29.07.2022, 18:32
Ich wollte als Absolventin mit schwachen Noten (6 und 5) einmal meine Erfahrungen zum BAMF teilen. Ich arbeite jetzt seit einigen Monaten als Entscheiderin beim BAMF und bin gut durch die Probezeit gekommen. Ich halte die Stellen als Entscheider für interessant - jedenfalls für schwache Absolventen. Aber urteilt selbst. Nur zur Info: Ich werde, um anonym zu bleiben, unwichtige Details leicht abändern.
Arbeitsort:
Das BAMF hat gut 50 Außenstellen, in denen Asylanträge bearbeitet werden. Einige sind groß, einige klein. Meine hat fast 100 Mitarbeiter, davon 5 im hD, davon 2 Juristen. Die Entscheider sind im gD, davon gibt es gut 40, wobei nur die Hälfte auch wirklich aktiv ist, der Rest macht Qualitätssicherung, Teamleitung, Verwaltungsaufgaben, Verfahrensberatung und doziert.
Man hat ein eigenes Büro mit mittelmäßiger PC-Ausstattung und beknackter Software - ist halt der Bund. Dafür erhält jeder Mitarbeiter einen Laptop, was flexibles Home Office ermöglicht.
Arbeitsweise:
Der Vollzeit-Entscheider hört 3x die Woche an. Man hört sich also die Geschichte der Antragsteller an und stellt präzise Nachfragen. Das kann bei traumatisierten Kriegsverletzten, Folteropfer, Vergewaltigten und beschnittenen Frauen mitunter schwierig und anstrengend sein. Interessant ist es aber alle mal. Es kommen fast alle (nicht-westlichen) Länder vor: Natürlich Syrien und Afghanistan, auch Eritrea, Somalia, Nigeria, Dschibuti, Pakistan, Myanmar, Thailand, Kirgisistan, Costa Rica, Nicaragua und vor allem El Salvador.
2x die Woche schreibt man Bescheide und macht Verwaltungskram, das lässt sich auch von zu Hause erledigen.
Arbeitsumstände:
Die Arbeit kann sehr stressig und emotional belastend sein. Von 9 Kollegen, die kürzlich kamen, haben 3 wieder gekündigt. Man hat an Anhörungstagen zwischen 1-4 Anhörungen pro Tag. Eine Anhörung dauert im Schnitt 3h, kann aber auch mal 8h dauern, manchmal auch nur 1,5h. Es ist erwünscht, dass man sich langfristig auf bestimmte Länder spezialisiert, aber potentiell kann man jedes Land bekommen.
Man soll am Tag 2 Anhörungen oder 2 Bescheide schreiben. Das klappt mal gut, mal nicht. Ein Bescheid zu Iran kann den ganzen Tag dauern, zu Syrien kann man am Tag 6-7 raushauen. Man hat Zugriff zahlreiche vertrauliche Dokumente von allen Auslandsbehörden, die einem die Arbeit sehr erleichtern. Wenn man wissen will, was im Ausland abseits der Presse wirklich los ist, wird das sehr spannend finden.
Man hat als TB 39 Stunden. Es kommt an Anhörungstagen schon oft zu Überstunden, aber man kann jede einzelne abfeiern. Heute bin ich zB um 13:00 gegangen, das juckt keinen.
Gehalt:
Das Gehalt liegt bei E12 TVÖD Bund. Rechnet es euch selbst aus. Ich bekomme in Steuerklasse 4 aktuell 2.425 Euro netto. Die Gehaltsstufen sind wie folgt - und anders als bei Beamten auch garantiert:
2400 netto bei Einstieg
2600 nach 1 Jahr
2850 nach 3 Jahren
3100 nach 6 Jahren
3400 nach 10 Jahren
3500 nach 15 Jahren
Beiträge gerundet, weil die Onlinerechner weniger ausspucken, als ich tatsächlich bekomme.
Jedenfalls finde ich das Gehalt angesichts meiner Abschlussnoten super - bei 39 Stunden, 30 Tagen Urlaub und einer spannenden Tätigkeit.
Überlegt es euch, es werden immer wieder Entscheider gesucht.
Arbeitsort:
Das BAMF hat gut 50 Außenstellen, in denen Asylanträge bearbeitet werden. Einige sind groß, einige klein. Meine hat fast 100 Mitarbeiter, davon 5 im hD, davon 2 Juristen. Die Entscheider sind im gD, davon gibt es gut 40, wobei nur die Hälfte auch wirklich aktiv ist, der Rest macht Qualitätssicherung, Teamleitung, Verwaltungsaufgaben, Verfahrensberatung und doziert.
Man hat ein eigenes Büro mit mittelmäßiger PC-Ausstattung und beknackter Software - ist halt der Bund. Dafür erhält jeder Mitarbeiter einen Laptop, was flexibles Home Office ermöglicht.
