29.07.2020, 17:34
Warum glauben eigentlich so viele Juristen, es gebe für jeden Kandidaten eine "wahre" oder "richtige" Note? Auch hier im Forum scheint das oft durch: da wird davon gesprochen, jemand sei ein "X-Punkte-Kandidat" oder sein "wahres Niveau" liege zwischen den divergierenden Noten des ersten und zweiten Examens.
Dem liegt die Fehlvorstellung zugrunde, die juristische Leistungsfähigkeit lasse sich ganz exakt bestimmen oder messen. Das scheitert aber schon an einer Vielzahl an Faktoren:
- zu den juristischen Fähigkeiten gehören ganz unterschiedliche Teilaspekte: Leseverständnis, Auffassungsgabe, Systemverständnis, Mustererkennung, Strukturierungsfähigkeit, logisches Denken, sprachliches Können, Schwerpunktsetzung - und natürlich spezifisches Wissen in vielerlei Ausprägung
- und natürlich die bekannten variablen Faktoren: Vorbereitung, Stressresistenz, Tagesform, Zufall (Kenntnis des Urteils), Korrektoren usw.
Natürlich gibt es Kandidaten, die in beiden Examina sehr ähnliche Noten haben. Das ist bei n=2 und angesichts der Kenntnis der mündlichen Prüfer (Anchoring-Effekt) aber nicht besonders aussagekräftig (im Sinne von: "der Kandidat hatte im ersten Examen eine 9,0, dann heben wir ihn auch im zweiten von 7,4 auf 9,0" usw.).
Ich habe selbst erlebt, wie unterschiedlich meine Noten teilweise waren:
- im ersten Examen: Probeexamen "nur" 7,5 Punkte. Ernstfall dann: 9,5, Verbesserung: 12,2. Natürlich war ich jetzt stets besser vorbereitet, aber die Note korreliert ja nicht unmittelbar mit dem Lernaufwand. Ich finde, das zeigt eher, dass es illusorisch ist, das Können eines Kandidaten "absolut" zu messen.
- im Ref und zweiten Examen: Noten in Übungsklausuren teilweise völlig unterschiedlich, von Woche zu Woche teilweise 4-6, teilweise 12+Punkte. Im Ernstfall: im Strafrecht ca. 4 Punkte im Schnitt unter meinen Übungsklausuren, im ÖffRecht eher 3 Punkte darüber.
Kurzum: es gibt kein "absolutes", "wahres", "echtes" Niveau eines Kandidaten, das sich in Noten ausdrücken lässt. Die Examina geben nur ein bestimmtes Prüfungsergebnis wieder, das auf vielen Variablen beruht. Davon ausgehend kann man natürlich einschätzen, ob eine Person eher ein schwacher, (über)durchschnittlicher oder guter-sehr guter Kandidat ist. Aber mehr auch nicht.
Dem liegt die Fehlvorstellung zugrunde, die juristische Leistungsfähigkeit lasse sich ganz exakt bestimmen oder messen. Das scheitert aber schon an einer Vielzahl an Faktoren:
- zu den juristischen Fähigkeiten gehören ganz unterschiedliche Teilaspekte: Leseverständnis, Auffassungsgabe, Systemverständnis, Mustererkennung, Strukturierungsfähigkeit, logisches Denken, sprachliches Können, Schwerpunktsetzung - und natürlich spezifisches Wissen in vielerlei Ausprägung
- und natürlich die bekannten variablen Faktoren: Vorbereitung, Stressresistenz, Tagesform, Zufall (Kenntnis des Urteils), Korrektoren usw.
Natürlich gibt es Kandidaten, die in beiden Examina sehr ähnliche Noten haben. Das ist bei n=2 und angesichts der Kenntnis der mündlichen Prüfer (Anchoring-Effekt) aber nicht besonders aussagekräftig (im Sinne von: "der Kandidat hatte im ersten Examen eine 9,0, dann heben wir ihn auch im zweiten von 7,4 auf 9,0" usw.).
Ich habe selbst erlebt, wie unterschiedlich meine Noten teilweise waren:
- im ersten Examen: Probeexamen "nur" 7,5 Punkte. Ernstfall dann: 9,5, Verbesserung: 12,2. Natürlich war ich jetzt stets besser vorbereitet, aber die Note korreliert ja nicht unmittelbar mit dem Lernaufwand. Ich finde, das zeigt eher, dass es illusorisch ist, das Können eines Kandidaten "absolut" zu messen.
