18.09.2022, 12:17
(17.09.2022, 14:07)Gast schrieb: Hallo Leidensgenosse,
Relationsgutachten machen leider keinen Spaß. Sie sind aber eine gute Übung für die Anfertigung eines guten Urteils.
Ich habe den mittleren Abschnitt deines Texts nur überflogen und fand den Text leider nicht so eingängig, dass ich Dir gute Hilfestellung zu deinem konkreten Fall geben kann.
Es folgen Ausführungen allgemeinsam zur Relation und deinen problematisierten Stationen:
I.R.d. Beklagtenstation musst Du auf die wirksam bestrittenen anspruchsbegründenden Tatsachen des Beklagte und seine Einreden prüfen. D.h. grundsätzlich ist Stoff für deine gedankliche Vorprüfung erst einmal der gesamte Tatsachen- und Rechtsansichtenstoff des Beklagten. Der Beklagte äußerte diese Tatsachen/ Rechtsansichten meist in eigenen Schriftsätzen oder der Parteivernehmung. Teilweise werden aber auch vom Kläger Schreiben des Beklagten aus vorgerichtlicher Korrespondenz zu Gericht eingereicht, aus denen entsprechender Tatsachenstoff des Beklagten hervorgeht. Dabei kannst du aber gedanklich schon einmal sieben.
Beispielsweise wird alles, was der Beklagte bloß einfach bestreitet "sehe ich aber anders (PUNKT)" ausgesiebt. Bestreitet der Beklagte substantiiert und ist dieses Bestreiten für die Schlüssigkeit des Anspruches erheblich (heißt: kann man den Anspruch dadurch zu Fall bringen), ist außerdem gedanklich zu prüfen, ob dieses Bestreiten zulässig ist. Sobald Zweifel bestehen, sollte hierauf näher eingegangen werden (Stichwort: § 138 ZPO). Diese Erheblichkeitsprüfung von qualifizierten Bestreiten ist also der erste Teil deiner Prüfung in der Beklagtenstation (Anspruch entstanden?). Danach prüfst du noch, ob er Einreden (Anspruch untergegangen/ durchsetzbar) geltend machte.
Bei einem Relationsgutachten ist umso mehr zwischen Parteivortrag und Beweis zu trennen. Ob der Vortrag des substantiiert bestreitenden Beklagten oder des Klägers bewiesen werden kann oder ob es auf ein non liquet hinausläuft, entscheidet man erst in der Beweisstation.
Viel Erfolg.
Danke dir für deine Hilfestellung. Mir ging es tatsächlich gar nicht um den konkreten Fall. Ich war mir unsicher, ob ich in den einzelnen Parteistationen (Kläger-/Beklagtenstation) auch den Vortrag in der mündlichen Verhandlung einbauen kann. Aber da hat mir deine Ausführung sehr geholfen.
Ich muss leider sagen, dass mir ein Urteil gut liegt, jedoch das Relationsgutachten weniger. Diese strikte Trennung zwischen Parteivortrag und Beweisstation finde ich sehr mühsam, obwohl man bei einem Urteil das alles ja auch als Vorüberlegung macht.
Besten Dank :)
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Relationsgutachten - von Cenaira - 12.09.2022, 15:52
RE: Relationsgutachten - von Gast - 17.09.2022, 14:07
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