Arbeitsweise:
Der Vollzeit-Entscheider hört 3x die Woche an. Man hört sich also die Geschichte der Antragsteller an und stellt präzise Nachfragen. Das kann bei traumatisierten Kriegsverletzten, Folteropfer, Vergewaltigten und beschnittenen Frauen mitunter schwierig und anstrengend sein. Interessant ist es aber alle mal. Es kommen fast alle (nicht-westlichen) Länder vor: Natürlich Syrien und Afghanistan, auch Eritrea, Somalia, Nigeria, Dschibuti, Pakistan, Myanmar, Thailand, Kirgisistan, Costa Rica, Nicaragua und vor allem El Salvador.
2x die Woche schreibt man Bescheide und macht Verwaltungskram, das lässt sich auch von zu Hause erledigen.
Arbeitsumstände:
Die Arbeit kann sehr stressig und emotional belastend sein. Von 9 Kollegen, die kürzlich kamen, haben 3 wieder gekündigt. Man hat an Anhörungstagen zwischen 1-4 Anhörungen pro Tag. Eine Anhörung dauert im Schnitt 3h, kann aber auch mal 8h dauern, manchmal auch nur 1,5h. Es ist erwünscht, dass man sich langfristig auf bestimmte Länder spezialisiert, aber potentiell kann man jedes Land bekommen.
Man soll am Tag 2 Anhörungen oder 2 Bescheide schreiben. Das klappt mal gut, mal nicht. Ein Bescheid zu Iran kann den ganzen Tag dauern, zu Syrien kann man am Tag 6-7 raushauen. Man hat Zugriff zahlreiche vertrauliche Dokumente von allen Auslandsbehörden, die einem die Arbeit sehr erleichtern. Wenn man wissen will, was im Ausland abseits der Presse wirklich los ist, wird das sehr spannend finden.
Man hat als TB 39 Stunden. Es kommt an Anhörungstagen schon oft zu Überstunden, aber man kann jede einzelne abfeiern. Heute bin ich zB um 13:00 gegangen, das juckt keinen.
Gehalt:
Das Gehalt liegt bei E12 TVÖD Bund. Rechnet es euch selbst aus. Ich bekomme in Steuerklasse 4 aktuell 2.425 Euro netto. Die Gehaltsstufen sind wie folgt - und anders als bei Beamten auch garantiert:
2400 netto bei Einstieg
2600 nach 1 Jahr
2850 nach 3 Jahren
3100 nach 6 Jahren
3400 nach 10 Jahren
3500 nach 15 Jahren
Beiträge gerundet, weil die Onlinerechner weniger ausspucken, als ich tatsächlich bekomme.
Jedenfalls finde ich das Gehalt angesichts meiner Abschlussnoten super - bei 39 Stunden, 30 Tagen Urlaub und einer spannenden Tätigkeit.
Überlegt es euch, es werden immer wieder Entscheider gesucht.
29.07.2022, 18:49
Danke für deinen Bericht. Ich fand die Arbeit beim BAMF schon immer sehr ansprechend und ich glaube auch, dass das was für mich wäre. Mit 2400€ Netto kommt man am Anfang sicherlich gut klar. Aber die Gehaltsentwicklung finde ich gruselig und sie wäre für mich persönlich der ausschlaggebende Punkt, der mich von der Stelle abhalten würde.
29.07.2022, 20:52
(29.07.2022, 18:49)Gast schrieb: Danke für deinen Bericht. Ich fand die Arbeit beim BAMF schon immer sehr ansprechend und ich glaube auch, dass das was für mich wäre. Mit 2400€ Netto kommt man am Anfang sicherlich gut klar. Aber die Gehaltsentwicklung finde ich gruselig und sie wäre für mich persönlich der ausschlaggebende Punkt, der mich von der Stelle abhalten würde.
Findest du 3500 netto mit geschätzt 45 Jahren so schlecht? Wenn der Partner in Teilzeit 1500 verdient, kommt man mit Kindergeld auf 6000 Haushaltsnetto. Dafür kann man sich im Alltag so ziemlich alles leisten und locker 2x Urlaub machen. Und wenn die Kinder aus dem Haus sind und der Partner wieder Vollzeit arbeitet, geht es so richtig los...
29.07.2022, 21:04
Wenn die Tätigkeit erfüllend ist, kann man natürlich auch Abstriche beim Gehalt machen. Man muss allerdings berücksichtigen, dass E12 und auch E13 (Endamt im gehobenen und Anfangsamt im höheren Dienst) noch in die Laufbahn des gehobenen Dienstes fallen; auch das ist keine Schande. Ich bin mir allerdings sicher, dass man auch mit nicht so guten Examensnoten ne 13er Stelle bekommen kann.
29.07.2022, 22:18
Hast du nicht das Gefühl, permanent angelogen zu werden? Es kommt mir jedenfalls bei den AufenthG und FreizügG/EU-Sachen meiner Kommune, insb. in Widerspruchs- und Klageverfahren ständig so vor, als wollte man mich hinters Licht führen, mal mehr mal weniger offensichtlich...