- im Ref und zweiten Examen: Noten in Übungsklausuren teilweise völlig unterschiedlich, von Woche zu Woche teilweise 4-6, teilweise 12+Punkte. Im Ernstfall: im Strafrecht ca. 4 Punkte im Schnitt unter meinen Übungsklausuren, im ÖffRecht eher 3 Punkte darüber.
Kurzum: es gibt kein "absolutes", "wahres", "echtes" Niveau eines Kandidaten, das sich in Noten ausdrücken lässt. Die Examina geben nur ein bestimmtes Prüfungsergebnis wieder, das auf vielen Variablen beruht. Davon ausgehend kann man natürlich einschätzen, ob eine Person eher ein schwacher, (über)durchschnittlicher oder guter-sehr guter Kandidat ist. Aber mehr auch nicht.
29.07.2020, 17:57
(29.07.2020, 17:34)Gast schrieb: Warum glauben eigentlich so viele Juristen, es gebe für jeden Kandidaten eine "wahre" oder "richtige" Note? Auch hier im Forum scheint das oft durch: da wird davon gesprochen, jemand sei ein "X-Punkte-Kandidat" oder sein "wahres Niveau" liege zwischen den divergierenden Noten des ersten und zweiten Examens.Also Zustimmung insoweit, als dass es nicht die eine Note auf den Punkt gibt.
(...)
Aber ich hätte zb im Studium, Schwerpunkt, Ref und beiden Examen durchgehend Punkte zwischen 7-10, ein paar Ausnahmen nach oben und unten. Mündlich war ich zum Glück immer etwas besser, sodass beide Examen gut geklappt haben.
Würde mich daher schon relativ safe mit 8-9 Punkten immer gerecht bewertet sehen.
29.07.2020, 18:09
Das ist definitiv so, lässt sich meines Erachtens aber auch nicht ändern. Eine trennscharfe Abgrenzung von richtig und falsch und damit auch eine mathematisch korrekte/präzise Notengebung ist aufgrund der von dir richtig geschilderten Anforderungen gar nicht möglich. Aus meiner eigenen Erfahrung und auch meinem allgemeinen Eindruck ist eine gewisse Spanne von +/- 3 Punkten im Endergebnis bei ein und derselben Leistungsfähigkeit durchaus möglich.
Grundsätzlich möchte ich allerdings anmerken, dass ich den strengen Bewertungsmaßstabd und die großen Differenzierungsmöglichkeit bei der Bewertung gut finde. Diese Praxis finde ich deutlich besser als die Praxis in anderen Fachbereichen, wo jeder mit einer 2 vor dem Komma schon unterdurchschnittlich ist.
Die Frage bei den Juranoten ist am Ende des Tages aber, welche Folgerungen daraus zu ziehen sind und welche Konsequenzen das hat.
Wenn ich Personalverantwortung (in der Wirtschaft) hätte, würde ich von ganz strikten Notenanforderungen absehen und mir auch Absolventen anschauen, die unter dem Prädikatsbereich liegen. Ein Absolvent mit 7,5 Punkten kann ohne weiteres ein besserer Jurist sein als ein solcher mit 9 Punkten. Dafür sind die Unwägbarkeiten einfach zu groß. Ich gehe aber davon aus, dass das sehr viele Personalverantwortliche auch heute schon tun.
Anders sieht es natürlich im Staatsdienst aus. Ehrlicherweise fällt mir hier aber auch keine bessere Lösung ein, wie mit vertretbarem Aufwand eine andere Vorauswahl als die nach Noten (und damit auch irgendwo starren Grenzen) erfolgen soll. Letztlich geht es aus Sicht des Staates ja schlichtweg darum, sienen Bedarf zu decken. Dass damit nicht immer jedem einzelnen gerecht geworden wird, ist im Einzelfall sicherlich tragisch, aber wohl nicht zu vermeiden.
Grundsätzlich möchte ich allerdings anmerken, dass ich den strengen Bewertungsmaßstabd und die großen Differenzierungsmöglichkeit bei der Bewertung gut finde. Diese Praxis finde ich deutlich besser als die Praxis in anderen Fachbereichen, wo jeder mit einer 2 vor dem Komma schon unterdurchschnittlich ist.
Die Frage bei den Juranoten ist am Ende des Tages aber, welche Folgerungen daraus zu ziehen sind und welche Konsequenzen das hat.
