11.03.2023, 17:04
(11.03.2023, 08:47)ZW333 schrieb:(10.03.2023, 17:00)Egal schrieb: Puh, ist ja sicherlich Geschmackssache und so mancher wird über mein Rechtsgebiet die Nase rümpfen, aber ich fand beide Rechtsgebiete einfach nur furchtbar. Musste ein paar dieser Verfahren zu Berufsbeginn in einer kleinen Kanzlei begleiten.
Asylrecht: Mandanten alle mittellos. Das deckt sich mit den Erfahrungen meines Vaters, der bis zur Rente ebenfalls als Anwalt gearbeitet hat. Laut seiner Aussage hat er mal einen Kollegen kennengelernt, der Anfangs des Monats im Flüchtlingsheim vorbeifuhr, um von allen Mandanten die pauschalen 50 Euro einzukassieren.
Ob der noch mehr genommen hat, weiß ich nicht.
Wir lagen in der Kanzlei bei ca. 600 Euro für ein Mandat und da hatte die Familie den Anspruch, dass wir zwei Erwachsenen und zwei Kindern für dieses Geld eine Aufenthaltserlaubnis besorgen. Mein Chef war wenig begeistert und ich auch.
Die Mandanten waren kaum erreichbar. In den Flüchtlingsunterkünften haben sie sich selten aufgehalten, da sie hier noch entfernte Verwandte hatten. Postzustellungen waren daher Glückssache. Extrem viel Aufwand für wenig Output.
Am Ende wollten sie nicht zahlen, daher haben wir das Mandat beendet.
Aufenthaltsrecht: Ein AuPair, dass anschließend hier studieren wollte, begleitet. Sie hatte sich null informiert, was sie studieren will und welche Voraussetzungen sie dafür braucht. Sie kam aus einem Drittland und ihr Abschluss wäre hier erst nach einem weiteren Jahr Schule anerkannt worden. Natürlich hat auch sie erwartet, dass wir ihr für wenige hundert Euro alles auf dem Präsentierteller servieren ohne dass sie mithelfen muss. Sehr anstrengend die Dame. Da sie unzufrieden mit unserer Leistung war, ist sie irgendwann einfach nach Berlin verzogen und hat sich dort angeblich einen anderen Anwalt genommen. Wohlgemerkt: ich habe gerade so ihre Abschiebung verhindert, weil sie einfach so, von Bayern nach Hamburg zog, mit dem AuPair Visum, was für die Familie in Bayern galt.
Wir als Kanzlei haben mit diesen beiden Fällen nur Verlust gemacht und ich war froh, dass beide wegwaren. Unsere Gebühren haben sie natürlich nicht vollständig beglichen und einklagen ist bei solchen Leuten schwierig...
Es geht sicher auch anders. Während meines Refs bei PwC habe ich für die betreuten Firmen dort für den ein oder anderen Mitarbeiter eine Aufenthaltserlaubnis etc.beantragt. Das waren aber sehr gut verdienende Ingenieure, also gesuchte Arbeitskräfte und nicht Hinz und Kunz von nebenan, die nur von unserem Sozialsystem profitieren wollen.
An diese Mandanten musst du rankommen. So einfach wird das aber nicht. Der Rest sind Masseverfahren für wenig Geld und rentieren sich nur über die Masse an Verfahren.
Sehr interessant! Warum habt ihr die Mandate denn nicht beendet? Ich würde mir nicht so auf der Nase rumtanzen lassen, vor allem nicht für diese Vergütung.
