16.10.2020, 18:32
Was waren das bitte für Klausuren?!
16.10.2020, 19:07
16.10.2020, 19:34
In RLP gabs keinen Widerspruchsbescheid, sondern eine nach Genehmigungsfiktion wirksam gewordene Baugenehmigung, die möglicherweise rechtswidrig war und zurückgenommen werden sollte. Dazu sollte dann ein Gutachten und ein Entwurf gefertigt werden. Ich hab mich aber dagegen entschieden. Rücknahme wäre mE ermessensfehlerhaft.
17.10.2020, 10:34
Was musste man denn da in RLP gestern tenorieren, also im Bescheid?
17.10.2020, 15:09
(17.10.2020, 10:34)Gast schrieb: Was musste man denn da in RLP gestern tenorieren, also im Bescheid?
Ich habe
1. die fingierte Baugenehmigung zurückgenommen.
2. die sofortige Vollziehung der Ziff. 1 des Bescheids angeordnet (§ 80 II 1 Nr. 4 VwGO)
Zu 1.: M.E. konnte die Genehmigung zurückgenommen werden. Das richtete sich nach § 48 I, III VwVfG. Die Norm geht im Grundsatz von Rücknehmbarkeit aus. Vertrauensschutz wird grundsätzlich nur bei der Entschädigung berücksichtigt. Nach hM kann Vertrauensschutz aber gleichwohl auch im Rücknahmeermessen nach § 48 I VwVfG berücksichtigt werden.
Die Adressatin konnte sich m.E. aber nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn sie hatte weder (a) bei dem Umbau noch (b) bei der Vermietung auf eine (fingierte) Baugenehmigung vertraut. Vielmehr hat sie formell illegal gebaut und erst nach Fertigstellung und Vermietung die Genehmigung beantragt. Somit hat sie die Dispositionen nicht im Vertrauen auf einen VA, sondern im Vertrauen auf den möglichen Erlass eines VA getätigt. Dieses Vertrauen ist aber nicht schutzwürdig.
Zu 2.: Die sofortige Vollziehung war m.E. anzuordnen, da die Behörde ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass sich an die (mögliche) Aufhebung der Genehmigung eine Nutztungsuntersagung und/oder Beseitigungsverfügung anschließen sollen.
Wenn die sofortige Vollziehung nicht angeordnet würde, hätte ein möglicher Widerspruch der Adressatin gegen die Rücknahme aufschiebende Wirkung, § 80 I VwGO, m.a.W.: sie hätte weiterhin ihre (fingierte) Baugenehmigung, ihr Vorhaben wäre damit (formell) legalisiert. Das stünde einer baupolizeilichen Maßnahme entgegen.
Man konnte m.E. auch das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung begründen, da das Vorhaben negative Vorbildwirkung hatte.
Die Notwendigkeit der VzA nach § 80 II 1 Nr. 4 VwGO kann man aber hinsichtlich des bes. Vollzugsinteresses sicher auch in Zweifel ziehen.
17.10.2020, 15:19
(17.10.2020, 15:09)referendar schrieb:(17.10.2020, 10:34)Gast schrieb: Was musste man denn da in RLP gestern tenorieren, also im Bescheid?
Ich habe
1. die fingierte Baugenehmigung zurückgenommen.
2. die sofortige Vollziehung der Ziff. 1 des Bescheids angeordnet (§ 80 II 1 Nr. 4 VwGO)
Zu 1.: M.E. konnte die Genehmigung zurückgenommen werden. Das richtete sich nach § 48 I, III VwVfG. Die Norm geht im Grundsatz von Rücknehmbarkeit aus. Vertrauensschutz wird grundsätzlich nur bei der Entschädigung berücksichtigt. Nach hM kann Vertrauensschutz aber gleichwohl auch im Rücknahmeermessen nach § 48 I VwVfG berücksichtigt werden.
Die Adressatin konnte sich m.E. aber nicht auf Vertrauensschutz berufen. Denn sie hatte weder (a) bei dem Umbau noch (b) bei der Vermietung auf eine (fingierte) Baugenehmigung vertraut. Vielmehr hat sie formell illegal gebaut und erst nach Fertigstellung und Vermietung die Genehmigung beantragt. Somit hat sie die Dispositionen nicht im Vertrauen auf einen VA, sondern im Vertrauen auf den möglichen Erlass eines VA getätigt. Dieses Vertrauen ist aber nicht schutzwürdig.
Zu 2.: Die sofortige Vollziehung war m.E. anzuordnen, da die Behörde ausdrücklich darauf hingewiesen hatte, dass sich an die (mögliche) Aufhebung der Genehmigung eine Nutztungsuntersagung und/oder Beseitigungsverfügung anschließen sollen.
Wenn die sofortige Vollziehung nicht angeordnet würde, hätte ein möglicher Widerspruch der Adressatin gegen die Rücknahme aufschiebende Wirkung, § 80 I VwGO, m.a.W.: sie hätte weiterhin ihre (fingierte) Baugenehmigung, ihr Vorhaben wäre damit (formell) legalisiert. Das stünde einer baupolizeilichen Maßnahme entgegen.
Man konnte m.E. auch das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung begründen, da das Vorhaben negative Vorbildwirkung hatte.
Die Notwendigkeit der VzA nach § 80 II 1 Nr. 4 VwGO kann man aber hinsichtlich des bes. Vollzugsinteresses sicher auch in Zweifel ziehen.