Wenn ich Personalverantwortung (in der Wirtschaft) hätte, würde ich von ganz strikten Notenanforderungen absehen und mir auch Absolventen anschauen, die unter dem Prädikatsbereich liegen. Ein Absolvent mit 7,5 Punkten kann ohne weiteres ein besserer Jurist sein als ein solcher mit 9 Punkten. Dafür sind die Unwägbarkeiten einfach zu groß. Ich gehe aber davon aus, dass das sehr viele Personalverantwortliche auch heute schon tun.
Anders sieht es natürlich im Staatsdienst aus. Ehrlicherweise fällt mir hier aber auch keine bessere Lösung ein, wie mit vertretbarem Aufwand eine andere Vorauswahl als die nach Noten (und damit auch irgendwo starren Grenzen) erfolgen soll. Letztlich geht es aus Sicht des Staates ja schlichtweg darum, sienen Bedarf zu decken. Dass damit nicht immer jedem einzelnen gerecht geworden wird, ist im Einzelfall sicherlich tragisch, aber wohl nicht zu vermeiden.
29.07.2020, 19:32
(29.07.2020, 18:09)Gast schrieb: Wenn ich Personalverantwortung (in der Wirtschaft) hätte, würde ich von ganz strikten Notenanforderungen absehen und mir auch Absolventen anschauen, die unter dem Prädikatsbereich liegen. Ein Absolvent mit 7,5 Punkten kann ohne weiteres ein besserer Jurist sein als ein solcher mit 9 Punkten.
Sorry, aber das ist doch Quatsch. Mit derselben Argumentation kann ein Absolvent mit 4,5 Punkten besser sein als ein solcher mit 7,5 Punkten. Natürlich schließen harte Notengrenzen Kandidaten aus, die im Einzelfall durchaus qualifiziert gewesen wären. Ich behaupte nicht, dass die Examensnoten das Leistungsbild mit Gewissheit wiedergeben. Aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht. Einzig darum geht es.
Notengrenzen dienen der Effizienz des Bewerbungsverfahrens. Die von dir beschriebene Vorgehensweise funktioniert nur unter der Prämisse, dass du unbegrenzte Zeit/Mittel für die Bearbeitung von Bewerbungen (oder auch ohne jegliche Notenanforderungen eine sehr geringe Zahl an Bewerbern) hast.
29.07.2020, 21:02
(29.07.2020, 19:32)Gast schrieb:(29.07.2020, 18:09)Gast schrieb: Wenn ich Personalverantwortung (in der Wirtschaft) hätte, würde ich von ganz strikten Notenanforderungen absehen und mir auch Absolventen anschauen, die unter dem Prädikatsbereich liegen. Ein Absolvent mit 7,5 Punkten kann ohne weiteres ein besserer Jurist sein als ein solcher mit 9 Punkten.
Sorry, aber das ist doch Quatsch. Mit derselben Argumentation kann ein Absolvent mit 4,5 Punkten besser sein als ein solcher mit 7,5 Punkten. Natürlich schließen harte Notengrenzen Kandidaten aus, die im Einzelfall durchaus qualifiziert gewesen wären. Ich behaupte nicht, dass die Examensnoten das Leistungsbild mit Gewissheit wiedergeben. Aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht. Einzig darum geht es.
Notengrenzen dienen der Effizienz des Bewerbungsverfahrens. Die von dir beschriebene Vorgehensweise funktioniert nur unter der Prämisse, dass du unbegrenzte Zeit/Mittel für die Bearbeitung von Bewerbungen (oder auch ohne jegliche Notenanforderungen eine sehr geringe Zahl an Bewerbern) hast.
Stimme da grundsätzlich zu. Komischerweise, obwohl ich im ersten auch ordentlich verkackt habe und mit 4,8 Punkten rausgegangen bin. Hat zu dem Zeitpunkt ehrlicherweise meinen Fähigkeiten im Klausurenschreiben entsprochen. Ich war aber davor und auch danach besser und bin auch der Meinung, dass das meine juristischen Fähigkeiten nicht widerspiegelt.
Dennoch fällt mir immer wieder auf, dass ich in Personalverantwortung Hemmungen hätte, Kandidaten mit 4,x einzuladen. Mir ist zwar klar, dass da auch bessere dabei sein können, als bei 6,x oder 7,x-er Kandidaten. Aber rein vom Gefühl her, würde ich trotzdem auf die Noten schauen.
29.07.2020, 22:20
Ich bin da anderer Meinung.
