01.04.2021, 18:30
Hallo liebes Forum, ich glaube ich habe das mit dem Umfang der materiellen Rechtskraft von Zivilurteilen immer noch nicht so richtig verstanden. Hier mal ein Beispiel und meine Schlussfolgerungen daraus:
Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 10.000 Euro zu zahlen. Er behauptet, dass sich der Anspruch aus einem Kaufvertrag ergeben würde. Der Beklagte wendet ein, dass der Kaufvertrag wegen Anfechtung nicht sei. Das Gericht hält die Einwendung des Beklagten für nicht erwiesen und verurteilt ihn zur Zahlung von 10.000 Euro an den Kläger.
Soweit ich es richtig verstanden habe, würde einem Anspruch des Klägers auf Herausgabe der Kaufsache aus § 812 BGB in einem zweiten Prozess nicht die Rechtskraft aus dem vorbezeichneten Beispiel entgegenstehen. Er könnte diesen Antrag auch darauf stützen, dass der Kaufvertrag wegen wirksamer Anfechtung des Beklagten nichtig sei, der Beklagte also durch die Übereignung der Kaufsache ungerechtfertigt bereichert sei. Umgekehrt könnte der Beklagte aber nicht im Wege der Widerklage die Herausgabe des Kaufpreises verlangen; denn im vorbezeichneten Beispiel wurde rechtskräftig entschieden, dass der Kläger einen Anspruch auf den Kaufpreis hat. Dass dieses Ergebnis nicht richtig sein kann, leuchtet mir ein, mir fehlt aber die Erklärung. Kommt hier die Präjudizialität ins Spiel, sprich ist das Gericht im Zweitprozess daran gebunden, dass ein Kaufvertrag geschlossen wurde, der nicht wegen Anfechtung nicht ist?
Der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn 10.000 Euro zu zahlen. Er behauptet, dass sich der Anspruch aus einem Kaufvertrag ergeben würde. Der Beklagte wendet ein, dass der Kaufvertrag wegen Anfechtung nicht sei. Das Gericht hält die Einwendung des Beklagten für nicht erwiesen und verurteilt ihn zur Zahlung von 10.000 Euro an den Kläger.
Soweit ich es richtig verstanden habe, würde einem Anspruch des Klägers auf Herausgabe der Kaufsache aus § 812 BGB in einem zweiten Prozess nicht die Rechtskraft aus dem vorbezeichneten Beispiel entgegenstehen. Er könnte diesen Antrag auch darauf stützen, dass der Kaufvertrag wegen wirksamer Anfechtung des Beklagten nichtig sei, der Beklagte also durch die Übereignung der Kaufsache ungerechtfertigt bereichert sei. Umgekehrt könnte der Beklagte aber nicht im Wege der Widerklage die Herausgabe des Kaufpreises verlangen; denn im vorbezeichneten Beispiel wurde rechtskräftig entschieden, dass der Kläger einen Anspruch auf den Kaufpreis hat. Dass dieses Ergebnis nicht richtig sein kann, leuchtet mir ein, mir fehlt aber die Erklärung. Kommt hier die Präjudizialität ins Spiel, sprich ist das Gericht im Zweitprozess daran gebunden, dass ein Kaufvertrag geschlossen wurde, der nicht wegen Anfechtung nicht ist?
01.04.2021, 21:18
Interessante Konstellation. Ich sehe ehrlich gesagt nicht, wie man an diese "Ungerechtigkeit" mit der Rechtskraft oder Präjudizialität rankommt.
Ich würde hier die Lösung auf mat.-rechtl. Ebene suchen und mithilfe der Saldotheorie den Anspruch des Verkäufers ablehnen, da ansonsten das faktische Synallagma gestört wäre. Ist zugegebenermaßen keine mir bekannte Fallgruppe der Saldotheorie, erscheint mir spontan aber passend.
Ich würde hier die Lösung auf mat.-rechtl. Ebene suchen und mithilfe der Saldotheorie den Anspruch des Verkäufers ablehnen, da ansonsten das faktische Synallagma gestört wäre. Ist zugegebenermaßen keine mir bekannte Fallgruppe der Saldotheorie, erscheint mir spontan aber passend.
01.04.2021, 21:51
(01.04.2021, 21:18)Gästle schrieb: Interessante Konstellation. Ich sehe ehrlich gesagt nicht, wie man an diese "Ungerechtigkeit" mit der Rechtskraft oder Präjudizialität rankommt.
Ich würde hier die Lösung auf mat.-rechtl. Ebene suchen und mithilfe der Saldotheorie den Anspruch des Verkäufers ablehnen, da ansonsten das faktische Synallagma gestört wäre. Ist zugegebenermaßen keine mir bekannte Fallgruppe der Saldotheorie, erscheint mir spontan aber passend.
Vielen Dank, dass bringt mich auf jeden Fall schon mal weiter; ich dachte nämlich, dass ich vielleicht einfach auf 'nem Schlauch stehe und das offensichtliche nicht sehe. Ich sehe hier nämlich auch keinen Fall der Präjudizialität. Vielleicht muss man das Ergebnis auch einfach so hinnehmen; die materielle Rechtskraft soll ja in erster Linie der Rechtssicherheit und nicht Gerechtigkeit dienen; wobei ich das mit der Saldotheorie gut nachvollziehen kann.
02.04.2021, 07:57
Im ersten Prozess zusätzliche zwischenfeststellungsklage, dass KV wirksam oder neg. Fk, dass keine Ansprüche des Beklagten bestehen. Ansonsten besteht die geschilderte Gefahr. In der Praxis würde man natürlich das frühere Urteil einreichen und hoffen, dass sich das Gericht davon beeindrucken lässt.