20.05.2024, 01:33
Warum ist es eigentlich so, dass Zivilrichter in der ordentlichen Gerichtsbarkeit das Protokoll in der Verhandlung ins Diktiergerät sprechen müssen, damit es im Nachhinein verschriftlicht wird, aber Richter in 1. Instanz anderer Gerichtsbarkeiten (zB am Sozialgericht) haben einen Urkundsbeamten, der dabei sitzt und nach Anweisung direkt Protokoll schreibt? Ist dies in allen Bundesländern so?
20.05.2024, 01:53
Das ist vor allem deshalb skurril, weil die meisten Beweisaufnahmen in Zivilsachen dadurch sehr viel sauberer dokumentiert sind als in Strafsachen - von der zweiten Instanz mal ganz abgesehen...
20.05.2024, 08:23
Im Ref wurde mir auf diese Frage gesagt, dass das haushalterische Gründe hätte und es einfach zu wenige gibt.
20.05.2024, 10:50
(20.05.2024, 01:33)Therizinosaurus schrieb: Warum ist es eigentlich so, dass Zivilrichter in der ordentlichen Gerichtsbarkeit das Protokoll in der Verhandlung ins Diktiergerät sprechen müssen, damit es im Nachhinein verschriftlicht wird, aber Richter in 1. Instanz anderer Gerichtsbarkeiten (zB am Sozialgericht) haben einen Urkundsbeamten, der dabei sitzt und nach Anweisung direkt Protokoll schreibt? Ist dies in allen Bundesländern so?
Ich kann dir sagen, dass es jedenfalls nicht in allen Bundesländern einen Urkundsbeamten am Sozialgericht gibt - hingegen hatte in demselben Bundesland meine Ausbilderin im Ref (Amtsgericht) tatsächlich noch eine Protokollführerin, die bei jeder Sitzung dabei war. Das traf aber nicht auf alle Richter des Amtsgerichts zu. War mehr so "legacy" und entfiel nach und nach.
Man kann als Richter grundsätzlich eine Protokollkraft hinzuziehen, aber dafür gibst eigentlich kein Personal. Es gibt keine Geschäftsstellenmitarbeiter (idR) die dafür Kapazitäten hätten. Man wird sich damit idR wirklich unbeliebt machen, zumal der Protokollinhalt idR überschaubar ist.
Ich habe mich in der Praxis (3 Gerichtsbarkeiten) noch nie einer Protokollkraft bedient.
Ich führe das Protokoll immer selbst, inzwischen meist mit Dragon, sodass es gleich schriftlich vorliegt (keine vorläufige Aufzeichnung auf Tonband).
Kleine Ergänzung: es geht für Gst-Mitarbeiter natürlich wesentlich schneller, vom Tonband zu schreiben, als in der Sitzung dabei zu sein. Ich würde schätzen, dass wir von 1/3 der Zeit sprechen. Allein schon, weil nach meiner Erfahrung aus dem Gespräch mit Gst. das Tonband bzw die Datei schneller abgespielt wird oder bei digitalen Diktiergeräten die Datei zunächst durch Dragon geschickt wird, um die grobe Fassung schon mal zu haben.
20.05.2024, 12:06
Dem kann ich mich für unser VG anschließen. Es ist weder „gewollt“ noch macht man sich bei den Geschäftsstellen damit beliebt. Bei umfangreichen Zeugenvernehmungen bzw informatorischen Anhörungen in Asylfällen mache ich es ausnahmsweise aber doch. Man bekommt einfach mehr mit und kann sich eher auf die Befragung konzentrieren. Ausserdem macht es irgendwie einen „würdigeren“ Eindruck, wenn der Richter nicht die ganze Zeit damit beschäftigt ist, wie ein fleißiger Schuljunge gehetzt mitzuschreiben („moment, bitte nicht so schnell. Wie war der letzte Satz nochmal?“) sondern in die Lage versetzt wird sich ein Bild seines Gegenübers zu machen und auf die nächsten Fragen zu konzentrieren.
Mit Dragon habe ich leider bislang sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Das hat dazu geführt, dass ich meine Protokolle idR 2 Mal schreibe, 1 Mal in der mV und 1 Mal im Büro. Das spart zwar Arbeitskraft beim mD, aber kostet Richterarbeitskraft…
Mit Dragon habe ich leider bislang sehr schlechte Erfahrungen gemacht. Das hat dazu geführt, dass ich meine Protokolle idR 2 Mal schreibe, 1 Mal in der mV und 1 Mal im Büro. Das spart zwar Arbeitskraft beim mD, aber kostet Richterarbeitskraft…