Mich würde auch mal die Erfolgsquote beim BAMF interessieren.
Mich würde auch mal die Erfolgsquote beim BAMF interessieren.
30.07.2022, 02:37
Also ich habe selber Vorstellungsgespräche beim Bamf gemacht und wurde mit ähnlichen Noten nicht genommen als Entscheider. Hab mal gehört man muss vorher als Anwalt im Asylrecht gearbeitet haben oder ähnliches.
Erfolgsquote beim Bamf kenne ich, haben sie mir im Vorstellungsgespräch gesagt nachdem ich falsch geraten hatte. Es ist fast keine Klage gegen das Bamf erfolgreich wie bei fast jeder Klage gegen Behörden vorm VG.
Ich würde nicht sagen, dass da viele lügen bei den Asylbeantragern, vllt ist man eher skeptisch oder ungläubig, weil man sowas aus eigener Wahrnehmung selber nicht kennt, aber es gab und gibt echt schlimme Sachen wie man ja auch an Nürnbergs (Bamf Sitz) (juristischer) Geschichte sieht.
Erfolgsquote beim Bamf kenne ich, haben sie mir im Vorstellungsgespräch gesagt nachdem ich falsch geraten hatte. Es ist fast keine Klage gegen das Bamf erfolgreich wie bei fast jeder Klage gegen Behörden vorm VG.
Ich würde nicht sagen, dass da viele lügen bei den Asylbeantragern, vllt ist man eher skeptisch oder ungläubig, weil man sowas aus eigener Wahrnehmung selber nicht kennt, aber es gab und gibt echt schlimme Sachen wie man ja auch an Nürnbergs (Bamf Sitz) (juristischer) Geschichte sieht.
30.07.2022, 08:11
Vielen Dank für den interessanten Einblick :)
30.07.2022, 13:03
(30.07.2022, 02:37)Gast schrieb: Also ich habe selber Vorstellungsgespräche beim Bamf gemacht und wurde mit ähnlichen Noten nicht genommen als Entscheider. Hab mal gehört man muss vorher als Anwalt im Asylrecht gearbeitet haben oder ähnliches.
Erfolgsquote beim Bamf kenne ich, haben sie mir im Vorstellungsgespräch gesagt nachdem ich falsch geraten hatte. Es ist fast keine Klage gegen das Bamf erfolgreich wie bei fast jeder Klage gegen Behörden vorm VG.
Der Hinweis auf die Erfolgsquote des BAMF bzw. die weitgehende "Gerichtsfestigkeit" ihrer Entscheidungen ist m.E. leider nicht korrekt. Sowohl nach meiner eigenen richterlichen Erfahrung nebst Nahbereichsempirie der Kollegen, aber auch auf Basis der hierfür zugänglichen Daten. Hier nur ein kurzes Beispiel aus einer Berechnung der Fragesteller in einer kleinen Anfrage im BT (Drucksache 19/28109, S. 1 f.).
Gegen 75 Prozent aller ablehnenden BAMF-Bescheide wurde im Jahr 2019 geklagt. Fast die Hälfte aller Asylklagen (44,7 Prozent) endete 2019 mit einer „sonstigen Verfahrenserledigung“, z. B. wenn Verfahren von mehreren Familienangehörigen zusammengelegt werden, wenn eine Klage nicht weiterverfolgt oder wenn ein Schutzstatus im Einvernehmen mit dem BAMF in Abänderung des Ursprungsbescheides erteilt wird. „Sonstige Verfahrenserledigungen“ erfolgen nicht etwa überwiegend in Fällen mit schlechten Erfolgsaussichten, die wichtigsten Herkunftsländer hierbei waren: Afghanistan, Syrien, Nigeria und Irak. Auch wenn ein Gericht entscheidet, dass das Asylverfahren in Deutschland durchgeführt werden muss, gilt dies z. B. als „sonstige Erledigung“
Werden diese formellen Erledigungen außer Betracht gelassen und nur tatsächlich inhaltliche Entscheidungen der Gerichte betrachtet, ergibt sich nach Berechnung der Fragestellenden eine bereinigte Erfolgsquote von Asylsuchenden im Klageverfahren im Jahr 2019 in Höhe von 26,4 Prozent – das BAMF gibt dem-gegenüber eine Aufhebungsquote in Höhe von nur knapp 15 Prozent an („Gerichtsstatistik 2019“, Meldung vom 30. März 2020). Bei afghanischen Geflüchteten lag die bereinigte Erfolgsquote im Klageverfahren 2019 bei 48,7 Prozent, d. h., fast jeder zweite Bescheid erwies sich nach einer gerichtlichen Überprüfung als falsch.
30.07.2022, 15:30
Aha, dann lag ich also richtiger als ich 40 % Erfolgsquote gegen das Bamf geschätzt habe. Mir gegenüber haben sie eine viel niedrigere Quote angegeben.
30.07.2022, 18:19
Warum wird man da nicht verbeamter?