25.11.2021, 17:47
Hallo zusammen,
angenommen der Mandant möchte einen Zahlungsanspruch in Höhe von 5000 Euro durchsetzen. Er hat die Gegenseite aber noch nicht in Verzug gesetzt. Schon wegen § 93 ZPO fordert der Anwalt die Gegenseite daher zur Zahlung auf. Die Gegenseite reagier aber nicht, sodass der Anwalt die Klage erhebt. Wie wird das nun mit der Anrechnung der Geschäftsgebühr gehandhabt, die durch das vorgerichtliche Schreiben des Rechtsanwaltes entstanden ist. Ein materieller Kostenerstattungsanspruch besteht nicht, da sich die Gegenseite nicht im Verzug befand. Ist es so, dass die Gegenseite nur die hälftige Verfahrensgebühr zahlen muss und der Mandant die volle Geschäftsgebühr? Wenn dem so ist, sollte man dem Mandanten dann raten, die Gegenseite zunächst selbst in Verzug zu setzen?
Vielen Dank
angenommen der Mandant möchte einen Zahlungsanspruch in Höhe von 5000 Euro durchsetzen. Er hat die Gegenseite aber noch nicht in Verzug gesetzt. Schon wegen § 93 ZPO fordert der Anwalt die Gegenseite daher zur Zahlung auf. Die Gegenseite reagier aber nicht, sodass der Anwalt die Klage erhebt. Wie wird das nun mit der Anrechnung der Geschäftsgebühr gehandhabt, die durch das vorgerichtliche Schreiben des Rechtsanwaltes entstanden ist. Ein materieller Kostenerstattungsanspruch besteht nicht, da sich die Gegenseite nicht im Verzug befand. Ist es so, dass die Gegenseite nur die hälftige Verfahrensgebühr zahlen muss und der Mandant die volle Geschäftsgebühr? Wenn dem so ist, sollte man dem Mandanten dann raten, die Gegenseite zunächst selbst in Verzug zu setzen?
Vielen Dank
26.11.2021, 09:20
Es geht ja darum, nur einmal anfallende Vorbereitungsarbeiten nicht doppelt zu vergüten. Der Aufwand für das Verfahren ist wegen der Vorarbeit geringer, deshalb reduziert sich die Gebühr.
In der Tat sollte deshalb der Verzug schon eingetreten sein (Fristablauf oder Mahnung des Mandanten), wenn der Anwalt tätig wird, sonst bleibt der Mandant auf den Kosten sitzen - wenn nicht (Autounfall!) ohnehin eine primäre Schadensersatzforderung verfolgt wird und die Rechtsanwaltskosten deshalb Teil des Schadens sind.
Im Übrigen gilt das nur, wenn zwei Aufträge und nicht von vornherein unbedingter Klageauftrag erteilt wurden.
Vgl. https://www.haufe.de/recht/deutsches-anw...89926.html
In der Tat sollte deshalb der Verzug schon eingetreten sein (Fristablauf oder Mahnung des Mandanten), wenn der Anwalt tätig wird, sonst bleibt der Mandant auf den Kosten sitzen - wenn nicht (Autounfall!) ohnehin eine primäre Schadensersatzforderung verfolgt wird und die Rechtsanwaltskosten deshalb Teil des Schadens sind.
Im Übrigen gilt das nur, wenn zwei Aufträge und nicht von vornherein unbedingter Klageauftrag erteilt wurden.
Vgl. https://www.haufe.de/recht/deutsches-anw...89926.html
26.11.2021, 10:50
(26.11.2021, 09:20)Praktiker schrieb: Es geht ja darum, nur einmal anfallende Vorbereitungsarbeiten nicht doppelt zu vergüten. Der Aufwand für das Verfahren ist wegen der Vorarbeit geringer, deshalb reduziert sich die Gebühr.
In der Tat sollte deshalb der Verzug schon eingetreten sein (Fristablauf oder Mahnung des Mandanten), wenn der Anwalt tätig wird, sonst bleibt der Mandant auf den Kosten sitzen - wenn nicht (Autounfall!) ohnehin eine primäre Schadensersatzforderung verfolgt wird und die Rechtsanwaltskosten deshalb Teil des Schadens sind.
