sie hätten einfach erst beim zweiten Mal gewusst, was da auf sie zukommt und deshalb besser angeschnitten. Ja, das mag in anderen BL anders sein. Aber ich finde, wenn man aus solchen Gründen noch mal schreiben muss, dann kann das gerne der Staat zahlen, der einen nicht ausgebildet hat.
Bemerkenswert finde ich zudem, dass alle meine nichtjuristischen Freunde schockiert waren, dass wir nun für die Wiederholung einen derart hohen Betrag zahlen müssen. Ich glaube, für uns sind diese Zustände einfach schon so normal, dass wir gar nicht mehr sehen, wie bescheuert das alles ist.
Es ist doch aber auch kein Staatsgeheimnis, dass die Klausuren aus der AG wohlwollender bewertet werden. Man weiß auch generell, dass man sich statistisch im Zweiten verschlechtert.
Und das mit dem staatl. Ausbildungsauftrag? Es gibt nunmal keinen Auftrag, der besagt, dass alle Referendare mindestens ein B erreichen müssen. Ziel ist die erfolgreiche Ablegung des zweiten Staatsexamens und das Erlangen der Befähigung zum Richteramt. Dieser Auftrag ist mit genau 4 P. erreicht.
Zudem: Es ist keine Wiederholung. Die Wiederholung nach erstmaligem Durchfallen kostet nichts.
Das Einzige, was eine Gebühr kostet, ist der freiwillige Verbesserungsversuch, weil hier nunmal Kosten anfallen. Vielleicht ist das den nichtjuristischen Freunden nicht bewusst.
Und in welchem Studium kann beispielsweise die Abschlussarbeit einfach so wiederholt werden, obwohl sie bestanden ist? Bei der Diss. geht das doch auch nicht. Es wird doch auch nicht in andere Studiengängen die Möglichkeit eines VVs angeboten?!
Vielleicht ist es nicht allen bewusst, aber den VV gab es nicht immer. Was sollen denn die Juristen sagen, die vor 15 Jahren geschrieben haben, als noch keine Verbesserung möglich war??? Was bekommen die denn jetzt als Ausgleich (Chancengleichheit/Wettbewerbsfairness)?
Der Verbesserungsversuch ist keine Notwendigkeit, sondern ein freiwilliges Unterfangen, um seine eigenen Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.
Akademiker aus anderen Bereichen müssen zusätzliche Qualifikation doch auch privat bezahlen, wenn sie sich auf dem Arbeitsmarkt attraktiver machen wollen?!
Wer wirklich, wirklich etwas auf dem Kasten hat, bekommt mit Sicherheit auch einen Sponsor (so, wie beim Stipendium).
Ich verstehe die Debatte nicht wirklich.
Man hat keinen rechtlichen Anspruch gegenüber dem Staat auf eine bestimmte (gute) Note. Wer die zwei Jahre des Refs. nicht richtig genutzt hat und nicht entsprechend selbstorganisiert gelernt hat, muss sich nunmal mit einem mittelmäßigem Ergebnis abfinden. Oder einen im Verhältnis (zum Wert der Note für den Arbeitsmarkt) geringen Betrag für eine zweite Chance zahlen.
Man hat ggü den Prüfungsamt keinen Anspruch auf eine Note, aber auf eine Ausbildung. Und die findet in meinem Bundesland nicht statt. Sie hat nichts mit dem Examen zu tun. Natürlich ist das mittlerweile allen klar. Aber wie kann man sich hinstellen, ein so kaputtes System so passioniert zu verteidigen. Die Prüfungsämter können mE froh sein, dass es trotz der miserablen Ausbildung dann doch so viele schaffen, zu bestehen. Der ausbildung ist es nicht zu verdanken. Die Justiz kann wiederum froh sein, dass Leute freiwillig mehrere Monate opfern, um u.a. die Noten zu erreichen, die sie für die Justiz brauchen und mit einer sinnvollen Ausbildung auch erreicht hätten. Sonst gibt es nämlich irgendwann gar keine Richter mehr. Es lohnt sich hier vielleicht auch mal ein wenig in die Zukunft zu schauen. Vielleicht macht es Sinn, angesichts der nahenden Pensionierungswelle die alleine dabei zu unterstützen, die Einstiegsvoraussetzungen zu erreichen. Aber das würde erfordern, länger als 2 Wochen in die Zukunft zu denken.
Wie kann man sich nur so passioniert in einem Forum über eine Gebühr zwischen 450-800€ beschweren, obwohl man genau weiß, dass das keinen Effekt hat?
Wenn in dem angesprochenen Bundesland "keine Ausbildung" stattgefunden hat: Einfach Klage erheben. An die Presse gehen. Brandbriefe schreiben.
Es verwundert aber eigentlich, warum das nicht schon während der Ausbildung passiert ist...
Man darf sich anschließend allerdings nicht wundern, wenn die Antwort lautet, dass der Notendurchschnitt trotz Änderung der Ausbildungsdauer etc. über Jahrzehnte ziemlich konstant geblieben ist und es zur eigenen Aufgabe gehört, sich auf die Abschlussprüfung vorzubereiten.
