01.12.2024, 22:30
Heute habe ich zur Übung eine Klausur des OLG Kurses Hamburg geschrieben (schreibe in Hessen, aber nutze die Klausuren zur Übung). Es ging um folgende Klausur, die im August 2020 im Ring lief: https://justiz.hamburg.de/resource/blob/...r-data.pdf
Danach habe ich mir die Lösung angeschaut:
https://justiz.hamburg.de/resource/blob/...i-data.pdf
Dabei ist mir in besonderem Maße aufgefallen, wie problematisch es ist, alle Probleme darzustellen, wenn eine Klausur begründet ist.
In der Lösung werden 346 iVm 323, 812, 826 und cic angesprochen, mMn gehört auch noch 326 V BGB dazu.
Nun zur Frage: wenn ich die Begründetheit auf einen dieser Ansprüche stütze, was mache ich mit den anderen AGLs? Auf diesen beruht das Urteil ja definitiv nicht. Die Darstellung dieser AGLs würde gegen 313 III ZPO verstoßen. Insbesondere können die auch nicht mit dem Argument „Befriedungsfunktion“ des Urteils angesprochen werden, weil der Beklagte ja nicht hören will, aus welchen Gründen er auch sonst noch unterlegen wäre und dem Kläger ist es egal, warum er gewinnt. Im Übrigen lassen sich die inhaltlichen Punkte hier ja auch nicht mit „zwar…aber“ oder „entgegen der Auffassung des… Hierauf kommt es jedoch nicht an, weil…“ elegant umschiffen.
Bleibt dann tatsächlich nur das Hilfsgutachten?
Über euren Input würde ich mich freuen!
Danach habe ich mir die Lösung angeschaut:
https://justiz.hamburg.de/resource/blob/...i-data.pdf
Dabei ist mir in besonderem Maße aufgefallen, wie problematisch es ist, alle Probleme darzustellen, wenn eine Klausur begründet ist.
In der Lösung werden 346 iVm 323, 812, 826 und cic angesprochen, mMn gehört auch noch 326 V BGB dazu.
Nun zur Frage: wenn ich die Begründetheit auf einen dieser Ansprüche stütze, was mache ich mit den anderen AGLs? Auf diesen beruht das Urteil ja definitiv nicht. Die Darstellung dieser AGLs würde gegen 313 III ZPO verstoßen. Insbesondere können die auch nicht mit dem Argument „Befriedungsfunktion“ des Urteils angesprochen werden, weil der Beklagte ja nicht hören will, aus welchen Gründen er auch sonst noch unterlegen wäre und dem Kläger ist es egal, warum er gewinnt. Im Übrigen lassen sich die inhaltlichen Punkte hier ja auch nicht mit „zwar…aber“ oder „entgegen der Auffassung des… Hierauf kommt es jedoch nicht an, weil…“ elegant umschiffen.
Bleibt dann tatsächlich nur das Hilfsgutachten?
Über euren Input würde ich mich freuen!
02.12.2024, 02:06
Ich habe den Fall gerade nur überflogen. Soweit ich das aber sehe wurde der Klage ja nicht vollständig stattgegeben. Dann kannst du einfach die erste AGL durchprüfen und dann noch (knapp) ausführen, dass sich ein weitergehender Anspruch auch nicht aus den weiteren AGL ergibt und warum.
Sollte tatsächlich mal der Klage vollständig stattgegeben werden, solltest du mE auch nur die erste AGL prüfen und zum Rest kein Wort verlieren und auch kein Hilfsgutachten schreiben. Als praktische Arbeit ist der Urteilsstil und eine konsequente Lösung mE wichtiger als jedes mögliche Problem anzusprechen. Solltest du wirklich das Gefühl haben, die Klausur will all diese Probleme abgefrühstückt haben, so würde ich eher nochmal kritisch prüfen, ob wirklich der Klage vollumfänglich stattgegeben werden sollte, bevor ich ein Hilfsgutachten erstelle
Sollte tatsächlich mal der Klage vollständig stattgegeben werden, solltest du mE auch nur die erste AGL prüfen und zum Rest kein Wort verlieren und auch kein Hilfsgutachten schreiben. Als praktische Arbeit ist der Urteilsstil und eine konsequente Lösung mE wichtiger als jedes mögliche Problem anzusprechen. Solltest du wirklich das Gefühl haben, die Klausur will all diese Probleme abgefrühstückt haben, so würde ich eher nochmal kritisch prüfen, ob wirklich der Klage vollumfänglich stattgegeben werden sollte, bevor ich ein Hilfsgutachten erstelle
02.12.2024, 07:39
Vielen Dank schon einmal!