Natürlich hat eine Note immer auch eine Glücks- oder Zufallskomponente. Wie du selber sagst, hängt einiges zB von der subjektiv geprägten mündlichen Prüfung ab, von der eigenen Tagesform und Nervosität oder schlicht den Themen, die dran kommen und einem liegen.
Aber: man schreibt immerhin 6 bzw 8 Klausuren (NRW), dazu eine mündliche Prüfung mit drei Prüfern. Ich glaube, dass sich der Glücksfaktor aufgrund der Anzahl der Teilleistungen die Waage hält, jedenfalls aber nicht dafür sorgt, dass ein ausreichend Kandidat plötzlich nur mit Glück ein VB bekommt.
Ich bin auch ganz sicher, dass es für jeden individuell eine Note X gibt, die er erreichen kann und die seiner tatsächlichen Leistung entspricht. Ähnlich wie beim Sport, wo halt nicht jeder der nächste Olympiateilnehmer werden kann, egal wie viel er trainiert.
Ich glaube zB dass ein befriedigend für fast jeden mit entsprechend guter Vorbereitung erreichbar ist, ein gut hingegen nicht. Alle Juristen mit Gut im ersten oder zweiten Examen, die ich kennengelernt habe, sind durch die Bank weg alle tatsächlich gut. Juristen mit ausreichend im ersten UND zweiten Examen, die ich kennenlernen durfte, waren für mich auch alle nur ausreichende Juristen. Das heißt auf keinen Fall, dass sie schlechte Anwälte oÄ sind, aber das, was in den Klausuren im ersten und zweiten gefordert war, konnten sie schlicht nicht erbringen.
Ich glaube, dass der Glücksfaktor am Ende 1-2 Punkte ausmacht, in Einzelfällen auch mehr, wo dann der Verbesserungsversuch was ausgleichen kann. In der Mehrheit der Fällen passt die Note aber so und derjenige kann dann eben nur die Note X und nicht mehr. Und das ist dann auch ok, denn die Note ist nicht alles.
Natürlich hat eine Note immer auch eine Glücks- oder Zufallskomponente. Wie du selber sagst, hängt einiges zB von der subjektiv geprägten mündlichen Prüfung ab, von der eigenen Tagesform und Nervosität oder schlicht den Themen, die dran kommen und einem liegen.
Aber: man schreibt immerhin 6 bzw 8 Klausuren (NRW), dazu eine mündliche Prüfung mit drei Prüfern. Ich glaube, dass sich der Glücksfaktor aufgrund der Anzahl der Teilleistungen die Waage hält, jedenfalls aber nicht dafür sorgt, dass ein ausreichend Kandidat plötzlich nur mit Glück ein VB bekommt.
Ich bin auch ganz sicher, dass es für jeden individuell eine Note X gibt, die er erreichen kann und die seiner tatsächlichen Leistung entspricht. Ähnlich wie beim Sport, wo halt nicht jeder der nächste Olympiateilnehmer werden kann, egal wie viel er trainiert.
Ich glaube zB dass ein befriedigend für fast jeden mit entsprechend guter Vorbereitung erreichbar ist, ein gut hingegen nicht. Alle Juristen mit Gut im ersten oder zweiten Examen, die ich kennengelernt habe, sind durch die Bank weg alle tatsächlich gut. Juristen mit ausreichend im ersten UND zweiten Examen, die ich kennenlernen durfte, waren für mich auch alle nur ausreichende Juristen. Das heißt auf keinen Fall, dass sie schlechte Anwälte oÄ sind, aber das, was in den Klausuren im ersten und zweiten gefordert war, konnten sie schlicht nicht erbringen.
Ich glaube, dass der Glücksfaktor am Ende 1-2 Punkte ausmacht, in Einzelfällen auch mehr, wo dann der Verbesserungsversuch was ausgleichen kann. In der Mehrheit der Fällen passt die Note aber so und derjenige kann dann eben nur die Note X und nicht mehr. Und das ist dann auch ok, denn die Note ist nicht alles.
29.07.2020, 22:41
(29.07.2020, 22:20)VerzweifelterJurist schrieb: Ich bin da anderer Meinung.Die Menge n=8 (Klausuren) ist statistisch in keinster Weise ausreichend groß um den Zufallsfaktor auszuschließen. Diese einfache statistische Wahrheit wollen die Jünger der Examensnote gerne ausblenden. Und schon Schwankungen von 2-3 Punkten sind in dem Bereich, in dem sich die meisten bewegen, eine ganze Welt (6 Punkte ist ausreichend und damit "schlecht", 9 Punkte ist vollbefriedigend und Türöffner zu (fast) jedem Job).