Im Übrigen gilt das nur, wenn zwei Aufträge und nicht von vornherein unbedingter Klageauftrag erteilt wurden.
Vgl. https://www.haufe.de/recht/deutsches-anw...89926.html
Aber nur auf den die Verfahrensgebühr übersteigenden Kosten oder? Also nicht auf der kompletten Geschäftsgebühr?
26.11.2021, 12:42
(26.11.2021, 09:20)Praktiker schrieb: Es geht ja darum, nur einmal anfallende Vorbereitungsarbeiten nicht doppelt zu vergüten. Der Aufwand für das Verfahren ist wegen der Vorarbeit geringer, deshalb reduziert sich die Gebühr.
In der Tat sollte deshalb der Verzug schon eingetreten sein (Fristablauf oder Mahnung des Mandanten), wenn der Anwalt tätig wird, sonst bleibt der Mandant auf den Kosten sitzen - wenn nicht (Autounfall!) ohnehin eine primäre Schadensersatzforderung verfolgt wird und die Rechtsanwaltskosten deshalb Teil des Schadens sind.
Im Übrigen gilt das nur, wenn zwei Aufträge und nicht von vornherein unbedingter Klageauftrag erteilt wurden.
Vgl. https://www.haufe.de/recht/deutsches-anw...89926.html
Vielen Dank. Genau, das wollte ich eigentlich auch fragen. Wie verhält es sich, wenn ein unbedingter Klageauftrag gestellt wird, der Anwalt dann aber doch noch Redebedarf bei der Gegenseite sieht. Ich gehe davon aus, dass man das dann einfach unter Vorbereitung zur Klage subsumiert?
26.11.2021, 16:13
(26.11.2021, 10:50)HerrKules schrieb:(26.11.2021, 09:20)Praktiker schrieb: Es geht ja darum, nur einmal anfallende Vorbereitungsarbeiten nicht doppelt zu vergüten. Der Aufwand für das Verfahren ist wegen der Vorarbeit geringer, deshalb reduziert sich die Gebühr.
In der Tat sollte deshalb der Verzug schon eingetreten sein (Fristablauf oder Mahnung des Mandanten), wenn der Anwalt tätig wird, sonst bleibt der Mandant auf den Kosten sitzen - wenn nicht (Autounfall!) ohnehin eine primäre Schadensersatzforderung verfolgt wird und die Rechtsanwaltskosten deshalb Teil des Schadens sind.
Im Übrigen gilt das nur, wenn zwei Aufträge und nicht von vornherein unbedingter Klageauftrag erteilt wurden.
Vgl. https://www.haufe.de/recht/deutsches-anw...89926.html
Aber nur auf den die Verfahrensgebühr übersteigenden Kosten oder? Also nicht auf der kompletten Geschäftsgebühr?
So verstehe ich das, aber ich bin kein Rechtspfleger :)
26.11.2021, 16:15
(26.11.2021, 12:42)Andreas schrieb:(26.11.2021, 09:20)Praktiker schrieb: Es geht ja darum, nur einmal anfallende Vorbereitungsarbeiten nicht doppelt zu vergüten. Der Aufwand für das Verfahren ist wegen der Vorarbeit geringer, deshalb reduziert sich die Gebühr.
In der Tat sollte deshalb der Verzug schon eingetreten sein (Fristablauf oder Mahnung des Mandanten), wenn der Anwalt tätig wird, sonst bleibt der Mandant auf den Kosten sitzen - wenn nicht (Autounfall!) ohnehin eine primäre Schadensersatzforderung verfolgt wird und die Rechtsanwaltskosten deshalb Teil des Schadens sind.
Im Übrigen gilt das nur, wenn zwei Aufträge und nicht von vornherein unbedingter Klageauftrag erteilt wurden.
