10.09.2021, 17:45
Hallo,
ich hatte gestern Sitzungsvertretung und mache mir irgendwie Gedanken, ob ich was falsch gemacht haben könnte.
Folgendes:
Gegenstand der Verhandlung war eine Straftat, die im Mindestmaß mit 3 Monaten Freiheitsstrafe bedroht war. Es ist ein Strafbefehl über 90 TS ergangen. Gegen den Strafbefehl legte der Angeklagte einen, auf den Rechtsfolgenausspruch begrenzten, Einspruch ein.
Eine Einstellung hatte ich zuvor verweigert. Es wurde ein "Rechtsgespräch" geführt. In diesem "einigte" man sich auf 50 TS. Da ich zuvor mit meinem Ausbilder darüber gesprochen hatte, dass wir die Geldstrafe für die Tat eigentlich zu hoch finden, habe ich diese 50 TS dann auch beantragt und der Richter hat sein Urteil nach Antrag gesprochen.
Im Nachhinein frage ich mich, ob das so überhaupt geht. Der Richter war erfahren und hat mir zuvor auch öfters Hilfestellung geleistet. Auch in diesem Fall hat er mir versichert, dass ich der Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch zustimmen kann und das keine Sache ist, wo nochmal Rücksprache gehalten werden muss (mein Ausbilder war auch nicht erreichbar).
Aber wie kann das sein, dass das gesetzliche Mindestmaß unterschritten wird? Nach 47 II StGB müssten es doch mindestens 3 x 30 TS sein, oder nicht? (Mache mir Sorgen am Montag eins auf den Deckel zu bekommen, wenn ich die Akten zurückgebe..)
ich hatte gestern Sitzungsvertretung und mache mir irgendwie Gedanken, ob ich was falsch gemacht haben könnte.
Folgendes:
Gegenstand der Verhandlung war eine Straftat, die im Mindestmaß mit 3 Monaten Freiheitsstrafe bedroht war. Es ist ein Strafbefehl über 90 TS ergangen. Gegen den Strafbefehl legte der Angeklagte einen, auf den Rechtsfolgenausspruch begrenzten, Einspruch ein.
Eine Einstellung hatte ich zuvor verweigert. Es wurde ein "Rechtsgespräch" geführt. In diesem "einigte" man sich auf 50 TS. Da ich zuvor mit meinem Ausbilder darüber gesprochen hatte, dass wir die Geldstrafe für die Tat eigentlich zu hoch finden, habe ich diese 50 TS dann auch beantragt und der Richter hat sein Urteil nach Antrag gesprochen.
Im Nachhinein frage ich mich, ob das so überhaupt geht. Der Richter war erfahren und hat mir zuvor auch öfters Hilfestellung geleistet. Auch in diesem Fall hat er mir versichert, dass ich der Beschränkung auf den Rechtsfolgenausspruch zustimmen kann und das keine Sache ist, wo nochmal Rücksprache gehalten werden muss (mein Ausbilder war auch nicht erreichbar).
Aber wie kann das sein, dass das gesetzliche Mindestmaß unterschritten wird? Nach 47 II StGB müssten es doch mindestens 3 x 30 TS sein, oder nicht? (Mache mir Sorgen am Montag eins auf den Deckel zu bekommen, wenn ich die Akten zurückgebe..)
10.09.2021, 17:58
Hast du vielleicht überhört, dass von der Regelwirkung eines besonders schweren Falls abgesehen wird bzw. dass ein minder schwerer Fall oder eine Minderung nach 49 stgb angenommen wird? Das ist eine Rechtsfolgenfrage und kann daher auch bei Beschränkung des Einspruchs geschehen. Wenn das nicht der Fall ist, dann wären in der Tat 90 TS das Mininum und es müsste Berufung eingelegt werden. Ist aber kein Beinbruch, sowas passiert.
10.09.2021, 18:55
Verrate mal das genaue Delikt. Unterlassen? Versuch? Beihilfe? Minder schwerer Fall?
Da ja auch der Ausbilder offenbar die 90 TS als "hoch" angesehen hat ohne zu erwähnen, dass das das absolute Minimum wäre, würde ich davon ausgehen, dass das alles so seine Richtigkeit hat. Du hast also alles richtig gemacht. Die Frage ist nur, wieso das alles richtig ist.
Da ja auch der Ausbilder offenbar die 90 TS als "hoch" angesehen hat ohne zu erwähnen, dass das das absolute Minimum wäre, würde ich davon ausgehen, dass das alles so seine Richtigkeit hat. Du hast also alles richtig gemacht. Die Frage ist nur, wieso das alles richtig ist.
10.09.2021, 18:56
Einspruch gegen die Rechtsfolge bei Mindeststrafe? Unwahrscheinlich
11.09.2021, 08:33
(10.09.2021, 18:55)Gast schrieb: Verrate mal das genaue Delikt. Unterlassen? Versuch? Beihilfe? Minder schwerer Fall?
Da ja auch der Ausbilder offenbar die 90 TS als "hoch" angesehen hat ohne zu erwähnen, dass das das absolute Minimum wäre, würde ich davon ausgehen, dass das alles so seine Richtigkeit hat. Du hast also alles richtig gemacht. Die Frage ist nur, wieso das alles richtig ist.
Es ging um eine Volksverhetzung. Ein Milderungsgrund aus dem AT lag nicht vor und soweit ich das sehe gibt es da auch keinen minder schweren Fall.
Der Angeklagte war nicht vorgestraft und m.E. war das Unrecht auch nicht so hoch (mehr ein dummer Witz, als ein Aufstacheln zum Hass).
11.09.2021, 08:44
(11.09.2021, 08:33)Gast schrieb:(10.09.2021, 18:55)Gast schrieb: Verrate mal das genaue Delikt. Unterlassen? Versuch? Beihilfe? Minder schwerer Fall?
Da ja auch der Ausbilder offenbar die 90 TS als "hoch" angesehen hat ohne zu erwähnen, dass das das absolute Minimum wäre, würde ich davon ausgehen, dass das alles so seine Richtigkeit hat. Du hast also alles richtig gemacht. Die Frage ist nur, wieso das alles richtig ist.
Es ging um eine Volksverhetzung. Ein Milderungsgrund aus dem AT lag nicht vor und soweit ich das sehe gibt es da auch keinen minder schweren Fall.
Der Angeklagte war nicht vorgestraft und m.E. war das Unrecht auch nicht so hoch (mehr ein dummer Witz, als ein Aufstacheln zum Hass).
Okay, ich habe ganz offensichtlich ganz falsch gelesen. Es gibt doch einen minder schweren Fall. Weder mein Ausbilder noch ich haben den in der Vorbesprechung wahrgenommen.