15.06.2021, 11:43
(15.06.2021, 11:31)Gaston schrieb: Danke für die bisherigen Meldungen - ich habe in der Tat wenig Vorstellung davon, was so abgeht in der Arbeitswelt - es ist schwer darüber ausreichend aktuelle Informationen zu bekommen. Ich hatte während des Studiums viele Nebenjobs (Einzelhandel, Uni, Büro, Gastro), da ich nur den vollen Satz Bafög zur Verfügung hatte, der zu meiner Zeit für die Miete knapp ausreichte. In meinen Nebenjobs waren die Wünsche aus meinem Ausgangspost in der Regel erfüllt.
Ich frage mich halt, ob man das in der „höheren Liga“ der Jobs so fortsetzen kann.
ich komme aus einer geringverdienenden Arbeiter-Familie, da waren solche Fragen nie Thema und können mir auch jetzt nicht (mehr) beantwortet werden.
Daher wende ich mich an das Forum.
Auf jeden Fall möchte ich nicht mit 35/40 wegen Burnout aus dem Berufsleben scheiden - daher ist es mir einfach wichtig, dass möglichst viele Basissachen halbwegs erfüllt sind.
Gut zu wissen, dass die Anwaltschaft eher wenig davon erfüllt (habe in der Tat von niemandem bisher gehört, dass man da halbwegs stressfrei arbeiten kann, eher im Gegenteil).
Ich sag dir was ich persönlich noch schlimmer finde als burnout: boreout durch Unterforderung mit der Gewissheit, das alles Erlernte und in die Ausbildung Investierte letztlich unwesentlich ist, da etwaige Fehler meinerseits ohnehin durch andere korrigiert werden. Das ist der Punkt, an dem man sich endgültig überflüssig vorkommt.
Daher habe ich mich für die Boutique entschieden und mache meistens zwischen 45 und 50h. Manchmal Richtung 55, manchmal sogar nur 40h. Wobei mir unter 45h wenig Spaß macht, da man das Gefühl hat, nichts geschafft zu haben. Ist nur eine persönliche Sache. Vieles von dem o.G. ist sicher nett, für mich waren zB berufliche Möglichkeiten der Weiterentwicklung, damit auch der Fortbildung, des gefordert Werdens wichtiger. Gewisse Ellenbogenmentalität kann zB auch für ein gesundes Arbeitsklima nicht verkehrt sein, wenn Vermeidung die Alternative ist und niemand irgendetwas macht.
Sind nur meine Gedanken dazu...
15.06.2021, 11:45
(15.06.2021, 11:40)Gast Gast schrieb:(15.06.2021, 11:35)Gast schrieb: Wenn ich Mandant wäre, würde ich übrigens gerne eine Kanzlei mandatieren, die so arbeitet, weil das so klingt, als könnten auf diese Weise gute Arbeitsergebnisse erzielt werden...
Eigentlich seltsam, dass es das nicht gibt.
Naja, wir würden das sofort anbieten, wenn du bereit bist, mehr zu bezahlen (4-Augen-Prinzip kostet, regelmäßige Fortbildungen kosten, zusätzliche Mitarbeiter für Urlaubsvertretung und geregelte Arbeitszeiten kosten) und im Zweifel bereit bist, dass die Antwort auf deine Frage halt länger dauert (weil der Mitarbeiter seine 8 Stunden am Tag schon voll hat).
In der Regel will der Mandant seine Antwort aber zügig und nicht zu teuer haben.
+1. 90% aller Probleme von Anwälten und Kanzleien beruhen darauf dass alle! Mandanten für einen Auftrag der 1 Woche und 40 Arbeitsstunden brauchen würde nur 1 Tag Zeit geben und nur 10h bezahlen wollen.
Deswegen sind alle immer gestresst. Deswegen muss alles gestrichen werden, das nicht absolut notwendig ist.
Deswegen fehlt immer Zeit. etc.
15.06.2021, 11:55
(15.06.2021, 11:40)Gast Gast schrieb:(15.06.2021, 11:35)Gast schrieb: Wenn ich Mandant wäre, würde ich übrigens gerne eine Kanzlei mandatieren, die so arbeitet, weil das so klingt, als könnten auf diese Weise gute Arbeitsergebnisse erzielt werden...
Eigentlich seltsam, dass es das nicht gibt.
Naja, wir würden das sofort anbieten, wenn du bereit bist, mehr zu bezahlen (4-Augen-Prinzip kostet, regelmäßige Fortbildungen kosten, zusätzliche Mitarbeiter für Urlaubsvertretung und geregelte Arbeitszeiten kosten) und im Zweifel bereit bist, dass die Antwort auf deine Frage halt länger dauert (weil der Mitarbeiter seine 8 Stunden am Tag schon voll hat).
In der Regel will der Mandant seine Antwort aber zügig und nicht zu teuer haben.