Ja, die Klage wurde auch teilweise abgewiesen, was aber an einer erfolgreichen Aufrechnung lag, die ja alle übrigen Ansprüche gleichermaßen betrifft, sodass man die meinetwegen in einem einheitlichen Satz namentlich benennen kann, aber keineswegs inhaltlich prüfen darf. („Ein weitergehender Anspruch ergibt sich auch nicht aus … , … und …, weil auch diese durch die Aufrechnung in entsprechender Höhe erloschen sind.“)
Was ich nämlich auch besonders inkonsequent finde: Die Lösung stellt sich auf den (geradezu universitären) Standpunkt, dass eine Erklärung nach 133, 157 sowohl als Rücktritts- als auch als Anfechtungserklärung ausgelegt werden kann. Ist ja gut und richtig. Aber das kann ich im Urteil ja nicht a la Rosinentheorie machen, sprich zB wenn’s um Rückzahlung Z-u-Z geht 346 I BGB hernehmen (Rücktritt), um einen etwaigen Zinsanspruch zu begründen dann aber 812 (Anfechtung des KV).
Ja, die Klage wurde auch teilweise abgewiesen, was aber an einer erfolgreichen Aufrechnung lag, die ja alle übrigen Ansprüche gleichermaßen betrifft, sodass man die meinetwegen in einem einheitlichen Satz namentlich benennen kann, aber keineswegs inhaltlich prüfen darf. („Ein weitergehender Anspruch ergibt sich auch nicht aus … , … und …, weil auch diese durch die Aufrechnung in entsprechender Höhe erloschen sind.“)
Was ich nämlich auch besonders inkonsequent finde: Die Lösung stellt sich auf den (geradezu universitären) Standpunkt, dass eine Erklärung nach 133, 157 sowohl als Rücktritts- als auch als Anfechtungserklärung ausgelegt werden kann. Ist ja gut und richtig. Aber das kann ich im Urteil ja nicht a la Rosinentheorie machen, sprich zB wenn’s um Rückzahlung Z-u-Z geht 346 I BGB hernehmen (Rücktritt), um einen etwaigen Zinsanspruch zu begründen dann aber 812 (Anfechtung des KV).
02.12.2024, 10:55
Nur abstrakt, ohne Bezug zum Fall:
Die reine Lehre wäre es ins Hilfsgutachten zu gehen.
Praxisnäher und mE auch überzeugender ist das Urteil auf mehrere tragende Teile zu stützen. Etwa: "Ein Anspruch ergäbe sich im Übrigen auch aus ..."
Warum nicht der nächsten Instanz das noch mitgeben, wenn man das so sieht? Dann aber eher keine umfangreiche Prüfung, sondern nur kurz zum Kernpunkt.
In der Klausur würde ich ein Hilfsgutachten machen wenn eine umfangreiche Prüfung zu machen ist und sonst es einfach noch reinschreiben. Paradebeispiel war, wenn neben 280 I auch ein 823er Anspruch gegeben war. Dann würde ich das am Ende mit einem Satz noch feststellen.
Die reine Lehre wäre es ins Hilfsgutachten zu gehen.
Praxisnäher und mE auch überzeugender ist das Urteil auf mehrere tragende Teile zu stützen. Etwa: "Ein Anspruch ergäbe sich im Übrigen auch aus ..."
Warum nicht der nächsten Instanz das noch mitgeben, wenn man das so sieht? Dann aber eher keine umfangreiche Prüfung, sondern nur kurz zum Kernpunkt.
In der Klausur würde ich ein Hilfsgutachten machen wenn eine umfangreiche Prüfung zu machen ist und sonst es einfach noch reinschreiben. Paradebeispiel war, wenn neben 280 I auch ein 823er Anspruch gegeben war. Dann würde ich das am Ende mit einem Satz noch feststellen.