Natürlich hat eine Note immer auch eine Glücks- oder Zufallskomponente. Wie du selber sagst, hängt einiges zB von der subjektiv geprägten mündlichen Prüfung ab, von der eigenen Tagesform und Nervosität oder schlicht den Themen, die dran kommen und einem liegen.
Aber: man schreibt immerhin 6 bzw 8 Klausuren (NRW), dazu eine mündliche Prüfung mit drei Prüfern. Ich glaube, dass sich der Glücksfaktor aufgrund der Anzahl der Teilleistungen die Waage hält, jedenfalls aber nicht dafür sorgt, dass ein ausreichend Kandidat plötzlich nur mit Glück ein VB bekommt.
Ich bin auch ganz sicher, dass es für jeden individuell eine Note X gibt, die er erreichen kann und die seiner tatsächlichen Leistung entspricht. Ähnlich wie beim Sport, wo halt nicht jeder der nächste Olympiateilnehmer werden kann, egal wie viel er trainiert.
Ich glaube zB dass ein befriedigend für fast jeden mit entsprechend guter Vorbereitung erreichbar ist, ein gut hingegen nicht. Alle Juristen mit Gut im ersten oder zweiten Examen, die ich kennengelernt habe, sind durch die Bank weg alle tatsächlich gut. Juristen mit ausreichend im ersten UND zweiten Examen, die ich kennenlernen durfte, waren für mich auch alle nur ausreichende Juristen. Das heißt auf keinen Fall, dass sie schlechte Anwälte oÄ sind, aber das, was in den Klausuren im ersten und zweiten gefordert war, konnten sie schlicht nicht erbringen.
Ich glaube, dass der Glücksfaktor am Ende 1-2 Punkte ausmacht, in Einzelfällen auch mehr, wo dann der Verbesserungsversuch was ausgleichen kann. In der Mehrheit der Fällen passt die Note aber so und derjenige kann dann eben nur die Note X und nicht mehr. Und das ist dann auch ok, denn die Note ist nicht alles.
Der Sport ist da eigentlich ein gutes Beispiel. Denn jeder Sportler kennt auch Phasen, in denen es aus bekannten oder unbekannten Gründen mal besser oder mal schlechter läuft. Tennisspieler, die vor kurzem noch drei Tuniere am Stück gewonnen haben, scheiden auf einmal drei Mal am Stück in der ersten Runde aus. Mannschaften, die beim letzten mal den Titel gewonnen haben, fahren beim nächsten mal nach der Vorrunde nach Hause.
Die eigene Leistung ist halt immer noch ein gutes Stück weit von Dingen abhängig, die man selber nicht beeinflussen kann. Das geht nicht so weit, dass der Kreisligist auf einmal regelmäßig den Bundesligisten besiegt. Aber es kann so weit gehen, dass der Drittligist mehrere Spiele am Stück gegen einen Bundesligist gewinnt. Und bei Jura ist es ähnlich und das Examen eben sehr anfällig für eben solche Effekte, weil es nur so einen kurzen "Zeitraum" an Leistung abdeckt.
Das Problem ist m.E. gar nicht, dass man den "gut" Kandidaten nicht von dem potentiellen Durchfaller unterscheiden kann. Die beiden konkurrieren aber auch nicht wirklich miteinander. Relevant wird diese Entscheidung eben zwischen 6 und 9 Punkten, da wo die meisten sind und wo das Ergebnis eben durch die genannten Effekte häufig verzerrt werden kann. Nimmt man noch Glück und Pech bei den Korrektoren dazu (dieselbe Klausur kann mit guten Gründen immer mit 6 oder 8 Punkten; oder meinetwegen auch 12 oder 14 Punkten bewertet werden -> Bewertungsspielraum). Im zweiten Fall macht es (fast) keinen Unterschied, im ersten sehr wohl. Weil mit 6 Punkten ist man "nur" ausreichend, mit 8 wird man (fast) überall zumindest erstmal eingeladen.
29.07.2020, 23:05
Was ich so faszinierend finde, ist der Umstand, dass alle mal ein bisschen Glück, mal ein bisschen Pech haben. Aber wir kennen doch alle diese Kandidaten, auf die das nicht zutrifft. Die Leute mit dem Doppelgut 12,X oder gar 13,X. Die gehen ins Examen rein, sagen sich: Das wird jetzt deutlich zweistellig und dann wird es das auch. Die Leute finde ich hochgradig faszinierend.