Die Ausbildung an sich dürfte auch nicht das eigentliche Problem sein. Sondern dass sich die Klausuren sehr stark verändert haben und einfach nur noch absolut vollgestopft sind.
Es wäre also sinnvoller, hiergegen vor zu gehen. Das könnte zum Einen besser belegt werden, als das mit der vermeintlich nicht vorhandenen Ausbildung. Sogar ziemlich leicht, indem deutlich ältere Klausuren neben aktuelle gelegt werden.
Zum Anderen könnten die Prüfungsämter daran vergleichsweise leichter etwas ändern, als das jeweilige Bundesland an der gesamten Ausbildung.
Letztlich dürfte das aber kaum gewollt sein, weil diese Prüfung nach wie vor primär Richter und Staatsanwälte hervorbringen soll, welche die zukünftig anfallenden Aufgaben der Praxis erledigen können.
Der Staat schaut natürlich, dass er möglichst effizient agiert, also möglichst wenig Stellen besetzt, um Kosten zu sparen. Nach dem Prinzip "So viel wie nötig, so wenig wie möglich". Gleichzeitig müssen die eingesetzten Personen aber in der Lage sein, die nicht besetzten Stellen zu kompensieren, ergo in kurzer Zeit enorm viel zu schaffen. Genau dieses (für die Zukunft) erwünschte Potenzial wird mit der zweiten Staatsprüfung hervorragend abgeprüft.
Alles geht auf Effizienz. Solange genug Absolventen über diese Hürde springen und der Notenschnitt konstant bleibt, wird sich nichts ändern, weil kein Grund für eine Reform gegeben ist.
Da möchte ich gerne zustimmen: Wenn man sich Berichte anhört, was Proberichter und Staatsanwälte in ihren ersten Jahren so erledigen (müssen) und vor allem hierzu regelmäßig beurteilt werden, dann fühlt sich das an wie ein nicht endender Klausurentermin.
Alle anderen, die nicht in die Justiz gehen werden, also die Meisten, bezahlen dann einfach mit für diese Fixierung des Vorbereitungsdienstes auf die Befähigung zum Richteramt. Letztlich kann man das nur auflösen mit verschiedenen Vorbereitungsdiensten/Prüfungen für die Justiz einerseits und eine Light-Variante für Rechtsanwälte & Co.
Oder man schafft die Ausbildung am besten gleich ganz ab und jeder kann sich eigenverantwortlich vorbereiten und dann zur Prüfung melden, wenn er bereit ist.
07.10.2020, 14:02
(06.10.2020, 09:41)Gasthesse schrieb: Oder man schafft die Ausbildung am besten gleich ganz ab und jeder kann sich eigenverantwortlich vorbereiten und dann zur Prüfung melden, wenn er bereit ist.
Ich stimme Dir mit einer Ergänzung zu. Man sollte die _Pflicht_ zur Teilnahme an den Ausbildungsabschnitten abschaffen. Die Ausbildung bei den Gerichten diente für mich nur dazu, mir jede Illusion, was die Attraktivität des Staatsdienstes angeht, zu nehmen. Gleichzeitig hat sie mich in der dann folgenden Entscheidung beflügelt, Rechtsanwalt zu werden. Denn dort, wo Wettbewerb stattfindet - auch um (unsere) Köpfe - da wurde sich engagiert, da wurde motiviert, da wurden die Launen nicht am Referendar ausgelassen, da wurde Rücksicht genommen und gleichzeitig anspruchsvoll gefördert.
Dazu haben mir die Pflciht-AGs durch die Bank nicht gefallen. Sie waren leidenschaftslos vorgetragen und mit ur-ur-ur-alt-Material ausgestattet. Und dann wundere sich die Geschäftsstelle, dass die deutliche Mehrheit der Referendare laufend am AG-Termin krank war. Verblüffend!
08.10.2020, 00:13
(07.10.2020, 14:02)Gast schrieb:(06.10.2020, 09:41)Gasthesse schrieb: Oder man schafft die Ausbildung am besten gleich ganz ab und jeder kann sich eigenverantwortlich vorbereiten und dann zur Prüfung melden, wenn er bereit ist.
Ich stimme Dir mit einer Ergänzung zu. Man sollte die _Pflicht_ zur Teilnahme an den Ausbildungsabschnitten abschaffen. Die Ausbildung bei den Gerichten diente für mich nur dazu, mir jede Illusion, was die Attraktivität des Staatsdienstes angeht, zu nehmen. Gleichzeitig hat sie mich in der dann folgenden Entscheidung beflügelt, Rechtsanwalt zu werden. Denn dort, wo Wettbewerb stattfindet - auch um (unsere) Köpfe - da wurde sich engagiert, da wurde motiviert, da wurden die Launen nicht am Referendar ausgelassen, da wurde Rücksicht genommen und gleichzeitig anspruchsvoll gefördert.