Vgl. https://www.haufe.de/recht/deutsches-anw...89926.html
Vielen Dank. Genau, das wollte ich eigentlich auch fragen. Wie verhält es sich, wenn ein unbedingter Klageauftrag gestellt wird, der Anwalt dann aber doch noch Redebedarf bei der Gegenseite sieht. Ich gehe davon aus, dass man das dann einfach unter Vorbereitung zur Klage subsumiert?
Dann hat man das ganze Problem nicht, weil nur eine Verfahrensgebühr anfällt und sich das Anrechnungspeoblem nicht stellt.
26.11.2021, 16:31
Nach § 15a Abs. 1 RVG kann der Rechtsanwalt auch in Fällen der Anrechnung sowohl die Geschäfts- als auch die Verfahrensgebühr jeweils in voller Höhe fordern, nur insgesamt nicht mehr als den um die Anrechnung geminderten Gesamtbetrag. In dem Ausgangsfall dürfte es deshalb zweckmäßig erscheinen, im Kostenfestsetzungsverfahren die volle 1,3-Verfahrensgebühr zu verlangen und vom eigenen Mandanten lediglich eine geminderte 0,55-Geschäftsgebühr (Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG) zu fordern.
Auch einen Punkt, den Praktiker bereits ansprach, möchte ich nochmal hervorheben: Verzug ist der wohl wichtigste Fall für einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, aber nicht der einzige. Wie erwähnt sind Rechtsverfolgungskosten auch im Rahmen von sonstigen Schadensersatzansprüchen ersatzfähig und auch § 439 Abs. 2 BGB stellt eine mögliche Anspruchsgrundlage dar.
Auch einen Punkt, den Praktiker bereits ansprach, möchte ich nochmal hervorheben: Verzug ist der wohl wichtigste Fall für einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, aber nicht der einzige. Wie erwähnt sind Rechtsverfolgungskosten auch im Rahmen von sonstigen Schadensersatzansprüchen ersatzfähig und auch § 439 Abs. 2 BGB stellt eine mögliche Anspruchsgrundlage dar.
26.11.2021, 18:20
(26.11.2021, 16:15)Praktiker schrieb:(26.11.2021, 12:42)Andreas schrieb:(26.11.2021, 09:20)Praktiker schrieb: Es geht ja darum, nur einmal anfallende Vorbereitungsarbeiten nicht doppelt zu vergüten. Der Aufwand für das Verfahren ist wegen der Vorarbeit geringer, deshalb reduziert sich die Gebühr.
In der Tat sollte deshalb der Verzug schon eingetreten sein (Fristablauf oder Mahnung des Mandanten), wenn der Anwalt tätig wird, sonst bleibt der Mandant auf den Kosten sitzen - wenn nicht (Autounfall!) ohnehin eine primäre Schadensersatzforderung verfolgt wird und die Rechtsanwaltskosten deshalb Teil des Schadens sind.
Im Übrigen gilt das nur, wenn zwei Aufträge und nicht von vornherein unbedingter Klageauftrag erteilt wurden.
Vgl. https://www.haufe.de/recht/deutsches-anw...89926.html
Vielen Dank. Genau, das wollte ich eigentlich auch fragen. Wie verhält es sich, wenn ein unbedingter Klageauftrag gestellt wird, der Anwalt dann aber doch noch Redebedarf bei der Gegenseite sieht. Ich gehe davon aus, dass man das dann einfach unter Vorbereitung zur Klage subsumiert?
Dann hat man das ganze Problem nicht, weil nur eine Verfahrensgebühr anfällt und sich das Anrechnungspeoblem nicht stellt.
Super, vielen Dank.
26.11.2021, 18:23
(26.11.2021, 16:31)Gast schrieb: Nach § 15a Abs. 1 RVG kann der Rechtsanwalt auch in Fällen der Anrechnung sowohl die Geschäfts- als auch die Verfahrensgebühr jeweils in voller Höhe fordern, nur insgesamt nicht mehr als den um die Anrechnung geminderten Gesamtbetrag. In dem Ausgangsfall dürfte es deshalb zweckmäßig erscheinen, im Kostenfestsetzungsverfahren die volle 1,3-Verfahrensgebühr zu verlangen und vom eigenen Mandanten lediglich eine geminderte 0,55-Geschäftsgebühr (Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG) zu fordern.
