31.01.2020, 12:22
(30.01.2020, 17:47)Gast schrieb: Aktuell in Bayern werden reihenweise Leute mit VB für den Justizdienst abgelehnt.
Es gibt immer noch viele sehr gute Bewerber die (möglicherweise auch nich auf direktem Wege) in die Justiz möchten.
Für München benötigt man ein zweistelliges Examen. Frage mich woher eure Visionen rühren. Tendenz ist m.E. bei schwacher Wirtschaftslage ein Anstieg der Notenanforderungen.
Ich vermute daher, dass "wir" Statistiken lesen können und nicht von der Nahbereichsempirie auf absolute Aussagen schließen? In HH kann man auch mit VB mal nicht reinkommen, 100 km weiter in Nds. findet man zum Teil auch nicht genug Leute mit 7,7. Und die Alterstendenz und Struktur nachkommender Kohorten sind bekannt und eindeutig. Die Konjunktur hat außerdem zum einen wenig mit dem Richterdienst zu tun zum anderen hat selbst die "Weltwirtschaftskrise" 2008 nichts am massiv steigenden Bedarf bei Kanzleien geführt - zumindest war der Knick spätestens 12 Monate später wieder korrigiert.
31.01.2020, 14:24
(31.01.2020, 12:22)Anwalt schrieb:(30.01.2020, 17:47)Gast schrieb: Aktuell in Bayern werden reihenweise Leute mit VB für den Justizdienst abgelehnt.
Es gibt immer noch viele sehr gute Bewerber die (möglicherweise auch nich auf direktem Wege) in die Justiz möchten.
Für München benötigt man ein zweistelliges Examen. Frage mich woher eure Visionen rühren. Tendenz ist m.E. bei schwacher Wirtschaftslage ein Anstieg der Notenanforderungen.
Ich vermute daher, dass "wir" Statistiken lesen können und nicht von der Nahbereichsempirie auf absolute Aussagen schließen? In HH kann man auch mit VB mal nicht reinkommen, 100 km weiter in Nds. findet man zum Teil auch nicht genug Leute mit 7,7. Und die Alterstendenz und Struktur nachkommender Kohorten sind bekannt und eindeutig. Die Konjunktur hat außerdem zum einen wenig mit dem Richterdienst zu tun zum anderen hat selbst die "Weltwirtschaftskrise" 2008 nichts am massiv steigenden Bedarf bei Kanzleien geführt - zumindest war der Knick spätestens 12 Monate später wieder korrigiert.
Die Konjunktur hat einen massiven Einfluss auf den Einstellungsbedarf, sowohl in der freien Wirtschaft, als auch beim Staat. In der von Dir benannten Wirtschaftskrise gab es in manchen Großkanzleien sogar betriebsbedingte Kündigungen (Allen & Overy beispielsweise), wovon gerade solche Kanzleien betroffen waren, die einen Schwerpunkt in der Finanzindustrie hatten. Gleiches gilt für Rechtsabteilungen großer Banken und Versicherungen. Die haben sich teilweise bis heute nicht von der Krise erholt.
Die Einstellungszahlen der Richter gingen in der Krise ebenfalls erheblich runter. In meinem Bundesland (Hamburg) wurden in diesen Jahrgängen nur wenige Leute eingestellt, mit selbst für Hamburger Verhältnisse astronomischen Noten (24p und mehr). Das hat sich jetzt wieder normalisiert und dürfte immer noch im Schnitt bei etwa 20p liegen. Hamburg ist mit Berlin in der Hinsicht vermutlich nicht repräsentativ, es zeigt aber, dass in attraktiven Regionen der Beruf noch genug Attraktivität besitzt, um ausreichend Leute anzuziehen.
Der von Dir ins Feld geführte Bedarf in ländlichen Regionen wird in den nächsten Jahren massiv abnehmen, sodass man hier schlicht nicht mehr so viele Richter/StA brauchen wird. Deutschland erlebt eine massive Urbanisierung und damit einhergehende Zentralisierung der Verwaltung. Schon jetzt werden Gerichtsbezirke zusammengelegt und viele kleine Amtsgerichte geschlossen. Dieser Trend wird anhalten (auch wenn das für den Rechtsstaat natürlich eine Katastrophe ist und die Landflucht noch beschleunigt...).
Wir sind gerade am absoluten Höhepunkt eines Konjunkturzyklus und es scheint noch genügend Leute zu geben, um den Notenfetischismus der Einstellungsbehörden weitgehend zu befriedigen. Sobald sich der aktuell leer gefegte Arbeitsmarkt wieder etwas füllt, Arbeitsplätze in der freien Wirtschaft wieder unsicherer werden, rennen die "guten Leute" dem Staat wieder die Tür ein. Das war immer so und ich sehe keinen Grund, warum sich das in Zukunft ändern sollte. Es wird deswegen auch keine spürbaren Gehaltserhöhungen geben und viel mehr Privilegien als die ohnehin schon bestehenden fallen mir kaum ein. Wer in der Justiz arbeitet, kann über Legal Tech nur schmunzeln, hier wäre ja schon WLAN ein Quantensprung...
01.02.2020, 19:13
Es gibt auch grade im Zivilrecht einen starken Rückgang an Verfahren, der auch die demografische Entwicklung nachvollziehen wird.
Ansonsten gilt das gesagte. Schwächelt die Wirtschaft, ist Staat toll und andersrum. Boni in Großstädten wären mehr als angebracht, die Attraktivität der Städte macht solche aber grade nicht nötig - im Ergebnis wird's doch immer noch einfacher sein, für die attraktiven (teuren) Orte Leute zu finden.
Ansonsten gilt das gesagte. Schwächelt die Wirtschaft, ist Staat toll und andersrum. Boni in Großstädten wären mehr als angebracht, die Attraktivität der Städte macht solche aber grade nicht nötig - im Ergebnis wird's doch immer noch einfacher sein, für die attraktiven (teuren) Orte Leute zu finden.