16.10.2020, 17:51
ja, dem Vorredner bzw der Vorrednerin muss ich absolut zustimmen. Es wird sehr schematisch bewertet, was auch daran liegen mag, dass viele mehr oder weniger qualifizierte Praktiker korrigieren und die Argumentation, auf die im ersten so viel Wert gelegt wird, spielt hier meines Erachtens nur eine untergeordnete Rolle
16.10.2020, 18:03
Mein Eindruck aus Erzählungen ist, dass die Klausuren so voll sind, dass nach der Anfertigung des Tatbestands eigentlich gar keine Zeit mehr für Argumentationen bleibt, und man dafür gnadenlos abgestraft wird.
16.10.2020, 22:24
Es korrigieren mehr Praktiker, die sich nicht in abweichende Lösungsvorschläge hineindenken können/wollen. Bester Tipp: Treffen der LJPA-Lösungsskizze (a.A. unvertretbar). Von Experimenten und eigenen Überzeugungen absehen :-D
17.10.2020, 08:50
(16.10.2020, 22:24)Ralf der Dritte schrieb: Es korrigieren mehr Praktiker, die sich nicht in abweichende Lösungsvorschläge hineindenken können/wollen. Bester Tipp: Treffen der LJPA-Lösungsskizze (a.A. unvertretbar). Von Experimenten und eigenen Überzeugungen absehen :-D
Mir hat mein prüfender AG-Leiter erzählt, dass es in den meisten Prüfervermerken nur so wimmele vor „a.A. mit entsprechender Begründung gut vertretbar.“ ich kann mir kaum vorstellen, dass alle Prüfer das völlig ignorieren, sofern tatsächlich argumentiert wird, und nicht nur mit Rechtsbehauptungen gearbeitet wird, etwa weil man 25 Seiten Aktenauszug in einem Tatbestand unterbringen muss, und daher keine Zeit mehr hat.
17.10.2020, 15:00
(16.10.2020, 13:36)Gast Berlin schrieb: Richtig hohe Noten (12 +) bekommt man im Gesamtdurchschnitt nur dann, wenn man zum einen regelmäßig alle wesentlichen Probleme vollständig und "richtig" löst und zum anderen keinen einzigen Ausrutscher nach unten hat. Beides ist im zweiten Examen schwieriger als im Ersten.
Meine persönliche Perspektive nachdem ich gerade erst Einsicht in meine Klausuren vom 2. Examen (zum Kontext: Erstes Examen in BW 12,x schriftlich Staatsteil; Zweites Examen in Berlin 8,x schriftlich) gehalten habe:
Im zweiten Examen scheinen die Prüfer deutlich mehr an der Lösungsskizze zu hängen. Im ersten Examen habe ich bei keiner(!) der Klausuren die Skizze genau getroffen, habe aber stets alle wesentlichen Probleme erkannt und vertretbar dazu argumentiert. Dafür gab es dann pro Klausur je nach Qualität der Argumentation zwischen 10-14 Punkte.
Mein Eindruck war, dass man grundsätzlich bereits dann mindestens ein vb bekommen hat, wenn man alle wesentlichen Probleme (nicht auch die ganzen Randprobleme) erkannt und mit guter, in die Tiefe gehender Argumentation bearbeitet hat. Man konnte also als wirklich guter Kandidat, der zu jedem Thema etwas Vernünftiges zu Papier gebracht hat, nicht wirklich in die unteren Punkte-Regionen abrutschen.
Im zweiten Examen ist das meiner Erfahrung nachanders. Ich habe ich mich von vornherein bemüht, "taktischer" zu schreiben und bei 5/7 Klausuren die jeweiligen Hauptprobleme auch wie vorgesehen gelöst. Ich hatte aber in jeder dieser Klausuren Randprobleme teilweise anders als vorgesehen gelöst oder übersehen. Dafür gab es im zweiten Examen nur noch 8-10 Punkte pro Klausur. Begründung: Solide Leistung und gute Argumentation, aber Randprobleme nicht vollständig richtig, da reicht es eben "nur" für knappes vb. Persönlich scheinen mir die Korrektoren eher als im ersten Examen nach Maßgabe einer reinen Strichliste vorgegangen zu sein.
In den beiden anderen Klausuren bin ich "falsch abgebogen", allerdings ohne mir dabei mehr als Nebenprobleme abzuschneiden, die ich ohnehin nicht gesehen hätte. In den Voten wurde mir jeweils vernünftige Argumentation bescheinigt, im Ergebnis aber jeweils leider nur 5 Punkte, da nur eingeschränkt praxistauglich. Ich bin mit recht sicher, dass beide dieser Klausuren im ersten Examen noch mindestens bei 8+ gelegen hätten.