Hört sich gut an :shy:
19.10.2020, 09:20
Was bleibt als Fazit?
In NRW war es wohl jedenfalls kein Zuckerschlecken.
Vor allem fühle ich mich durch die gerichtlichen AG-Klausuren eher fehlgeleitet. Die Klausuren im Examen waren meist (insbesondere materiell) exotischer. Das gilt besonders für die Anwaltsklausuren im ZR. Während in der AG immer schön nur ein Gutachten mit anschliessendem „AbweisungsantragJa/Nein?, WiderklageJa/Nein“ gefordert war, durften wir und vorliegend mit feinsten eher atypischen prozessualen Konstellationen beschäftigen.
Auch war es meiner Wahrnehmung nach
„neu“, dass materiell (sowohl ZR als auch SR) meist nur ein wirklicher „Aufhänger“ zu prüfen war. Die Gefahr, dass man dann schnell falsch abbog und die Klausur damit für die Tonne war, war viel größer als in den AG-Klausuren.
In NRW war es wohl jedenfalls kein Zuckerschlecken.
Vor allem fühle ich mich durch die gerichtlichen AG-Klausuren eher fehlgeleitet. Die Klausuren im Examen waren meist (insbesondere materiell) exotischer. Das gilt besonders für die Anwaltsklausuren im ZR. Während in der AG immer schön nur ein Gutachten mit anschliessendem „AbweisungsantragJa/Nein?, WiderklageJa/Nein“ gefordert war, durften wir und vorliegend mit feinsten eher atypischen prozessualen Konstellationen beschäftigen.
Auch war es meiner Wahrnehmung nach
„neu“, dass materiell (sowohl ZR als auch SR) meist nur ein wirklicher „Aufhänger“ zu prüfen war. Die Gefahr, dass man dann schnell falsch abbog und die Klausur damit für die Tonne war, war viel größer als in den AG-Klausuren.
19.10.2020, 09:49
(19.10.2020, 09:20)Gast schrieb: Was bleibt als Fazit?Diese Erfahrung habe ich im September auch gemacht: materiellrechtlich zwar nicht unbedingt exotischer Kram, aber dennoch nur ein Hop oder Top Problem. Dafür überaus komplizierte prozessuale Konstellationen, die ich so (außer im Strafrecht) in meinen doch nicht wenigen Übungsklausuren so nicht erlebt habe. Mein Fazit im September war: materiellrechtliches Lernen war ziemlich für die Katz, dafür hätte ich mich mehr mit prozessualen Sonderkonstellationen und überlangen / komplizierten Sachverhalten befassen sollen und da mehr üben müssen.
In NRW war es wohl jedenfalls kein Zuckerschlecken.
Vor allem fühle ich mich durch die gerichtlichen AG-Klausuren eher fehlgeleitet. Die Klausuren im Examen waren meist (insbesondere materiell) exotischer. Das gilt besonders für die Anwaltsklausuren im ZR. Während in der AG immer schön nur ein Gutachten mit anschliessendem „AbweisungsantragJa/Nein?, WiderklageJa/Nein“ gefordert war, durften wir und vorliegend mit feinsten eher atypischen prozessualen Konstellationen beschäftigen.
Auch war es meiner Wahrnehmung nach
„neu“, dass materiell (sowohl ZR als auch SR) meist nur ein wirklicher „Aufhänger“ zu prüfen war. Die Gefahr, dass man dann schnell falsch abbog und die Klausur damit für die Tonne war, war viel größer als in den AG-Klausuren.
19.10.2020, 12:00
Bedeutet also für mich als Januar Kandidat:
Ordentlich viel Prozessrecht wiederholen
Einstellen auf überlange Klausuren
Arbeit mit den Kommentaren noch schneller und zielsicherer ausbauen
Nur Grundlagen im materiellen Recht
Noch etwas?
Ordentlich viel Prozessrecht wiederholen
Einstellen auf überlange Klausuren
Arbeit mit den Kommentaren noch schneller und zielsicherer ausbauen
Nur Grundlagen im materiellen Recht
Noch etwas?
19.10.2020, 12:38
(19.10.2020, 12:00)Gast schrieb: Bedeutet also für mich als Januar Kandidat:
Ordentlich viel Prozessrecht wiederholen
Einstellen auf überlange Klausuren
Arbeit mit den Kommentaren noch schneller und zielsicherer ausbauen
Nur Grundlagen im materiellen Recht
Noch etwas?
Bedeutet für dich eigentlich nur, auf alles gefasst zu sein und weder das materielle noch das prozessuale Recht auf Lücke zu lernen.
Als Tipp von einem Verbesserer: im letzten Oktoberdurchgang gab es fast keine prozessualen Probleme, dafür waren die Klausuren materiell mit allerhand "Stoff" voll gepackt. Ich würde mich an deiner Stelle also die nächsten Wochen komplett auf die Basics im materiellen Recht und die gängigsten Probleme im Prozessrecht konzentrieren. Exoten kannst du, soweit sie denn geprüft werden, mit dem Kommentar gut lösen, tiefgreifendes Wissen wird dann eh nicht erwartet. Sitzen aber schon die Basics nicht, geht daran viel Zeit verloren.
Letztlich sind die Klausuren eh immer ein Überraschungspaket, orakelmäßig zu unken, was dran kommt also vollkommener Blödsinn. Viel Erfolg im Januar!