Mein damaliger Chef hat oft fragwürdige Mandate angenommen. Das war eine kleine Ein-Mann-Kanzlei, die auf jedes Geld angewiesen war. Er ist der Choleriker-Chef, den ich schon häufiger erwähnt habe, deswegen will ich an dieser Stelle gar nicht zu weit ausholen. Vieles, was in der Kanzlei lief, kann man objektiv nicht nachvollziehen. Da ich die Mandate bearbeitet habe und er oft nicht da war, hat er vieles gar nicht mitbekommen. Die Rückendeckung von ihm, unrentable Mandate zu beenden, hatte ich nicht. Erst als die gesamte Familie aufschlug und sich über die Kosten beschwerte, habe ich das Mandat beendet, denn jetzt war klar, die zahlen die Raten unserer schon sehr geringen Gebühren nicht weiter. In dem Fall wäre es auch meinen Chef zu weit gegangen.
Die Details sind für den TE wahrscheinlich gar nicht relevant. Was er mitnehmen kann ist denke ich, dass
- man von Aysl- und Ausländerrecht nicht reich wird,
- nicht alle Mandanten "echte Flüchtlinge" sein werden,
- nicht alle Mandanten nette Menschen sind.
Letzteres ist keine Spezialität des Ausländerrecht, aber hier wird es noch einmal besonders sichtbar, wenn diese Mandanten diverse Ansprüche stellen und gleichzeitig denken man arbeitet für lau.
Wenn man das akzeptiert und die Illusion aufgibt, die Welt verbessern zu können, kann man sicher auch im Ausländerrecht glücklich werden. Für mich war es nichts.
12.03.2023, 12:45
(10.03.2023, 19:52)Freddie schrieb: Hmm, interessante Einblicke. Dachte es gibt zumindest im Bereich Fachkräfteeinwanderung zahlungskräftige Mandanten. Aber ja, die gehen dann whrs im Zweifel nicht zu einem Einzelanwalt, sondern lassen sich von PWC beraten. Also 3500 bis 4000 Euro brutto ist ja sehr wenig.
Ich vermute, dass (wie meistens) die zahlungskräftigen Mandanten Unternehmen sind, Visa etc für ausländische Mitarbeiter organisieren. Da würden mir auch erst pwc/ey law und Co einfallen. Alternativ machen das sicher viele Arbeitsrechtler mit. Dürfte in dem Feld eher Organisation sein und weniger spannende Prozesse oder große Rechtsprobleme. Passt auch insoweit aber zu meinem Eindruck von den BIG-4-Legal.
Von deinem "Menschen helfen" ist da nicht mehr viel übrig. Das dürfte allerdings immer so sein. Wirklich hilfsbedürftig sind eben arme natürliche Personen; gut zahlen tun aber i.d.R. Wohlhabende oder jur. Personen.
12.03.2023, 19:43
(12.03.2023, 12:45)HerrKules schrieb:(10.03.2023, 19:52)Freddie schrieb: Hmm, interessante Einblicke. Dachte es gibt zumindest im Bereich Fachkräfteeinwanderung zahlungskräftige Mandanten. Aber ja, die gehen dann whrs im Zweifel nicht zu einem Einzelanwalt, sondern lassen sich von PWC beraten. Also 3500 bis 4000 Euro brutto ist ja sehr wenig.
Ich vermute, dass (wie meistens) die zahlungskräftigen Mandanten Unternehmen sind, Visa etc für ausländische Mitarbeiter organisieren. Da würden mir auch erst pwc/ey law und Co einfallen. Alternativ machen das sicher viele Arbeitsrechtler mit. Dürfte in dem Feld eher Organisation sein und weniger spannende Prozesse oder große Rechtsprobleme. Passt auch insoweit aber zu meinem Eindruck von den BIG-4-Legal.
Von deinem "Menschen helfen" ist da nicht mehr viel übrig. Das dürfte allerdings immer so sein. Wirklich hilfsbedürftig sind eben arme natürliche Personen; gut zahlen tun aber i.d.R. Wohlhabende oder jur. Personen.
Kann ich in allen Punkten bestätigen. Bei PwC haben wir damals das Organisatorische für die Unternehmen/deren Mitarbeiter erledigt. Es ging es nicht darum, OB die Mitarbeiter ein Visum erhalten, sondern nur darum, dass sie sich nicht selber kümmern müssen. Reine Dienstleistung also.