Ich frage mich halt, ob es wirklich (wesentlich oder überhaupt) teurer ist, wenn man es vernünftig durchzieht. Es geht ja nicht darum, Leute zu beschäftigen, die sich permanent nur selbst hinterfragen und nichts selbstständig erledigen können. Aber wenn Leute von Anfang an vernünftig eingearbeitet werden, sollten sie doch in der Lage sein, hinterher schneller und besser zu arbeiten als wenn sie erstmal jeden denkbaren Fehler selbst machen müssen. Und wenn man ein Team voller Experten hat, wäre es doch wesentlich effektiver, wenn die sich bei schon einmal aufgetretenen Problemen gegenseitig unterstützen, als wenn jeder das Rad jedes Mal neu erfinden will.
Für mich klingt es so, als ob man unbedingt ein billig produziertes Produkt kaufen will weil es weniger kostet, dabei übersieht, dass das Produkt schnell kaputt geht und jährlich neu gekauft werden muss während das doppelt so teure Produkt aufgrund der besseren Verarbeitung zehn Jahre gehalten hätte...
15.06.2021, 12:23
(15.06.2021, 11:55)Gast schrieb:(15.06.2021, 11:40)Gast Gast schrieb:(15.06.2021, 11:35)Gast schrieb: Wenn ich Mandant wäre, würde ich übrigens gerne eine Kanzlei mandatieren, die so arbeitet, weil das so klingt, als könnten auf diese Weise gute Arbeitsergebnisse erzielt werden...
Eigentlich seltsam, dass es das nicht gibt.
Naja, wir würden das sofort anbieten, wenn du bereit bist, mehr zu bezahlen (4-Augen-Prinzip kostet, regelmäßige Fortbildungen kosten, zusätzliche Mitarbeiter für Urlaubsvertretung und geregelte Arbeitszeiten kosten) und im Zweifel bereit bist, dass die Antwort auf deine Frage halt länger dauert (weil der Mitarbeiter seine 8 Stunden am Tag schon voll hat).
In der Regel will der Mandant seine Antwort aber zügig und nicht zu teuer haben.
Ich frage mich halt, ob es wirklich (wesentlich oder überhaupt) teurer ist, wenn man es vernünftig durchzieht. Es geht ja nicht darum, Leute zu beschäftigen, die sich permanent nur selbst hinterfragen und nichts selbstständig erledigen können. Aber wenn Leute von Anfang an vernünftig eingearbeitet werden, sollten sie doch in der Lage sein, hinterher schneller und besser zu arbeiten als wenn sie erstmal jeden denkbaren Fehler selbst machen müssen. Und wenn man ein Team voller Experten hat, wäre es doch wesentlich effektiver, wenn die sich bei schon einmal aufgetretenen Problemen gegenseitig unterstützen, als wenn jeder das Rad jedes Mal neu erfinden will.
Für mich klingt es so, als ob man unbedingt ein billig produziertes Produkt kaufen will weil es weniger kostet, dabei übersieht, dass das Produkt schnell kaputt geht und jährlich neu gekauft werden muss während das doppelt so teure Produkt aufgrund der besseren Verarbeitung zehn Jahre gehalten hätte...
15.06.2021, 12:44
4-Augen-Prinzip ist in größeren Mandaten völlig üblich. Fortbildungen sowieso. Selbstverständlich zahlt der Mandant das auch. Alle der vom TE genannten Punkte - vielleicht mit Ausnahme der Arbeitszeit - werden auch von Kanzleien berücksichtigt. Klar, irgendwann wird man als RA Verantwortung tragen müssen und kann sich nicht immer absichern. Aber dem TE geht es doch nur um die Anfangszeit.
15.06.2021, 23:39
Nochmals Danke für eure Rückmeldung - ich scheine ja nicht ganz jenseits von gut und böse mit meinen Vorstellungen unterwegs zu sein. Natürlich muss man sicher auch ein paar Kompromisse eingehen, aber es ist schön zu lesen, dass man über einzelne punkte doch diskutieren kann :)
Bin für weiteres Feedback jederzeit offen!
Bin für weiteres Feedback jederzeit offen!
15.06.2021, 23:41
(15.06.2021, 11:45)Gast schrieb:(15.06.2021, 11:40)Gast Gast schrieb:(15.06.2021, 11:35)Gast schrieb: Wenn ich Mandant wäre, würde ich übrigens gerne eine Kanzlei mandatieren, die so arbeitet, weil das so klingt, als könnten auf diese Weise gute Arbeitsergebnisse erzielt werden...
Eigentlich seltsam, dass es das nicht gibt.
Naja, wir würden das sofort anbieten, wenn du bereit bist, mehr zu bezahlen (4-Augen-Prinzip kostet, regelmäßige Fortbildungen kosten, zusätzliche Mitarbeiter für Urlaubsvertretung und geregelte Arbeitszeiten kosten) und im Zweifel bereit bist, dass die Antwort auf deine Frage halt länger dauert (weil der Mitarbeiter seine 8 Stunden am Tag schon voll hat).
In der Regel will der Mandant seine Antwort aber zügig und nicht zu teuer haben.