Auch einen Punkt, den Praktiker bereits ansprach, möchte ich nochmal hervorheben: Verzug ist der wohl wichtigste Fall für einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, aber nicht der einzige. Wie erwähnt sind Rechtsverfolgungskosten auch im Rahmen von sonstigen Schadensersatzansprüchen ersatzfähig und auch § 439 Abs. 2 BGB stellt eine mögliche Anspruchsgrundlage dar.
Vielen Dank. Das bringt noch mal Licht ins Dunkle. Ich komm irgendwie gar nicht mit dem Wortlaut von 15a RVG klar. Hat der Anwalt dann ein Wahlrecht oder muss er auf die Geschäftsgebühr anrechnen, um sich am Ende nicht gegenüber seinem Mandanten schadensersatzpflichtig zu machen? Theoretisch könnte er die Kosten seines Mandanten dann auch nochmal drücken, indem er einen geringeren Satz als 1,3 in Rechnung stellt.
Ich finde, dass man da bisweilen auch zu vorschnell vom allgemeinen Lebensrisiko spricht, wenn man mit einem Anwaltsschreiben konfrontiert wird. Soweit Vertragsbeziehungen bestanden haben, und es auch nicht bei einem Schreiben bleibt, würde ich immer auch noch auf § 241 Abs. 2 BGB abstellen. Ansonsten noch § 826 BGB, wobei die Hürden da wahrscheinlich höher sein werden. Ggf. auch noch GOA, wenn man für die Gegenseite Aufklärung betreiben muss.
26.11.2021, 21:17
(26.11.2021, 18:23)Andreas schrieb:(26.11.2021, 16:31)Gast schrieb: Nach § 15a Abs. 1 RVG kann der Rechtsanwalt auch in Fällen der Anrechnung sowohl die Geschäfts- als auch die Verfahrensgebühr jeweils in voller Höhe fordern, nur insgesamt nicht mehr als den um die Anrechnung geminderten Gesamtbetrag. In dem Ausgangsfall dürfte es deshalb zweckmäßig erscheinen, im Kostenfestsetzungsverfahren die volle 1,3-Verfahrensgebühr zu verlangen und vom eigenen Mandanten lediglich eine geminderte 0,55-Geschäftsgebühr (Vorb. 3 Abs. 4 VV RVG) zu fordern.
Auch einen Punkt, den Praktiker bereits ansprach, möchte ich nochmal hervorheben: Verzug ist der wohl wichtigste Fall für einen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch, aber nicht der einzige. Wie erwähnt sind Rechtsverfolgungskosten auch im Rahmen von sonstigen Schadensersatzansprüchen ersatzfähig und auch § 439 Abs. 2 BGB stellt eine mögliche Anspruchsgrundlage dar.
Vielen Dank. Das bringt noch mal Licht ins Dunkle. Ich komm irgendwie gar nicht mit dem Wortlaut von 15a RVG klar. Hat der Anwalt dann ein Wahlrecht oder muss er auf die Geschäftsgebühr anrechnen, um sich am Ende nicht gegenüber seinem Mandanten schadensersatzpflichtig zu machen? Theoretisch könnte er die Kosten seines Mandanten dann auch nochmal drücken, indem er einen geringeren Satz als 1,3 in Rechnung stellt.
Gebührenrechtlich hat der Anwalt ein Wahlrecht. Die Gegenseite kann also nicht im Kostenfestsetzungsverfahren einwenden, er möge doch die Geschäfts- auf die Verfahrensgebühr anrechnen.
Auf einem anderen Blatt steht, ob er aufgrund des Anwaltsvertrags dazu verpflichtet ist, sein Wahlrecht dahingehend auszuüben, dass er die Verfahrens- auf die Geschäftsgebühr anrechnet. Ohne es recherchiert zu haben, halte ich das in dem hier diskutierten Fall für gut vertretbar – zumindest dann, wenn der Mandant kein signifikant höheres Insolvenzrisiko aufweist als der Gegner.