Dazu haben mir die Pflciht-AGs durch die Bank nicht gefallen. Sie waren leidenschaftslos vorgetragen und mit ur-ur-ur-alt-Material ausgestattet. Und dann wundere sich die Geschäftsstelle, dass die deutliche Mehrheit der Referendare laufend am AG-Termin krank war. Verblüffend!
Amen.
08.10.2020, 09:05
Na klar bleibt der Notenschnitt konstant, weil eben relativ korrigiert wird. Auch, wenn das keiner zugibt, schaut man als Korrektor natürlich, was der Schnitt in dem Stapel, den man da hat, so ungefähr ist und ob das mit ein paar auffallend schlechten/guten Klausuren dann so hinkommen kann.
Der Witz ist ja, dass der Staat durchaus Probleme hat, die von ihm selbst aufgestellten Kriterien für die Bewerber zu erfüllen. Mal von den letzten 2-3 Monaten abgesehen, sind teilw. Leute mit 7,X Punkten Richter geworden, wo man vor gar nicht allzu langer Zeit noch 10,X-Absolventen hatte.
Der Witz ist ja, dass der Staat durchaus Probleme hat, die von ihm selbst aufgestellten Kriterien für die Bewerber zu erfüllen. Mal von den letzten 2-3 Monaten abgesehen, sind teilw. Leute mit 7,X Punkten Richter geworden, wo man vor gar nicht allzu langer Zeit noch 10,X-Absolventen hatte.
08.10.2020, 09:11
Meine Damen und Herren, im nächsten Thread dann: "unterschiedlicher IQ Wettbewerbsverzerrend?"
Bleiben Sie dran, es wird spannend d...
Bleiben Sie dran, es wird spannend d...
08.10.2020, 09:53
(04.10.2020, 12:20)Gast24251 schrieb: Du hast das ganze Studium einen Vorteil, wenn du Geld hast.
ich musst 18 Monate vor dem 1. Examen nicht mehr arbeiten ( DAS ist der krasse Vorteil). Dazu teuere Reps.
Das führt dann zu einer Note, die mir eine gut bezahlte Tauchstation erlaubt, sodass ich wieder 8 Monate vor dem Examen in die Lernphase starten kann.
Mal abgesehen von den subtileren Vorteilen, wenn man aus einem Akademikerhaushalt kommt. Frühes Lesen. Sprache. Allgemeinbildung. Netzwerk. NIE finanziellen Druck.
Der Verbesserungsversuch ist da echt das geringste Übel.
Du kannst auch mit wenig ein DoppelVB schaffen, aber ich stimme Dir zu, dass ich wahrscheinlich mit mehr Cash auch ein gut hätte packen können.
08.10.2020, 10:25
„Und ich hätte mit ein Bisschen Cash die 16 geknackt“...die Leute hier. Kenne so viele Rich Kids, die im ausreichend/befriedigend gelandet sind...
08.10.2020, 10:33
(08.10.2020, 09:05)Gast schrieb: Na klar bleibt der Notenschnitt konstant, weil eben relativ korrigiert wird. Auch, wenn das keiner zugibt, schaut man als Korrektor natürlich, was der Schnitt in dem Stapel, den man da hat, so ungefähr ist und ob das mit ein paar auffallend schlechten/guten Klausuren dann so hinkommen kann.
Der Witz ist ja, dass der Staat durchaus Probleme hat, die von ihm selbst aufgestellten Kriterien für die Bewerber zu erfüllen. Mal von den letzten 2-3 Monaten abgesehen, sind teilw. Leute mit 7,X Punkten Richter geworden, wo man vor gar nicht allzu langer Zeit noch 10,X-Absolventen hatte.
Ich habe neben meiner Ausbildung regelmäßig für verschiedene Lehrstühle alles mögliche korrigiert, von den kleinen Scheinen bis zum Unirep, aber ich wäre nie auf die Idee gekommen, für den willkürlich, also blind gegriffenen, Stapel irgendeine fixe Quoute anzunehmen, mal hatte ich 40/40 Durchfaller, mal hatten alle 9 Punkte aufwärts, wenn sie ordentliche Leistungen abgeliefert hatten, aber meist ergab sich eben irgendeine zufällige Verteilung.
Ich sehe nicht den geringsten Grund, warum die Prüfer im Examen das anders halten sollten, auch sie bekommen einen zufällig gegriffenen Stapel und gleichen die Arbeiten mit ihren vorab aufgestellten Anforderungen ab. Dann kommt eben raus, was rauskommt.
Mein auch im Examen prüfender AG-Leiter hat immer gesagt, er freue sich über jede gute Leistung und vergebe gerne gute Punktzahlen, aber leider würden die Refis ihm viel zu selten die Gelegenheit dazu geben. Das LJPA mache auch überhaupt keine Vorgaben, man könne Notenverteilungen und Durchfallquoten abgeben, wie man wolle, da gäbe es keine Rückmeldung.
Ich glaube nicht, dass es für die Unterstellung einer relativen Korrektur eine empirische Grundlage gibt.
Und ich glaube auch nicht, dass alle Richter und Staatsanwälte Sadisten sind, die zukünftig ohne neue Kollegen dastehen und die ganze Drecksarbeit alleine machen wollen.