+1. 90% aller Probleme von Anwälten und Kanzleien beruhen darauf dass alle! Mandanten für einen Auftrag der 1 Woche und 40 Arbeitsstunden brauchen würde nur 1 Tag Zeit geben und nur 10h bezahlen wollen.
Deswegen sind alle immer gestresst. Deswegen muss alles gestrichen werden, das nicht absolut notwendig ist.
Deswegen fehlt immer Zeit. etc.
Vielleicht nochmal hieran anknüpfend: wie geht ihr mit sowas um? (Sofern ihr Anwälte seid)?
16.06.2021, 00:08
(15.06.2021, 23:41)Gaston schrieb:(15.06.2021, 11:45)Gast schrieb:(15.06.2021, 11:40)Gast Gast schrieb:(15.06.2021, 11:35)Gast schrieb: Wenn ich Mandant wäre, würde ich übrigens gerne eine Kanzlei mandatieren, die so arbeitet, weil das so klingt, als könnten auf diese Weise gute Arbeitsergebnisse erzielt werden...
Eigentlich seltsam, dass es das nicht gibt.
Naja, wir würden das sofort anbieten, wenn du bereit bist, mehr zu bezahlen (4-Augen-Prinzip kostet, regelmäßige Fortbildungen kosten, zusätzliche Mitarbeiter für Urlaubsvertretung und geregelte Arbeitszeiten kosten) und im Zweifel bereit bist, dass die Antwort auf deine Frage halt länger dauert (weil der Mitarbeiter seine 8 Stunden am Tag schon voll hat).
In der Regel will der Mandant seine Antwort aber zügig und nicht zu teuer haben.
+1. 90% aller Probleme von Anwälten und Kanzleien beruhen darauf dass alle! Mandanten für einen Auftrag der 1 Woche und 40 Arbeitsstunden brauchen würde nur 1 Tag Zeit geben und nur 10h bezahlen wollen.
Deswegen sind alle immer gestresst. Deswegen muss alles gestrichen werden, das nicht absolut notwendig ist.
Deswegen fehlt immer Zeit. etc.
Vielleicht nochmal hieran anknüpfend: wie geht ihr mit sowas um? (Sofern ihr Anwälte seid)?
Hatte auch Wert gelegt auf moderate Arbeitszeiten. Bin jetzt auf einen Chef in der Kanzlei gestoßen, der dieselben Ansichten hat. Wochenarbeitszeit von 38-40 Std mit maximal 10 unbezahlte Überstunden im Monat mit nem anständigen Gehalt.
Mir wurde von sehr vielen gesagt, dass ich das als Anwalt vergessen kann. Habe mich aber nicht verrückt machen lassen davon. Es ist mein Leben und ich habe ein Recht darauf solche Vorstellungen zu haben und offensichtlich gibt es einige Anwälte, die dieselben Vorstellungen haben.
Übrigens sind ungeregelte Überstunden rechtswidrig...
16.06.2021, 07:39
Die Wunschliste wird bei Versicherungen erfüllt, da gibt es z.B. ne feste 38h-Woche (wenn Du mehr arbeitest, sammelst du eben Plus-Std und kannst die ‚abfeiern‘), auch gibt es da ne Einarbeitung, viele Leute zum fragen und Vorgaben, für welche Sachverhalte man Rücksprache mit Vorgesetzten halten muss.
Nachteil (falls man das so sehen will): man ist eben ‚nur‘ Sachbearbeiter, kein Anwalt.
Möglicherweise gibt es als Unternehmensjurist in den unterschiedlichen Ausprägungen einen Kompromiss zwischen anwaltsähnlicher Tätigkeit und den Annehmlichkeiten eines Unternehmens.
Nachteil (falls man das so sehen will): man ist eben ‚nur‘ Sachbearbeiter, kein Anwalt.
Möglicherweise gibt es als Unternehmensjurist in den unterschiedlichen Ausprägungen einen Kompromiss zwischen anwaltsähnlicher Tätigkeit und den Annehmlichkeiten eines Unternehmens.
16.06.2021, 08:48
(16.06.2021, 07:39)Gast schrieb: Die Wunschliste wird bei Versicherungen erfüllt, da gibt es z.B. ne feste 38h-Woche (wenn Du mehr arbeitest, sammelst du eben Plus-Std und kannst die ‚abfeiern‘), auch gibt es da ne Einarbeitung, viele Leute zum fragen und Vorgaben, für welche Sachverhalte man Rücksprache mit Vorgesetzten halten muss.
Nachteil (falls man das so sehen will): man ist eben ‚nur‘ Sachbearbeiter, kein Anwalt.
Möglicherweise gibt es als Unternehmensjurist in den unterschiedlichen Ausprägungen einen Kompromiss zwischen anwaltsähnlicher Tätigkeit und den Annehmlichkeiten eines Unternehmens.
Danke für die Rückmeldung- zum Glück muss ich nicht zwingend irgendwas bestimmtes werden (wenn man einige Threads hier so liest, scheint ja ein regelrechter Krieg zwischen Anwaltschaft und Justiz zu herrschen- das sei aber ein anderes Thema) - ich muss nur glücklich sein, mit dem was ich tue :)