Fazit: Im ersten Examen bekommen außer den (sehr wenigen) Kandidaten, die wirklich ALLES richtig machen, auch Kandidaten mit einem (sehr) guten Gesamteindruck noch 12 Punkte +. Gleichzeitig rutscht man im ersten Examen bei gutem Gesamtverständnis auch nicht so leicht in die Regionen von 7 Punkte und weniger ab. Im zweiten Examen hilft dir der Gesamteindruck der Klausur dagegen nur noch sehr bedingt weiter. Man muss tatsächlich gerade die anvisierten Probleme möglichst exakt wie vorgesehen abklappern. Als Folge gibt es weniger sehr hohe (12+) und sehr viel mehr durchschnittliche Noten. Die Kehrseite zu dem Ganzen ist allerdings, dass man einfacher über die 4 Punkte + kommt, solange man wenigstens ein paar der angelegten Probleme mit Standardargumentation aus Skripten lösen kann.
Sehr gute Analyse der ich voll zustimme.
Um in beiden Examina gut abzuschneiden muss man daher die Fähigkeit haben seinen Stil und die Herangehensweise an Klausuren um 180 Grad umzustellen - erst die akademisch vertiefte Erörterung von Problemen auf die die Professoren abfahren (gerne auch mit ungewöhnlichen und originellen Ansätzen) und dann zwei Jahre später die „Praktikerlösung“ die 100 Probleme in 5 Stunden erschlägt und ein gutes Gespür für das „Treffen“ von Lösungsskizzen hat. Man muss also sehr taktisch denken und sollte sich auf den eigenen Stil nicht allzu viel einbilden sondern knallhart vom Empfängerhorizont denken (meiner Erfahrung nach häufiges Problem bei Kandidaten mit gutem ersten Examen).
Unmöglich ist das aber auch nicht wenn man sich die Statistiken ansieht. Leider wird ja nie aufgeschlüsselt welche Abweichung es zum ersten Examen gab, kenne aber mehrere Leute mit 2x gut und sogar einen Fall von 2x sehr gut.
17.10.2020, 15:38
(17.10.2020, 15:00)Gast schrieb: Sehr gute Analyse der ich voll zustimme.
Um in beiden Examina gut abzuschneiden muss man daher die Fähigkeit haben seinen Stil und die Herangehensweise an Klausuren um 180 Grad umzustellen - erst die akademisch vertiefte Erörterung von Problemen auf die die Professoren abfahren (gerne auch mit ungewöhnlichen und originellen Ansätzen) und dann zwei Jahre später die „Praktikerlösung“ die 100 Probleme in 5 Stunden erschlägt und ein gutes Gespür für das „Treffen“ von Lösungsskizzen hat. Man muss also sehr taktisch denken und sollte sich auf den eigenen Stil nicht allzu viel einbilden sondern knallhart vom Empfängerhorizont denken (meiner Erfahrung nach häufiges Problem bei Kandidaten mit gutem ersten Examen).
Unmöglich ist das aber auch nicht wenn man sich die Statistiken ansieht. Leider wird ja nie aufgeschlüsselt welche Abweichung es zum ersten Examen gab, kenne aber mehrere Leute mit 2x gut und sogar einen Fall von 2x sehr gut.
Das ist sehr krass
17.10.2020, 16:12
(17.10.2020, 15:38)Gast schrieb:(17.10.2020, 15:00)Gast schrieb: Sehr gute Analyse der ich voll zustimme.
Um in beiden Examina gut abzuschneiden muss man daher die Fähigkeit haben seinen Stil und die Herangehensweise an Klausuren um 180 Grad umzustellen - erst die akademisch vertiefte Erörterung von Problemen auf die die Professoren abfahren (gerne auch mit ungewöhnlichen und originellen Ansätzen) und dann zwei Jahre später die „Praktikerlösung“ die 100 Probleme in 5 Stunden erschlägt und ein gutes Gespür für das „Treffen“ von Lösungsskizzen hat. Man muss also sehr taktisch denken und sollte sich auf den eigenen Stil nicht allzu viel einbilden sondern knallhart vom Empfängerhorizont denken (meiner Erfahrung nach häufiges Problem bei Kandidaten mit gutem ersten Examen).
Unmöglich ist das aber auch nicht wenn man sich die Statistiken ansieht. Leider wird ja nie aufgeschlüsselt welche Abweichung es zum ersten Examen gab, kenne aber mehrere Leute mit 2x gut und sogar einen Fall von 2x sehr gut.
Das ist sehr krass
Wie schafft man sowas?