Kollege von mir hatte im Ersten 11,X und ist dann seelenruhig im Zweiten in die Klausuren, hat einen 10er Schnitt rausgeholt und mit der Mündlichen dann 10,6 gesichert. War danach etwas enttäuscht, dass es nicht 11,X geworden sind. Solche Leute scheinen gegen Pech in den Klausuren und in der Mündlichen immun. Da gibts nicht auf einmal die eine verrückte Klausur, bei der Mann duchgerasselt ist, und keinen Bönders, der einem den Notensprung versaut hat. Kurzum: Keine signifikanten Abstürze. Die Leute machen dann auch noch ein summa in der Promotion und werden Notare/Professoren etc - und das alles mit 25. Ich wüsste echt gerne, wie sowas geht.
Kollege von mir hatte im Ersten 11,X und ist dann seelenruhig im Zweiten in die Klausuren, hat einen 10er Schnitt rausgeholt und mit der Mündlichen dann 10,6 gesichert. War danach etwas enttäuscht, dass es nicht 11,X geworden sind. Solche Leute scheinen gegen Pech in den Klausuren und in der Mündlichen immun. Da gibts nicht auf einmal die eine verrückte Klausur, bei der Mann duchgerasselt ist, und keinen Bönders, der einem den Notensprung versaut hat. Kurzum: Keine signifikanten Abstürze. Die Leute machen dann auch noch ein summa in der Promotion und werden Notare/Professoren etc - und das alles mit 25. Ich wüsste echt gerne, wie sowas geht.
29.07.2020, 23:16
(29.07.2020, 23:05)GastNRWX schrieb: Was ich so faszinierend finde, ist der Umstand, dass alle mal ein bisschen Glück, mal ein bisschen Pech haben. Aber wir kennen doch alle diese Kandidaten, auf die das nicht zutrifft. Die Leute mit dem Doppelgut 12,X oder gar 13,X. Die gehen ins Examen rein, sagen sich: Das wird jetzt deutlich zweistellig und dann wird es das auch. Die Leute finde ich hochgradig faszinierend.
Kollege von mir hatte im Ersten 11,X und ist dann seelenruhig im Zweiten in die Klausuren, hat einen 10er Schnitt rausgeholt und mit der Mündlichen dann 10,6 gesichert. War danach etwas enttäuscht, dass es nicht 11,X geworden sind. Solche Leute scheinen gegen Pech in den Klausuren und in der Mündlichen immun. Da gibts nicht auf einmal die eine verrückte Klausur, bei der Mann duchgerasselt ist, und keinen Bönders, der einem den Notensprung versaut hat. Kurzum: Keine signifikanten Abstürze. Die Leute machen dann auch noch ein summa in der Promotion und werden Notare/Professoren etc - und das alles mit 25. Ich wüsste echt gerne, wie sowas geht.
*man
29.07.2020, 23:34
(29.07.2020, 23:05)GastNRWX schrieb: Was ich so faszinierend finde, ist der Umstand, dass alle mal ein bisschen Glück, mal ein bisschen Pech haben. Aber wir kennen doch alle diese Kandidaten, auf die das nicht zutrifft. Die Leute mit dem Doppelgut 12,X oder gar 13,X. Die gehen ins Examen rein, sagen sich: Das wird jetzt deutlich zweistellig und dann wird es das auch. Die Leute finde ich hochgradig faszinierend.
Kollege von mir hatte im Ersten 11,X und ist dann seelenruhig im Zweiten in die Klausuren, hat einen 10er Schnitt rausgeholt und mit der Mündlichen dann 10,6 gesichert. War danach etwas enttäuscht, dass es nicht 11,X geworden sind. Solche Leute scheinen gegen Pech in den Klausuren und in der Mündlichen immun. Da gibts nicht auf einmal die eine verrückte Klausur, bei der Mann duchgerasselt ist, und keinen Bönders, der einem den Notensprung versaut hat. Kurzum: Keine signifikanten Abstürze. Die Leute machen dann auch noch ein summa in der Promotion und werden Notare/Professoren etc - und das alles mit 25. Ich wüsste echt gerne, wie sowas geht.
Wenn man ein bestimmtes Niveau an Klausurtechnik erreicht hat, gibt es keine "verrückten" Klausuren mehr, sondern man kann zu jeder Klausur etwas vertretbares Schreiben, was sich gut liest, selbst wenn man die konkreten Probleme nicht kennt.